Schwimmen - Nicola Keegan

  • OT: Swimming

    Über den Autor
    Nicola Keegan wurde 1964 in Galway, Irland, geboren und wuchs in den Vereinigten Staaten auf. Sie studierte an der Sorbonne und an der University of Iowa. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Frankreich und in Irland. „Schwimmen“ ist ihr erster Roman.


    Kurzbeschreibung
    Boo, Mena, Phil oder Pip Philomena hat eine Menge Namen und keinen leichten Stand: Ins Haus eines Fledermausforschers hineingeboren zu werden ist das eine. Dort inmitten einer exzentrischen Familie aufzuwachsen? Eine ganz andere Geschichte. Als das Schicksal noch dazu zweimal über diesen ungewöhnlichen Haushalt hereinbricht und die Mutter sich mit einer Trauerdiät aus M & Ms und Krimis dauerhaft ins Bett verkriecht, gehen auch Philomena allmählich die Gründe aus, nicht völlig abzutauchen. Im 50-Meter-Becken des Schulschwimmbads findet sie eine neue Welt. Und sie beginnt eine bemerkenswerte Karriere, die sie, zunächst an der Liebe vorbei, zu olympischem Gold und bis an den Rand der Verzweiflung führen wird. Doch auch von dort gibt es einen Weg zurück.


    Meine Rezension
    Philomena ist vom erster Tag an ein sperriges, schwieriges Menschlein: als Baby schläft sie kaum und fordert ihre Eltern über deren Grenzen hinaus. Erst beim Babyschwimmen wird sie ruhig und schläft hinterer entspannt ein… sie hat ihr Element gefunden, das sie nicht mehr loslassen wird.


    Auch später in der Schule: sie und ihre beste Freundin Lilli Cocoplat strotzen nur so von schlechtem Benehmen, passen nicht auf, klauen und sind über alle Maßen albern. Doch Philomenas Leben ist nicht einfach. Schwere Verluste prägen sie und ihre Familie. So zieht sich ihre Mutter vom Leben zurück und wird – gelinde gesagt – immer eigenartiger. Auch ihre Schwestern gehen unterschiedlich mit den Familientragödien um. Die Familie zerbricht mehr oder weniger.


    Aber Schwimmen geht immer. Schwimmen ist Philomenas Lebensinhalt, ihr Ein und Alles, ihr Fix- und ihr Fluchtpunkt. Wie besessen trainiert sie fern von zuhause und qualifiziert sich immer weiter. Ihr Ziel ist Olympia. Doch Philomena muß lernen, dass Schwimmen alleine nicht für ein ganzes Leben ausreicht.


    Dieser Roman beschreibt nicht nur Philomenas steinigen Weg zum Schwimmstar, es ist auch eine traurige Geschichte von dem, was Schicksalsschläge Menschen und Familien antun können. Dabei ist Philomena beileibe keine gefällige Protagonistin. Sie ist schwierig, eigensinnig, sperrig – und so ist es auch das Buch zuweilen. Dennoch habe ich mich gut unterhalten und das obwohl die Schwimmerei, mit der ich eigentlich gar nichts am Hut habe, einen großen Raum in diesem Buch einnimmt. Ein paar Längen hat es zwar schon, dennoch habe ich mich überraschend gut unterhalten.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich fand die Leseprobe bei Vorablesen ENTSETZLICH! Selten sowas Langweiliges angelesen.... :-]

  • @ Mitsou
    Das bleibt dir ja unbenommen.
    Eigentlich war das auch mehr ein kleiner freundschaftlicher Seitenhieb für Batty, Bücher, die sie Klasse findet, lösen bei mir sehr häufig akuten Schnarchreiz aus.... :lache

  • Ich müßte mein Vorablesen-Leseexemplar in den nächsten Tagen bekommen und bin nach Batcats positiver Rezi noch gespannter drauf. Die Leseprobe fand ich übrigens schon mal durchaus gut.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Eigentlich war das auch mehr ein kleiner freundschaftlicher Seitenhieb für Batty, Bücher, die sie Klasse findet, lösen bei mir sehr häufig akuten Schnarchreiz aus.... :lache


    Aber umgekehrt ist das ja oft ebenso! :lache

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Fürs Schwimmen geboren


    Zum Inhalt:


    Philomena wird im ländlichen Kansas geboren, als zweite Tochter eines viel herumreisenden, schrägen Fledermausforschers und einer zu Nervenzusammenbrüchen neigenden Mutter, die mit ihren insgesamt vier sehr unterschiedlichen Töchtern nicht immer optimal zurande kommt. Früh entdeckt Philomena ihre Liebe und ihre außerordentliche Begabung zum Schwimmen; ist es anfangs noch eine heißgeliebte Freizeitbeschäftigung neben dem strengen Alltag in der von Nonnen geführten Schule, wird es nach zwei schweren innerfamiliären Schicksalsschlägen zum Anker in ihrem Leben, zum Seelentröster und zur Zufluchtsstätte vor dem verkorksten Familienleben, in dem sich ihre Mutter immer mehr zurückzieht und die Schwestern auch verzweifelt darum kämpfen, ihren Weg im Leben zu finden. Phils Talent wird entdeckt, gefördert und sie erklimmt dank großem Einsatz und hartem Training den Schwimmolymp, muß dafür aber genügend Opfer bringen und schließlich feststellen, dass es auch ein Leben abseits des Schwimmbeckens mit Sinn zu füllen gibt…


    Meine Meinung:


    Ich brauchte einige Zeit, um ins Buch hineinzufinden, dann jedoch gefiel es mir immer besser. Philomena ist zwar eine kantige, aber doch sympathische und menschliche Protagonistin, die auf mich noch relativ normal wirkte im Vergleich mit ihren Familienmitgliedern. Das ist auch der größte Kritikpunkt bei diesem Buch, die Schwestern und vor allem die Mutter finde ich überzeichnet und zu bemüht unterschiedlich dargestellt, jeder Charakter geht ins Extreme und so etwas wie Normalität scheint ausgeschlossen, was sich bereits vor den beiden Schicksalsschlägen abzeichnet und schließlich manifestiert.


    Richtig gut hingegen fand ich Philomenas Gedankenwelt sowie erstaunlicherweise die Schwimmpassagen, obwohl ich für Schwimmen weder als Freizeitbeschäftigung noch als Leistungssport gesteigerter Interesse hege. Keegan versteht es, die harten Trainings und die Wettkampfsequenzen fesselnd und für den Leser hautnah verfolgbar zu schildern, was mich bei einem Erstlingswerk doch sehr positiv überrascht hat.


    Sprachlich hat das Buch so einiges zu bieten – mit dem Wort „sprachmächtig“ wurde in letzter Zeit zwar Schindluder betrieben, doch bei der Lektüre dieses Buches ging mir ebendieser Begriff immer wieder durch den Kopf. Die Autorin vermag es, anspruchsvollere Ausformulierungen sowie derbere Äußerungen wohl zu dosieren und bleibt dabei für den Leser immer verständlich und der Text flüssig lesbar, ein großer Pluspunkt dieses Romans. Es gibt bei aller mitschwingenden Dramatik auch humorvolle Szenen, etwa die Klassifizierung und Analyse der zur trauernden Mutter auf Besuch kommenden Katholiken, doch meist ist der Humor tragischer Natur.


    Fazit: Nicht perfekt, aber originell, unkonventionell, unterhaltsam und durchaus fesselnd, selbst für passionierte Nichtschwimmer!

  • Zum Inhalt


    Philomena Grace Ash, genannt Mena, ist ein unruhiges Baby. Mit viel Geschrei und wenig Schlaf raubt sie ihren Eltern den letzten Nerv, bis zu dem Tag, an dem Philomena zum ersten Mal am Babyschwimmen teilnimmt. Wasser ist ihr Element, wie selbstverständlich gleitet sie hindurch und fühlt sich wohl wie ein Fisch. Zum ersten Mal seit Wochen schläft sie in dieser Nacht durch.
    Einige Jahre später sorgt ein anderes Familienmitglied für schlaflose Nächte: Bron, Philomenas Schwester, ist todkrank. Während ihre Mutter noch auf Heilung hofft, hat sich das an Krebs erkrankte Mädchen längst auf den Tod eingestellt. Als die Befürchtung aller wahr wird und zudem auch noch Menas Vater Leonard, ein renommierter Feldermausforscher, tödlich verunglückt, ändert sich das Leben in der Familie schlagartig.
    Philomenas Mutter leidet unter Depressionen und verlässt das Bett nur noch, wenn es dringend notwendig ist. Roxanne, eine der Schwestern, versinkt im Drogensumpf und Dot, die Jüngste, kümmert sich aufopferungsvoll um die Mutter. Mena versucht ihrem kaputten Zuhause zu entfliehen und stürzt sich voller Leidenschaft in den Schwimmsport. Sie trainiert hart und findet dadurch nur zögerlich Freunde, kämpft sich jedoch letztlich bis zur Olympiade. Während sie im Leistungssport durchaus erfolgreich ist, scheint ihr Privatleben langsam aber stetig den Bach runter zu gehen…


    Kritik


    „Schwimmen“ ist ein besonderes Buch, das man nicht unbedingt als leichte Kost bezeichnen kann. Gerade zu Beginn fiel es mir schwer, mich in den Schreibstil einzufinden. Die Erlebnisse werden aus Philomenas Sicht geschildert. Sie beschreibt, was sie sieht und empfindet, wodurch es zu Gedankensprüngen kommt, denen der Leser nicht immer direkt folgen kann. Hat man sich jedoch erstmal daran gewöhnt und zudem genug Geduld, sich auf den Stil einzulassen, kommt man gut vorwärts und kann in Philomenas Welt eintauchen.
    Die Sprache wechselt dabei zwischen derben Ausdrücken und anspruchsvollen Reflektionen.


    Philomenas Art war mir direkt sympathisch und das, obwohl sie alles andere als ein nettes Mädchen ist. Sie pfeift auf die Ansichten ihrer Kolleginnen, nimmt ihre Trainer auf die Schippe und lässt immer wieder eine gehörige Portion Sarkasmus einfließen. Doch wenn man genauer hinschaut, spürt man hinter all dem die Angst vor weiteren, emotionalen Verletzungen und eine große Unsicherheit.
    Das Schwimmen fungiert dabei wie ein Schutzschild, hinter dem sich Philomena versteckt, denn im Wasser muss sie nichts denken und fühlen, sondern einfach nur funktionieren und schnell sein. Sie taucht im wahrsten Sinne des Wortes darin ab.


    Wer sich beim Schwimmen nicht auskennt, hat nichts zu befürchten, da sich der Inhalt im Wesentlichen mit Philomenas Gefühlslage, ihren Beobachtungen und Eindrücken befasst. Die Technik selbst spielt zwar eine Rolle und das Training bestimmt Philomenas Alltag, allerdings werden die Wettkampfsequenzen eher am Rande beschrieben. Im Wesentlichen geht es um den Umgang mit Verlusten, ums Erwachsenwerden, die erste Liebe und den Zusammenhalt innerhalb der Familie.
    Romantisch oder idealistisch geht es dabei selten zu, vielmehr liegt dem Geschriebenen eine Nüchternheit zugrunde, die viel Freiraum für eigene Interpretationen bietet. Und gerade diese Möglichkeit verleiht dem Roman seine Tiefe.


    Im Ganzen hat mir Nicola Keegans Debütroman gut gefallen. Der Schreibstil erfordert zwar etwas Geduld und Muße, kann jedoch durch seinen Facettenreichtum und eine authentische Wortwahl überzeugen. Die Handlung bietet dem Leser jede Menge tragischen Humor, aber auch einen ernsten, bisweilen traurigen Blick auf Philomenas Innenleben und ihr Umfeld. Dadurch gewinnt der Roman an Tiefe, wenn auch manche Themen aufgrund ihrer allgemeinen Vielfalt etwas oberflächlicher angegangen werden.
    Ein Buch für jedermann ist „Schwimmen“ sicherlich nicht, wer sich jedoch fürs Lesen gerne etwas mehr Zeit nimmt und unter die Oberfläche schauen möchte, könnte an dem Werk Gefallen finden.

  • Inhalt:


    Philomena wird in das Haus eines Fledermausforschers hineingeboren. Die Mutter, schon immer ein wenig überdreht, geht nach mehreren Schicksalsschlägen nicht mehr aus dem Heim, dass zudem von dunklen Nonnen bewohnt wird, die ihren Lebenssinn darin finden Pip das Leben zu erschweren. Philomena flieht von zu Hause, ins Schwimmbecken, sie krault mit den Sorgen um die Wette und stellt dabei Höchstleistungen auf, die sie bis zu mehreren Olympiaden führen. Abseits des Schwimmbeckens versucht sich Philomena abwechselnd im Erwachsenwerden, in der Liebe, obwohl sie meist im Misstrauen hängen bleibt. Sie bricht auch niemals den Kontakt zu ihrer Familie ab, ein kruder Haufen von Lebensverweigerern, Süchtigen und Spiessern. Das Karriereende von Philomena markiert eine wichtige Wende in ihrem Leben, dessen weiterer Verlauf nur fragmentarisch beleuchtet wird.


    Meinung:


    Zu Beginn hatte ich Schwierigkeiten mit dem Buch. Die Baby Lenny Fischgeschichte bringt etwas Humor herein, ansonsten fand ich viel Leerlauf bis etwa nach Hundert Seiten die Geschichte deutlich an Fahrt gewinnt. Bis dahin sind mir die Schilderungen zu austauschbar, zu wenig mitreissend geschrieben. Gut in Amerika ist es immer noch ein Thema sich aus den Klauen der Kirche zu befreien, aber diese Kindheitserzählung hat wenig neues zu bieten, habe ich anderswo schon besser gelesen, wobei Nicola Keegan sprachlich auf hohem Niveau bestehen kann. Ihr Schreibstil ist prägnant, flüssig, bilderreich, originell und ist auf eine merkwürdige Weise distanziert, obwohl eine "Ich"Erzählerin am Werk ist. Natürlich ist mir bewusst, dass diese Distanziertheit die Folgen ihrer Kindheit darstellen, aber mir bleibt Philomena ein bisserl zu blass, zu steril. Bis die Schicksalsschläge über die Familie hereinbrechen, ab Seite Hundert hat mich Nicola Keegan voll gefangen, excellente Darstellung, der dunklen Gläubigen und deren Sinnfindung, in der Sinnkrise der Mutter. Dreihundert begeisternde Seiten, die Pip zum Erfolg führen, der ihr allerdings kaum seelischen Halt vermittelt. Philomena ist zwar durch ihre unterkühlte, etwas hüftsteife Art nie mein Liebling, aber sie gewinnt meinen Respekt. Eine wirklich erstklassige Arbeit der Autorin. Der Schlussteil lässt mich jedoch ratlos zurück. Pip beendetihre Kariere, probiert sich aus und reist nach Paris. Mir sind ihre Gedanken und Handlungsweisen auf den letzten siebzig Seiten zu verworren, bis kryptisch. Insgesamt ein absolutes Lesevergnügen! 7 von 10 Punkten.

  • Die fiktive Geschichte von Philomena Ash, auch Boo, Mena, Phil oder Pip genannt, eine von vier Töchtern eines Naturwissenschaftlers, beginnt Mitte der 60er Jahre und reicht bis in die Gegenwart. Philomena ist ein schwieriges Kind und hat einen schweren Stand in ihrer vielköpfigen, exzentrischen Familie. Nur im Wasser ist sie in ihrem Element. Als ihre Familie zwei schwere Schicksalsschläge hintereinander bewältigen muss, geht jedes Familienmitglied anders damit um. Philomenas Mutter versinkt in der Depression und zieht sich mit M & Ms und Krimis aus dem Leben in ihr Bett zurück. Statt dass die Familienmitglieder gemeinsam die tragischen Verluste bewältigen, zerbricht die Familie zusehends. Philomena startet in dieser Zeit eine herausragende Schwimmerkarriere, die bis zu mehrfachem olympischem Gold führt. Dennoch gelingt es ihr nicht, sich selbst frei zu schwimmen und nach dem Ende ihrer sportlichen Karriere steht sie vor der großen Herausforderung, andere Wege für sich zu finden, statt vollständig abzutauchen.


    Nicola Keegans Sprache hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Die Autorin beherrscht alle Register des Humors, vom sprühenden Witz über leichte Ironie bis zu beißendem Sarkasmus. Wenn Nicola Keegan uns an den Gedanken von Philomena teil haben lässt, dann sind Satzfragmente, Aufzählungen, Reihungen und Umgangssprache bis hin zum Jargon Stilmittel und zeigen die Wortgewalt der Autorin, die ihre Sprache stets den Passagen ihrer Geschichte anpasst. Der Leser wird dabei gefordert und muss Philomenas Gedanken zu Ende denken und strukturieren. Insbesondere die Anfangsphase des Romans erinnerte mich in Wortgewalt, Humor und Skurrilität an die ersten Romane von John Irving.


    Philomenas Schwimmkarriere mit allen Höhen und Tiefen erzählt Nicola Keegan spritzig, unterhaltsam, phantasievoll und einfühlsam und baut einen ungewöhnlichen, aber wirksamen Spannungsbogen auf. Ihr Erzählstil gleicht einer Collage: obwohl die Autorin Philomenas Geschichte chronologisch erzählt, wird vieles im Vorhinein angedeutet, was sich erst durch spätere Passagen erschließt und scheinbar unabhängige Szenen reihen sich aneinander, um erst im Verlauf des Romans ein geschlossenes Bild zu vermitteln. Leider konnte die Autorin diesen nach meinem Empfinden im zweiten Teil, in dem Philomenas Kampf um eine eigene Identität nach der Sportkarriere im Vordergrund steht, nicht erhalten. Dieser Teil hatte für mich deutliche Längen und Philomena als Charakter war für mich in diesem Teil nicht mehr so greifbar wie im ersten Teil, obwohl die Intensität mit der Nicola Keegan die Einsamkeit und Depression der Protagonistin erzählt, nicht abnimmt.


    Trotz dieser von mir empfundenen Schwächen halte ich „Schwimmen“ von Nicola Keegan für einen außergewöhnlichen und lesenswerten Roman.


    7 von 10 Punkten

  • Philomena ist fürs Schwimmen einfach geboren. Es gibt ihr das Gefühl von Freiheit und es bereitet ihr das größte Vergnügen, die Welt an sich vorbeisausen zu sehen.


    Doch gleichzeitig bewirkt das Schwimmen bei Philomena etwas Anderes: Nach den ersten neun Monaten ihres Lebens, in denen sie nie länger als eine Stunde und 43 Minuten geschlafen hat, fällt sie nach ihrer ersten Schwimmstunde in einen vierzehn Stunden andauernden Tiefschlaf.


    Philomena ist die Ich-Erzählerin des Romans und breitet vor dem Leser ihre komplette Lebensgeschichte aus. Das Buch ist im Präsens geschrieben, was eher ungewöhnlich ist. Zudem spart die Autorin bzw. Ich-Erzählerin nicht mit Ausblicken auf die Zukunft und gleichzeitig erzählt sie auch von Ereignissen, die sich außerhalb ihrer Wahrnehmung abspielen, zum Beispiel während sie schläft.


    Der Roman kommt ohne Charakterisierung seiner Hauptpersonen aus. Diese erklären sich allein durch ihr Verhalten. Haarfarben oder Augenfarben spielen in diesem Roman keine Bedeutung.


    Philomena ist ehrlich und direkt. So wie das Leben mit ihr umgeht, geht sie auch mit den Lesern ihrer Lebensgeschichte um: Sie lässt sie Zeugen werden eines Familienalltags, der von Krankheit und Verlust geprägt ist, sie verwirrt sie, entmutigt sie stellenweise, um sie dann wieder zum Lachen zu bringen. Dabei nimmt Philomena kein Blatt vor den Mund, ungeschminkt konfrontiert sie den Leser mit ihrem Schicksal, ist dabei stellenweise schon etwas zu anzüglich und derb.


    Philomena hat einen enormen Mitteilungsbedarf, der sich durch ständige Themenwechsel bemerkbar macht. Zudem verlangt das Buch Aufmerksamkeit und Konzentration von seinen Lesern, denn der Stil der Autorin ist doch recht anspruchsvoll und sehr eigen. Ihre Sätze sind sehr verschachtelt, denn die Ich-Erzählerin kann ihrem Redefluss kaum Einhalt gebieten.Teilweise fällt es dem Leser schwer, ihren Gedankengängen zu folgen und oft fragt man sich, inwieweit einige der preisgegebenen Szenen relevant für die Rahmenhandlung des Romans sein könnten. So entstehen während des Lesens doch einige Längen, die den Leser nur mäßig fesseln und begeistern.


    Auch Nicola Keegan verwendet das in letzter Zeit immer wieder auftauchende stilistische Mittel, die wörtliche Rede nicht in Anführungszeichen zu setzen, sondern sie lediglich durch Kursivschrift vom eigentlichen Text abzugrenzen. Aber ich bin dieses Stilmittel schon gewöhnt und es stört meinen Lesefluss in keiner Weise.


    Leider konnte ich für das Schicksal Philomenas kein Mitgefühl aufbringen. Auch ihre Mitmenschen konnten mich nicht für sich und ihr Leben einnehmen. Dafür blieben sie einfach zu blass. Philomenas Geschichte zieht an mir vorbei, ohne Spuren zu hinterlassen. Kein gefühl des Mitleids oder des Mitgefühls bleibt zurück.


    Stellenweise konnte ich mich dann für das Buch begeistern, wenn die Schwimmwettkämpfe beschrieben wurden, an denen Philomena schließlich teilnimmt. Doch bis dies so weit war, habe ich mich doch eher durch Philomenas Kindheit und Jugend gequält.


    "Schwimmen" ist sowohl ein Roman über das Familienleben als auch vordergründig ein Roman über das Erwachsenwerden.