Hier kann zu den Seiten 141 - 272 geschrieben werden.
'Eine besondere Vorsehung' - Seiten 141 - 272
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Ich bin jetzt auf Seite 200, habe also die ersten beiden Kapitel des zweiten Teils gelesen.
In diesem Abschnitt geht es um Alices und Roberts Vergangenheit. Alice ist ja ein richtiges Schätzchen, lebt über ihre Verhältnisse und sieht sich stur als Künstlerin, die demnächst den Durchbruch schaffen wird, anstatt sich einen Job zu suchen. Selbstverwirklichung ist ja gut und schön, aber nicht auf Kosten anderer (in diesem Fall auf Kosten des Ex-Mannes dank der Unterhaltszahlungen sowie auf Kosten des Jungen). Warum sie eigentlich mit dem Arzt ins Bett geht, wird nicht so recht klar; wirklich scharf drauf scheint sie ja nicht gewesen zu sein und bedauert es hinterher ja auch; wahrscheinlich schlichtweg Einsamkeit.
Der Leser erfährt aber auch vom Tod ihres einstigen Verlobten, den sie nie so recht überwunden hat.Im zweiten Kapitel tritt unerwartet ein Mann in ihr Leben, der zu gut scheint, um wahr zu sein. Sie ziehen zusammen und auch Bobby gewöhnt sich nach anfänglichen Schwierigkeiten an den neuen Mann an der Seite seiner Mutter. Dem Leser ist schnell klar, daß es kein gutes Ende nehmen wird (ging ja auch schon aus dem Prolog hervor, und spätestens bei der Erwähnung seiner geplanten Englandreise konnte man sich das weitere Geschehen zusammenreimen). Mehrmal wird auch deutlich, daß Alice Bobby überbehütet und klammert.
Wahnsinnig beeindruckend finde ich, wie Yates Staffagefiguren beschreibt, etwa Natalie Crawford, eine Nachbarin:
"Natalie Crawford war ihre Nachbarin in der Charles Street, eine zweimal geschiedene, kinderlose Frau, die in irgendeiner Werbeagentur arbeitete, Räucherstäbchen in ihrer Wohnung verbrannte und an ihr Ouijabrett glaubte, die gern Wörter wie "simpatico" benutzte und gewohnheitsmäßig ihren eigenen Zustand alleinstehender Glückseligkeit mit jedem Mann aufhob, den sie in die Hände bekam."
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Ehrlich gesagt, fand ich die letzten 40 Seiten des ersten Abschnitts langweilig. Aber damit muss man sich wohl abfinden, wenn einen so unspektakulären Stilisten wie Richard Yates liest.
Deswegen bin ich froh, dass in diesem Abschnitt in die Vergangenheit gegangen wird, So ganz kann ich mich mit Alice jedoch nicht anfreunden. Sie kommt mir als Leser nicht nah! -
Eine Freundin wie Maude hat Alice gerade noch gefehlt...
Alice finde ich immer unsympathischer und auch ein wenig überzeichnet; so unverschämt und weltfremd kann doch eine Person allein nicht sein. Sie baut einen selbstverschuldeten Schlamassel nach dem nächsten, putzt dann tolldreist den Ex-Mann runter, wenn der nicht finanziell für alles einspringt und sieht sich in ihrer verzerrten Selbstwahrnehmung noch immer als Freigeist und als tapfer und mutig (selbst als sie ganz unten angekommen ist), anstatt die traurige Realität anzuerkennen.
Die Chuzpe, mit der sie ihre Schwester Eva runterputzt als "Dank" fürs vorübergehende Wohnen dort ist ja unfaßbar. Über Owen habe ich mich allerdings auch ein wenig gewundert. Zu guter Letzt muß natürlich wieder George einspringen, ist Alice doch nach wie vor fest überzeugt, bald den Durchbruch zu schaffen, sodaß ein "normaler" Job natürlich nicht infrage kommt.
Warum versucht George eigentlich nicht, das Sorgerecht für Bobby zu bekommen?
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Zitat
Original von mankell
Warum versucht George eigentlich nicht, das Sorgerecht für Bobby zu bekommen?
Die Frage habe ich mir auch gestellt, zumal es ja so aussieht als würden die beiden prima miteinander klarkommen.
Alice....tja, was im Prolog schon ziemlich gut zu erkennen war, bestätigt sich nun. Diese Frau hat ein so großes Problem mit der Wirklichkeit dass es einem körperlich schon fast weh tut. Und natürlich macht sie immer andere dafür verantwortlich wenn es schiefläuft.
Als Alice ihre Schwester Eva bei dem Streit anbrüllt eine Gefangene in ihrem Haus zu sein, blieb mir fast die Luft weg. Andererseits hat sie dann wieder diesen klaren Moment im dem sie erkennt, dass sie nicht bleiben kann. Und wer muss ihr wieder aus der Patsche helfen? George, die arme Socke. Warum läßt er das alles mit sich machen? Zumal sie ihn ja immer wieder darauf hinweist, dass ihre Entscheidungen von ihm nicht hinterfragt werden dürfen. UNGLAUBLICH!!!
Hier, in diesem Abschnitt kommt Yates ganzes Können wieder sehr gut zum Vorschein. Ich finde es immer wieder faszinierend wie genau er die Dinge beschreibt. -
Ich habe jetzt noch nicht die vorherigen Beiträge dieses Threads gelesen, weil ich erst mitten im zweiten Kapitel bin. Deswegen beziehe ich mich noch nicht auf diese.
Das erste Kapitel jedenfalls ist schon mehr nach meinem Geschmack, wenn auch immer noch nicht der Yates, wie ich ihn aus den anderen Büchern bisher kenne. Die Grundstimmung ist weit weniger dramatisch. Was Alice angeht, so bin ich noch nicht genügend über sie informiert. D.h. ich kann mich noch nicht dafür entscheiden, Antipathie oder Mitleid aufzubringen. Sehr viel über ihre Vergangenheit erfährt man ja nicht bis hierhin, leider. Der Unfalltod ihres geliebten Mannes, Willard Slade, hat sie wohl sehr mitgenommen. Ob sie schon davor oder erst danach so hilflos und "blind" wurde, ist noch nicht klar.
Alice reagiert äußerst eifersüchtig auf die Erzählung ihres Sohnes bezüglich des Ausflugs mit dem Vater, seinem Bruder und deren Frauen. Das lässt erkennen, dass sie nicht glücklich ist, aber andererseits wären das wohl die wenigsten Frauen. Das sie in ihrer Eifersucht überreagiert halte ich auch eher für nichts Besonderes. Ich habe mich gewundert, dass sie keinen Herzinfarkt vorgetäuscht hat...
Im zweiten Kapitel nun trifft sie auf Sterling Nelson. Scheint ein sehr netter und intelligenter Mann zu sein, ich jedenfalls finde ihn bisher recht farblos. Aber man weiß ja, dass da irgendetwas nicht hinhauen wird mit der Beziehung. Ich weiß nur noch nicht was.