Über die Autorin
Manuela Kuffner, geboren 1962, lebt mit ihren Söhnen Aljoscha und Joshua im Allgäu. Aljoscha leidet am Landau-Kleffner-Syndrom. Die seltene Krankheit führt innerhalb weniger Tage nach Ausbruch zu einer völligen Wesensveränderung des Kindes. Aljoscha ist heute elf Jahre alt und besucht eine Förderschule für Gehörlose.
Kurzbeschreibung
Aljoscha erklimmt die höchsten Bäume und rennt barfuß durch den Wald. Seine Lieblingsplätze sind nah am Himmel, doch sein Paradies ist voller Gefahren. Denn der Junge, der von seiner Familie liebevoll Mogli genannt wird, ist schwer krank. Durch eine seltene Form der Epilepsie verliert er als Dreijähriger die Sprache und jedes Empfinden für Angst oder Schmerz. Seitdem bewegt er sich furchtlos durch eine Welt, deren Bedrohungen er nicht erkennt. »Ich muss meinen Sohn vor sich selbst beschützen, jeden Tag, jede Stunde«, sagt Aljoschas Mutter über ihr Ringen mit der Zeit, denn es gibt eine Hoffnung: Mit dem Einsetzen der Pubertät könnte die Krankheit wieder verschwinden.
Meine Rezension
Die Kuffners sind eine turbulente laute Familie mit zwei lebhaften, kleinen Söhnen und drei Kampfhunden, wegen derer sie recht abgeschieden in einem kleinen Ort leben. Vater Helmut ist Fahrlehrer, die Mutter Manuela ist Hausfrau und Mutter, will aber bald wieder zur Arbeit gehen. Im Mai 2001 verbringt die Familie einen wunderbaren Urlaub in Italien. Was sie glücklicherweise noch nicht wissen: es wird ihre letzte glückliche und unbeschwerte Zeit miteinander sein, denn bereits kurz nach dem Urlaub kommt es beim 3-jährigen Aljoscha zu Ausfällen, die sich keiner erklären kann und als deren Ursache man erst Schwerhörigkeit vermutet. Doch die Ärzte finden schnell heraus, dass es nicht nur um Schwerhörigkeit geht, sondern dass Aljoscha am Landau-Kleffner-Syndrom erkrankt ist, einer schweren Krankheit, die mit Aphasie und Epilepsie einhergeht und die weltweit vielleicht gerade mal 200x aufgetreten ist.
Von nun an verändert sich das ganze Leben der Kuffners, denn Aljoscha verliert die Möglichkeit zu kommunizieren, sein ganzes Wesen verändert sich, er wird launisch und er hat immer wieder Absencen, während derer er einfach „weg“ ist und umkippt. Auch die Ärzte sind mehr oder weniger hilflos und können nur die verschiedensten Möglichkeiten ausprobieren.
Hilfe für die Familie gibt es kaum, so kapitulieren z,B. Zivildienstleistende, die Aljoscha stundenweise betreuen sollen, vor seiner Agilität und seinen Launen, so dass letztlich die Betreuung zu über 90% an den Eltern hängt. Ein Fulltimejob, der vor allem die Mutter an den Rand ihrer Kräfte bringt. Joshua, der zwei Jahre ältere zweite Sohn der Familie bleibt gezwungenermaßen immer wieder auf der Strecke, weil sich alles um Aljoscha dreht… und letztlich zerbricht auch die Ehe der Eltern an der ungeheuren Belastung.
Wie bei anderen Bücher dieser Art darf man auch von diesem keine allzu hohe literarische Qualität verlangen, auch wenn es die Autorin zusammen mit Hilfe der Ghostwriterin Shirley Michaela Seul verfasst hat – dadurch kommt es aber auch ungemein authentisch rüber und man wird beim Lesen unwillkürlich selbst schon manchmal ganz zappelig angesichts des turbulenten Alltags der Familie.
Ich fand es berührend, in den so ganz anderen Alltag einer schwer gebeutelten Familie hineinzublicken. Dabei spürt man als außenstehender Leser viel früher als das Paar selbst, wie sehr die beiden als Ehepaar auseinanderdriften, weil sich ihr ganzes Leben nur noch um Aljoscha dreht. Man wünscht sich, die beiden würden wieder zueinander finden, leider vergebens. Immerhin scheint es so, als wären die beiden immer noch ein super Team und immer noch eine Familie, was vielen Paaren nach der Trennung ja nicht gelingt.
<Hier> habe ich übrigens noch einen interessanten Artikel über Aljoscha gefunden und auf <Aljoschas Homepage> kann man den Verlauf der Krankheit nachlesen und auch, dass es ihm anscheinend besser geht. Im Lauf der Pubertät soll die Krankheit ja abklingen bzw. zu einem symptomfreien Stillstand kommen – da Aljoscha nun langsam in dieses Alter kommt, bleibt nur, ihm zu wünschen, dass er soweit genesen wird, dass ihm Kommunikation eines Tages auch außerhalb seiner Gebärden wieder möglich sein wird.
Ein interessantes Buch über eine Familie, in der eine Krankheit, von der ich vorher noch nie hörte, einschlägt wie ein Blitz. Erschütternd, wieviele schlimme und seltene Krankheiten es doch gibt, denen unsere fortschrittliche Medizin auch heute noch mehr oder weniger wehrlos gegenübersteht.