# Gebundene Ausgabe: 800 Seiten
# Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt (15. März 2010)
# Sprache: Deutsch
# Originaltitel: A Fraction of the Whole
Kurzbeschreibung
Eine Vater-Sohn-Geschichte – aberwitzig und teuflisch gut erzählt!
Jasper Dean sitzt im Gefängnis und erzählt von den Jahren, als er sein wollte wie sein Onkel Terry, ein Polizistenmörder, der zum beliebtesten Volkshelden des Landes avancierte. Kein Wunder, dass Jaspers Vater alles daransetzte, als Australiens größter Wohltäter gleichzuziehen. Jasper wurde Zeuge seines Scheiterns – und erzählt nun die ungeschminkte Geschichte der Deans. Ein höchst vergnüglicher Ausflug an den Rand des Wahnsinns, auf der Suche nach dem Sinn des Lebens.
Über den Autor
Steve Toltz wurde in Sydney geboren und lebte in Montreal, Vancouver, New York, Barcelona und Paris, wo er als Privatdetektiv, Kameramann, Telefonverkäufer, Sicherheitsbediensteter, Englischlehrer und Drehbuchautor tätig war. Vatermord und andere Familienvergnügen ist sein erster Roman, der 2008 für die shortlist des renommierten Booker Prize und des Guardian First Book Award nominiert und mit dem Christine-Stead-Preis ausgezeichnet wurde.
Meine Meinung
"Eines aber muss ich vorher noch sagen, nur damit es vom Tisch ist: Die Leiche meines Vaters werden sie nie finden."
Der Debütroman von Steve Toltz ist ein so dichtes, intensives und vielseitiges Werk, dass es schwer ist, ihn in wenigen Worten zusammenzufassen, ohne nicht schon zu viel verraten zu haben. Toltz erzählt in "Vatermord und andere Familienvergnügen" die Geschichte der Familie Dean. Erzählt wird die Geschichte von Jasper Dean, der zu Beginn des Buches im Gefängnis sitzt und die Geschichte und die Ereignisse, die dazu geführt haben, in insgesamt sieben Abschnitten aus unterschiedlichen Perspektiven nacherzählt.
Zitat"[…] meine Geschichte ist verdammt gut – und zudem auch noch wahr. Ich weiß nicht, warum, aber darauf scheinen die Leute Wert zu legen. Mich selber hingegen würde es vor Neugier kaum auf dem Stuhl halten, wenn mir einer sagen würde: 'Ich muss dir 'ne tolle Geschichte erzählen, und jedes Wort davon ist glatt gelogen.'"
Dabei geht es vor allem um Jaspers Vater Martin und seinen Onkel Terry, die es beide – auf unterschiedliche Art und Weise – zu zwei großen Berühmtheiten in Australien gebracht haben. Im den ersten Abschnitten wird die Kindheit von Martin und Terry erzählt, die sich größtenteils aus unterhaltsamen Episoden zusammensetzt, die aber auch immer wieder von intensiveren Betrachtungen und philosophischen Ausflügen über das Leben und die Menschen, die die Welt bevölkern, unterbrochen wird.
Zitat"Während sich Terry zu den Kindern im Becken gesellte, setzte ich mich einem Horror namens Reise nach Jerusalem aus, noch so ein grausames Spiel. […] Das Spiel stellt eine Analogie zum Leben dar: Es sind nie genügend Stühle für alle da, nicht genug Glück, nicht genug Nahrung, Freude, Betten, Jobs oder Vergnügen, nicht genug Freunde, freundliche Gesichter, Geld oder saubere Atemluft … aber die Musik spielt trotzdem weiter."
In den nächsten Abschnitten wird aus Martins Notizbüchern und seiner Autobiographie direkt zitiert und man erfährt weitere Puzzlestücke, die im Leben der Familie Dean eine wichtige Rolle spielen. Dabei kann man als Leser vor allem den Verfall von Martin Dean sehr intensiv mit verfolgen, der sich mit der Zeit immer stärker in verrückten Visionen und Projekten verzettelt. Aber auch Jasper kommt man beim Lesen des Buches sehr nahe und man wird beinahe gezwungen, ihn und seine Familie weiterzubegleiten, um zu erfahren, wie alles ausgehen wird.
Zitat"Nun, da ich unsere Geschichte in sämtlichen magenumdrehenden, haarsträubenden, zum Nägelkauen, Lippenzupfen, Kettenrauchen und Zähneknirschen anregenden Details erzählt habe, frage ich mich: War es das wert? Nicht, dass ich damit eine umwälzende Veränderung auslösen oder eine schon stattfindende abschließen möchte. Bevor ich anfing, war ich kein Schriftsteller, aber das Schreiben macht einen dazu. Im Grunde weiß ich gar nicht, ob ich überhaupt Schriftsteller sein möchte. Hermann Hesse hat mal was in der Art gesagt, dass wahre schöpferische Kraft den Menschen einsam macht und ihm etwas abverlangt, dass die Lebensfreude mindert. Hört sich nicht unbedingt nach Vergnügen an."
Als Leser habe ich mich an einigen Stellen beinahe erschlagen gefühlt von dem fantastischen Ideenreichtum und den vielen Erzählsträngen die von Steve Toltz aufgeworfen werden. Gestört hat mich dabei vor allem, dass teilweise im Buch Ereignisse beschrieben werden, die so stark konstruiert sind, dass sie schon beinahe unrealistisch anmuten. Trotz dieser Kritik kann ich aber abschließend festhalten, dass es sich lohnt, die 800 Seiten zu lesen und bis zum Ende durchzuhalten.
Geboten wird einem eine witzige, humorvolle, vor Ideen sprühende Familiengeschichte, die leicht und flüssig erzählt wird – aber auch immer wieder von Betrachtungen unterbrochen wird, die nachdenklich und traurig machen können und mich sehr berührt haben.
Eine Runde Sache, dieses Buch.
10 Punkte.