Klappentext
Der dokumentarische Lebenslauf der Schweizer Benediktinerin Schwester Cäcilia in einem deutschen Kloster ist ein spannendes Stück Zeitgeschichte, wie es noch viele andere geben sollte. Anhand der Briefe, die bei ihrem Bruder Josef gefunden wurden, erhalten Sie einen Einblick hinter dicke Klostermauern. Das Leben dort war auch im 20. Jahrhundet für die Schwestern schwer, viele litten an Krankheiten wie Tuberkulose, an Schwäche, an Heimweh und Einsamkeit. Hinzu kamen strenge Kirchenobere, denen nicht das Schicksal ihrer Nächsten, sondern eher das eigene Seelenheil im Mittelpunkt des Strebens stand. Cäcilia hat zeit ihres Lebens darunter gelitten und musste für ihren Widerspruch vieles erdulden: von allem den Verlust der Familie in der Heimat.
Die Autorin:
Idda Hollenstein, geb. 1953 im Toggenburg. Nach Schulen, Landdienst, Haushaltungsschule und Damenschneiderinnenlehre als Fachlehrerin und Schnitttechnikerin tätig. Wirkt in Katechese, Liturgie, Jugendarbeit, im Vorstandsteam und in der Pfarrei.
Seit der Jugendzeit verfasst sie Kurzgeschichten und kleine Theaterstücke. Sie ist freischaffende Damenschneiderin, Mutter von drei erwachsenen Kindern und lebt bei Zürich.
Eigene Meinung
Dieses Buch ist eines der sonderbarsten Bücher, das ich je gelesen habe. Während dem Lesen hatte ich permanent ein Gefühl von: “Zwei Seelen wohnen, ach! In meiner Brust!” Die eine war eigenartig fasziniert vom Geschriebenen, die andere hätte das Buch am liebsten in die nächstbeste Ecke geschmissen....
Ich weiss tatsächlich auch nicht so recht, wie ich die Rezi dazu angehen soll, aber ich werde es trotzdem mal versuchen, weil dieses Buch jetzt nämlich ganz aktuell in den Buchläden aufliegt.
Alleine schon der Aufbau der Geschichte ist recht eigenwillig und kommt meiner Auffassung einer biografischen Arbeit nicht wirklich entgegen.
Es geht in diesem Buch um Folgendes: Die Nonne Cäcilia hat ihrem Bruder, welcher Pfarrer war, über Jahrzehnte Briefe aus dem Kloster geschrieben. Diese Briefe wurden im Nachlass des Pfarrers gefunden, fein säuberlich hat er jedes noch so kleine Fetzchen aufbewahrt. Er hat sowieso alles aufbewahrt, was mit seiner Schwester Cäcilia zu tun hatte, auch diejenigen Briefe, die ihm von ihren Vorgesetzten (der Aeptissin etc.) zugeschickt wurden. Zudem auch jene Briefe, die er von seinen beiden anderen Schwestern erhalten hat, die sich inhaltlich mit der Cäciliia befassten. Die eine davon war auch Nonne (eine überaus fromme, gottesfürchtige Familie war das schon) die andere hat geheiratet (sie ist die Grossmutter der Autorin).
Somit ergab sich für die Verwandten ein Bild über das Leben der Cäcilia, über das sie bis anhin zwar das eine und andere gehört haben, der Grossteil dieses Lebens aber blieb hinter düsteren Klostermauern verborgen....
Sr. Cäcilia war Schweizerin, aber ihre Klosterjahre verbrachte sie in einem Kloster in Deutschland, besser gesagt, sie musste sie auf Geheiss der Klosterobrigkeiten dort verbringen, obwohl sie immer und immer wieder darum gebeten hat, in einem Kloster in der Schweiz leben zu dürfen.
Sie ist als junge Fau in den Orden der Benediktinerinnen eingetreten und hat beinahe 2/3 ihres Lebens dort verbracht, bis zu ihrem frühen Tod im Alter von 58 Jahren.
Nun hat eine Grossnichte (ob das so stimmt? jedenfalls ist sie die Enkelin dieser verheirateten Schwester von der Cäcilia) anhand dieses Briefmaterials die Lebensgeschichte ihrer Grosstante nachgezeichnet.
Die Autorin hat nur einen Teil der Briefe Cäcilias für das Buch verwendet, die sich durch Kursivschrift gut abgrenzen von Rest des Gedruckten. Und das ist auch zwingend nötig, denn die Autorin schiebt zwischen diese Briefe immer wieder eigene Zusammenfassungen ein, aber so als wären diese aus der Sicht der Cäcilia geschrieben worden....
Enorm gewöhnungsbedürftig war dieses Vorgehen für mich, und somit kann man nicht klar auseinanderhalten, was die Cäcilia nun tatsächlich im nicht aufgeführten Teil ihrer Briefen noch alles geschrieben hat, und welches weiterführende Anmerkungen/Gedanken/persönliche Rückschlüsse der Autorin sind.
Dass die Autorin nicht alle Briefe der Cäcilia verwenden konnte, diese nicht für sich alleine sprechen lassen konnte, das ist mir schon klar, denn sonst würden wohl die meisten Leser das Buch nach paar Seiten genervt abbrechen.
Ich zitiere mal den einen und anderen Satz aus diesen Briefen:
“Hochwürdiger Herr Bruder!
Das hochheilige Weihnachtsfest, mit all seinen Gnaden und Freuden, ist wiederum genaht. Die liebe Mutter Gottes und der heilige Josef stehen an Deiner Tür, noch einige Stunden und das göttliche Kind wird geboren.
O, mögen die Himmel wieder Honig fliessend werden und Dein Priesterherz mit Gnaden und Frieden durchströmen, damit Du vielen Seelen den Frieden geben kannst, welchen die Engel auf Bethlehems Fluren verkündet haben.”
“Von Hochwürdiger Frau Mutter Aebtissin die besten Segenswüsche. Möge das Antlitz des Herrn über Dir leuchten und die Engel Dich stehts umweben.
Die Muttergottes sei Dir, Hochwürdiger Herr Bruder, eine gute Mutter.
Sei ein Vermittler der Milde, der Güte und Erbarmung Gottes. Deine Priestergewalt überragt den Himmel.”
In diesem Stil sind sie praktisch alle geschrieben, diese Briefe. Wenn man nun diese Flut der frommen “Floskeln” wegnimmt, dann bleibt nicht mehr sehr viel anderes übrig. Aber dieses Wenige, spärlich eingestreut in diese ganzen "Lobpreisungen der himmlischen Heerscharen” ist dann wiederum äusserst interessant und aufschlussreich. Sie lassen tiefe Einblicke zu in das schwierige Leben hinter den Klostermauern. Ueber die grosse Schwierigkeit, jedwelche Ungerechtigkeiten und Schikanen von Seiten der Vorgesetzten in Demut und Gehorsam annehmen zu können: Massregelungen wie z.B. ein monatelanges Verbot, die Sakramente (Kommunion, den priesterlichen Segen etc.) empfangen zu dürfen, die zeitweilige Isolation/Ausschluss aus der klösterlichen Gemeinschaft, und und und....
Man muss natürlich bedenken, dass all diese Briefe, welche die Nonnen geschrieben haben, erstmal stichprobenmässig von der Aebtissin durchgelesen/kontrolliert wurden, bevor sie abgeschickt werden durften.
Im Buch gibt es einige Abbildungen von diesen Briefen, manche davon sind verziert mit liebevollen Zeichnungen: Blumenranken, Engeln, Kreuzen, dem blutenden Herzen Jesu....
Sr. Cäcilia muss eine recht aufmüpfige Nonne gewesen sein. Sie hat hinter dem Rücken der Aeptissin Briefe an zuständige Stellen verschickt, um sich über die Zustände im Kloster zu beschweren.
Was dann geschah, das setze ich nun unter den Spoiler:
Die Familienangehörigen wurden dann im Jahre 1936 über den Tod von Sr. Cäcilia informiert, dass sie an einem Schwächeanfall gestorben sei. Und bis zu den eingehenderen Recherchearbeiten der Autorin dieses Buches – sie hat vor wenigen Jahren auch jenes Kloster aufgesucht, und durfte dann in den Klosterakten über den Tod ihrer Grosstante nachlesen - war die Familie nicht sicher, ob sie möglicherweise auch ein Opfer der Nazis geworden ist.
Die Todesursache klärte sich auf – aber es konnte nicht wirklich herausgefunden werden, ob Sr. Cäcilia tatsächlich “krank im Kopf” war, oder ob man sie als unliebsame Stänkerin einfach abgeschoben hat.
Ich selber gewann aufgrund der Briefe, die doch zusehends konfuser wurden, - in einem eigenartiger Mischmasch von Deutsch und Latein geschrieben - den Eindruck, dass da schon irgendetwas nicht mehr gestimmt hat mir der Sr. Cäcilia....aber möglich auch, dass ihre sensible Seele den strengen Anforderungen eines klösterlichen Lebens in jenen Zeiten, einfach nicht mehr standgehalten hat... die fehlenden Medikamente für all die Krankheiten, unter denen die Nonnen gelitten haben aufgrund der ungeheizten Räume, der mangelhaften Ernährung etc..... und eben den fiesen Machenschaften einiger ihrer Vorgesetzten.....
Edit: Die Autorin noch eingefügt.