Der Zauber von Santa Rosa - Babs Horton

  • Taschenbuch mit 447Seiten
    Verlag: Lübbe (Januar 2010)
    Sprache: Deutsch
    Originaltitel: Recipes for Cherubs



    Kurzbeschreibung
    Ein schrecklicher Sommer liegt vor Catrin: Ihre Mutter hat sie in ein trostloses Nest an der walisischen Küste in das heruntergekommene Hotel einer verrückten Großtante geschickt. So schnell wie möglich will sie diesen furchtbaren Ort wieder verlassen!
    Doch da entdeckt sie ein zweihundert Jahre altes italienisches Buch mit wunderschönen Portraits und köstlichen Rezepten. Immer tiefer taucht sie in seine faszinierende, geheimnisumwehte Welt ein - und stößt auf rätselhafte Fragen aus ihrer eigenen Vergangenheit: Warum verließ ihre Mutter vor Jahren fluchtartig das Dorf? Und was wollen all die Menschen, die im Buch auftauchen, ihr offenbaren?



    Zum Autorin
    Babs Horton wurde in Wales geboren und wuchs in London auf. Sie arbeitete viele Jahre als Lehrerin. Heute lebt sie in Devon und doziert an der University of Plymouth.


    Quelle: luebbe.de



    Meine Meinung
    Was die Kurzbeschreibung des Buches nicht verrät und auch im Roman selbst erst relativ spät deutlich wird, ist die Tatsache, dass die Handlung ungefähr 1960 stattfindet. Das sorgt anfangs für Verwirrung. Man spürt zum einen, dass die technischen Entwicklungen im Vergleich zur heutigen Zeit noch eher wenig ausgeprägt sind, will aber die Figuren in einen Zusammenhang bringen mit einer modernen Gesellschaft. Das misslingt aber auf ganzer Linie. Die wirklich wichtigen Eckdaten hält die Autorin viel zu lange zurück und im Rückblick erscheinen sie dann später wenig glaubhaft. Da ist beispielsweise Catrin, von der man anfangs nur weiß, dass sie noch zur Schule geht, ohne Vater aufgewachsen ist und auf jeden Fall noch nicht volljährig ist. Erst später erfährt man, dass sie 13 Jahre alt ist. Das steht in keinem Zusammenhang mit ihrem Verhalten, das einmal sehr erwachsen wirkt, dann wieder so sehr kindlich, dass 13 Jahre sehr hoch gegriffen wirken. Sie bleibt sehr blass und wird zum Spielball zwischen den anderen Figuren, obwohl sie eigentlich der Mittelpunkt sein sollte.
    Noch viel schlimmer ist ihre Mutter Kissy, die irgendetwas Schlimmes vor 14 Jahren angestellt hat, woraufhin die Hochzeit ihrer Lieblingsgroßtante abgeblasen wurde. Von den ersten Zeilen des Romans wird man mit einem tiefen Hass der Mutter auf die Tochter konfrontiert, der in der Argumentation so simpel gehalten ist (und für die Leser natürlich erstmal gänzlich unverständlich), dass man sie selbst für eine pubertierende 13-Jährige halten muss. Es gibt nur wenige Figuren in diesem Roman, die das Gesamtkonzept dennoch zusammenhalten. Allen voran die Großtante Ella. Auch sie ist nicht konsequent gezeichnet, wirkt im einen Moment sehr alt, bestimmt so um die 80 Jahre, dann stellt sich heraus, dass sie erst 53 Jahre alt ist, und wenig später flucht sie wie ein Rohrspatz, obwohl sie noch zuvor ein sehr altes Sprachmuster an den Tag gelegt hat. Aber dennoch bietet sie einen Ruhepol, in dem sich viele der getroffenen Aussagen kristallisieren. Zusammen mit den Nebenfiguren des kleinen Örtchens wird sie zu einem wahren Lichtblick.


    Der englische Titel suggeriert, dass das Buch, welches Catrin bei ihrem Aufenthalt findet, „Rezepte für Cherubim“, der Mittelpunkt des Geschehens ist. Bis zu einem gewissen Grad stimmt das, wird aber auch nicht überzeugend umgesetzt. Die in dem Buch niedergeschriebene Geschichte über eine italienische Familie wird parallel zur Haupthandlung erzählt und erst am Ende gelingt der Bogen. Ja, die letzten Seiten des Buches sind fast die besten, wenn es sich auch nicht lohnt, nur wegen der paar Seiten den Rest zu lesen. Bis zu diesen letzten Seiten fragt man sich öfter, welche Funktion „Rezepte für Cherubim“ mit der völlig von Catrin losgelösten Geschichte haben mag.


    Was auch zum Scheitern dieses Buches insbesondere in puncto Spannung beiträgt sind die asymmetrischen Informationen. Dadurch dass die Leser Zutritt zu den Gedanken aller Figuren haben, während eigentlich Catrin den Mittelpunkt bietet, sind sie eigentlich immer viel schlauer als das Mädchen und deshalb war ich meist gelangweilt von der Recherche, die Catrin betreibt, wusste ich doch oft schon, was dabei herauskommen würde. Immerhin eine wirklich unerwartete Wendung konnte die Autorin bei mir verbuchen.


    Im Übrigen bleibt zu sagen, dass alle hier nicht erwähnten Dinge unspektakulär verlaufen: Der Schreibstil ist nicht schlecht, aber auch nicht überragend, der Spannungsbogen kaum der Erwähnung wert. Immerhin das Hotel Shrimp’s war schön gezeichnet, so dass man sich die Umgebung leicht vorstellen konnte.


    Fazit
    Das muss man nicht gelesen haben! Fragwürdige, undurchsichtige Figuren in einer Geschichte, die nur ruhig dahinplätschert.



    Bewertung
    4,5/10 Punkten

  • Steena hat nicht ganz unrecht, aber ich fühlte mich trotzdem gut unterhalten. Es gab ein wenig Verwirrung mit den Sprüngen, trotz allem waren die Landschaft und ich finde die Figuren auch liebevoll gezeichnet und es war für mich eine schöne Sommerlektüre.

    Diese Eintrag wurde bisher 47 mal bearbeited, zultzt gerade ebend, wegen schwere Rechtsschreipfeler.

  • Oooooh - ich habe dieses Buch nun gerade beendet und bin absolut begeistert. Da hat mich die schlechte Kritik hier etwas überrascht :wow


    Mich hat der Zauber von Santa Rosa direkt gefangen genommen und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Ich mag Romane, bei denen zwei Zeitstränge parallel erzählt werden sehr gerne und fand die Umsetzung sehr gelungen.


    Ich möchte auch nicht besserwisserisch sein, aber bei ein paar Kritikpunkten von Steena muss ich einfach widersprechen:


    Zitat

    Original von Steena
    Was die Kurzbeschreibung des Buches nicht verrät und auch im Roman selbst erst relativ spät deutlich wird, ist die Tatsache, dass die Handlung ungefähr 1960 stattfindet.


    Da ich die zweite Auflage habe, weiß ich natürlich nicht, ob das nachträglich geändert wurde, aber zumindest bei mir steht die Jahreszahl 1960 direkt über dem ersten Kapitel!


    Zitat

    Original von Steena
    Da ist beispielsweise Catrin, von der man anfangs nur weiß, dass sie noch zur Schule geht, ohne Vater aufgewachsen ist und auf jeden Fall noch nicht volljährig ist. Erst später erfährt man, dass sie 13 Jahre alt ist.


    Auf Seite 2 denkt die Mutter Kizzy über ihre Tochter nach und dort steht: "Das Problem war, dass sie sich aus Make-up oder Kleidern,..., für die sich normale Dreizehnjährige interessierten, nichts machte."
    Also ist schon sehr früh klar, wie alt Catrin ist!


    Zitat

    Original von Steena
    Allen voran die Großtante Ella. Auch sie ist nicht konsequent gezeichnet, wirkt im einen Moment sehr alt, bestimmt so um die 80 Jahre, dann stellt sich heraus, dass sie erst 53 Jahre alt ist, und wenig später flucht sie wie ein Rohrspatz, obwohl sie noch zuvor ein sehr altes Sprachmuster an den Tag gelegt hat.


    Ich finde, dass es ja genau darum geht, dass sich Ella nach einer bestimmten Tragödie quasi vom Leben verabschiedet hat und daher auch aussieht wie eine 80jährige. Erst durch Catrins Ankunft nimmt sie wieder am Leben teil und versucht, die Vergangenheit abzuschliessen und wieder so "jung" zu werden wie sie eigentlich ist.



    Naja, jeder Roman ist zwar Geschmackssache, aber diese Infos waren in meinen Augen halt "falsch" und vielleicht schrecken sie den ein oder anderen ab - was wirklich schade wäre!
    Für mich ist es eines dieser Bücher, bei denen man am liebsten langsamer lesen würde, um es ein wenig länger geniessen zu können und um zu verhindern, dass man sich am Ende von den Figuren verabschieden muss.
    Aber dann liest man natürlich immer weiter, denn der Zauber der Geschichte hält einen gefangen und man muss einfach wissen wie es weitergeht...
    Ein wundervoller Roman, der nach Kilvenny und Santa Rosa entführt und mir zauberhafte Lesestunden beschert hat.
    Ich kann ihn von ganzem Herzen empfehlen!


    Von mir gibts die vollen 10 Punkte :-)

  • Die 13-jährige Catrin Grieve ist ein Mädchen, das eigentlich keine richtige Heimat hat. In dem Internat in dem sie lebt, fühlt sie sich ausgeschlossen und ihre selbstsüchtige Mutter Kizzy möchte noch nichtmal die Ferien mit ihr verbringen. Stattdessen schickt sie Catrin in ihren Heimatort Kilvenny an der wallisischen Küste. Dort soll sie den Sommer im Hotel ihrer beiden Großtanten Alice und Ella verbringen.


    Da Kizzy, die seit Catrins Geburt keinen Kontakt mehr nach Kilvenny hatte, einfach davon ausging, dass das in Ordnung geht, und nichtmal die Antwort auf ihren Brief an die Tanten abgewartet hat, weiss sie nicht, dass Alice seit Jahren nicht mehr lebt und das Shrimp`s Hotel das die beiden zusammen führten eine baufällige, eigentlich unbewohnbare Ruine ist, die Ella seit Alices Tod nicht verlassen hat. So ist auch der Empfang für Catrin mehr als frostig in Kilvenny. Da am örtlichen Bahnhof aber nur einmal wöchentlich der Zug hält, kann sie den Ort auch nicht wieder verlassen.


    Was bleibt Ella und Catrin also übrig, als sich zu arrangieren und anzunähern ? Durch die tatkräftige Unterstützung des Barbesitzers Tony und einigen Dorfbewohnern können die beiden vom Hotel ins Schloss ziehen, das zu Catrins Überraschung ihrer Mutter Kizzy gehört. So stellt sich nach und nach einiges heraus, das diese ihrer Tochter all die Jahre verschwiegen hat.


    Im Schloss entdeckt Catrin ein etwa 200 Jahre altes Buch "Rezepte für Cherubim" mit wunderbaren Rezepten und Bildern des süditalienischen Malers Piero die Bardi.


    Ein zweiter Erzählstrang, der mit zunehmendem Verlauf immer mehr Gewicht gewinnt, erzählt vom Leben der Bewohner des süditalienischen Dorfes Santa Rosa. Diese Geschichte hat viele Facetten: Liebe, Freundschaft, aber auch Intriegen, Hass und Mord .... Wie eng die beiden Orte und die Bewohner miteinander verbunden sind, findet Catrin erst nach und nach heraus.


    Das wallisische Kilvenny und das süditalienische Santa Rosa sind sehr stimmungsvoll beschrieben, die Charaktere sind stimmig, die Guten kann man sofort mögen die Bösen bleiben bis zum Schluss böse und unsympathisch.


    Trotz zahlreicher Probleme eine herzerfrischende Geschichte, die einem auch aufzeigt, wie viel Lügen kaputt machen können, und wie lange Menschen darunter zu leiden haben.


    Eine absolute Leseempfehlung sowohl - wie in meinem Fall- als sonnige Urlaubslektüre, wie auch für verregnete/verschneite Wintertage.