5. Band der Timo Fehrle-Reihe
Kurzbeschreibung:
Da zieht´s dir doch die Schuhe aus mitsamt den Socken! Der rote Karle hockt mit 86 im hintersten Schwarzwald und traut seinen Augen nicht: Der Serienmörder Olaf Hahnke ist aus der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim ausgebrochen. Ein Skandal bahnt sich an, von Schorndorf über den Gardasee bis hinunter in die Toskana. Ein Pädophiler wird überfallen und erpresst. Er glaubt, Olaf Hahnke zu kennen. Damit ist er nicht allein. Jeder scheint mit ihm zu tun gehabt zu haben. Und Kriminalhauptkommissar Timo Fehrle träumt davon, endlich den Fall seines Lebens zu lösen: den Mord an seiner Schülerliebe Petra. Aber die Einzige, die schonungslos durchblickt, ist Rosa, Karles unbarmherzige Schwester. Sie kommt aus einer Totengräberfamilie und kennt sich aus in der Rechtsmedizin. Sie weiß, schuld an allem ist der Totenkuss, ein Aberglaube, der in früheren Zeiten ganze Dörfer das Fürchten gelehrt hat.
Über die Autorin:
Uta-Maria Heim wurde 1963 in Schramberg/Schwarzwald geboren und lebt als Hörspieldramaturgin und Autorin in Baden-Baden und Schorndorf. Nach Abschluss eines geisteswissenschaftlichen Studiums arbeitete sie als Journalistin, Roman- und Hörfunkautorin. Sie schrieb zahlreiche Features, Hörspiele und Erzählungen und veröffentlichte neben Beiträgen in Anthologien und literarischen Zeitschriften vor allem Kriminalromane. Der Titel »Wespennest« (2009) stand zwei Monate lang auf der KrimiWelt-Bestenliste von ARTE. Auszeichnungen u.a.: 1992 und 1994 Deutscher Krimi Preis, 1994 Förderpreis Literatur des Kunstpreises Berlin. 1998 Studienaufenthalt der Villa Massimo in Olevano Romano. 2000 Friedrich-Glauser-Preis für den besten Kriminalroman, 2007 Krimipreis der Stadt Singen.
Meine Rezension:
Dieser Kriminalroman ist ein einziges Chaos. Obwohl ich ein Freund paralleler Handlungsstränge, wechselnder Szenen und Erzählperspektiven bin, bin ich bei "Totenkuss" kurz vorm Scheitern gewesen, als so durcheinander und fast schon unlesbar empfand ich diesen Roman. Zusammengestückelt aus verschiedenen Perspektiven, bei denen man teilweise erst mehrere Absätze später erahnen kann, wer hier überhaupt spricht, ergibt die Geschichte einfach kein stimmiges Ganzes. Da wird hier ein bisschen in der (dem Leser unbekannten) Vergangenheit geschwelgt, dort ein bisschen die (ebenfalls unbekannten) aktuellen Probleme beweint, dort alte Legenden ausgegraben und irgendwo mittendrin ist der entflohene Serienkiller, der irgendwie von allen gejagt wird, weil alle irgendetwas mit ihm zu tun haben. Neben diesem inhaltlichen Kuddelmuddel kommt noch der sehr gewöhnungsbedürftige Erzählstil dazu, der nicht nur durch seine Weitschweifigkeit, sondern auch durch den stellenweise inflationären Gebrauch von Adjektiven sehr mühsam zu lesen ist. Ein Beispiel: "Die siechenden Greisinnen flatterten als Raben hinauf in den Himmel. Wo sie dann missgünstig hockten mit schwärzlichen Schwingen auf Ästen brütend, dräuend, malmend mit den zahnlosen Kiefern, mit ruckenden Hälsen und irrlichterndem Blick." (S. 144)
Die morbide Atmosphäre, die sich durch den Roman zu ziehen versucht, wirkt leider ebenfalls halbgar und kann sich wegen des ganzen Hin und Hers gar nicht richtig entfalten.
Zu spät habe ich gemerkt, dass dieser neuste Krimi von Uta-Maria Heim offenbar der 5. Teil einer Krimi-Reihe ist. Ich vermute einfach mal, dass der Krimi mit der Vorkenntnis der Vorgängerbände (Dreckskind, Das Rattenprinzip, Totschweigen, Wespennest) vor allem hinsichtlich der Figuren und den Anspielungen auf die Vergangenheit verständlicher ist. Dennoch bin ich der Meinung, dass auch ein Krimi, der Teil einer Reihe ist, selbst erklärend sein sollte.
Ich hatte bis zuletzt auf ein Ende gehofft, bei dem sich das Chaos ordnet und die verborgene Struktur zum Vorschein kommt. Das Ende war zugegebenermaßen in gewisser Weise fulminant, hat meinen Geschmack jedoch leider nicht getroffen. Ich werde über "Totenkuss" jetzt schnell den Mantel des Vergessens breiten, hoffe aber, dass "Dreckskind", das noch auf dem SUB liegt, stringenter und lesbarer ist.