Gebundene Ausgabe mit 126 Seiten
Verlag: Deuticke (März 2010)
Sprache: Deutsch
Originaltitel: Andélé vsedního dne
Kurzbeschreibung
Dass sie schon morgen sterben werden, wissen die Menschen natürlich nicht. Engel wissen, dass es so kommen wird, und versuchen - ganz pragmatisch - ein letztes Mal zu helfen. Denn jede kleine Freude und die Liebe machen das menschliche Leben ein wenig erträglicher - davon sind die Engel des letzten Tages, die der Autor in seinem neuen Roman bei der Arbeit beobachtet, felsenfest überzeugt. Mit großem Einfühlungsvermögen erzählt Michal Viewegh, in Tschechien ein Bestsellerautor, von den überirdischen Beschützern am Himmel über Prag, zu deren Pflichtausstattung Flügel längst nicht mehr gehören.
Zum Autor
Michal Viewegh, geboren 1962 in Prag, arbeitete nach einem abgebrochenen Wirtschaftsstudium als Nachtwächter und studierte anschließend Tschechisch und Pädagogik. Er lebt heute als freier Schriftsteller in Prag.
Meine Meinung
Es gibt sie immer mal wieder, diese Bücher, die ich mir aus keinem besonderen Grund aussuche und die dann zu wahren Highlights werden. „Engel des letzten Tages“ war eines dieser Bücher. Nur 126 Seiten stark lässt es sich einerseits mal eben so weglesen, bewegt aber andererseits so stark, dass ich am Ende nicht wusste, ob ich zufrieden lächeln oder weinen sollte. Vielleicht macht es in diesem Fall auch die Mischung, denn beide Gefühlsregungen finden ihre Berechtigung in der Geschichte. Ja, ich war überrascht, wie sehr man hier auch zum Schmunzeln angeregt wird. „Engel des letzten Tages“ ist nicht nur ein todtrauriges Buch, das depressiv stimmt.
Engel sind hier ganz anders dargestellt, als die meisten Menschen sie wohl vor ihrem inneren Auge haben. Keine geflügelten Unschuldslämmer, die über allem schweben. Jophaniel, Hachamel, Ilmuth und Nith-Haiah sind „auch nur Menschen“, halten ihre Besprechungen zwischen Taubenkot und Autolärm ab und sehen sich mit dem Leben konfrontiert. Die Hoffnung ist für sie ein leitendes Motiv, aber auch über den Glauben wird Einiges gesagt. So wissen die Engel beispielsweise nicht recht zu benennen, wer ihnen die Aufträge gibt, zu den Menschen, die in Kürze sterben werden, zu gehen.
Auch auf der Seite der menschlichen Figuren gibt es Kleinigkeiten zu entdecken. Vorgestellt werden ganz normale Leute aus der Prager Mittelschicht mit Problemen, die jeder mehr oder minder kennt. Sie alle sind durch ein Netz miteinander verbunden – darauf allerdings wird man als Leser vom Autor nicht mit der Nase gestoßen. Man muss aufmerksam auf die kleinen Dinge achten und erkennt dann, dass die Figuren sich alle irgendwie kennen und so manches Schicksal hätten abwenden können, wenn sie die vorhandenen Beziehungen genutzt hätten.
Die Auseinandersetzung mit dem Tod ist auch vielseitig: Ester trauert über ihren verstorbenen Ehemann, Karel, dessen letzten Tag die Engel eigentlich überwachen, setzt sich gar nicht damit auseinander, denn sein Tod kommt unvorhergesehen; ein weiterer Bekannter plant am gleichen Tag seinen Selbstmord. All das findet in angemessener Weise auf den wenigen Seiten Raum. Für mich stand am Ende eine runde Sache, obwohl ich die Engel gerne noch weiterhin begleitet hätte. Das Loslassen dieses Romans fiel nicht leicht, er bewegt auch über die letzte Seite hinaus.
Fazit
Für mich ein absolutes Highlight, das klein, aber fein daherkommt. Still und ausdrucksstark.
Bewertung
10/10 Punkten