'Satans Ursprung' - Seiten 001 - 066

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Ich fürchte allerdings, daß ich inzwischen eine recht eigene Sicht der Dinge habe, die in gar kein Schema (lies keine Konfession) so ganz hineinpassen will. Letztlich werden da dann auch ganz existentielle Fragen des menschlichen Daseins berührt.


    Ich bin der Ansicht, dass man auch ohne die Kirchen (ich meine jetzt nicht die heilige christliche Kirche) wunderbar glauben kann, vielleicht sogar intensiver. Denn das künstliche Korsett der Kirchen zwängt die Gläubigen oftmals sehr stark ein. Aber Glauben muss sich auch entfalten können, darf nicht durch irgendwelche Vorschriften ad absurdum geführt werden. Die Kirchen sind menschliche Organisationen und genauso handeln sie auch. Manchmal würde man ihnen ein wenig mehr göttliche Eingebung wünschen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • * sieht sich vorsichtig um*


    Zitat

    Original von Voltaire
    Ich bin der Ansicht, dass man auch ohne die Kirchen (ich meine jetzt nicht die heilige christliche Kirche) wunderbar glauben kann, vielleicht sogar intensiver.


    Ich schätze, das ist genau der Weg, auf dem ich mich derzeit zunehmend mehr befinde. Zumal ich sowieso seit frühester Jugend eher ein Einzelgänger bin.



    Zitat

    Original von Voltaire
    Die Kirchen sind menschliche Organisationen und genauso handeln sie auch. Manchmal würde man ihnen ein wenig mehr göttliche Eingebung wünschen.


    :write Wobei zumindest in Bayern das mit der göttlichen Eingebung schwierig wird. Der bewußte Engel Aloysius, der eben diese Eingebung überbringen sollte, sitzt Gerüchten zufolge noch immer im Hofbräuhaus. :chen


    (Ich habe die DVD verlinkt, weil da eine vollständigere Beschreibung als beim Buch und auch, worauf ich anspiele, vorhanden ist.)
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • der münchner im himmel und der göttliche ratschluss :chen ich wollte ja selbst mangels weiblicher jesuiten als jugendliche einem orden beitreten, der für die vernunft der regierenden betet... - aber die schwestern sind offenbar viel zu wenige, als dass sie gehört würden, und dann versauft sich der Aloysius auf seiner mission auch noch... es ist und war schon immer hoffnungslos mit regierungen und göttlichem ratschluss... das letzte mal hat's vermutlich bei den stammeschamanen und ihren orakeln geklappt - aber auch nur, wenn der schamane genau gewusst hat, was politisch machbar ist...


    Zitat

    Original von SiCollier
    Die Frage ist vermutlich kaum zu beantworten. Vereinfacht gesagt, wenn sich die Menschen von Gott abgewandt haben, wenn sie gesündigt (Schuld auf sich geladen) haben, müssen sie in irgendeiner Form errettet werden. Wenn man an keinen Gott glaubt, ist diese Erklärung ... schwierig, doch mir fällt keine andere ein. Zumal sie für mich plausibel ist.


    Das problem liegt hier jedoch beim christlichen gott und der lehre, die meint, andere vor einem problem retten zu müssen, dass andere gar nicht haben. Wenn man nicht an den glaubt, als der gott in der bibel dargestellt ist, oder an einen ganz anderen gott / eine andere lehre, kann man auch von vorn herein nicht nach biblischer fasson errettet werden, weil man ausserhalb des sich auf ihn beziehenden biblischen gedankenguts steht.
    Damit ist man für einen sich auf die bibel beziehenden christen klar erkenntlich automatisch der böse und von Satan zum irrglauben verführt... - weil man ja nicht erkennen will, dass der sich auf die evangelien (und bei den evangelikalen mehr auf das AT) beziehende, missionieren wollende christ im recht ist.


    Bestenfalls hilft man dem missionar bei widerstand gegen die missionierung und bei logischem gegenangriff damit seinen glauben in die schlechtigkeit der welt, seine leidensbereitschaft für seinen gott und seinen glauben zu stärken.


    Wenn eine solche missionarische bewegung massenmässig die oberhand gewinnt, muss man als ihr anhänger un&fehlgläubige zwangweise vor ihren sünden retten - damit, dass man sie um willen ihrer errettung gleich bei ihrer reinigung (wohl eher der reinigung der gemeinschaft von andersgläubigen) mittels scheiterhaufen opfert, um das für die gläubigen bestehende problem, sich für etwas für aussenstehende völlig absurdes vernünftig rechtfertigen zu müssen, an der wurzel zu beseitigen.



    @ Darcy: das wichtige an Christus ist, dass er und seine anhänger alte jüdische, wie später auch heidnische traditionen hinterfragt haben. Die großen heidnischen opferzeremonien, die man jedes jahr mit dem jahreskreislauf vollzog, verschwenderische, ja finanziell ruinöse hekatombenopfer / massenschlachtungen, oder der horrende von ritualen und tabus gespickte religiöse tagesablauf, dem man sich als 'gläubiger' heide oder auch jude unterworfen hatte, war durch Christi auftreten für seine anhänger als für nichtig erklärt: das opfer wurde EINMAL in der vergangenheit erbracht, man muss es nicht ständig aufs neue begehen, und das ist der bedeutende, religionsgeschichtliche befreiungsschlag, der mich an Zarathustra vs in ritualen erstarrte präzoroastrische religion und Buddha versus starrem kasten-& Bramahnenlehrwesen erinnert. Dass sich daraus jedoch andere religiöse meßrituale entwickelt haben, die ähnlich bindend sind, ist vermutlich nicht im sinne so handelnder glaubensreformierender religionsstifter...


    Und weil viele menschen offenbar einfache, sich wiederholende rituale brauchen (seltsam, ich kann mir irgendwie keinen vorstellen, der sie 'braucht' - warum zum geier feiern wir sie eigentlich?), sind erntedankfeste, blumen- und licht- und votivopfer in kirchen noch immer gängig, obwohl sie abgesehen von dem gemeinsamen verzehr von wein und brot der 'reinen' christlichen lehre widersprechen.
    Grad dort, wo heidnische jahresfeste nichts zu suchen haben, sind sie wieder aufgetaucht, und werden sogar von priestern verteidigt, die sie zum anlass für eigene rituale nehmen, die ohne den naturreligiösen hintergrund dabei klar anzusprechen eher unverständlich sind.
    Jetzt kommt wieder ostern samt den roten eiern und den hasen... - das sind alles 'geklaute' feste. Wenn man naturreligiöser heide ist, soll man sich bitte hinstellen, und es frei heraus bekennen, und keinen wirr verpanschten abguss betreiben...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Zitat

    Original von Voltaire


    Ich bin der Ansicht, dass man auch ohne die Kirchen (ich meine jetzt nicht die heilige christliche Kirche) wunderbar glauben kann, vielleicht sogar intensiver. Denn das künstliche Korsett der Kirchen zwängt die Gläubigen oftmals sehr stark ein...



    Zitat

    Orignal von MagnaMater
    Wenn man nicht an den glaubt, als der der in der bibel dargestellt ist, oder an einen ganz anderen gott / eine andere lehre, kann man auch von vorn herein nicht nach biblischer fasson errettet werden, weil man ausserhalb des sich auf ihn beziehenden biblischen gedankenguts steht und damit ist man für einen sich auf die bibel beziehenden christen klar erkenntlich automatisch der böse und von Satan zum irrglauben verführt... - weil man ja nicht erkennen will, dass der sich auf die evangelien (und bei den evangelikalen mehr auf das AT) beziehende, missionieren wollende christ völllig recht hat.


    Das seh ich im Endeffekt auch so.
    Genau mit dem individuellen Glauben habe ich es auch nicht. Es kann doch nicht einfach jeder glauben, was ihm gefällt. Eine Ein-Mann-Religon sozusagen. Entweder gibt es einen Gott und wir folgen seinen Regeln und Glauben an ihn oder es gibt keinen und es gibt keine göttlichen Regeln. Aber nur weil mir das ein oder andere nicht passt kann ich doch nicht einfach Gott und seine Regeln oder Ansprüche an uns gestalten wie ich es gerne hätte. Das impliziert für mich nur, das der Mensch nach einem Gott sich sehnt, aber das vorgegebene nicht passt und man deswegen emanzipiert sein eigenes Ding macht. Das kann man vielleicht mit seinem Lebensstil machen aber nicht mit Glauben, finde ich. Wie gesagt, entweder gibt es Gott und es gibt Priester, die seine Göttlichkeit für uns auslegen oder es gibt ihn nicht und dann sind das sinnlose Kulthandlungen. Nur weil ich das dann nicht gutfinde, kann ich mir doch keinen Gott backen. Deswegen habe ich mir gesagt, Gott gibts nicht also ist das für mich erledigt.

  • Hm, ich hab grad wo gelesen, religion ist immer individuell, die leute, die sich mit anderen in derselben religionsgemeinschaft befinden, tun das meisstens nur deshalb, weil sie gemeinsame rituale einhalten während sie persönliche religiöse offenbarungen/erfahrungen NICHT ansprechen, denn diese erfahrungen sind es, die sie meisst in widerspruch zu anderen gläubigen und der lehrmeinung bringen... denn - wo kommt eine religion und ihre standardisierten / autorisierten priester denn hin, wenn jeder sein eigener priester ist, und die regeln der gemeinschft selber auslegt?


    :gruebel Ich glaub, es war in Kilian, Egoismus Macht und Strategien, oder Spitzer, Aufklärung 2.0, ohne jetzt beschwören zu können, wo es war, vielleicht war es auch einer theologen auf ForaTV, aber wenn es nicht im oberen link war, wüsst ich nicht, wo sonst.

    DC :lesend


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  • Zitat

    Original von Voltaire


    Ich bin der Ansicht, dass man auch ohne die Kirchen (ich meine jetzt nicht die heilige christliche Kirche) wunderbar glauben kann, vielleicht sogar intensiver. Denn das künstliche Korsett der Kirchen zwängt die Gläubigen oftmals sehr stark ein. Aber Glauben muss sich auch entfalten können, darf nicht durch irgendwelche Vorschriften ad absurdum geführt werden. Die Kirchen sind menschliche Organisationen und genauso handeln sie auch. Manchmal würde man ihnen ein wenig mehr göttliche Eingebung wünschen.


    :write
    Es gibt vielleicht zu viele in Kirchen, die ihr eigenes Denken, das, was sie für Recht halten, mit dem, was sie in der Bibel zu lesen meinen, es quasi in ihrem Sinn interpretieren, gleichsetzen. Oder ihre Gedanken ihrer Interpretation anpassen. Das eigene Dogma erhoben zum einzig wahren Glauben. Ich kann das so schlecht formulieren, aber was mich an Kirche - egal welcher - oftmals stört, ist die Starre, die Gnadenlosigkeit der eigenen Ansicht, angepasst an das kirchliche Schema, dieses "ich sage, was Gott denkt, was er gemeint hat, was er will". Und dazu dann noch das "du bist ein schlechter Christ, weil du eine eigene Meinung zur Bibel hast".
    In Anlehnung an das Buch, Seite 18, der oberste Absatz ab "Konflikt zwischen verschiedenen Gruppen..." Das schon angesprochene "wir" und "sie" - mir will scheinen, das gilt leider nicht nur im Urchristentum, nicht nur im Sinne von "wir, die Kirche", sondern auch "wir, die in der Kirche die Meinung bilden" und "sie, die damit nicht immer einverstanden sind".
    Versteht man überhaupt, was ich eigentlich sagen will?
    Das Thema ist wirklich schwierig. Und die eigene Meinung in Worte zu fassen, auch. Weil, ich weiß ja, was ich sagen will - aber wo sind die passenden Worte dazu?

  • Ist ja gelungen, oder? :lache


    und dieses ich/wir haben recht, ihr liegt&lehrt falsch, seid von dämonen verführt und besessen - also dieses Sündenbocksuchphänomen ist nicht nur auf die kirche beschränkt: es beherrscht auch die atheistische diskussion: dort die radikalen atheisten, da die gemässigten agnostiker und die diffus-gläubigen theisten/pantheisten und dort die als geistig krank bezeichneten gläubigen, welcher religion und religionstiefe/variante auch immer - jeder bezeichnet die jeweils anderen als esel... das ist nicht hilfreich als gesprächsbasis... dialog findet darob nicht statt
    vielleicht liegt es einfach daran, dass jeder gerne recht hat, und nicht einsieht, einsehen will, dass er sich irrt?


    Bei den vielen kirchen (vor allem bei den evangelikalen, wo jeder prediger seine eigene religion hat, und jeweils die anderen nur hinter dem geld her sind) ist es die graduierung des irrtums, die über gut und böse entscheidet -


    nie begreifen werde ich die diskussion über die ... wie hiess das noch mal monophysis und die dreifaltigkeit - ich mein, das ist doch so ziemlich der gipfel des besteigbaren wahnsinns, oder? sich göttliche, dämonische stimmen oder sichtungen einzubilden, soll ja vorkommen und ist vom menschlichen gehirn her nicht so ungewöhnlich, und solang man dafür niemanden quält und umbringt, gut, aber sowas dann auch noch allenernstes und mit leidenschaft bis hin zum massenmord zu diskutieren?
    Ich bin beim begreifen der katholischen religionsgeschichte schon am anfang ausgestiegen: mir kam vor, das vernünftigere argument wurde jeweils ausgerottet... der klar ersichtliche unsinn wurde zum dogma erklärt... vor lauter verzweiflung habe ich dann die bibel selbst gelesen, und den katechismus, und kam zum schluss, die haben ja allesamt einen vogel, die alten und die neuen, und einen lämmergeier noch dazu... der logos liegt vielleicht bei gott, sofern es ihn gibt, aber ganz sicher nicht bei den menschen, die ihn verkünden...

    DC :lesend


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    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • MagnaMater und Voltaire: Danke!


    Zitat

    Original von MagnaMater
    und dieses ich/wir haben recht, ihr liegt&lehrt falsch, seid von dämonen verführt und besessen - also dieses Sündenbocksuchphänomen ist nicht nur auf die kirche beschränkt: es beherrscht auch die atheistische diskussion: dort die radikalen atheisten, da die gemässigten agnostiker und die diffus-gläubigen theisten/pantheisten und dort die als geistig krank bezeichneten gläubigen, welcher religion und religionstiefe/variante auch immer - jeder bezeichnet die jeweils anderen als esel... das ist nicht hilfreich als gesprächsbasis... dialog findet darob nicht statt
    vielleicht liegt es einfach daran, dass jeder gerne recht hat, und nicht einsieht, einsehen will, dass er sich irrt?


    Wenn ich jetzt einfach mal aus einem anderen Elaine Pagels-Buch, nämlich "Versuchung durch Erkenntnis" zitieren darf - ein Satz übrigens, der mich schwer beeindruckt hat und mich auch nicht so recht wieder loslässt (und ich löse den jetzt auch ganz bewusst aus dem Bereich Religion/Christentum heraus)-: "Häretiker kann ein jeder sein, dessen Standpunkt von einem anderen missbilligt oder geächtet wird." (aaO, Seite 18). Tja, wie sollte es schon den berühmten "Frieden auf Erden" geben können, wenn es schon im Kleinen so anfängt? Denn irgendjemand findet sich immer, der eine andere Meinung, ob nun im religiösen Bereich oder nicht, missbilligt. Und dann gleich urteilt, und dieses Urteils ist zu oft, fast immer eine Verurteilung. Ist das menschlich? Vermutlich.
    Für mich waren resp. sind die Bücher von Elaine Pagels fast schon ein Schock; lesen zu müssen, warum, wieso und aus welchen Gründen etwas, wie hier die Evangelien, noch etwas mehr hinzugefügt bekam, warum eine Formulierung so und nicht anders lautete, was - heute leider vergessener und mühsam rekonstruierter - Hintergrund der Situation der Schreiber der Evangelien war, war einerseits erhellend, andererseits frage ich mich mit zunehmender Verzweiflung: Wenn die Verfasser der Evangelien gewusst hätten, was daraus entstand, hätten sie dann genau so geschrieben? War ihnen ihre eigene Meinung und deren Durchsetzung wichtiger als alles andere?
    "Man kann die Evangelien des Neuen Testaments nicht zureichend verstehen, wenn man nicht erkennt, dass sie in diesem Sinne Kriegsliteratur sind." ("Satans Ursprung" - Seite 31) Oha, das tat weh - aber leider scheint es genau so zu sein. Der Satz Seite 40: "Hätten die Anhänger Jesu..." ist auch nicht gerade geeignet, mir meine Ruhe wiederzugeben.


    Sei es, wie es sei: Die Bücher von Elaine Pagels tun weh, aber sie sind notwendig - und ich würde mir wünsche, sie wären bekannter.


    Apropos: Auf Youtube gibt es einige interessante Filmchen mit der Autorin, unter anderem eine Diskussion. Ich will gar nicht so tun, als ob ich alles verstanden hätte, aber die wenigen Worte, bei denen das der Fall war, haben meinen Respekt vor der Frau vertieft!

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Dass es einen Rabbi einer - ihrer eigenüberlieferung nach - völlig harmlosen, weitgehend pazifistischen gemeinschaft getroffen hat, ist ein justizskandal, und dass es so skandalös war, war auch ein grund für die eigendynamik, die diese religion in ihrer anfänglichen entwicklung gewonnen hat.


    Ich weiß nicht so recht. Es ist mir völlig bewußt, daß man niemals wird beweisen können (anhand unserer heutigen Maßstäbe), was damals wirklich geschehen ist. Aber irgendetwas völlig außergewöhnliches muß geschehen sein, sonst wäre das Christentum längst untergegangen. Das einzige, was mich persönlich immer wieder etwas irritiert, ist die doch recht spärliche Quellenlage; anders und etwas „volkstümlicher“ ausgedrückt: wenn da beispielsweise jemand von den Toten aufersteht, müßte sich das doch noch in irgendeinem Dokument niedergeschlagen (Brief, Literatur, amtliches, was weiß ich) und bis heute überlebt haben. Paulus schreibt an einer Stelle u. a., daß Jesus „500 gleichzeitig“ erschienen sei, von denen viele noch lebten. Das wären eine Menge Zeugen.



    Zitat

    Original von MagnaMater
    (...) dort die radikalen atheisten, da die gemässigten agnostiker und die diffus-gläubigen theisten/pantheisten und dort die als geistig krank bezeichneten gläubigen, welcher religion und religionstiefe/variante auch immer - jeder bezeichnet die jeweils anderen als esel.


    Das hättest Du viel kürzer mit nur einem Wort ausdrücken können: Büchereule. :chen ;-)



    Zitat

    Original von MagnaMater
    der logos liegt vielleicht bei gott, sofern es ihn gibt, aber ganz sicher nicht bei den menschen, die ihn verkünden...


    :lache



    Zitat

    Original von Lipperin
    Für mich waren resp. sind die Bücher von Elaine Pagels fast schon ein Schock; lesen zu müssen, warum, wieso und aus welchen Gründen etwas, wie hier die Evangelien, noch etwas mehr hinzugefügt bekam, warum eine Formulierung so und nicht anders lautete, was - heute leider vergessener und mühsam rekonstruierter - Hintergrund der Situation der Schreiber der Evangelien war, (...)


    :write Wobei ich immer im Hinterkopf habe, daß das eine Meinung ist, und man möglicherweise auch anderer sein könnte. Zumal ich mangels Sprachkenntnissen nicht die Originaltexte lesen kann. Andererseits ist das, was Frau Pagels schreibt, für mich in sich schlüssig, und bisher (vielleicht abgesehen von kirchenoffiziellen Meinungen) paßt das zu anderen Büchern, die ich über die damalige Zeit gelesen habe.


    Danke für den Hinweis auf Youtube! Da gehe ich die nächsten Tage mal suchen.



    Ansonsten allgemein zum Thema Kirche/Dogma: eine Konfession muß mE bestimmte Wahrheiten als allgemeingültig (Dogma) verstehen, sonst funktioniert sie nicht. Weder nach innen noch nach außen. Ob mir das nun paßt oder nicht, ob der „Gründer“ das so intendiert hat oder nicht, hat damit nichts zu tun. Es ist mE eine reine Organisationsfrage. Ich persönlich frage mich inzwischen zusehends, ob das, was sich da die letzten beiden Jahrtausende entwickelt hat, noch etwas mit den ursprünglichen Intentionen zu tun hat. Doch das ist wieder ein anderes Thema.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • So, dann will ich auch mal meine ersten Gedanken zum Buch aufschreiben - oder es zumindest versuchen, denn irgendwie geht es mir wie Lipperin, ich tu mir schwer das ganze auszuformulieren....


    erstmal muss ich sagen das ich mich mit der Entstehung und dem ganz frühen Christentum nie wirklich befasst habe. Insofern sind der Krieg von dem hier berichtet wird, genau wie die Entstehung der Evangelien (welches wann usw. absolutes Neuland für mich.


    Wer mich kennt weiß das ich Kirchen-Gegnerin bin. Ich sage bewusst Kirchengegnerin, denn ich finde das das Christentum sich über die letzten 2000 Jahre hin nicht grade zu seinem Vorteil entwickelt hat, selbst wenn der Grundgedanke an sich wohl nicht unbedingt schlecht war.


    Zu MagMas Gedanken mit den Sterbegöttern:
    ich weiß nicht ob man hier den selben Hebel ansetzen kann. Im Endeffekt sterben Sterbegötter im Sinn von Sonne usw. ja immer und immer wieder. Ihr Leben bzw. Sterben bestimmt sozusagen unseren Jahresablauf. Jesus Christus ist nur einmal gestorben... daher bin ich mir nicht sicher ob man das so miteinander vergleichen kann.



    Zitat

    Original von MagnaMater:
    Ich bin beim begreifen der katholischen religionsgeschichte schon am anfang ausgestiegen: mir kam vor, das vernünftigere argument wurde jeweils ausgerottet... der klar ersichtliche unsinn wurde zum dogma erklärt... vor lauter verzweiflung habe ich dann die bibel selbst gelesen, und den katechismus, und kam zum schluss, die haben ja allesamt einen vogel, die alten und die neuen, und einen lämmergeier noch dazu... der logos liegt vielleicht bei gott, sofern es ihn gibt, aber ganz sicher nicht bei den menschen, die ihn verkünden...


    ich glaube das hier ist eh eine der wichtigsten Erkenntnisse. Ich dachte mir immer das die Kirchenoberen erst im frühen Mittelalter so richtig krass anfingen Gott bzw. Jesus für ihre Zwecke einzusetzen, aber so wie ich Pagels hier verstehe begann das ganze doch schon erheblich frührer.
    Ich habe allerdings nur die Bibel gelesen, den Katechismus hab ich mir dann doch lieber gespart.


    Zitat

    Original von Darcy:
    Genau mit dem individuellen Glauben habe ich es auch nicht. Es kann doch nicht einfach jeder glauben, was ihm gefällt. Eine Ein-Mann-Religon sozusagen. Entweder gibt es einen Gott und wir folgen seinen Regeln und Glauben an ihn oder es gibt keinen und es gibt keine göttlichen Regeln. Aber nur weil mir das ein oder andere nicht passt kann ich doch nicht einfach Gott und seine Regeln oder Ansprüche an uns gestalten wie ich es gerne hätte. Das impliziert für mich nur, das der Mensch nach einem Gott sich sehnt, aber das vorgegebene nicht passt und man deswegen emanzipiert sein eigenes Ding macht. Das kann man vielleicht mit seinem Lebensstil machen aber nicht mit Glauben, finde ich. Wie gesagt, entweder gibt es Gott und es gibt Priester, die seine Göttlichkeit für uns auslegen oder es gibt ihn nicht und dann sind das sinnlose Kulthandlungen. Nur weil ich das dann nicht gutfinde, kann ich mir doch keinen Gott backen. Deswegen habe ich mir gesagt, Gott gibts nicht also ist das für mich erledigt.


    das sehe ich nun widerum ganz anderst. Warum kann nicht jeder das glauben was ihm grade passt. Solange er die anderen damit zufrieden lässt. Für mich ist es völlig egal ob mein Gegenüber nun an den Christengott, Buddha, die große Göttin oder einfach nur an den Fussballgott glauben will. Solange ich damit in Ruhe gelassen werde....

  • Maharet: vergiss bei den sterbegöttern nicht, dass man ihn als christen in jeder messe wieder frisch frisst, den christus, sowohl als osirisartiger brotgetreidegott, wie auch als bacchusartiger weingott, sein opfer ist ständig gegenwärtig, und ernährt die esser - als christen... wir andere können bei Bacchus und Osiris bleiben, wenn wir essen
    wenn er nicht als im jahreskreis wiederkehrend gedacht wär, würden sich weihnachten und ostern und die ganzen christlichen jahresfeste erübrigen


    es ist einmal passiert, man muss es deswegen nicht jedes jahr aufs neue feiern

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


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    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Zitat

    Original von Maharet



    das sehe ich nun widerum ganz anderst. Warum kann nicht jeder das glauben was ihm grade passt. Solange er die anderen damit zufrieden lässt. Für mich ist es völlig egal ob mein Gegenüber nun an den Christengott, Buddha, die große Göttin oder einfach nur an den Fussballgott glauben will. Solange ich damit in Ruhe gelassen werde....


    Ich kann mich damit nicht anfreunden, das jeder glaubt, was er will. Wenn es Gott gibt, dann muss er sich doch offenbahrt haben und und irgendwas bezwecken oder wollen oder erwarten. Einfach denken, da gibt es was und das hätte ich gerne soundso....nee....
    ich kann mir ja auch meine Gesetze nicht selber machen. Entweder gibt es Gott und man dient ihm in irgendeiner Form, oder ich hätte gerne einen Gott, den ich mir selber backe und so handhabe, wie es mir gefällt. Dann ist es aber wohl so, das es keinen gibt sondern nur meine Idee von Gott.
    Und wenn es ihn nicht gibt, kann ich das alles auch lassen. Aber Glaube an Gott und sich das ganze drumrum selber backen ist für mich ein Widerspruch in sich.

  • Zitat

    Original von Maharet
    erstmal muss ich sagen das ich mich mit der Entstehung und dem ganz frühen Christentum nie wirklich befasst habe.


    Ich schon immer wieder mal. Ich finde das ein sehr faszinierendes Thema. Allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt „im Lichte des Glaubens wissen wir...“, sondern mich interessiert eher, was die Geschichtswissenschaft da beitragen kann auch im Hinblick auf die Strukturen des Urchristentums damals.


    Ich bin nun nicht so ganz auf dem letzten Stand, doch die Entstehung der Evangelien ist mMn nicht so ganz unumstritten. In dem hier verlinkten Buch etwa versucht der (leider schon verstorbene) Papyrologe Carsten Peter Thiede den Nachweis zu erbringen, daß das Matthäus-Evangelium deutlich vor 70 n. Chr. geschrieben wurde.


    Zitat

    Original von Darcy
    Ich kann mich damit nicht anfreunden, das jeder glaubt, was er will. Wenn es Gott gibt, dann muss er sich doch offenbahrt haben und und irgendwas bezwecken oder wollen oder erwarten. Einfach denken, da gibt es was und das hätte ich gerne soundso....nee....


    Im Prinzip hast Du recht, aber wenn man nicht blind alles als gegeben hinnimmt, ist es nicht so einfach; das war früher sicher leichter. Ich persönlich habe beispielsweise immer mehr Zweifel, daß das, was wir heute an Kirche vorfinden, noch viel mit der ursprünglichen Intention zu tun hat. Je mehr ich über das Urchristentum lese, je mehr komme ich allerdings zu der Erkenntnis, daß schon sehr bald nach Jesu Tod es vor allem um Macht und Ämter ging und die Botschaft entsprechend umgedeutet bzw. gebogen wurde. Ich weiß nicht mehr, in welchem (Sach-)Buch es war, aber mir ist mit Erschrecken aufgegangen, daß rund achtzig Jahre nach dem Toleranzedikt die Christen gegenüber den „Andersgläubigen“ die gleichen Methoden angewandt haben, wie sie zu Zeiten der Christenverfolgung gegen sie verwandt wurden. Das fand ich ziemlich erschreckend (sowohl die Erkenntnis wie die Sache selbst).
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    :write Wobei ich immer im Hinterkopf habe, daß das eine Meinung ist, und man möglicherweise auch anderer sein könnte. Zumal ich mangels Sprachkenntnissen nicht die Originaltexte lesen kann. Andererseits ist das, was Frau Pagels schreibt, für mich in sich schlüssig, und bisher (vielleicht abgesehen von kirchenoffiziellen Meinungen) paßt das zu anderen Büchern, die ich über die damalige Zeit gelesen habe.


    Eben diese Schlüssigkeit hat mich verblüfft, ich finde und finde einfach keinen Bruch in dem, was sie sagt.
    Andererseits: Wenn man die Sache aus einer anderen Sicht betrachtet, wird sie dann besser?

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Andererseits: Wenn man die Sache aus einer anderen Sicht betrachtet, wird sie dann besser?


    Besser vielleicht nicht. Aber institutionen-erschütternd, dogmen-erschütternd, den-eigenen-gelernten-Glauben-erschütternd.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Für mich die Quintessenz aus diesem ersten Abschnitt ist eine dreifache. Zum einen diese:


    Alle vier Evangelien des neuen Testamentes beschreiben, wenn auch mit beträchtlichen Unterschieden, die Hinrichtung Jesu als den Höhepunkt des Kampfes zwischen Gut und Böse - Gott und Satan -, der mit Jesu Taufe begonnen hat. (Seite 37)


    Zum Zweiten die Erkenntnis, daß die Evangelien ganz massiv von den Umständen der Entstehungszeit, nicht unbedingt der Lebenszeit Jesu bestimmt sind. (Ist zwar logisch, war mir aber so nicht bewußt.)
    Mir war zwar seit längerem klar, daß etwa die Behandlung des Pilatus in den Evangelien etwas mit den Beziehungen der Christen zu den Römern zur Entstehungszeit der Evangelien zu tun hatte, nicht jedoch die massiven innerjüdischen Konflikte, die sich widerspiegeln.


    Und drittens ganz einfach die Tatsache, daß der Satan nicht von Anfang an der war, als der er heute bekannt ist, bzw. wie er heute verstanden wird.

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")