Gebundene Ausgabe mit 176 Seiten
Verlag: Chatto & Windus (September 2009)
Sprache: Englisch
Originaltitel: La mécanique du coeur
Kurzbeschreibung
Der Tag im Jahre 1874 in Edinburg, an dem Jack geboren wird, ist so kalt, dass sein Herz zu Eis gefriert. Die Hebamme, die ihn zur Welt bringt, halb Hexe, halb Schamanin, ersetzt das Herz durch eine Uhr, die jeden Morgen aufgezogen werden muss. Dem Jungen sind alle Emotionen, wie Liebe und Wut, strengstens untersagt. Aber eines Tages begegnet er einem glutäugigen Straßenmädchen.
Unter dem Titel „The Boy with the Cuckoo-Clock Heart by Mathias Malzieu” gibts bei Youtube außerdem einen Trailer mit der Musik des Autors. Der ist wesentlich besser als das Buch :grin.
Zum Autor
Der Franzose Mathias Malzieu ist Sänger der Band Dionysos, schreibt seit einigen Jahren aber auch immer wieder Bücher. Zu „La mécanique du coeur“ hat ihn eine Reise zum Arthur’s Seat, einem Berg in Edinburgh in Schottland, inspiriert. Zu seinem Buch hat er auch ein Album entworfen. Einen Titel dieses Albums kann man in dem oben erwähnten Video anhören.
Meine Meinung
Da wird man von der ersten Zeile an mit so einem pfiffigen Ich-Erzähler namens Jack konfrontiert, der in den kleinsten Details den Tag seiner Geburt umschreibt. Der kleine Jack hatte mich von diesem Moment an auf seiner Seite, hat diese Sympathien aber leider sehr schnell wieder verloren. Der erste Teil der Geschichte, das Aufwachsen Jacks, bis er etwa 10 Jahre alt ist und auf Miss Acacia trifft, hat mir sehr gut gefallen, war geprägt durch das ein oder andere Wortspiel, selbst in der englischen Übersetzung und sorgte für Stimmung, ohne dass er es wirklich darauf angelegt hätte. Leider passiert mit der Geschichte dann etwas, was sich gar nicht so recht in Worte fassen lässt. Es ist, als hätte der Autor ganz plötzlich das Interesse an ihr verloren und setze jetzt nur noch alles daran, die Sache bloß schnell über die Bühne zu bekommen – und dieses Gefühl setzt hier schon nach gut 40 Seiten ein!
Was ist das überhaupt für ein Buch mit diesem zehn- bis zwölfjährigen, später immerhin vierzehnjährigen Protagonisten? Ein Jugendbuch? Nein, beileibe nicht. Es fällt wohl mal wieder unter die Kategorie „Erwachsenenbuch mit neunmalklugem Protagonisten“, das lassen zumindest die Formulierungen vermuten. Auf der anderen Seite stehen allerdings sehr oberflächliche Abhandlungen der Themen und nur Anreißen von Handlungsabläufen, was man ja eher aus Kinderbüchern kennt. Aus meiner Perspektive gelingt es dem Autor nicht, sich deutlich bei einer Zielgruppe zu platzieren. Das Buch hat interessante Ansätze und Szenen, aus denen man wirklich etwas hätte machen können, aber die ziehen unbeachtet vorbei. Am Besten hat mir noch die kurze Szene gefallen, in der Jack mit Dr. Madeleine das erste Mal in die Stadt geht und mit großen Augen vor einer Turmuhr stehen bleibt und fragt, ob diese sein Vater sei. Dieses kleine Aufleuchten geht aber innerhalb weniger Zeilen vorüber. Das mechanische Herz soll anregen zum Nachdenken über das Wesen des Lebens und der menschlichen Gefühle. Dafür wird mir hier zu wenig auf die wirklich wichtigen Fragen eingegangen und zu sehr ein Augenmerk gelegt auf die (auch nur angerissenen) Handlungsabläufe.
Man hat zu kaum einem Zeitpunkt das Gefühl, dass Jack ein Kind ist. Das mag sich durch seine besondere Erziehung bei Madeleine durchaus rechtfertigen lassen, aber dem Roman hilft das wenig. Der Kleine wirkt wie ein 10-Jähriger mit der Erfahrung eines 40-Jährigen, sympathisch ist er dadurch nicht, obwohl er sich doch in einer sehr misslichen, höchstmenschlichen Lage befindet. Aber das kauft man keinem Kind ab, dass es sich so sehr verliebt auf den ersten Blick und dann Jahre lang nur noch von der Liebe seines Lebens redet. Auch sehr befremdlich wirkt die im späteren Verlauf auftretende Wahrnehmung von Jacks Geschichte als „Buch“. Da bekommt man eine Romanfigur vorgestellt, möchte eine Beziehung zu ihr aufbauen und bekommt dann immer wieder vor den Kopf geworfen – mit den eigenen Worten des Ich-Erzählers – dass es sich ja nur um ein Buch handele.
Fazit
Am Anfang sehr witzig, dann irgendwie nur noch hastig und übereilt. Man hat gar nicht richtig Zeit, sich mit den Figuren anzufreunden und wird nur schnell durch die Geschichte geschubst. Die Ansätze stimmen, bleiben aber vielfach einfach in der Luft hängen.
Bewertung
6/10 Punkten
Edit: Ich habe den deutschen Titel und die ISBN ergänzt, damit die dt. Ausgabe auch über das Verzeichnis gefunden werden kann. LG JaneDoe