Die Jesuitin von Lissabon - Titus Müller

  • Kurzbeschreibung
    Antero Moreira de Mendonça hasst die Jesuiten. Als ein Erdbeben von biblischer Wucht Lissabon 1755 zerstört und die Jesuiten den Zorn Gottes predigen, sieht der junge Naturwissenschaftler die Gelegenheit gekommen, sich am Orden zu rächen. Doch Gabriel Malagrida, der als Prophet verehrte Jesuitenführer, ist ihm ein machtvoller Gegner. Mit Hilfe der deutschen Kaufmannstochter Leonor gelingt es Antero, dem Kerker und der Hinrichtung zu entgehen. Was Antero nicht weiß: Leonor gehört zur Gefolgschaft der Jesuiten. Für wen schlägt Leonors Herz - für Antero oder ihre grausamen Glaubensbrüder?


    Über den Autor
    Titus Müller, geboren 1977 in Leipzig, studiert Neuere deutsche Literatur, Mittelalterliche Geschichte und Publizistik in Berlin. Einladung zum open mike der literaturWERKstatt 2000, veröffentlichte Prosa und Lyrik. Mitbegründer von "Quo Vadis. Arbeitskreis Historischer Roman".


    Meine Meinung
    Lissabon 1755. Bei seiner Rückkehr in die Stadt am Tejo holt den ehemaligen Jesuiten-Schüler Antero die Vergangenheit wieder ein, der er glaubte, entkommen zu sein. Sein ehemaliger Mentor, der Jesuiten-Führer Gabriel Malagrida, ist zu seinem ärgsten Feind geworden, weil er sich nicht damit abfinden will, dass Antero dem Orden den Rücken gekehrt hat. Während Malagrida Antero quer durch Lissabon verfolgen lässt, mehren sich in der Stadt die Anzeichen, dass etwas nicht stimmt: Brunnen führen schwefliges Wasser, Tiere werden unruhig, das Meer zieht sich zurück. Niemand außer Antero, der eine naturwissenschaftliche Ausbildung absolviert hat und ahnt, was passieren wird, nimmt diese Zeichen war. Als er den Außenminister von Portugal warnen will, damit dieser die Stadt evakuiert, ist es bereits zu spät. Ein Erdbeben von noch nie gekannten Ausmaßen zerstört binnen 10 Minuten die Stadt am Tejo.


    Der Klappentext ließ vermuten, dass Titus Müllers neuster Roman vorrangig eine Liebesgeschichte vor historischen Ereignissen erzählt und so war ich beim Lesen wohltuend überrascht als ich feststellte, dass die Liebesgeschichte einen eher kleinen Raum einnimmt und so der eigentlichen Geschichte in diesem Buch Platz macht, sich zu entfalten. Es ist die Geschichte der Zerstörung der Stadt Lissabon, die Geschichte des Aufstiegs des Sebastião José de Carvalho e Mello zum ersten Ministers des Königs und zum Wiederaufbauer der Stadt Lissabon, es ist die Geschichte des Jesuiten-Führers Gabriel Malagridas und es ist die Geschichte des Kampfes zwischen Religion und Naturwissenschaften. Es ist eine Zeit im Umbruch. Auf der einen Seite wächst das Wissen um physikalische, biologische Abläufe auf und unter der Erde, auf der anderen Seite werden Naturphänomene noch immer als Strafe Gottes angesehen.


    Neben der präzisen Schilderung des genauen Ablaufs der damaligen Katastrophe, die dem Leser nicht vorenthalten wird und bei der auf jeder Seite die die furchtbaren Folgen spür- und erlebbar sind, fließen auch die damals vorherrschenden Theorien und Kenntnisse über Erdbeben und deren Ursache ein. Auch wenn wir heute wissen, wie ein Erdbeben entsteht, ist es spannend, Antero bei seiner Forschung zu begleiten und seinen Gedanken zu folgen. In jeder dieser Szenen spürt man die Freude, die Neugier und die Abenteuerlust des Autors, dem Leser diese Geschichte näher zu bringen, ihn mitzunehmen auf eine Reise in den Wissensstand der damaligen Zeit. Titus Müller macht Geschichte lebendig und wirkt dabei doch nie belehrend. Dies hat mir auch in der Schilderung der politischen Situation sehr zugesagt: Er vermeidet es, mit dem Jesuiten-Orden ein generelles Feindbild zu schaffen. Sie mögen sich in dieser Zeit nicht mit Ruhm bekleckert haben, aber sie haben auch positive Dinge bewirkt und das hebt Titus Müller immer wieder hervor.


    Bei all den historisch belegten Figuren kommen aber auch die Fiktiven, unsere Protagonisten Leonor und Antero nicht zu kurz. Sie müssen lernen, aus ihren Fehlern zu lernen, als ihre Welt in Trümmern liegt und der Weg zur Selbsterkenntnis ist oft mit Steinen gepflastert. Sie sind nicht immer einfach zu mögen und mancher braucht länger, bis er das Herz des Lesers erreicht. Für mich hätte ihre Geschichte nicht anders erzählt werden dürfen und so stahl sich denn auch ein zufriedenes Lächeln in mein Gesicht, als ich die letzte Seite umschlug.


    Titus Müller ist ein brillanter Geschichtenerzähler, dem es auf rund 420 Seiten mühelos gelungen ist, historische Fakten und naturwissenschaftliche Theorien mit einer spannenden Geschichte zu verweben und dem Leser auf diese Weise die damaligen Ereignisse deutlich näher zu bringen, als das irgendeiner meiner Geschichtslehrer jemals geschafft hätte.


    Ich habe definitiv zu lange gewartet, diesen tollen Autor für mich zu entdecken, denn ich muss zugeben, das war der erste Roman, den ich von ihm gelesen habe. Aber es wird garantiert nicht der letzte sein.

  • Nach der umwerfenden Rezension von Bouquineur ist es gar nicht so einfach etwas konstruktives zu schreiben da sie jeden wichtigen Aspekt berücksichtig hat und ich in allen Punkten sowohl inhaltlich als auch in der Interpretation mit ihr übereinstimme. Ich versuchs trotzdem mal:


    Meine Inhaltsbeschreibung


    Der lebenserfahrene und charismatische Antero Moreira de Mendoca war in seiner Vergangenheit die rechte Hand des Jesuitenführers Gabriel Malagrida. In seiner Weitsicht bemerkte er, dass die strenge Ausrichtung der Jesuiten auf blinden Gehorsam nicht seiner wissenshungrigen und wissenschaftlichen Denkweise entsprach und er hat mit dem Orden gebrochen und muss sich fortan im verborgenen seinen Lebensunterhalt als Schmuggler verdienen, immer in der Angst die Rache des mächtigen Gabriel Malagrida könnte ihn treffen. Nach dem katastrophalen Erdbeben versuchen die Jesuiten ihre Machtpositionen auszuweiten in dem sie das Unglück als Gottesstrafe, der nicht immer gottesfürchtig lebenden Lissabonner, predigen. Mit der Unterstützung des ebenso modernen und fortschrittlichen Premierministers Sebastian de Carvalho kann Antero aus seinem Versteck hervortreten und Malagrida die Stirn bieten. In Zeiten des Wiederaufbaus Lissabons liefern sich die beiden erbitterte Duelle um die Gunst des Königs, des Adels und die des einfachen Volkes. Dieser Kampf der Weltanschauungen wird mit viel Arglist, Intrigen und geschickter Täuschung geführt. Wer wird die Oberhand behalten?


    Meine Meinung


    Wer das Buch in die Hand nimmt und wem die ersten zwanzig, dreissig Seiten gefallen der wird den Roman in kurzer Zeit komplett lesen wollen. Denn der Autor Titus Müller behält seinen angenehmen Sprach- und Erzählstil, den ausgewogenen Mix aus historischen belegten Tatsachen und Personen mit den erfunden, sowie dem steten voranbringen der Handlung während der ganzen Geschichte bei und präsentiert so dem Leser eine spannende und unterhaltsame Erzählung rund um das verheerende Erdbeben in Lissabon anno 1755. Das Buch trägt ausserdem zur Erweiterung des Allgemeinwissens des Leser bei, da sowohl der Kern der Geschichte als auch das Grundgerüst den historisch verbürgten Begebenheiten entsprechen und sehr gut recherchiert sind. So machte Geschichte lernen Spass!


    Der Titel und die Kurzbeschreibungen lassen darauf schliessen das die Liebesgeschichte von Leonor und Antero eine zentrale Rolle in diesem Roman einnimmt. Erfreut durfte ich feststellen das dieses Verhältnis sehr diskret im Hintergrund verbleibt. Zwar stets präsent aber nie im Mittelpunkt der Geschichte. Sehr schön.


    Das Buch enthält am Schluss viel Zusatzmaterial mit wissenswerten Fakten rund um Lissabon, das Erdbeben, die Jesuiten und historische Personen. Zusammen mit der ausserordentlich schönen Aufmachung und der fesselnden Geschichte ist dieses Buch ein Schmuckstück das ich so uneingeschränkt allen Lesern die Historische Romane mögen empfehlen kann.

  • ich stimme den beiden bereits vorliegenden rezensionen gern zu und kann dir, tweedy, nur empfehlen, das buch möglichst bald von der wunschliste ganz nach oben auf den sub zu befördern.


    das buch ist eine spannend und glaubwürdig erzählte geschichte, die durch gute recherche, flüssigen stil und einem blick für liebenswerte details besticht.
    die charaktere sind authentisch, mit menschlichen stärken und schwächen wie du und ich. die liebesgeschichte ist, wie schon erwähnt, angenehm dezent. der anti-held, hier der historische jesuitenführer malagrida, erfährt keine pauschalverurteilung, sondern die gerechtigkeit, dass der autor auch seine verdienste und sein ringen um das gute nicht unter den tisch fallen lässt.
    neben der in sich schlüssigen geschichte werden wir unaufdringlich sowohl über die damalige zeit mit ihren sitten und gebräuchen belehrt als auch über das entstehen von erdbeben bzw. die forschung danach. von den lehren der jesuiten erfahren wir ebenfalls eine menge.
    einiges schlimmes passiert, die beschreibung bleibt aber stets oberhalb der gürtellinie.
    ein uneingeschränkt empfehlenswertes buch für liebhaber guter historischer romane - ein titus müller eben.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Den vorherigen Meinung ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
    "Die Jesuitin von Lissabon" beschreibt das schwere Erdbeben von Lissabon im Jahre 1755 und den Einfluss der Jesuiten auf das Volk. Hier wurde detailliert recherchiert und dieses Wissen verständlich und spannend beschrieben. Auch ich war angenehm überrascht, dass die Liebesgeschichte nicht in den Vordergrund rückte, sondern "diskret" beschrieben wurde. Die Geschichte an sich ist sehr stimmig, spannend geschrieben, flüssig zu lesen - einfach ein Wahnsinnserlebnis! Mir hat dieses Buch sehr viel Freude bereitet!

  • Ich muss gestehen, dies war mein erstes Buch von Titus Müller. Dazu muss aber auch gesagt werden, es war garantiert nicht das letzte!!
    Leonor und Dalila sind Zwillinge. Sie sind von Grund auf verschieden, haben nur eine einzige Gemeinsamkeit: Sie lieben den gleichen Mann.
    Leonor ist sich selbst am nächsten. Sie liebt schöne Kleider, sie liebt das Spiel mit der Verführung und das Spiel mit der Macht. Einmal davon gekostet, kommt sie nicht mehr davon los.
    Dalila ist besonnen, hilfsbereit und kann die Launen ihrer Schwester nicht verstehen. Dennoch liebt sie Leonor und würde gerne so sein wie sie. Sie würde auch gerne einmal beliebt bei den Männern sein und nimmt es ihrer Schwester übel, dass diese sich auch noch den Mann nehmen kann, den sie so bedingungslos begehrt.
    Antero ist der Mann zwischen den Fronten. Er hat sein Herz gar nicht an Leonor verschenkt, wie es für Dalila den Anschein hat. Als er von Dalila verführt wird, schlägt sein Herz ab sofort nur noch für sie.
    Er verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Schmuggel und liebt die Forschung. Vor Jahren hat er sich deswegen den Jesuitin angeschlossen. Nachdem er allerdings die bedingungslose Aufgabe seines Seins bemerkte, machte er sich los und befindet sich seither auf der Flucht vor Malagrida - dem mächtigen Anführer der Jesuiten.


    Der Jesuitenorden spielt in dieser Geschichte eine Rolle an erster Stelle. Sie sind der Dreh- und Wendepunkt.
    Auch wenn sich die Jesuiten in jener Zeit nicht sehr mit Rum bekleckert haben, ist die Meinung des Buches neutral. Titus Müller schildert ihre Schwächen, weist aber auch auf die Stärken hin und unterstreicht diese. Er stellt sich auf keine Seite und gibt dem Buch damit eine einschlägige Meinung.
    Der Autor hat alle Reserven seiner Sprachvielfalt für dieses Buch verwendet. Es ist lebendig und farbenfroh, es ist erschütternd und gewaltig. Das Erdbeben 1755 spielt in dieser Handlung ebenfalls eine große Rolle, aber man ist von der Schilderung so eingenommen und überwältigt, dass man glaubt, man wäre selbst dabei gewesen.
    Das Buch beschönigt nicht, es zeigt auch die Not und geht darauf ein.

    , dass man am liebsten Weinen würde.
    Die Liebe von Antero und Leonor spielt am Rande, man darf also nicht mit leidenschaftlichen Szenen rechnen. Es ist diese kleine Liebe, die man sich erst erarbeiten muss, bevor man sie auskostet.
    Ein ganz tolles Buch, unbedingt für die historischen Fans zu empfehlen, da im Buch auch auf die Anfänge der Forschung eingegangen wird. Die Fragen der Menschen von damals sind für uns heute ja schon größtenteils geklärt…
    Und wie schon gesagt, jetzt muss man auch unbedingt noch andere Werke dieses Autor lesen!

  • Ramona, Du nimmst in Deiner Rezi wichtige Dinge des Inhaltes vorweg

    . Für die Eulen, die das Buch noch vor sich haben, wäre es besser, wenn Du diese Dinge spoilerst. Sie können dann selber entscheiden, ob sie das lesen möchten oder nicht.

  • Die Jesuitin von Lissabon – Titus Müller


    Meine Meinung:
    Nicht selten schwanken historische Romane in unterschiedlichen Abstufungsgraden zwischen oberflächlicher Unterhaltung und anstrengendem Geschichtsunterricht.
    Titus Müllers neuer Roman ist aber einer der wenigen Fälle, wo es ein Gleichgewicht gibt, Der Roman ist spannend, geradezu fesselnd zu lesen und besitzt zudem (soweit ich das beurteilen kann) eine große Genauigkeit bei den wirklich interessanten historischen Details.
    Nur an wenigen Stellen des Romans erscheint er überfrachtet. Dem Lesegenuß tut das keinen Abbruch. Es gibt eine beeindruckende Handlungsfülle und Detailreichtum, dennoch wird der Leser nicht von der Informationsflut erschlagen.
    Der Leser lebt für eine Weile im Lissabon des Jahres 1755 und begleitet die Hauptfigur Antero, Ex-Jesuit, Ex-Schmuggler, Vater einer kleinen Tochter und Liebhaber schöner Frauen.
    In anderen Abschnitten erfährt man die Gedankengänge von sehr unterschiedlichen Zwillingsschwestern.
    Die Darsteller des Romans sind mit all ihren Schwächen und Stärken lebensechte Figuren. Sebst der bedrohlich wirkende Jesuitenführer Gabriel Malagrida gehört dazu.
    Was ich besonders schätze, ist die Figurenentwicklung, die manchmal überraschend, aber doch glaubwürdig und passend ist. Die Handlung entwickelt sich rasant!
    Ein wirklich gelungenes Buch, den man jedem Fan von historischen Romanen sehr empfehlen kann.

  • Das Erdbeben von Lissabon am 01.11.1755 vergleicht Titus Müller mit dem Ereignis des 11.Septemer 2001, was den Eindruck auf die Zeitgenossen angeht. Eine Zeitenwende, eine völlige Zerstörung einer Stadt, einer Lebensart. Von den Folgen dieser Zerstörung hat sich Lissabon bis heute nicht erholt, die Bedeutung, die es vorher als Weltstadt hatte, hat es nie wieder erlangt.


    Titus Müller ist einer der wenigen Autoren, denen ich einen "Die ...in" Romantitel verzeihe, weil ich weiß in welcher Qualität er seine Bücher abliefert.


    Dieses hier ist wieder sehr eindringlich, schildert das Leben vor und nach der Katastrophe, die Versuche der Geistlichkeit, zuvörderst eben der Jesuiten Gewinn an Macht aus der Tragödie zu schlagen und den Versuch der Moderne über das Alte zu triumphieren. Naturwissenschaftliche Erklärung kämpft gegen Gottesfurcht. Geburtsadel kämpft gegen Geistes- nd Geldadel. Die historische Geschichte wird dabei in eine spannende Handlung verpackt. Durch den Klappentext darf man sich nicht verwirren lassen, Die Liebe kommt nicht zu kurz in dem Buch, spielt aber keineswegs die herausragende Rolle.


    Fazit: Für Freunde des historischen Romans ein Highlight dieses Bücherjahres

  • Habe es jetzt gerade fertig gelesen und es hat mir gut gefallen. Es ist mein erstes Buch von Titus Müller gewesen. Ich fand den Schreibstil flüssig und sehr gut zu lesen. Die Sprache ist sehr bildhaft und man konnte die einzelnen Szenen gut vor sich sehen. Die Charaktäre haben eine Wandlung vollzogen die durchweg Glaubhaft war. Die Kapitel aus der Sicht des Hundes fand ich klasse. Was mir besonders gut gefallen hat, war das rasante Tempo der Geschichte und die schnellen Szenenwechsel. Bei mir subt noch das Mysterium, welches mich beim anlesen jedoch noch nicht so fesseln konnte, wie die Jesuitin von Lissabon, werde es bei Gelegenheit aber erneut in die Hand nehmen.


    Von mir gibt es 9 Punkte und das Versprechen, weitere Bücher des Autors zu kaufen ;-) :-).


    Viele Ostergrüße von tweedy :wave

  • Für mich war es das erste Buch von Titus Müller, und damit hat er die Messlatte sehr hoch angesetzt, was meine Erwartungshaltung seinen anderen Büchern gegenüber angeht.


    Bisher war Portugal ein weißer Fleck auf meiner literarischen Landkarte, doch mit diesem Buch hat Titus Müller eindrucksvoll Farbe hineingebracht.


    Die verschiedenen Facetten des Buchs haben mich begeistert zurückgelassen. Was für eine interessante Zeit und Gegend, in der diese Geschichte situiert ist.


    Hier stimmte irgendwie alles: Der etwas kleinere Anteil der Liebesgeschichte, als ich erwartet habe, war genau richtig bemessen, der Anteil der Entdecker- und Forschungsgeschichte, dazu der Kampf der Jesuiten. Alles schön ausgewogen.


    Die Figuren waren allesamt überzeugend, sie entwickelten sich stetig, so dass man sie am Ende des Buchs nicht mehr gehen lassen möchte, so sehr sind sie mir ans Herz gewachsen. Auch die bösen Gegenspieler hatten ihre Berechtigung.


    Mein Held ist auf jeden Fall der Premierminister, der jedem Gegenwind getrotzt hat und seine Visionen durchsetzen wollte und auch konnte. Schade, dass er mit dem Tod des Königs abgesetzt wurde, aber immerhin wurde seine Bronzemarke wieder angebracht.


    Titus Müller hat mich über die gesamte Zeit nicht eine Seite gelangweilt, sondern mich blendend unterhalten und meinen Horizont erweitert, aber auf unterhaltsame Art, so dass Geschichte und Wissenschaft Spaß gemacht haben.


    Von mir 10 Punkte und eine dicke Leseempfehlung.

  • Wieder einmal ein gelungenes Buch von Titus Müller.
    Schade, dass das Buch recht lange auf dem SUB lag, auch wenn ich es mir damals gleich als HC gekauft habe.
    Der Titel mir "Die Jesuitin" mag im ersten Moment zum Mainstream passen, der ja bei den historischen Romanen zu verzeichnen ist, wenn man aber das Buch liest, bemerkt man, dass "Die Jesuitin", eigentlich mehr der Spitzname ist für die Tätigkeit einer der Protagonistinnen. Zumindest im ersten Teil des Buches.


    Sehr gut gefallen hat mir diesmal das Zusatzmaterial im Anschluss, das die Aussprache der portugiesischen Namen erklärt und den historischen Hintergrund genauer beleuchtet.

  • Titus Müller entführt den Leser in seinem Buch „Die Jesuiten von Lissabon“ in das Jahr 1755.
    Antero Moreira de Mendonca ist auf dem Schiffweg zurück in seine alte Heimatstadt Lissabon unterwegs. Was zunächst als eine Art Abenteuergeschichte anmutet, da Antero mit Schmugglerware unterwegs ist, entpuppt sich dann als etwas ganz Anderes. Antero kehrt nach Lissabon zurück, zu seiner Geliebten Leonor, einer Kaufmannstochter. Mit deren Hilfe will er den Kampf gegen den Ordensführer der Jesuiten, Gabriel Malagrida, aufnehmen. Antero ahnt nicht, dass Leonor ihre eigene Zukunft bei den Jesuiten sucht und bereits seit Jahren für diese arbeitet. Im Hause Leonors besucht Antero auch seine kleine Tochter Samira, die aus einer vorangegangenen Liebesbeziehung hervorgegangen ist. Julia, Samiras Mutter, musste sterben, und die Schuld hieran trägt einzig und allein Malagrida. Anteros Hass gegen den Jesuitenführer und dessen Orden ist daher groß, aber auch verständlich.


    Während Anteros Aufenthalt in Lissabon vermehren sich die Anzeichen, dass eine Naturkatastrophe bevorsteht. Antero ist Wissenschaftler und als solcher merkt er schnell, dass plötzlich die Quellen nach Schwefel riechen, und dass sich die Tierwelt auffällig verhält. Kurze Zeit später ist es bereits zu spät. Ein katastrophales Erdbeben sucht die bis dahin reiche Hauptstadt heim und vernichtet innerhalb kürzester Zeit Reichtümer und Leben ungeahnten Ausmaßes. Antero weiß, dass Malagrida dieses Unheil für seine Zwecke nutzen will. Umso mehr ist ihm daran gelegen, die Hintergründe und Ursachen der Entstehung von Erdbeben aufzuklären. Dies ist von da an sein einziges Tun und Bestreben.


    Der Autor bindet in seine Geschichte auf ansprechende Weise historische Ereignisse und Figuren ein und macht sie neben der Handlung zum Hauptbestandteil des Romans. Hier geht es weniger um die Liebesgeschichte zwischen Leonor und Antero, sondern viel mehr um das schreckliche Erdbeben und die politischen und religiösen Interessen unterschiedlicher Gruppierungen. Auf dieser Grundlage erlebt die Handlung selbst nur wenige Höhen und Tiefen. Die Charaktere sind sehr detailliert beschrieben und es ist faszinierend mitzuerleben, wie Menschen innerhalb kürzester Zeit eine solch große Änderung durchleben können wie beispielsweise Leonor. Nicht nur die Stadt Lissabon, sondern auch ihre Bewohner und damit auch die Protagonisten dieses Romans stehen vor einem Neuanfang.


    Geschichte für jedermann, gekonnt verpackt.


    Besonders zu erwähnen ist das Zusatzmaterial, welches dem Buch am Ende beigefügt ist. Hier findet der Leser neben Ausführungen zum Erdbeben und zum Leben Malagridas auch noch ein Interview mit dem Autor.

  • Auch ein Buch, das viel zu lange geSUBt hat. Nach den tollen Rezis kann ich keine neuen Eindrücke mehr einbringen.


    Mir persönlich hat die Geschichte sehr gut gefallen. Die Atmosphäre, vor allem rund um das Erdbeben, wurde sehr bildhaft geschildert und auch die Figuren hatte ich sehr schön vor Augen. Wieder ein Buch des Autors, das ich sehr gerne weiter empfehle!