Der fünfzehnjährige Timo Lindner ist verschwunden, seine Eltern melden sich nach wenigen Stunden schon bei der Polizei. Die Beamten nehmen das Verschwinden eines fünfzehnjährigen Jungen zunächst nicht so ernst wie das Verschwinden eines jüngeren Kindes. Wenn Jungen dieses Alters verschwinden, tauchen sie in den meisten Fällen nach kurzer Zeit wieder auf, nachdem sie in der Zwischenzeit einfach ihren "persönlichen Freiraum etwas erweitern" wollten. Die Eltern von Timo sind von Anfang an sicher, dass ihr Sohn nicht freiwillig weggegangen ist. Da Hauptkommissar Zbigniew Meier nur ein paar Straßen von Familie Lindner entfernt wohnt, sehen er und sein Kollege Zeynel sich, kurz vor Feierabend, das Zimmer des Jungen doch mal an, ob es irgendwelche Hinweise bezüglich des Verschwindens von Timo gibt. Das Zimmer ist voller Bücher, Timo war ein guter Schüler und nach Aussage der Eltern immer ein braver Junge. Irgendetwas kommt Hauptkommissar Meier an dem Zimmer aber merkwürdig vor, erst zuhause fällt ihm ein, Timos Zimmer hat keine Tür! Dazu die Aussagen der Eltern, dass Timo kein Handy und auch keinen Zugang zu einem PC habe, und dass seine Mutter ihn immer zur Schule gebracht und auch wieder abgeholt hat. Timo hatte absolut keinen persönlichen Freiraum, den ein pubertierender Junge auf dem Weg zum selbständig werden braucht.
Mit der Polizei bleibt auch der Leser lange Zeit im Unklaren darüber, wieso und wohin Timo wirklich verschwunden ist. Ist er entführt worden oder ist er selber abgehauen, da er die Kontrolle seiner Eltern nicht mehr ertragen konnte? Ist die Gründung einer SOKO und der damit einhergehende Kostenaufwand für die Polizei zu rechtfertigen?
Die Geschichte geht damit los, dass Hauptkommissar Zbigniew Meier seine Monatskarte für die U-Bahn vergessen hat, er morgens in einer Fahrkartenkontrolle erwischt wird und nach Vorzeigen seines Dienstausweises dann sozusagen als "Kollege" der Kontrolleure von ihnen ohne Sanktion gehen gelassen wird. Einerseits ist Zbigniew froh darüber, ärgert sich aber gleichzeitig auch über solche "Korruption". Warum erzählt der Autor das? Ist das für die Geschichte wichtig? Nein. Soll das Atmosphäre schaffen und den Hauptkommissar vorstellen? Wahrscheinlich. Mal eingestreut ist gegen solche Szenen zur Schaffung von Atmosphäre auch nichts zu sagen. Dies ist aber das erste Beispiel einer gewissen "Geschwätzigkeit", die das Buch ausmacht und die zur eigentlichen Handlung nichts beizutragen hat. Auch Kommissare können einen Bandscheibenvorfall bekommen, das ist nicht angenehm. Auch Kommissare haben ein Liebesleben. Aber wann und wie oft Zbigniew in den unpassenden Momenten wegen welcher Frau "wie ein Pennäler" eine Erektion bekommt spricht vielleicht für seine Potenz, wo er sich ja schon wegen seiner Bandscheibenprobleme alt fühlt, er ist siebenunddreißig. Beides ist aber in der Ausführlichkeit der Beschreibung für die Geschichte nicht wirklich relevant und nervte irgendwann etwas. Die Handlung spielt größtenteils in Köln und hat durch die Ortsbeschreibungen nettes Lokalkolorit. Spuren auf der Suche nach Timo führen Zbigniew Meier auch nach Italien und Frankreich. Sehr interessant fand ich die Spur über die Musik. Durch das Buch angeregt, werde ich mir die "Symphonie Fantastique" von Hector Berlioz bald mal anhören.
Hauptkommissar Zbigniew Meier war mir recht sympathisch und die Geschichte ist durchaus spannend und unterhaltsam. Einige Plotwendungen sind vielleicht in der Logik etwas löchrig, im Fluss des Lesens der Geschichte konnte man aber ganz gut darüber hinwegsehen. Die Geschichte hätte aber eine Straffung vertragen können, hundert Seiten weniger hätten für die Geschichte "mehr" sein können. Da ich den Eindruck habe, als ob Zbigniew Meier ein Seriencharakter werden könnte, wäre ich auch nicht ganz abgeneigt, Hauptkommissar Zbigniew Meier noch einmal wieder zu treffen.
Das Buch bekommt von mir 7 Punkte.
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