Barfuß in Manhattan - Colin Beaver

  • Barfuß in Manhattan
    Original: No Impact Man
    Mein ökologisch korrektes Abenteuer
    Colin Beavan
    Übersetzerin: Claudia Feldmann
    ISBN: 9783378011076
    Kiepenheuer
    256 Seiten, 22,95 Euro



    Über den Autor: Colin Beavan ist Autor mehrerer Sachbücher und schrieb als Journalist u.a. für Men´s Health, Glamour und Cosmopolitan. Er lebt mit seiner Frau der Journalistin Michelle Conlin und der gemeinsamen Tochter in New York City. Sein Blog auf www.noimpactman.com wurde in den USA zum Megaerfolg.


    Klappentext: Eigentlich sind die Beavans eine ganz normale Familie. Man fährt mit dem Taxi oder der U-Bahn ins Büro, isst zum Dinner etwas vom Asiaten aus dem Pappbecher und fliegt an Weihnachten zu den Schwiegereltern nach Florida – bis Colin und seine Frau Michelle sich zu einem Selbstversuch entschließen, der ihr Leben grundlegend verändert: keine Papierservietten, keine Haushaltsgeräte, keine Transportmittel außer dem Fahrrad, keine Nahrungsmittel, die mehr als 400km zurück gelegt haben, um in den Bio-Laden um die Ecke zu kommen. Schließlich verzichten sie sogar auf Stromverbrauch zu Hause. Fernseher, Kühlschrank, selbst der Radiowecker werden abgeschafft. Müll soll gar nicht verursacht werden – und wenn, wird er auf dem Wohnungskompost entsorgt. So zeig Beavan einen Weg, diese Welt ein wenig besser zu machen – und findet heraus, dass ein bewusster Umgang mit unserem Konsumverhalten und Energieverbrauch nicht den Verlust, sondern eine Steigerung der Lebensqualität bedeutet.


    Meine Meinung:


    Colin Beavan beschreibt ein ganz besonderes Jahr seines Lebens. Das Jahr, in dem seine Frau und er versuchten, möglichst klimaneutral und umweltverträglich zu leben. Fast panisch scheinen zuvor, aber auch danach, alle seine Gedanken nur noch darum zu kreisen, wie viel Bäume gefällt werden, um Toilettenpapier herzustellen, wie viel Meeresschildkröten an verschluckten Plastiktüten sterben und wie viel Verpackungsmüll seine Familie produziert.
    Die Bilanz dieser Aktion: 2190 Kaffeebecher, 572 Plastikeinkaufstüten, 17520 Liter Müll und 2184 Fertigwindeln wurden eingespart.
    Beavan macht sich große Sorgen um die Umwelt und versucht, nach eigenen Aussagen, einen Weg zu finden, von den Zinsen dieses Planeten zu leben und nicht von seinem Kapital.
    Sehr engagiert und konsequent geht er vor und überzeugt auch seine Frau, immer mehr Verzicht zu üben und sogar einen Kompost in der Wohnung anzuschaffen, was den beiden Konsumverwöhnten New Yorkern erstaunlicherweise gar nicht mal so schwer fällt.
    Im Laufe des Jahres schaffen sie sich ein strenges Regelwerk und auch nach dem Jahr, regt sich das schlechte Gewissen, wenn Colin zu Hause den Lichtschalter betätigt.
    Seine Erfahrungen teilt er in seinem Blog mit, der ein riesiger Erfolg in den USA wird.


    Das Buch lässt sich gut und schnell lesen und ich war verblüfft über das Durchhaltevermögen, dass die beiden bewiesen haben, allerdings ging es mir auch hier so, wie schon bei einigen anderen „Selbsterfahrungs-Büchern“ amerikanischer Autoren, ich konnte mich nicht mit dem Schreibstil anfreunden. Eine Zeit lang habe ich mich gefragt, woran das liegen mag, bis mich der Buchrückentext dieses Buches darauf brachte: „Ohne Übertriebenen Missionierungseifer zeigt Beavan einen Weg, diese Welt ein wenig besser zu machen.“ Genau das aber stimmt nicht und genau das ist es, was mich stört: Mit ganz gewaltigem Missionierungseifer geht Beavan in seinem Buch vor und irgendwie kam es mir vor, ich würde eine 256 Seiten lange Predigt lesen. Immer wieder eingestreut kleine Parabeln und Geschichtchen weiser Männer, die für die Emotionalität sorgen sollen – Dies Stilmittel und die Art des Autors „Seht her, ich bin ein einfacher aufrichtiger Mann aus dem Volke und ich will euch meine Geschichte erzählen“ ist einfach nichts für mich und obwohl ich den Mut zu einem solchen Experiment bewundere, so war mir das ganze Verhalten, die Art zu schreiben und die riesige Panik Beavans vor dem Untergang unseres Planeten einfach zu viel des Guten.


    Fazit: Eine interessante Geschichte, deren Stil mir persönlich nicht liegt, die aber sicherlich ihre Leser finden wird, wenn sie denn bereit sind, 22,95 Euro für das dünne, in „Öko-Papier“ eingeschlagene Buch zu zahlen.





    Edit: Ich hatte mich gefragt, warum auf dem Cover "Barfuss" zu lesen ist und wollte schon ein "ß" kaufen...Die nachfolgende Erklärung von Bouquineur hat mit geholfen, diese Schreibweise zu verstehen... :wave

  • Die Erklärung liegt in den Großbuchstaben, die den Titel zieren (so ist es auch beim Weißen Tiger). Es gibt kein groß geschriebenes, scharfes s.
    Wenn man für den Titel aber Großbuchstaben nehmen will, muss man das scharfe s auflösen.


    Auch dafür gibt es natürlich eine Regel :grin


    Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung, § 25, E3


    http://www.canoo.net/services/…nuId=OfficialSpelling1011


    Man ist zwar dran, eines einzuführen, aber das ist bislang nicht in die amtlichen Regelungen aufgenommen worden.


    http://de.wikipedia.org/wiki/%…ibweise_mit_Versal-Eszett

  • Vielen Dank für die informative Rezi, Eskalina! Ich bin jedenfalls sehr neugierig geworden auf das Buch! Ich glaube, mich stören diese Missionarsaspekte wenig. Ich bin da völlig leidenschaftslos :lache (also nicht was die Müllsache betrifft, sondern was den Missionierungseifer angeht).

  • Bouquineur - danke, das ist die Lösung, ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass ein Lektorat so etwas auf das Cover lässt, allerdings kann mich mich mit der Schreibweise nicht wirklich anfreunden, aber das ist ja mein Problem... :grin


    Edit: Nach deiner Erklärung habe ich den Teil aus der Rezi entfernt, denn nun ist ja meine Frage bezüglich der Schreibweise geklärt. :wave

  • Meine Rezension
    Man nehme ein verwöhntes Pradagirl, das auch gerne mal Pelz trägt und einen Mann, der „früher mal für seine Überzeugung auf die Straße gegangen ist“, setze die beiden nach New York und lasse sie ein ganz normales (???) amerikanisches Leben leben.


    Bis eines Tages Colin meint, er müsse im Alleingang die Welt retten, indem er von nun an testweise für ein Jahr ökologisch korrekt lebt. Das ist im Prinzip schon ein sehr lobenswerter Ansatz. Wenn ich allerdings lese, dass der Autor und seine Familie selbst das Frühstück außer Haus zu sich nehmen und auch abends nie kochen, sondern entweder essen gehen, sich etwas ins Haus kommen lassen oder Chinese Takeaway holen, dann wundert mich wahrhaft nicht, dass er sich irgendwann wie ein Umweltferkel vorkommt – er ist auch eines, allein schon angesichts der Unmengen an Verpackungsmaterial für das Essen.


    Doch er verwandelt sich über Nacht von Saulus in Paulus und wird nicht nur überkorrekt, sondern geht mit beinahe missionarischem Eifer vor, in dem er sogar Reis und Nudeln im Bioladen in mitgebrachte Behälter packen will und seiner Frau allen Ernstes wieder verwendbare Silikonkappen für ihre Menstruation vorschlägt… *grusel*


    Weitere Probleme tauchen natürlich auf, weil ja z.B. auch Aufzugfahren verpönt ist und man am besten auch die öffentlichen Verkehrsmittel weitestgehend meiden sollte – Familienbesuche nach Neuengland und Florida fallen in diesem Jahr also aus. Dafür wird endlich mal die Küche der Wohnung benutzt, die vorher anscheinend nur zur Deko da war.


    Das Jahr wird hart – bereichert den Autor und seine Familie aber auch in vielerlei Hinsicht.


    Das Thema an und für sich finde ich hochinteressant – allerdings muß ich ganz ehrlich zugeben, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es viele Europäer gibt, die derart umweltUNbewußt sind wie der Autor vor seinem Projekt. Mülltrennung und –vermeidung sind zumindest hierzulande ein ganz anderes Thema als es in den Staaten zu sein scheint.


    Dennoch hat mir das Buch nicht gefallen, da mir die moralisierende Art des Autors ganz fürchterlich auf den Wecker ging. Außerdem hätte es mir besser gefallen, wenn er mehr über die Schwierigkeiten (aber auch Erfolgserlebnisse) in seinem Alltag erzählt hätte, als allzu oft staubtrocken über Umweltfakten zu referieren und dem Leser eins ums andere Mal die Moralkeule um die Ohren zu hauen.


    Daher keine Leseempfehlung von mir. Schade, sehr schade – denn aus dem Grundthema hätte man echt was machen können, dass sowohl interessant und unterhaltsam als auch informativ ist. Ich bin froh, dass ich es nur geliehen hatte…

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Danke für eure ehrlichen Rezis. So kann ich das Buch wieder von meiner WL streichen, denn meine Befürchtungen haben sich durch eure Leseerfahrungen bestätigt. So kann ich das Geld besser in ein anderes Buch investieren. :-)

  • Colin Beavan ins US-Amerikaner. Er schafft es das ganze Buch hindurch meine Vorurteile gegenüber diesem Land zu bestätigen. Vom trendy Kaffee-to-go bis zu unzähligen Plastiktüten, die scheinbar jeder braucht.


    Interessant und faszinierend war es dennoch zu lesen. Mit sehr viel Konsequenz und Durchhaltevermögen schafft der Autor und seine Familie ein Jahr ökologisches Leben. Mir hat die Idee sehr gut gefallen. Insgesamt war es für meinen persönlichen Geschmack zu extrem umgesetzt und wirkte dadurch abschreckend.


    Ich vergebe sechs Punkte


    :wave

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein