Jagd – Martin Walser

  • Suhrkamp, 223 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Da Gottlieb Zürn seine Unterlegenheit als Immobilienmakler erkennen mußte, zog er sich aus dem Außen- in den Innendienst zurück und überließ Anna den Part der größeren Einträglichkeit. Anna, das Zentrum der Familie, die Tonangebende. Es beginnt idyllisch, aber die Idylle hält nicht. Die Jagd beginnt. Das Jagdmotiv wird hier, handle es sich nun um Lebenssituationen oder um gesellschaftliche Bereiche, aufs vielfältigste variiert. Sechs Frauen sind es, die die Variationen bewirken. Inmitten dieser vielfältigen Unruhestiftung, durch alle Gefühls- und Stimmungsturbulenzen hindurch erweist sich, wenn auch nicht als unverletzlich, so doch als immer wieder gewinnbar, die prekäre, zeitlich tief gegründete Beziehung zwischen Anna und Gottlieb.


    Über den Autor:
    Martin Walser, 1927 in Wasserburg (Bodensee) geboren, lebt heute in Nußdorf (Bodensee). 1957 erhielt er den Hermann-Hesse-Preis, 1962 den Gerhart-Hauptmann-Preis und 1965 den Schiller-Gedächtnis-Förderpreis. 1981 wurde Martin Walser mit dem Georg-Büchner-Preis und 1998 mit dem Friedenspreis des Buchhandels ausgezeichnet.


    Meine Meinung:
    Jagd ist das Mittelstück zwischen „Das Schwanenhaus“ von 1980 und „Der Augenblick der Liebe“ aus dem Jahr 2004. Jagd erschien 1988. Die vielen Jahre zwischen den Teilen deuten schon daraufhin, dass es keine richtige Serie ist. Mehr wirken die Teile wie Stationen im Leben einer typischen Walser-Figur.


    Furios beginnt Kapitel 1, als Zürn aus einem Traum erwacht.
    Gottlieb Zürn, „Held“ dieser Trilogie ist als Immoblienmakler erfolglos, daher übernimmt es seine Frau Anna Kunden zu finden und Verträge abzuschließen, während Gottlieb seinen Gedanken nachhängt und Gedichte schreibt. (In Der Augenblick der Liebe wird Gottlieb seinen Maklerberuf endgültig aufgegeben haben und Privatgelehrter werden). Anna ist eine lebhafte, extrovertierte und starke Frau. Gottlieb bewundert sie, kann aber nicht richtig mit ihr mithalten. Er hat Minderwertigkeitsgefühle, die gleicht er aus durchs Fremdgehen. Die Schwierigkeiten dieser Beziehung zeigt Walser gut.


    Die Zürns leben am Bodensee und haben 2 Kinder, Julia und Regina. Walser beschreibt anhand eines gemeinsamen Mittagsessen ein sprödes Familienleben voller Spannungen. Julia plant die Schule aufzugeben und wegzulaufen.
    Die Zürns erwarten für den Nachmittag ein junges Paar, die Orthliebs als Feriengäste. Gottlieb ist dann schon schnell auf die junge, forsche Gisi Orthlieb leidenschaftlich fixiert.


    Als dann die 18jährige Julia tatsächlich abhaut, macht sich Gottlieb auf die Suche nach ihr.
    Dabei nutzt er die Gelegenheit, mit Gisi und noch einer anderen Frau etwas anzufangen.


    Wie schon der Titel des Romans nahe legt, wird es einen großen Einsatz an Jagdsymbolik geben, bei denen Gottlieb Zürn zwischen Jäger und Gejagter hin- und herschwankt. Es gibt viele gute Beschreibungen, aber diese Symbolik war zu aufdringlich für meinen Geschmack.


    Die zweite Hälfte des Romans halte ich für schwächer, es wird zu viel banales eingebunden.


    Walser wählt auch komplexe stilistische Mittel um Zürns zerrissenen Zustand darzustellen. Ein Zustand zwischen Leiden an der Welt und dann auch wieder das Leiden genießen. Der Stil ist nicht durchgängig leicht zu lesen, da er sehr verdichtet ist. Deswegen ist es schwierig immer im Lesefluss zu bleiben. Einzelne Passagen kann man sehr gelungen empfinden, um dem roten Faden der Handlung zu folgen, benötigt man etwas Konzentration.


    ASIN/ISBN: 3518382853