Bernhard Jaumann - Die Stunde des Schakals

  • Kurzbeschreibung (von Amazon)
    Namibia: Im Windhuker Nobelviertel Ludwigdorf wird ein Mann, der seine Zitronenbäume wässert, über den Elektrozaun hinweg mit einer AK-47 erschossen. 19 Jahre nach der Ermordung des SWAPO-Anwalts Anton Lubowski beginnt so eine Attentatsserie, der nach und nach die damaligen Täter vom südafrikanischen Geheimdienst zum Opfer fallen. Für die junge Windhuker Kriminalpolizistin Clemencia Garises werden die erbitterten Kämpfe aus der Endzeit der Apartheid lebendig, die sie bisher nur aus Erzählungen kannte ... Doch wer ist der Täter? Und warum schlägt er erst nach fast zwei Jahrzehnten zu?


    Über den Autor (auch von Amazon)
    Bernhard Jaumann wurde 1957 in Augsburg geboren. Er studierte in München und war zehn Jahre Lehrer für Deutsch, Geschichte und Italienisch in Bad Aibling. Nach längeren Aufenthalten in Italien, Australien und Mexiko-Stadt lebt er zurzeit in Windhuk/Namibia. Bisher erschienen «Hörsturz», «Sehschlachten», «Handstreich», «Duftfallen», «Saltimbocca» (Friedrich-Glauser-Krimipreis 2003), «Die Vipern von Montesecco», «Die Drachen von Montesecco» sowie «Die Augen der Medusa» (Deutscher Krimipreis 2009). Für seinen Kurzkrimi "Schnee an der Blutkuppe", erschienen in "Zum Sterben schön" (Hg. Petra Hammesfahr), erhielt er 2008 den Friedrich-Glauser-Preis für Kurzgeschichten. «Die Stunde des Schakals» ist der erste Roman um die namibische Kriminalinspektorin Clemencia Garises.


    Leseprobe beim Verlag: hier


    Meine Meinung
    Im Mittelpunkt von "Die Stunde des Schakals" steht die junge, schwarze Polizistin Clemencia Garises, die Kriminalistik studierte und ein sechsmonatiges Praktikum bei der Polizei in Finnland absolvierte. Clemencia lebt mit ihrer Familie in Katatura, einem der ärmeren Stadtteile Windhuks, wo ihre als Voodoo-Heilerin tätige Tante Matilda, die katholische Tante Selma, sowie ihr kleinkrimineller Bruder Melvin sie auf Trab halten. Gleichzeitig soll sie sich um die Aufklärung des Mordes an Abraham "Slang" van Zyl kümmern. Van Zyl lebte im weißen Stadtteil Ludwigsdorf, war in den 80er Jahren für eine Spezialeinheit des südafrikanischen Geheimdienstes tätig und in den immer noch ungeklärten Mord an dem weißen SWAPO-Aktivisten Anton Lubowski verwickelt. (Informationen zur SWAPO hier bei Wikipedia.) Bald wird ein zweiter Weißer ermordet, dessen Name auch in den alten Akten auftaucht und Clemencia muss feststellen, dass nicht nur die Familie van Zyl einige Geheimnisse hat, sondern auch ihre Vorgesetzten den alten Fall scheinbar nicht wieder aufrollen wollen.


    Der Erzählstrang aus Clemencias Perspektive wird durch kursiv gesetzte Abschnitte unterbrochen, in denen die vor rund 20 Jahren Beteiligten aus der Ich-Perspektive ihre Sicht der Dinge darstellen und dem Leser zusätzlich Hintergrundinformationen geben.


    Bernhard Jaumann hat in "Die Stunde des Schakals" ein brisantes Thema der namibischen Geschichte aufgegriffen und der reale Hintergrund machte dieses Buch für mich umso spannender, denn hier wird erzählt, wie es hätte sein können und gleichzeitig wird nebenbei viel über die Geschichte und Gesellschaft Namibias eingeflochten. Über Anton Lubowski ist hier bei Spiegel Online ein kurzer Bericht zu finden. Der Blick ins heutige Namibia wirkt authentisch, ein immer noch von Armut, AIDS, Vorurteilen und Hass zerrissenes Land, eine immer noch gespaltene Gesellschaft. Als Leserin habe ich mich einige Male gefragt, wie Anton Lubowskis Meinung zum heutigen Namibia wäre, was er täte, wenn er noch leben würde.


    Die Hauptfiguren, ihre Umgebung und die aktuelle Situation Namibias sind glaubwürdig gezeichnet und vielleicht folgt ja ein weiterer Band, in dem Clemencia dann an einem weniger spektakulären Fall arbeitet? Ihre beiden Tanten lockern die manchmal recht düstere Stimmung immer wieder auf, zeigen das Land zwischen alten Traditionen und der Moderne.


    Fazit: "Die Stunde des Schakals" ist viel mehr als ein gewöhlicher Krimi, der wie so viele andere aktuelle Neuerscheinungen in Afrika spielt. Die jüngere Geschichte Namibias und die aktuelle Situation der schwarzen Bevölkerung spielen eine wichtige Rolle, spannend und teilweise humorvoll, dann wieder mit philosophischen Zügen erzählt. Ein vielschichtiger Krimi, der viel zu kurz war und durch ein ausführliches Nachwort und umfangreiches Glossar abgerundet wird.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Hier ist noch ein Artikel aus der Zeit von 1984,
    hier eine ausführliche Biographie von Anton Lubowski, leider nur auf Englisch und
    hier eine Themensammlung zur SWAPO bei Spiegel Online.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Mir hat das Buch überhaupt nicht gefallen. Die Geschichte war so mit das schlechteste, was ich letzthin gelesen habe.


    Die Ausgangsidee war gut und ist theoretisch eine interessante Basis für einen Roman. Jaumann erzählt die Geschichte leider nicht interessant, er schreibt nicht gut sondern langweilig, es ist kaum mal spannend. Es wird dann noch esoterisch, dann sinkt das Niveau weiter herab auf reine Klamotte, als Jaumann die nervige Verwandschaft der Heldin in die Ermittlungen mit einbezieht.


    Mit der Heldin wurde ich nie warm, sie ist total klischeehaft geschrieben, so wie leider die meisten der fiktionalen Figuren des Romans.


    Mein Monatsflop für den April :-(


    .

  • Zitat

    Original von uert
    Mir hat das Buch überhaupt nicht gefallen. . . . .
    Es wird dann noch esoterisch, dann sinkt das Niveau weiter herab auf reine Klamotte,
    .



    Oha, vielen Dank für den Hinweis. Ich hatte mich für dieses Buch in der Stadtbücherei vormerken lassen. Dann verzichte ich mal lieber und lass den Nächsten vor.....

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire


  • Das werde ich dann wohl auch von meiner Merkliste streichen. :rolleyes



    .

  • Als esoterisch habe ich das Buch zu keinem Zeitpunkt empfunden, aber das ist natürlich subjektiv. Eine Verwandte ist nebenbei als Voodoo-Heilerin tätig und versucht sich in das Privatleben der Hauptfigur einzumischen, sie ist eine Nebenfigur und meiner Meinung nach nicht klischeehaft, da es solche Menschen (nicht nur) in Namibia auch heute tatsächlich noch gibt.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von ottifanta ()

  • Zitat

    Original von uert
    Es wird dann noch esoterisch, dann sinkt das Niveau weiter herab auf reine Klamotte, als Jaumann die nervige Verwandschaft der Heldin in die Ermittlungen mit einbezieht.


    Mit der Heldin wurde ich nie warm, sie ist total klischeehaft geschrieben, so wie leider die meisten der fiktionalen Figuren des Romans.


    Klar hat mich die sonderbare Verwandtschaft auch genervt beim Lesen. Sie sind die Gegenspieler einer schwarzen Polzistin, die weit und breit als einzige in ihrer Nachbarschaft einer festen Arbeit nachgeht. Dass ihre Tantchen sich das nur schwer vorstellen können, ist aus deren Sicht verständlich. Woher sollen sie es wissen, wenn sie selbst ab und zu in ihrer Hütte ein paar Hausmittel brauen und verkaufen?


    Die Figur der Clemencia als berufstätige junge Frau fand ich außerordentlich gut gelungen, um "weißen Besserwissern", die genau zu wissen glauben, was in Afrika alles falsch läuft, die Fiesigkeiten des Alltags vor Augen zu halten. Beginnend schon damit, dass Clemencia (als Polizistin!) nie so genau weiß, wie sie zur Arbeit kommt, weil es wohl keine festen Verkehrsverbindungen in ihr Viertel gibt und man im Dunkeln besser gar nicht aus dem Haus geht. Arbeitnehmer werden im südlichen Afrika deshalb häufig im Auftrag ihres Chefs im Kleinbus zur Arbeit geholt und gebracht.

  • Beeindruckendes Portrait Namibias. Wieder was dazugelernt. Clemencia als Heldin gefällt mir gut, ich kann mir gut vorstellen, ihre Entwicklung weiter zu verfolgen.
    So, und wie viel von Angulas Theorien sind nun wahr?!?

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher