Wintersonate - Eugene Drucker

  • Über das Buch:


    Burkhard Keller ist Violinist und Musiker mit Leib und Seele. Während des Zweiten Weltkrieges wird er nicht zum Kriegsdienst eingezogen, sondern spielt stattdessen in Lazaretten und Hospitälern für die verwundeten Soldaten klassische Musik. Eines Tages bekommt er den Auftrag, in einem Arbeitslager für die Insassen zu spielen. Der Lagerkommandant möchte heraus finden, ob Musik verlorengegangen Lebenswillen bzw. -freude wieder erwecken kann.


    Über den Autor:


    Eugene Drucker wurde 1952 geboren. Er studierte an der Julliard School in New York Musik und an der Columbia University Englisch und Literaturwissenschaften. Er ist Mitbegründer des weltweit bekannten Emerson String Quartetts und tritt nebenbei noch als Solist auf. Zudem spielt er immer wieder in Krankenhäuser. Auf diese Erfahrungen und die Erlebnisse seines Vaters als deutscher Jude unter Hitler hat er in seinem Erstlingswerk Wintersonate (Originaltitel "The Savior") gestützt.


    Meine Meinung:


    Eugene Drucker hat mit diesem Roman ein beeindruckendes Erstlingswerk vorgelegt. Sein Protagonist, Burkhard Keller, ist ein ganz normaler Mensch und vermutlich ein Paradebeispiel dafür, warum es die Nazis in Deutschland so leicht hatten: Er interessiert sich nicht für Politik und weigert sich anfangs, die drohenden Vorzeichen wirklich ernst zu nehmen. Zu ungeheuerlich ist das, was dadurch impliziert wird. Später, während des zweiten Weltkrieges, will er einfach nur überleben und fügt sich daher den Befehlen, die ihm erteilt werden, obwohl ihm öfters unwohl bei der ganzen Sache ist.


    Seine Erlebnisse im Lager werden immer wieder durch Rückblenden unterbrochen, so dass man nach und nach etwas über seine Vergangenheit erfährt und sich das alles zu einem stimmigen Portrait zusammenfügt.
    Neben Keller gibt es noch andere Figuren, die das Buch bereichern: Der junge Wachmann Rudolph, der Musik ebenfalls über alles liebt, und der in der Lage ist, seine Arbeit im Lager einfach als genau das zu sehen: Als Arbeit, die getan werden muss, wenn er nicht in Schwierigkeiten geraten will. Auch der Lagerkommandant, wiewohl er einem Schauer über den Rücken jagt, bringt einen zum Nachdenken. Was ist ehrlicher bzw. moralisch "überlegen"? Voll und ganz hinter seinen Taten zu stehen oder sie mit dem Hinweis auf Befehle zu entschuldigen.


    Schließlich sind da noch die Musik und das Experiment. Sehr verstörend beschreibt der Autor, wie Musik tatsächlich zu bewegen weiß, wie sie aus Apathie aufrütteln kann, wie sie wieder Hoffnung erwecken kann... in einer Zeit und an einem Ort, in der sich Hoffnung so gut wie nie erfüllen.


    Alles in allem ist das Buch wirklich hervorragend. Es reißt mit, es berührt, es lässt einen fassungslos zurück und es hallt noch lange nach. Obwohl es nur wenig wirklich brutale Szenen erhält, schwingen Angst und Schrecken so subtil mit, dass es für Menschen mit schwachen Nerven nicht geeignet ist. Doch wer bereit ist, sich mit der Zeit und dem Geschehen auseinanderzu setzen, der wird mit einem Kleinod der historischen Romane belohnt werden.


    Meine Wertung:
    10 Punkte

  • Am Anfang spielt Burkhard Keller für deutsche Soldaten in Krankenhäuser, um ihre "Stimmung" zu heben. Er kann aber keine Schlager und Volkslieder spielen, sondern nur klassische Musik. In den allermeisten Fällen bekommt er nur Häme. Irgendwann wird er abgeholt und in einer Lager gebracht. Er wird für vier Tage an den Lagerkommandanten "ausgeliehen". Die ganze Fahrt über macht er sich Gedanken, warum er dort hin soll. Wissen sie etwas von seinem Tagebuch oder seiner früheren Freundschaft zu einer jüdischen Musikerin?
    Er kommt zum Kommandanten und dieser erklärt ihm, dass er für einen ausgewählten Kreis von Gefangenen spielen soll, um diese zu testen, ob die Musik zu ihnen durchdringt. Er sieht viele dünne Menschen und denkt darüber nach, was mit seinen jüdischen Kollegen geschehen ist, wo die ganzen jüdischen Kinder geblieben sind. In Rückblicken erinnert er sich an seine Zeit vor dem Krieg.


    Dieses Buch hat mich zum Weinen gebracht. Es ist, wie Larna schreibt, zum Teil sehr brutal und man möchte eingreifen und ist immer noch fassungslos, dass solche Dinge geschehen sind. Ich habe schon sehr viele Bücher über dieses Thema gelesen und kann dieses nur jedem empfehlen.

  • Auch mich hat dieser Roman sehr betroffen gemacht und nachdenklich zurückgelassen. Die Atmosphäre in diesem Buch ist ungemein düster, beklemmend, die Schrecken der NS-Zeit beinahe nachspürbar machend. Geschickt eingearbeitet sind die Rückblenden in das frühere Leben Kellers, seine Freundschaft zu einem jüdischen Musiker und seine zarte Liebe zu einer Jüdin.
    Ein beeindruckendes Werk, das einem einiges abverlangt.