Der Tote von der Plaza Once - Ernesto Mallo

  • Der Tote von der Plaza Once
    Ernesto Mallo
    Übersetzer: Matthias Strobel
    Aufbau Verlag
    ISBN: 978-3-351-03300-2
    216 Seiten, 19,95 Euro



    Über den Autor: Ernesto Mallo wurde 1948 in La Plata geboren. Er ist Theaterautor, Radioredakteur und Übersetzer. Der Tote von der Plaza Once ist sein erster Roman, preisgekrönt als bester Krimi bei der Sermana Negra in Gijón, dem größten Festival für Kriminalliteratur, ausgezeichnet bei der Verleihung des Clarín-Literaturpreieses.


    Der Tote von Plaza Once bildet den Auftakt zu einer mehrbändigen Buenos-Aires-Krimiserie mit Comisario Lascano, in der sich unterschiedliche Epochen der argentinischen Geschichte spiegeln und die einen tiefen Einblick in die politischen Realitäten des Landes gewährt.


    Buchrückentext: Ein Kommissar, eine Guerillera, drei Tote: In seinem preisgekrönten Kriminalroman erzählt Ernesto Mallo von einem dunklen Kapitel der argentinischen Geschichte. Inmitten des Terrors einer Militärjunta versucht Comisario Lascano, ein guter Polizist zu bleiben. Doch dabei steht mehr für ihn auf dem Spiel als sein eigenes Leben, denn er hat sich ausgerechnet in Eva verliebt, das Mädchen aus dem subversiven Untergrund. Und während er versucht, sie zu schützen und einen Mordfall aufzuklären, jagen ihn die Todeskommandos durch Buenos Aires.


    Meine Meinung: Ein kleiner Vogel – von einem Flüchtenden aus seinem Käfig befreit, fliegt hinaus in die Freiheit, die ihm vielleicht während all der Jahre in seiner Gefangenschaft so verheißungsvoll erschienen war. Er lässt sich auf einem Zaun nieder und wie aus dem Nichts schießt eine Katze hervor und zerknackt sein Köpfchen mit einem Biss, wie eine Nuss.
    Diese Schilderung nach bereits weit fortgeschrittener Handlung ist für mich, als habe der Autor damit die gesamte Essenz des Buches erfasst, denn dieses Schicksal ereilt nicht nur den Vogel…
    Dies ist gewiss nicht der spannende Thriller mit der perfekten Mischung aus Mord, Ermittlung und eingebetteter Liebesgeschichte. Es ist vielmehr ein leises Buch, das allein aufgrund der Schilderung des „ganz normalen Alltags“ die düstere Stimmung wieder gibt, in der Argentinien versunken war. Erschießungen und Folter waren an der Tagesordnung, Menschen verschwanden einfach so, und mitten in all dem, ein Kommissar, der in einem „legalen“ Mordfall versucht, den Mörder zu ermitteln.
    Die Absurdität des Ganzen zeigt sich sehr bald, denn der Tote liegt zwischen zwei anderen Leichen, die offensichtlich Opfer der Militärs geworden sind, doch das sind Morde, nach denen niemand fragen darf.


    Auf seiner Suche nach den Schuldigen stößt Lascano auf Eva, die sich vor den Militärs verstecken muss und deren Leben er mit aller Macht schützen will, denn sie bewahrt ihn vor den Gespenstern seiner Vergangenheit, die ihn allabendlich heimsuchen. Auch hier sind es wieder eher die leisen Töne, die diese Liebe mit einer ganz besonderen Sprachmagie schildern und die am Ende des Buches noch eine ganze Zeit nachklingen, gestattet man den Geschehnissen noch eine Weile im Gedächtnis zu bleiben…


    Fazit: Für Freunde eher ruhiger und nachdenklicher Lektüre, für Fans leiser Töne, die es verstehen, genau hinzuhören.

  • "Der Tote von der Plaza Once" liegt, wenn auch noch nicht lange, auf meinem SuB. Gestern wollte ich nur mal reinlesen und bin hängen geblieben. Mir gefällt Fuseli, der Gerichtsmediziner und seine Art mit seinen "Patienten" zu reden ;-)

  • Danke für diese sehr interessante Rezi. Das hört sich sehr vielversprechend an. Das Buch wurde dann auch sofort auf die Kandidatenliste für die Wunschliste gesetzt. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für Deine Rezi. Ohne sie wäre mir das Buch wohl entgangen, was wirklich schade gewesen wäre. :wave


    EDIT:


    Dieses Buch ist weder Fleisch noch Fisch (und ich meine das positiv, genre-lose Bücher können m.e. wahre Schätze sein). Es ist kein wirklicher Thriller, auch keine wirkliche Liebesgeschichte, eher eine Lebensgeschichte.


    Mich hat Südamerika (zumindest der spanischsprachige Teil) immer schon interessiert und das Leben im Argentinien der Militärjunta steht in dieser Geschichte eindeutig im Mittelpunkt.


    Ja, es gibt einen Mord, der natürlich sowohl vom Militär als auch vom Mörder vertuscht werden soll und wie immer weiß man nicht genau, wer ist Feind, wer ist Freund. Der Mordfall ist aber ziemlich schnell klar und es geht mehr darum, erstens wie kam es zu dem Mord und zweitens wie löst ein gerechter Polizist in einer Militärdiktatur einen Mord, wenn das primäre Interesse doch der Eliminierung von "Subversiven" gelten sollte? Und was macht dieser gerechte Polizist, wenn ausgerechnet er so eine Subversive aufgabelt und sich in sie verliebt.


    Mallo hat da keine runde "happy happy joy joy" Geschichte erzählt, es ist teilweise brutal und erdrückend, aber ich fand die Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite faszinierend. Normalerweise würde mich ein Krimi mit eingeflochtener Liebensgeschichte massiv stören, aber da ich das hier eher unter "Lebensgeschichte" sehe, passte alles.


    Dieser Roman ist wohl Teil einer Trilogie, der zweite Teil erscheint rechtzeitig zur Buchmesse, auf welcher Argentinien Gastland sein wird.


    Wer ein bisschen Spanisch lesen kann, findet HIER mehr Informationen.


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  • "Der Tote von der Plaza Once" hatte ich auch schon eine Weile auf der Merkliste, das Thema und der geschichtliche Hintergrund hört sich interessant an, allerdings hatte ich ein bisschen Bedenken wegen der angesprochenen darin enthaltenen Liebesgeschichte. :rolleyes


    Zitat

    Mallo hat da keine runde "happy happy joy joy" Geschichte erzählt, es ist teilweise brutal und erdrückend, aber ich fand die Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite faszinierend. Normalerweise würde mich ein Krimi mit eingeflochtener Liebensgeschichte massiv stören, aber da ich das hier eher unter "Lebensgeschichte" sehe, passte alles.


    Aber bei uert als Vor-Leserin meines Vertrauens ... ;-) werde ich mir das Buch dann wohl doch zulegen (müssen).



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  • Zitat

    Original von Uta
    Aber bei uert als Vor-Leserin meines Vertrauens ... ;-) werde ich mir das Buch dann wohl doch zulegen (müssen).


    Wie sagt Denis Scheck immer: Vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue! :rofl