Klappentext
Paris 1928. Madame Kampf plant einen grossen Ball, der ihren Aufstieg in die feine Pariser Gesellschaft besiegeln soll. Seit die Familie unerwartet zu Reichtum gekommen ist, will Madame ihr Leben endlich in vollen Zuegen geniessen. Ihre halbwuechsige Tochter, die lebenshungrige, 14-jaehrige Antoinette, ist ihr dabei nur im Weg. Sie darf an der grossen Feier nicht teilnehmen. Antoinette grollt ihren Eltern, bis sich ploetzlich eine Gelegenheit zur subtilen Rache auftut ...
Autorin
Die Juedin Irène Némirovsky wird als Tochter eines reichen russischen Bankiers 1903 in Kiew geboren. Vor der Oktoberrevolution flieht die Familie nach Paris. Irène heiratet den weissrussischen Bankier Michel Epstein, bekommt zwei Toechter und veroeffentlicht ihren Roman "David Golder", der sie schlagartig beruehmt und zum Star der Pariser Literaturszene macht. Viele weitere Veroeffentlichungen folgen. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, flieht sie mit ihrer Familie in die Provinz. 1942 wird sie verhaftet, keine vier Wochen spaeter stirbt sie in Auschwitz.
2004 entziffert ihre Tochter Denise Epstein ein Manuskript, das als "Suite Francaise" veroeffentlicht und zur literarischen Sensation wurde.
Meine Meinung
Irène Némirovsky schrieb dieses kleine Buechlein waehrend sie an ihrem Roman "David Golder" arbeitete. Sozusagen zwischen zwei Kapiteln. Die Idee kam ihr, als sie auf einem Spaziergang in Paris ein junges Maedchen an einer Bruecke stehend sah. Sie malte sich verschiedene Geschichten zu diesem ernst dreinblickenden Maedchen aus - und "Der Ball" ist eine davon.
Herausgekommen ist eine bitterboese Gesellschaftskritik. Irène Némirovsky laesst kein gutes Haar an Madame Kampf, fuer die der Aufstieg in der Gesellschaft an erster Stelle vor allem anderen steht. Mann und Tochter sind dabei unwichtig. "Typisch neureich" denkt der Leser und meint damit sicherlich kein Kompliment.
Interessant fand ich die Beschreibung der Tochter. Mit 14 Jahren ist sie kein Kind mehr aber auch nicht wirklich erwachsen. Die Gefuehle im Aufbruch ohne jegliche Moeglichkeit sie in den Zwaengen des Alltags ausleben zu koennen. Ihr Aussehen wird nicht
gerade schmeichelnd beschrieben, wirkt dafuer umso so echter.
Der Vater bleibt farblos - und das ist keine Schwaeche der Autorin, das ist klar sein Charakter.
Erstaunlich ist in dieser Geschichte, dass sie trotz der Kuerze (keine 100 Seiten) Tiefgang zeigen kann. Sehr dicht geschrieben, sich aufs wesentliche beschraenkend, trifft sie genau auf den Punkt. Ausschweifende Beschreibungen duerfen da nicht erwartet werden.
Hier ist auch das Nachwort sehr gut gelungen mit interessanten Hintergrundinformationen.
Fazit: Eine sehr gut gelungene Erzaehlung. Auch wenn das Thema aus heutiger Sicht nicht so neu erscheinen mag, so entdeckt man dennoch nachdenkenswertes.