Thomas Mann Tagebücher 1949-1950

  • Herausgegeben von Inge Jens


    Verlag Fischer
    778 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    „Thomas Manns Tagebücher haben unser Bild des Autors und unser Verständnis seines Werks nachhaltig verändert. Dieser Roman eines Lebens ist der umfassendste, welthaltigste, rührendste, aberwitzigste Roman, den der Autor je gschrieben hat und wie wunderbar geschrieben! Erhellend klar, unerbittlich gegen andere und sich selbst.“ (Volker Hge)


    Über den Autor:
    Thomas Mann wurde 1875 in Lübeck geboren und wohnte seit 1894 in München. 1933 verliess er Deutschland unlebte zuerst in der Schweiz am Zürichsee, dann in den vereinigten Staaten, wo er 1938 eine Professur an der Universität in princeton annahm. Später hatte er seinen Wohnsitz in Kalifornien, danach wieder in der Schweiz. Er starb in Zürich am 12. August 1955.


    Über die Herausgeberin:
    Inge Jens, geboren 1927 in Hamburg, Studium der Germanistik, Anglistik und Pädagogik in Hamburg und Tübingen. Promotion 1953 mit einer Arbeit über die expressionistische Novelle.


    Meine Meinung:
    Es sind zwei ereignisreiche Jahre, über die Thomas Mann Tagebuch führte. Inge Jens 1991 hat eine passende Einleitung geschrieben und über 300 Seiten Anmerkungen beigefügt. Eine bemerkenswerte Leistung. Diese Tagebuch-Edition ist vielleicht Inge Jens beste Arbeit, soweit ich das bis jetzt beurteilen kann.
    Außerdem befinden sich im Anhang ein umfangreiches Verzeichnis sowie Texet von Thomas Mann. es handelt sich dabei um Briefe, Reiseberichte und Reden.
    1949 lebt Thomas Mann und seine Familie noch in den USA. Ein USA unter Truman, in dem der Antikommunismus immer spürbarer wird.
    Thomas Mann schrieb an seinem Roman Der Erwählte. Im privaten führt Thomas Mann ein ruhiges Leben, er beschäftigt sich viel und liebevoll mit seinem Enkel Frido.
    Beeindruckend ist, was für ein unermüdlicher Vielleser Thomas Mann war. Seine Lektüre in dieser Zeit war Edgar Allan Poe, Jonathan Swift, Hamsun, Shirley Jackson, viel Fontane, Tolstoi, Hauptmann (langweilig!) und vor allem immer wieder Joseph Conrad. Von iihm las er einige Werke, manchmal kritisch, aber immer fasziniert.
    Seine Anmerkungen zu den Büchern fand ich spannend.


    1949 erschütterten ihn aber auch Todesfälle. Erst sein jüngerer Bruder Viktor, dann sein Sohn Klaus Mann, der Selbstmord beging. Hier ist eigentlich erstaunlich, wie wenig TM dazu schreibt. bedauern drückt er vor allem für Erika Mann, Klaus Schwester aus, die schwer getroffen ist von dessen Tod. Seine Emotionen hält er zurück, dafür schreibt er immer wieder seitenweise über seine Ohrenschmerzen oder Nasenbluten. Dieses Missverhältnis macht den Thomas Mann-Bewunderer schon etwas betroffen.


    1949 besuchte Thomas Mann auch erstmals wieder Deutschland. Sowohl den Westen als auch die Ostzone. Dafür zog er sich auch viel Kritik zu.


    1950 starb auch noch Heinrich Mann. Für Thomas Mann aber wurde es das Jahr der Liebe. Als 75jähriger verliebt er sich noch einmal, in den jungen Kellner Franzl.
    Es bilden sich die Pläne, den Felix Krull wieder aufzugreifen. Sein letzter großer Roman.


    Dieser Band der Tagebücher war für mich einer der spannensten. Ich habe die Tagebücher dieser Jahre mit Faszination gelesen.

  • Danke Herr Palomar für diese aufschlussreiche, interessante Rezi.


    In wievielen Bänden insgesamt sind denn die Th. Mann-Tagebücher herausgekommen?


    Da Du schreibst, dass für Dich dieser Band hier einer der spannendsten war, dann könnte ich mir den ja vielleicht mal zulegen, obwohl der Thomas Mann und ich das Heu nicht auf der gleichen Bühne haben. Und zwar kann das damit zusammenhängen, was auch Dich etwas irritiert.


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    dann sein Sohn Klaus Mann, der Selbstmord beging. Hier ist eigentlich erstaunlich, wie wenig TM dazu schreibt. bedauern drückt er vor allem für Erika Mann, Klaus Schwester aus, die schwer getroffen ist von dessen Tod. Seine Emotionen hält er zurück, dafür schreibt er immer wieder seitenweise über seine Ohrenschmerzen oder Nasenbluten. Dieses Missverhältnis macht den Thomas Mann-Bewunderer schon etwas betroffen.


    Mir fehlt bei allem, was ich bisher von Thomas Mann gelesen habe eine für mich sehr wichtige Dimension: Gefühle/Emotionen....
    Kann sein, dass es sie schon gibt in seinen Werken, aber ich fand sie nicht.


    :wave

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von Joan
    In wievielen Bänden insgesamt sind denn die Th. Mann-Tagebücher herausgekommen?


    Ich besitze diese 10 Bändige Ausgabe, an der ich seit 1x Jahren lese.


    Mich unteressiert nicht nur Thomas Mann Leben, sondern insbesondere auch die Darstellung der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts aus der Sicht eines Schriftstellers, der 1933 ins Exil gehen musste.

  • Wow...10 Bände! Danke für die Antwort.


    Und ich habe grad nochmals eine Frage. In diesem Band 1949-1950, gibt es darin auch die eine und andere Anmerkung zu H. Hesse?


    Wenn ich mich nicht täusche, dann müsste das ungef. die Zeit gewesen sein, wo sich das Ehepaar Mann und das Ehepaar Hesse hin und wieder im Hotel Waldhaus in Sils Maria/Engadin getroffen haben.

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  • Ja, Hermann Hesse wird manchmal erwähnt.


    Lugano, 29.5.50: "Nachmittags mit K. und Erika zu Hesse"


    Am 27.07.50: "zu Hesses ins Waldhaus."


    Am 1.8.50 "Portwein mit Hesses" oder 8.8.50 z.B. "waren beim Thee bei Hesses ..."


    Thomas Mann erwähnt auch mehrfach Briefwechsel (Freundschaftsbrief)


    Leider werden nicht viele Details verraten.
    Hesse hat sich aber anscheinend mehrfach positiv über Erika Manns Aufsätze geäußert. Höflichkeit gegenüber TM oder Ehrlich?


    Rätselhaft der Satz: "Hesses Schlaflosigkeit wegen einer unverschämten Postkarte".
    Inge Jens äußert sich zu diesem Brief nicht in den Anmerkungen

  • Da hast Du Dir aber grad recht viel Arbeit gemacht mit dem Raussuchen....ganz liebes DAnkeschön Herr Palomar :wave


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Rätselhaft der Satz: "Hesses Schlaflosigkeit wegen einer unverschämten Postkarte".
    Inge Jens äußert sich zu diesem Brief nicht in den Anmerkungen


    Was könnte das bloss für eine Postkarte gewesen sein? :gruebel Kommt mir grad auch nichts in den Sinn. Nun gut, Hesse musste schon auch einiges an Kritik und Häme einstecken einerseits, und andererseits konnte er sich auch wegen einem klitzekleinen Hühnerschiss ganz gewaltig aufregen. :grin


    Einer seiner "Erzfeinde" war der Hans Habe. Der hat nämlich mal ein Gedicht vom Hesse in einer Zeitschrift abgedruckt, ohne ihn vorher um eine Bewilligung anzufragen....und was den Hesse am meisten geärgert habe, dass in diesem Gedicht ein Komma falsch gesetzt war. :grin
    Aber das muss glaubs kurz nach dem 2. Weltkrieg gewesen sein, so um 45/46 rum.

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