Ihr seid zu schnell. Immer, wenn ich offline einen Absatz geschrieben habe, sind ein paar Posts mehr da. Wie soll ich da je zu Ende kommen und mein Post abschicken?
ZitatOriginal von Krimi-Mimi
Ansonsten habe ich mich auch noch nie mit den Konzepten von Verlagen befasst!
Nicht persönlich zu Dir gemeint: über diese Einstellung bzw. Ignoranz (mir fällt gerade kein anderes Wort ein) gegenüber Verlagsprofilen habe ich mich in den letzten Wochen ein paar Mal geärgert und mir gerade gestern erst wieder eine entsprechende Bemerkung in einem Rezi-Thread verkniffen.
Möglicherweise hängt es am Begriff „Zielgruppe“. Öfters liest man in diesem Forum, daß ein Autor es nicht jedem recht machen kann, daß nicht jedem jedes Buch gefällt. Das ist mit anderen Worten genau eine Zielgruppenbeschreibung (wenn auch auf negativer Basis).
ZitatOriginal von DraperDoyle
Die Zielgruppendiskussion impliziert aber, dass ich ein Buch kaufen soll.
Ja sicher, was sonst (aus Verlagssicht)? Ich fürchte, gleich in der Luft zerrissen zu werden. Aber in der Zeit, in der ich als Verlagsvertreter unterwegs war, habe ich meinen Kunden immer sinngemäß erzählt: „Es ist mir egal, ob die Leute die Bücher lesen. Kaufen sollen sie sie, denn davon leben wir, nicht vom Lesen.“
Direkt zu den Fragen im Eingangspost:
- Sieht sich der/die Leser/-in als Zielgruppe?
Ja, sehe ich mich. Und ich bin durchaus dafür offen, als Mitglied einer bestimmten Zielgruppe beispielsweise werblich angesprochen zu werden (nur am Telefon sollte das niemand versuchen :schlaeger).
Für mich steht „Zielgruppe“ in dem Zusammenhang dafür, daß - um beim Buch zu bleiben - bestimmte Kriterien erfüllt sind. Beispielsweise Genre, Zeit und Ort der Handlung, Art der Handlung sowie deren Ende.
- Empfindet sich der/die Leser/-in durch Autoren und Verlage missbraucht, wenn für ihn/sie konzept- und bedürnisgenau geschrieben wird?
Klares und eindeutiges Jein. magali hat >hier< einen „Fall“ von stromlinienförmig für den Markt geschriebenes Buch verlinkt. Leider führt der Link inzwischen ins Leere, und ich kann mich an den Namen des Autors nicht mehr entsinnen. Das Buch hätte mich schon interessiert - aber bei der Entstehungsgeschichte habe ich darauf verzichtet. Da hätte ich mich in der Tat mißbraucht gefühlt.
- Lesen die Eulen an ihren Interessen vorbei andere Genres?
Wenig. Bisweilen wage ich einen Ausflug, selten entdecke ich etwas Neues, was zu einem dauerhaften Interessengebiet wird. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, daß mich die Eulen zu etwas Neuem anregen höher, als etwa die Verlagswerbung oder andere Äußerungen (Amazon-Rezis etwa).
Ich denke, ohne bestimmte Zielgruppeneinteilungen geht es nicht. Beispiel: ich lese derzeit bevorzugt „christian fiction“ (etwa „christliche Romane“) meist amerikanischer Autorinnen. Ich erwarte u. a., daß das Thema Religion eines ist, daß die Protas spätestens am Ende des Buches zum Glauben gefunden haben, daß die Protas nach einem christlichen Weltbild denken und handeln (wenn nicht am Anfang, dann zumindest am Ende des Buches). Dafür stehen bestimmte Autorinnennamen (meist sind es -innen) und auch Verlage. Gerth-Medien, oder Francke beispielsweise. Ich weiß, wenn ich Bücher aus diesen Verlagen (natürlich gibt es noch zahlreiche andere) kaufe, daß ich i. d. R. dieses Grundmuster vorfinde. Wobei ich inzwischen auch auf den Originalverlag (am liebsten Bethanyhouse bzw. Baker Publishing) achte.
Diese Verlage veröffentlichen Bücher für Menschen, die die genannten Muster vorfinden wollen. Wie sich dann jemand darüber beschweren kann, daß etwa in einem Gerth-Buch, zu viel vom Glauben die Rede ist, die Protas zu religiös sein, erschließt sich mir nicht.
Worauf ich hinaus will, ist: diese Bücher sind für Menschen geschrieben, die bestimmte Erwartungen an ein Buch haben. Kürzer gesagt: für eine Zielgruppe, die sich durch eben diese Erwartungen definieren läßt. Was ist daran falsch?
Ich entsinne mich, bei zwei Leserunden zu hoch angesehenen Autoren mitgemacht - und beide abgebrochen zu haben, weil ich eben nicht zur Zielgruppe gehörte. Ich habe mich im Nachhinein nur geärgert, für HCs, mit denen ich nichts anfangen konnte, so viel Geld ausgegeben zu haben. Eine genauere Zielgruppenangabe (bzw. Inmichgehen, ob ich zur Zielgruppe gehöre) hätte mir diese Ausgaben ersparen können.
Oder wieder anders: Bücher sind Waren, die verkauft werden müssen. Ein Verlag muß sich Gedanken machen, an wen er seine Bücher verkaufen und wie er diese Menschen erreichen kann. Alleine schon aus Kostengründen muß von „allen Menschen, die lesen können“ auf immer kleinere Gruppen heruntergebrochen werden, bis eine realistische herauskommt, die man erreichen kann. Die Zielgruppe eben.