Die Advokatin: Stadt der Engel Bd. 1 von Tracie Peterson

  • Kurzbeschreibung:


    Kit Shannon, eine frischgebackene Juristin aus New York, beschließt 1903 nach Los Angeles zu ziehen. Sie hofft, in der liberalen, fortschrittlichen Stadt eine Anstellung in einer Anwaltskanzlei zu finden. Doch die Dinge entwickeln sich nicht so wie erwartet. Ihre Tante Frederica befürchtet, dass das ganz und gar unübliche Karrierestreben ihrer Nichte ihrem eigenen Ansehen in der Gesellschaft von Los Angeles schaden wird. Und auch die Gerichtsbarkeit ist wenig begeistert von Kits Ansinnen. Tatsächlich findet die junge Advokatin nur unter Schwierigkeiten einen Anwalt, der bereit ist, eine Frau zu beschäftigen. Und sie zahlt einen hohen Preis, denn sie ist gezwungen, einen Strafprozess gegen einen Freund vorzubereiten. Die Anklage lautet auf Mord ...



    Meine Meinung:


    Im Jahr 1903 beschliesst die junge Kit Shannon nach Los Angeles zu ihrer Tante zu ziehen und dort ihren Traum wahr zu machen, Anwältin zu werden. Nicht nur ihre Tante reagiert entsetzt auf diesen Wunsch und sieht ihre gesellschaftliche Stellung in Gefahr. Auch andere machen ihr das Leben schwer und Kit muss bald erkennen, dass ihr gewünschter Weg sich nicht so einfach verwirklichen lässt.
    Durch Zufall lernt sie Earl Rogers kennen, einen berühmt-berüchtigten Strafverteidiger und dieser gibt ihr eine Chance. Doch der Preis scheint hoch...


    Die Geschichte um die junge Frau, die ausgerechnet Anwältin werden will, ist sehr interessant und ich war wieder einmal sehr froh, dass ich nicht in dieser Zeit sondern heute lebe ;-) Die gesellschaftlichen Konventionen und Zwänge bremsen Kit zwar aus, aber sie setzt alles daran, ihren Traum zu verwirklichen und lässt sich auch bei Rückschlägen nicht davon abhalten. Mir war Kit gleich sympathisch, bei anderen Figuren ist es schwieriger, z.B. Kits Tante, die ihre Nichte zwar liebt und nur ihr bestes will, die ihr aber auch ihre Unterstützung versagt und sich negativ beeinflussen lässt. Oder andere Figuren, die erst nach und nach erkennen lassen, wie sie Kit und ihrem Berufswunsch gegenüberstehen.
    Es gibt immer wieder überraschende Wendungen und als Kit schließlich bei einem Mandanten, den sie auch noch gut kennt, helfen muss, die Mordanklage abzuwenden, wird es richtig spannend! Ein Roman, der gut unterhält und einen spannenden Fall zu bieten hat.


    Noch eine Anmerkung: Die Hauptfigur Kit hat einen großen Gottesglauben, der auch immer wieder thematisiert wird. Ich persönlich fand, es passte sehr gut zu Kit, zur Geschichte und zur damaligen Zeit, aber falls das jemanden stört, sollte er vielleicht eine andere Lektüre bevorzugen. Es wird keineswegs der "moralische oder theologische Zeigefinger erhoben", nur Kit zitiert des öfteren aus der Bibel und versucht auch einige ihrer Mitmenschen zu Gott "zurückzuführen". Es handelt sich beim Francke-Verlag ja auch um einen christlichen Verlag. Aber wie gesagt - in meinen Augen war das alles stimmig erzählt und hat einfach gepasst.


    Jetzt freue ich mich schon auf den nächsten Teil dieser Reihe :-)

  • Schöne Rezi, danke. :-)


    Ich habe mir letztens von dieser Autorin die Trilogie (in einem Band) "Yukon Quest" günstig besorgt. Und "Song of Alaska" begonnen (lesen will ich erst, wenn der dritte Band heraußen ist).


    Diese Reihe werde ich mir vermutlich in der deutschen Ausgabe zulegen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ich habe mir letztens von dieser Autorin die Trilogie (in einem Band) "Yukon Quest" günstig besorgt. Und "Song of Alaska" begonnen (lesen will ich erst, wenn der dritte Band heraußen ist).


    Gibt es Yukon Quest auch auf Deutsch?

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Gibt es Yukon Quest auch auf Deutsch?


    Ich habe nichts gefunden, auch nicht in der Datenbank der Deutschen Nationalbibliothek. Anscheinend nicht. Ich fand den Titel nahezu neuwertig kürzlich im Marketplace zu recht günstigem Preis, da habe ich zugeschlagen. (Bei bookcloseouts_germany, die bieten es noch immer an, derzeit EUR 8,25.) Mein Exemplar ist an den Kanten etwas bestoßen (könnte vom Versand kommen) und hat einen Mängelexemplar-Strich, innen ist es neuwertig.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Ich habe "Die Advokatin" gerade beendet und kann mich obiger Rezension nur voll und ganz anschließen.
    Der Roman spielt in Los Angeles Anfang des 20.Jahrhunderts und die Autoren schaffen es tatsächlich, eine im besten Sinne altmodische Atmosphäre aufzubauen. Man fühlt sich an klassische Gerichtsdramen erinnert. Kit Shannon könnte glatt eine junge Katharine Hepburn sein, ihr Chef, der trinkfreudige, erfahrene Rechtsanwalt wäre dann natürlich Spencer Tracy. Am meisten hat mich an dem Buch überzeugt, dass es so viele ausführliche Gerichtsszenen gibt. Dabei bewährt sich Kit nicht in erster Linie aufgrund ihres festen Glaubens sondern auch wirklich durch ihre Ausbildung. Auch erscheinen mir die Abläufe im Gericht oder in den Gefängnissen bei den Verhören ziemlich realistisch. Der Roman ist der Beginn einer Trilogie und doch in Grunde in sich abgeschlossen. Aber natürlich interessiert es doch, wie es mit Kits beruflicher Laufbahn weitergehen wird.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Könnte eventuell dieses Buch sein, dass erst vor ganz kurzer Zeit erschienen ist.


    Nein, die Inhaltsbeschreibungen passen nicht zusammen. Es müßte sich um die deutsche Ausgabe von "Summer of the Midnight Sun", Band 1 der "Alaskan Quest"-Trilogie handeln:

    Alaskan Quest (Quelle: Fantasticfiction.co.uk)
    1. Summer of the Midnight Sun (2006)
    2. Under the Northern Lights (2006)
    3. Whispers of Winter (2006)
    Alaskan Quest (omnibus) (2009)
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Kit Shannon hat eine Mission. Früh verwaist wuchs sie in unfreundlichen Waisenhäusern auf, bis sie endlich volljährig ihre Ausbildung beginnen konnte, die Ausbildung zur Advokatin. Was in New York Anfang 1900 nicht üblich und schon gar nicht alltäglich war. Frauen sollten heiraten, einen Haushalt führen und Kinder bekommen – auf keinen Fall aber versuchen, in Männerberufe einzusteigen. Denn das Gehirn einer Frau kann unmöglich die komplexen Strukturen erfassen, die ein Arzt oder Anwalt erkennen muss. Zumindest in den Augen der Männer – denn immer mehr Frauen beweisen, dass sie ihren Mann stehen können. Eine von ihnen ist Kit, die Gerechtigkeit will, für ihre Mutter, die von Anwälten über das Ohr gehauen und um ihr Vermögen gebracht wurde. Den ersten Schritt hat sich schon geschafft, mit ihrem Abschluss als Anwältin. Bei ihrer Tante, die sie endlich gefunden hat, will sie ihren Traum erfüllen und arbeiten, aber sie rechnet nicht mit den Standesdünkeln ihrer Tante. Deren Ruf geht ihr über alles, sie hat hart daran gearbeitet, in der High Society aufgenommen zu werden. Wird ihre Nichte, die einfach nicht heiraten will, ihr da nicht schaden? Und für wen wird sie sich wohl entscheiden, wenn sie zwischen Familie oder Anerkennung wählen muss.


    In dem Dienstmädchen Corazon findet Kit eine treue Freundin, die ihr mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln treu zur Seite steht. Soziale Unterschiede existieren für beide nicht. Mit Earl Rogers findet Kit dann endlich auch einen Anwalt, der sie einstellt und mit Aufgaben in seinen Fällen betreut, wobei Kit oft mit ungewöhnlichen Wegen ordentliche Erfolge erzielt. Earl hat allerdings mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen, an einigen Tagen ist der Alkohol sein bester Freund. Leider bleibt seine Figur ein bisschen blass, die Autoren vermeiden es, ihn tiefgründiger darzustellen. Seine Familie wird wohl erwähnt, spielt ansonsten aber keine nennenswerte Rolle. Von seinen Gedanken und Gefühlen erfährt man auch recht wenig, nur andeutungsweise kommen seine Schwierigkeiten zur Sprache. Ted Fox ist der Sonnyboy in der Geschichte, zu ihm fühlt sich Kit von Anfang an hingezogen. Allerdings ist er verlobt, und seine Verlobte so gar nicht amüsiert von Treffen zwischen Ted und Kit. Dabei versteht Kit ihn wesentlich besser, denn auch Ted verfolgt einen Traum, er möchte fliegen. Ein Mordprozess kommt ihm erst einmal in die Quere, auf einmal sieht er sich als Angeklagter wieder, der von Earl Rogers verteidigt wird. Der Ankläger hingegen ist Heath Sloate, ein guter Freund und Anwalt von Kits Tante, der es sowie auf ihr Geld und ihre Nichte abgesehen hat. Abfuhren kann er allerdings so gar nicht verkraften, Kit schafft sich damit ihren ersten Feind auf Lebenszeit.


    Die Geschichte spiegelt die Gesellschaft Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts sehr gut wieder, besonders die der Frau. Auf der einen Seite ihre Tante, die sich ihre soziale Stellung durch Heirat hart erarbeitet hat und ihrem eigenen Verstand nicht mehr traut, indem sie sich von falschen Freunden beraten lässt. Aus Angst über Klatsch entscheidet sie sich gegen Kit, die ihr einfach zu unkonventionell ist. Sie soll gefälligst heiraten und Kinder bekommen, wie es sich für eine Frau gehört. Wie sehr sie sich selbst dabei schon verloren hat, merkt sie gar nicht. Da kann ihr so ein frischer Wind, wie Kit ihn ins Haus bringt, kann ihr eigentlich nur helfen. Auf der anderen Seite ist da Kit, die den ganzen Sturm des männlichen Dünkels abbekommt und sich gegen gängige Konventionen dursetzen muss. Das macht sie sehr behutsam und vergisst nie, in welcher Zeit sie lebt. Trotzdem weiß sie auch, dass die Zeit für Veränderungen reif ist.


    Der Stil ist sehr angenehm und flüssig, geschickt mit immer neuen Wendungen gespickt. Es macht Spaß, mit Kit durch ein altertümliches Los Angeles zu ziehen und den Duft der Vergangenheit einzuatmen. Die Schilderungen sind sehr bildhaft, man kann sich sehr gut vorstellen, wie es damals ausgesehen hat. Der christliche Gedanke bleibt angenehm im Hintergrund, zu der Zeit war es ja auch völlig normal, viele Leute haben sich von Gott leiten lassen und sind in die Kirche gegangen. Das Buch versucht weder zu missionieren, noch zu belehren. Es ist lediglich der erste Teil einer Trilogie, die den Weg einer jungen Frau auf einer persönlichen Mission aufzeigt. Die Qualität des Buches ist hervorragend, fest gebunden und ein geschmackvolles Cover fördern den Lesespaß.


    Fazit


    Vergangene Zeiten leben wieder auf, wenn man die junge Anwältin Kit auf ihrem Weg durch Los Angeles begleitet. Der Atem der Vergangenheit umgibt den Leser genauso wie die Standesdünkel der Menschen und die Intrigen selbstverliebter Menschen. Am Anfang weiß man überhaupt noch nicht, wohin die Reise gehen wird, die Autoren verstehen es sehr gut, den Spannungsbogen durchgehend hoch zu halten.


    LG
    Patty