Hexenjagd auf die Kirche.
Zur Erinnerung:
seit über zwanzig Jahren wird öffentlich immer wieder von Mißbrauch von Seiten katholischer Geistlicher gegenüber Kindern gesprochen. Kanada (vornehmlich Neufundland), USA, Wien, Irland waren die wichtigsten Stationen, ehe das Ganze auch die BRD erreichte.
Das Verhalten der Kirche war in dieser Zeit geprägt durch Leugnen der Vorgänge in der Öffentlichkeit, durch Verharmlosen, indem man Fällen, die sich nicht ganz unter den Teppich kehren ließen, zum 'Einzelfall' deklarierte.
Unbemerkt von der Öffentlichkeit ließ man Opfer 'Schweigeverpflichtungen' unterschreiben, zahlte Schweigegelder, die verhinderten, daß die Betroffenen sich an die Instanzen wandten, die zuständig waren für das, was ihnen widerfahren ist, ein Verbrechen.
Ergo: die Strafverfolgungsbehörden in den entsprechenden Ländern.
Die Täter aber wurden in den seltensten Fällen ihres Amts enthoben. Sie wurden in der Regel versetzt, ohne Warnung an die entsprechenden Gemeinden. Kurz: ihnen wurde der nächste wohlgefüllte Teller gereicht. Die USA sind ein Beispiel dafür, ebenso Irland.
Daß es dennoch keine Ruhe gab um diese Vorgänge lag daran, daß sich eben nicht alle Opfer unter Druck setzen ließen, sondern sich wehrten. Es wurden mehr und mehr.
Durch das Eingreifen der staatlichen Behörden wuchs der Druck auf die Kirche.
Es gab zu keiner Zeit ernsthafte innerkirchliche Maßnahmen weder gegen die Täter noch um diese Vorgänge dahingeghend zu kontrollieren, daß man schon bei den ersten Hinweisen überhaupt würde gegensteuern können noch gab es erkennbare Bemühungen, sich damit auseinanderzusetzen.
(Und ja, ich kenne die Diskussion um das einschlägige Papier: Crimen sollicitationis.)
Es war der Druck der Öffentlichkeit, ausgelöst durch das REDEN der Opfer über den Mißbrauch, der die Kirche als Institution zwang, auf diese schrecklichen Vorgänge zu reagieren. Ohne Öffentlichkeit, ohne die Anklagen der Opfer wäre gar nichts geschehen.
Die Politik der katholischen Kirche bestand allerdings weiterhin darin, die weltlichen Behören weitgehend auszuschließen und die Angelegenheit intern untre dem Siegel der Verschwiegenheit abzuhandeln. Die katholische Kirche hat in jedem betroffenen Land versucht, sich über den jeweiligen Staat zu stellen. De facto hat sie sich verhalten, als ginge das geltende Strafrecht sie nichts an.
Wer damit nicht einverstanden war, durfte sich anhören, daß die Vorfälle nur eine Folge der lascher werdenden Sexualmoral der späten sechziger Jahre wäre.
Oder daß die Schwulen an allem schuld sind.
Daß es Einzelfälle sind.
Wenn dieser Institution nun der Wind hart entgegenbläst, wenn man mit dem Finger auf sie zeigt, liegt die Schuld nur bei einer, der katholischen Kirche selbst. Es ist ihr Unwille, mit dem Thema umzugehen, ihre Weigerung , sich damit auseinanderzusetzen, ihre Überheblichkeit, mit der sie sich über geltendes staatliches Recht hinweggesetzt hat, die zu dem 'Rummel' führten.
Wer jetzt hergeht und den Opfern vorwirft, daß sie schuld sind, weil sie geredet haben, stellt sich auf die Seite der Täter.
Auch den Geistlichen, denen nie in den Sinn käme, sich prügelnd oder vergewaltigend an Kindern zu vergreifen, tut man damit keinen Gefallen. Man addiert sie nämlich dadurch zu den Tätern.
Wenn einer an der Kirche liegt, sollte man doch eben das vermeiden?
Die ganze Angelegenheit ist sehr gut dazu geeignet, sich einmal Gedanken über die eigene Haltung zur Institution Kirche zu machen. Warum es so wichtig ist, die Kirche möglichst unbeschadet davonkommen zu lassen.
Warum man vom Thema: Mißbrauch innerhalb der Kirche unbedingt ablenken muß, indem man sagt: Mißbrauch gibt es doch auch anderswo.
Warum man nicht darüber nachdenken will, ob das seit über zwanzig Jharen angeprangerte Verhalten von vielen, vielen Geistlichen nicht vielleicht ein strukturelles Problem der Institution ist und eben nicht ein Einzelfall am anderen.
Und natürlich, warum es so schwer ist, sich mit den Opfern zu identifizieren und es so leicht fällt, sich hinter die Täter zu stellen. Wenn es um die Kirche geht.
Hexenjagd auf die Kirche.
Mir kommen die Tränen.
magali