Zielgruppe Leser

  • Als ahnungsloser Leser gehe ich davon aus, dass Pseudonyme in erster Linie verwendet werden, um


    a) die Privatsphäre des Autors zu schützen und
    (wer will schon von allen Nachbarn, Kunden etc. auf den Erotikroma angesprochen werden, den man zu nächtlicher Stunde in die Tasten geklopft hat?)


    b) den eigenen Namen verkaufswirksam aufzuhübschen
    (Petra Müller ist halt doch etwas plain und Alois Dinkelgruber-Sauerbier auf dem Cover regt auch nicht gerade zum Kaufen an).


    Ein Pseudonym oder auch mehrere zu verwenden ist ja nichts Neues und taucht überall auf, wo ein Bezug zur Öffentlichkeit besteht (wer weiß, vielleicht benutzen sogar Politiker eins, nachdem, was da alles in letzter Zeit so hochgekommen ist :grin). AnnoTobak mussten Frauen häufig ihre literarischen Werke oder auch Gemälde unter Männernamen herausbringen.


    Mich stört die Pseudonym-Verwendung nicht. Es gehört zum Marketing ebenso wie ein passendes Cover.
    Und der findige Leser kriegt früher oder später ohnehin spitz, was sein Lieblingsautor noch so schreibt, wenn auch unter anderem Namen. Oder er möchte es vielleicht besser gar nicht wissen. (Vielleicht bringt J.K. Rowling ja unter anderem Namen Erotikromane auf den Markt?)

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Alice Thierry ()

  • hef


    ja, danke für die Zusatzinformationen.


    Und ja, wenn jemand ein Pseudonym wählt, um Privatsphäre oder sein berufliches Ansehen zu schützen.
    Ja auch dazu, daß man gezielte Indiskretion als Werbemittel einsetzt.


    Aber wir haben hier doch ein neues Phänomen und da schließe ich mich Salonlöwins Frage an:


    Was hat man davon, wenn man ein Pseudonym wählt, also als weitere, neue Marke auftritt, zugleich aber bekannt gibt, daß man die alte Marke ist?
    Ist das jetzt die multiple Autorin? Seht her, ich bin drei, schreibe als drei unterschiedliche Persönlichkeiten? Oder ich kann drei verschiedene Arten von Geschichten erzählen, aber nur, wenn ich mich jeweils in eine andere verwandle?
    oder: liebe Leserin, ich verkleide mich für dich und verkaufe dir in jeder Verkleidung einen anderen Traum?


    Die Pseudonyme, von denen wir hier sprechen, sind ja keine gutghüteten Geheimnisse mehr, sie werden mit Erscheinen des Buchs oder sogar kurz vorher schon gelüftet. Will man damit auf zwei Hochzeiten tanzen? Also neue Leserinnen einfangen und die, die die Autorin schon vorher aus einem anderen Teilbereich kannten, auch herwinken? So: versucht's doch auch mal damit?


    Ich finde diese Vorgehensweise merkwürdig, für mich persönlich sind sie so befremdlich, daß sie abstoßend wirken. Was mich am meisten stört, sind die zurechtgeschneiderten Vitae. :uebel


    Lustig finde ich dann wieder, wenn Autorinnen beklagen, daß es soviel Konkurrenz gäbe und sie drängen selbst in jedes nur mögliche andere Genre.
    Oder ist es eine Möglichkeit, Konkurrenz draußen zu halten, indem man selbst in so vielen Genres wie nur möglich Romane zusammenschreibt und die Programmplätze besetzt?
    Ist das das Ziel, das Multitalent? Die Allround-Autorin? Immer und überall einsetzbar?
    Schreiben'Se mir 'nen Krimi; Frau XY! - Hier!
    Schreiben'Se mir'n Krankenhausroman. - Hier!
    Was Erotisches! - Hier!
    Was mit Bären für Dreijährige? - Hier!



    Ich weiß ja nicht ...




    :gruebel


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ Salonlöwin


    Wenn ich was veröffntlichen würde, wäre es mir ausgesprochen unangenehm, von aller Welt darauf angesprochen zu werden.
    Ein Steuerberater, der nebenbei Kinderbücher schreibt, möchte vielleicht z.B. nicht, dass seine Mandanten über sein schriftstellerisches Werk Einblick in ihn nehmen. Da muss einfach eine Trennlinie gezogen werden.


    Insofern kann ich gut nachvollziehen, dass ein Autor nicht möchte, dass sein bürgerlicher Name auf dem Buch steht.


    Dass es danaben noch eine Vielzahl anderer Gründe für die Pseudonymwahl gibt, möchte ich auf keinen Fall in Frage stellen.

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  • Eine weitere Moeglichkeit:


    Die arme Petra Mayer koennte (!) uebrigens auch noch aus ganz anderen Gruenden ihr Okay zur Umwandlung in Piera di Latte zugestimmt haben.
    Womoeglich sind der armen Frau Mayer drei bis acht Buecher hintereinander geflopt (oder "hinter unseren Erwartungen zurueckgeblieben", wie das netter heisst).
    Frau Mayer hat womoeglich schon drei Verleger verheizt, und nur ihr ruehriger Agent glaubt noch immer an sie und versucht tapfer, sie dem vierten unterzujubeln.
    Verleger vier liest womoeglich Frau Mayers Manuskriptangebot, ist ein netter Verleger mit grossem Herzen fuer die Literatur und erklaert Frau Mayers Agenten: Wissense, was Ihre Mayern da schreibt, ist so vollkommen uebel ja nicht - aber ob sich das diesmal verkauft? Wenn ja, dann auf keinen Fall unter dem alten Namen, der wirkt ja im Buchhandel laengst wie ne Schweinegrippenerkrankung im Zugabteil ... nee nee, also da muessen wa den Buchhaendlern schon sagen, wir haben jetzt hier ein ganz neues Talent aufgetan, frisch aus dem Autorensandkasten sozusagen und am besten gleich mit ein bisschen mehr Glamour drumherum ...


    Was soll Frau Mayer nu machen?


    Den Kopf haengen lassen, den Schwanz einziehen und erkennen, dass ihre duerftigen Talente eben nicht ausreichen?
    Das waere womoeglich loeblich.
    Aber wenn die arme Frau Mayer nun einfach nicht aufhoeren kann, zu hoffen, dass es diesmal, diesmal, DIESMAL aber wirklich klappt?


    Irgendwann ist Frau Mayer auch mit Dreifach-Pseudonym am Ende und da klappt gar nichts mehr.
    Aber dass man sich bis dahin die Stirn an der Wand plattrennt und sich fuer Wahrscheinlichkeiten blind stellt, liegt, glaube ich, zumindest partiell in der menschlichen Natur.

  • Und noch eine:


    Petra Mayer moecht' gern vom Toeten erzaehlen und traeumt zwanzig Jahre lang davon, einen Thriller zu schreiben.
    Leider nimmt ihr, so sehr sie sich anstrengt, nie ein Verlag einen ihrer Thriller ab.
    Aber dann kommt mal einer, der ihr sagt: Wissense, eigentlich koennense ja schreiben. Nicht doll. Aber so fuers Mittelfeld reicht's doch. Nur diese komischen Geschichten vom Toeten ... wie waers denn mal mit der anderen Haelfte von Eros und Thanatos. Schreibense mir mal was in Rosa!


    Und Petra Mayer schreibt ...


    Ihr rosa Roman verkauft sich.
    Nicht doll.
    Aber halt so lala.
    Und dann noch einer so lala. Und der naechste schon lalala. Und der vierte mit noch einem kleinen lalalala mehr.
    Jetzt traut sich Petra Mayer. Sie erzaehlt ihrem Verleger mutig, dass sie eigentlich gar keine rosa Liebesgeschichten liest und eigentlich auch keine schreiben moechte und dass sie doch nur einen Fuss in die Tuer quetschen wollte, um dann hinterher - irgendwann - einen Thriller hinterher zu schieben. Obse denn jetzt nicht vielleicht mal duerfte?


    Na ja, sagt der Verleger.
    Thriller laufen ja im Moment, da krieg' ich so gut wie alles weg.
    Wennichse also nich davon abbringen kann - versuchen wir's. Aber Sie muessen sich Peter Mambo nennen und auf dem Autorenfoto Pfeife rauchen. Schaffense das?


    Ich weiss nicht, was Ihr Arzt oder Apotheker empfiehlt.
    Aber wenn ich Petra Mayer waere, ich wuerde mir 'ne Pfeife kaufen.

  • Zitat

    Original von AliceThierry:@ Salonlöwin Wenn ich was veröffntlichen würde, wäre es mir ausgesprochen unangenehm, von aller Welt darauf angesprochen zu werden. Ein Steuerberater, der nebenbei Kinderbücher schreibt, möchte vielleicht z.B. nicht, dass seine Mandanten über sein schriftstellerisches Werk Einblick in ihn nehmen. Da muss einfach eine Trennlinie gezogen werden.


    Die Privatspähre ist für mich eines der höchsten Güter und ihr Schutz und der Wunsch nach einem Pseudonym nur verständlich.
    Dennoch bleibe ich dabei: Wer einen Roman oder ein Kinderbuch zustandebringt, der wird es auch schaffen, sich ein glaubwürdiges Pseudonym zuzulegen. An letzterem mangelt es nämlich auf dem Markt - unabhängig davon, ob die zweite Identität dem eigenen Wunsch oder verlagsgesteuert entsprungen ist.

  • Hallo Ihr und Hef,


    es gibt auch noch andere Gründe für ein Pseudonym.
    Unter meinem Namen schreibt schon eine Autorin, somit könnte es leicht zu Verwechselungen kommen. Und nicht jeder hat einen Namen, den man sich gut einprägen kann. Meiner ist schrecklich lang.
    Ich hatte schon zwei andere Pseudonyme, aber Verlage möchten nicht gerne, dass man unter diesem Namen dann auch die anderen Verlage findet.
    Ich habe kein Problem damit, dass man meinen richtigen Namen kennt, aber ich bin auch nicht traurig, dass mein Chef nicht gleich beim ersten Klick auf Google feststellt, dass ich Erotik schreibe. :grin Unter meinen normalen Namen habe ich auch schon einige Kurzgeschichten veröffentlicht, unbedeutend und nicht auffindbar im großen Wirrwarr des http.
    Somit habe ich bereits unter vier verschiedenen Namen veröffentlicht.
    Gruß Fay
    :wave

    Fay
    Ein Roman ist wie der Bogen einer Geige und ihr Resonanzkörper wie die Seele des Lesers. (Stendhal)

  • Ich gebe mal ein eigenes Beispiel aus jüngster Zeit:


    Meinen Prota Peter Stösser hatte ich mal für eine Weile satt. Habe dem Verlag vorgeschlagen, einen anderen Prota in einer anderen Umgebung zu nehmen. Ich will endlich meine Asienerlebnisse schreiben, bevor ich sie mit ins Grab nehme.


    Großes Grübeln mit der Zwickmühle: Nö, entweder unter Pseudo, geht aber nicht, da du dann wieder von gaaanz unten anfängst. Wer einen Namen hat, muss ihn behalten. Dann lass dir was einfallen.


    Und ich ließ mir was einfallen. Der Verlag und ich machen ne Pause. Ich schreibe die Asientrilogie unter meinem Namen, aber nur als e-book.


    Mal sehen, was dabei rauskommt, aber iich denke nicht daran mir ein Pseudo zuzulegen


    Ich stehe zu meinem Namen, obwohl immernoch niemand weiß, was die drei Buschstaben bedeuten :gruebel


    Sie sind mein Markenzeichen :chen


    euer H. E. F.


  • Horst Egon Friedrich? und Hef ist somit nichts anderes als ein Pseudonym :kiss

    Fay
    Ein Roman ist wie der Bogen einer Geige und ihr Resonanzkörper wie die Seele des Lesers. (Stendhal)

  • Charlie


    interessante Möglichkeiten.
    Sie haben ihr Für und Wider, vor allem, wenn es um mittelmäßige Talente geht.


    Aber nicht eine davon beantwortet die Frage, warum das schick gewählte Pseudonym umgehend gesprengt wird. Noch vor Erscheinen des Thrillers wäre bekannt, daß die Pfeife im Mund jener Frau Mayer steckt, die diese in wachsendem Maß lalala rosa Romänchen geschrieben hat.
    Und nun?
    Kaufen die Leserinnen die Verkleidungskünste? Geben sie einer Autorin eine Chance, weil sie anders auftritt?
    Oder haben nur wir hier das Vorwissen, weil es sich hier um eine Site über Bücher handelt und es zwar zugängliches, aber kein allgemein verbreitetes Wissen ist?
    Mir fehlt noch ein Teil des Puzzles. :gruebel



    Ich würde mir übrigens keine Pfeife kaufen, mein Credo lautet nicht: Realisierung meiner Träume um jeden Preis.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • magali


    Es gibt die sog. "Groschenhefte", wie Jerry Cotton, Perry Rhodan ja immernoch. Sie haben Millionenauflagen.


    Wenn du wüsstest, welche berühmten Autoren, (einer war hier in einer Leserunde) dahinter verstecken. Du würdest dich nur noch wundern.


    Aber, warum sollte sich dieser Autor die Blöße geben in solchen Heften, die unter Schund laufen, zu outen?


    Die Heftchenleser wissen, wer dahinter steckt. Die breite Leserschaft nicht.


    Übrings, damit kann man richtig Geld verdienen. Ist nur Stress pur für die Autoren, jede Woche ca 100 Seiten abzuliefern

  • Zitat

    Original von magali


    Ich würde mir übrigens keine Pfeife kaufen, mein Credo lautet nicht: Realisierung meiner Träume um jeden Preis.



    Meines auch nicht.
    Aber Pfeife ginge noch. Und vermutlich auch noch ein bisschen mehr (Bermuda-Shorts wuerde ich mir nicht kaufen. Lederhosen auch nicht. Ein Seppelhuetchen ja).


    Ob ein Pseudonym geoeffnet wird oder nicht, entscheidet - soweit ich weiss! - bei uns Autoren von Lalala der Unter- und Mittelklassen der Verlag/die Verlage. Meine zwei Pseudonyme wurden unter "hundertprozentig geschlossen" verkauft. Nach vier Wochen entschieden die betroffenen Verleger und mein Agent gemeinsam, dass das eine geoeffnet wird, das andere nicht.
    Warum?
    Vielleicht mach ich mich gerade maechtig zum Horst (das ist dann mein naechstes Pseudonym), aber ich weiss das nicht so genau. Jedenfalls nicht, damit sich bei den Eulen die Leser darueber aergern. Es ist ein Signal fuer Buchhaendler ("die kennense schon. Das ist die Susi, von der sie die rosa Pop-up-Prinzessinnen-Buecher doch ganz nett verkauft haben." Oder eben: "Die ist ganz neu. Muessense nehmen, ist die Entdeckung - mit der Ilse, die in den letzten drei Jahren die ganzen Flops mit den Diaetkochbuechern hatte, hat die nix zu tun ...).
    Ich glaube im Uebrigen, dass die meisten Leser - die, die im Buchhandel kaufen und womoeglich auch keine Vielleser sind - nichts davon wissen und dass es sie auch nicht sonderlich interessiert. Jedenfalls bei den Autoren der Liga, in der ich spiele. Bei denen darueber, deren Namen man sich einpraegt, ueber die gesprochen wird, sieht das anders aus.
    Und da ist vermutlich auch die Pseudonym-Problematik eine andere.


  • Das sehe ich genau so. Aber mussten Sie nicht deine Zustimmung dafür einholen?
    Gruß Fay

    Fay
    Ein Roman ist wie der Bogen einer Geige und ihr Resonanzkörper wie die Seele des Lesers. (Stendhal)

  • hef


    Heftchenromane ist ein anderes Spielfeld. Die Namen der 'berühmten' Autoren kann man bei Wikipedia nachlesen. Die Berühmtheit hält sich im übrigens in Grenzen, aufs Ganze gesehen. Auch dort bestätigen Ausnahmen die Regel.
    :-)



    Charlie


    danke, da habe ich doch langsam in die richtige Richtung gedacht. Die meisten Leserinnen wissen es eben nicht.
    Das Argument, daß es ein Signal an die BuchhändlerInnen sein soll, spricht mich an - für mich ist eine Buchhandlung entgegen der kursierenden Legende in erster Linie eine Verkaufsstelle einer Ware und nicht Ort kultureller Weihehandlungen. (Nun mache ich mich zum Horst, Du kannst es also vergessen, das Pseudonym für Dich zu beanspruchen ;-) ).
    Trotzdem halte ich das Ganze für ein ziemlich albernes Ringelreihen.



    Auf das Foto mit Dir unter einem Seppelhütchen bin ich gespannt, ich besitze ein Foto von mir in einer roten Lederhose. Allerdings war ich damals vier Jahre alt.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich fasse das für mich so zusammen, dass im Verkauf, dem das Zielgruppenorientierte Marketing vorgeschaltet ist, jedes Mittel recht und erlaubt ist.



    Ob Waschmittel... das hat schon deine Oma genommen, also ist es gut, oder der Autor/in...der schreibt immer so schön...siehe Pilcher, ist völlig egal.
    Kundenakzeptanz auf Teufel komm raus zu erzielen und dann Kundenbindung betreiben, ist die einzige wirkliche Strategie.


    Dazu müssen Namen aufgebaut und auf einem möglichst lange dauernden Level gehalten werden. Konsalik, Simmel, die Lieblinge meiner Eltern. Sie hatten jeden Schrott von denen im Regal.
    Aber die Zeiten haben sich für alle derart geändert, dass nur noch Verdrängungswettbewerb herrscht. Eine wirkliche Strategie gibt es nicht mehr. Und was da abgeht, kann wirklich auch keiner mehr nachvollziehen