'Satans Ursprung' - Seiten 103 - 134

  • Den anfang des abschnitts finde ich sehr gut, habe mich sofort wieder an ihn erinnert.


    Helmut Koester's sicht der dinge hat mich schon bei der ersten lektüre überzeugt, ganz einfach, weil das Thomasevangelium alle anforderungen, die ich an eine primäre quelle und sprüchesammlung stelle, erfüllt:
    'Jesus sagt:' das ist genau so, wie jeder mensch, der einem guru folgt die aussprüche desselben niederschreiben würde. Alle anderen evangelien sind eklektisch abgeschrieben, literarisch überformt, und in meinen augen als quelle für den 'wahren Jesus', die 'wahre lehre' nicht von belang.
    Aber warum das Thomasevangelium nicht in den kanon aufgenommen wurde, ist mir ebenfalls klar: es beschreibt eine innere religiösität samt innerer erleuchtung, und das kann man in einer organisierten kirchengemeinschaft mit priestern als anführer und glaubenskonzilen nicht machen. Wozu braucht es eine kirche/einen tempel, wenn es ausreicht, einen stein aufzuheben oder holz zu hacken, um 'gott'/'göttliche erleuchtung' zu finden?


    Kann sein, dass da fernöstliche, buddhistische vorstellungen eingeflossen sind, was bei den fern-kontakten der Diadochenreiche nicht so ungewöhnlich wäre, auch angesichts der tatsache, dass die römer handel mit nordindien und china getrieben haben, und dass entlang dieser wege auch gedankengut wandert.


    Ich glaub in 'Ein Fisch für den Kaiser' wird auch erzählt, wie kulturell lebendig und bunt das damalige Galiläa war. Dass sich da nicht nur einige einheimische unwohl fühlen, und zu extremen gruppierungen wie die Essener neigen, ist nicht weiter verblüffend. Und dass das unwohlsein angesichts der weltlichen flexibilität und ungewissheit auch die etwas länger ansässigen einwanderer trifft, die versuchen mit den einheimischen kontakt aufzunehmen, um etwas bleibendes, solides zuschaffen,


    Was nirgends angesprochen wird, aber mich immer schon sehr beschäftigt hat, ist Markus.
    Markus an und für sich ist ein römischer name, der häufigste römische name noch dazu, und der Träger dieses namens ist Mars zugehörig, also einem der zahlreichen dämonen der Völker...
    Wie kommt Markus - wenn er tatsächlich der autor, und nicht etwa nur der eigentümer der schriftrolle war - zu seinem namen? Wenn er tatsächlich ein Jude war, warum heisst er Markus? Das würde bedeuten, dass er sich einen römischen dreifach-namen gegeben hat, also zu denen gehört, die 'den völkern hinterhergehen'. Erklärt mir, wie kann ein evangelist, noch dazu der älteste, guten gewissens MARKUS heissen? Oder war er versklavt und eigentum eines Markus?
    Als Jude Markus zu heissen, ist genauso absurd, wie eine Astrid über ein taufbecken zu halten: 'Ich, die getreue der Asen widersage dem Satan?' - Wie wäre es, sie gleich 'Christina' zu nennen, wenn man sie schon tauft? Anscheinend heisst das, dass eltern keiner gesinnung sich irgendetwas dabei denken, wenn sie ihre kinder benennen... Markus' vater offenbar nicht.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Anscheinend heisst das, dass eltern keiner gesinnung sich irgendetwas dabei denken, wenn sie ihre kinder benennen.


    Na ja, bisweilen schon. Meine Eltern haben mich bewußt nach einem bestimmten mittelalterlichen Heiligen benannt. Das hat mir ziemlich lange Probleme bereitet, weil der zwar ein Ordensgründer war, aber auch - etwas leger ausgedrückt - so ziemlich der erfolgreichste Kreuzzugsprediger seiner Zeit. Andererseits ergeben meine beiden Vornamen den eines anderen mittelalterlichen italienischen Heiligen, der eher fürs radikal Friedliche steht. Es streiten also, ach, zwei Seelen in meiner Brust. ;-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Sind deine eltern katholisch?


    Ja, und ich selbst, wie früher (anderweitig) öfters erwähnt auch. Das mit den Ordensgründern ist vermutlich eher Zufall. Meine Mutter hielt den Zisterzienerabt für sehr gescheit und hoffte, daß da was auf mich abfärben würde. Ob das gelungen ist, weiß ich nicht so recht. :chen ;-)


    Und mit dem zweiten ist es eher Zufall, da mein erster Vorname nach meinem Großvater geht. Allerdings ergeben meine beiden Vornamen dann halt auch den bürgerlichen Namen eines etwa neunzig Jahre später geborenen Heiligen, ebenfalls Ordensgründer. Allerdings bin ich weder so fromm wie diese beiden noch so kirchentreu; zumindest in der Hinsicht hat die Namensgebung nicht funktioniert. ;-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich wusste gar nicht, das es ein Maria-Evangelium gibt :wow. Dan Brown hatte doch recht :grin


    Vom Thomas-Evangelium habe ich dagegen schon öfter gehört. Das scheint recht interessant zu sein, weil es so vieles anderes darstellt. Hier scheint mir auch zum ersten mal ein für mich verständlicher Kern zu sein. Jesus als spiritueller Führer, der herumzog, neuartiges und geheimnisvolles Zeug von sich gab und eigentlich die Menschen nur zu einem besseren Leben bringen wollte. Durch Verquickung einiger unglücklicher Umstände wurde seine Person als Heiland interpretiert und die nächste Generation formte eine massentaugliche Religion daraus.


    Wo ist da Gott? Für mich sind das alles Hinweise, das das alles nur dem Wunsch der Menschen nach Erklärungen und Führung entspringt. Aus der Untergangsgefühl, das die Menschen damals umtrieb, entstand ein Kult, dem es gelang, die Weltherrschaft an sich zu reissen im Laufe der Zeit.


    Wo bleibt denn Satan in diesem Kapitel?

  • Zitat

    Original von Darcy
    Wo bleibt denn Satan in diesem Kapitel?


    Habe ich mich beim ersten Lesen auch bisweilen gefragt. Allerdings finde ich gerade das Ausholen, das Herstellen von Zusammenhängen, die man nicht auf den ersten Blick sieht, als das besonders Interessante an Elaine Pagels Büchern.


    Zum Marien-Evangelium habe ich „natürlich“ Bücher. Und genauso „natürlich“ noch ungelesen im RuB. :rolleyes


    Hier eines in deutscher Sprache:


    Jean-Yves Leloup: Das Evangelium der Maria


    Ich habe meine HC-Ausgabe verlinkt, da es dort bei Amazon eine Leseprobe gibt. Enthält den Text in koptischer und deutscher Sprache.


    Zum Inhalt (Quelle: Amazon)


    Nach dem Zeugnis der Evangelien des Neuen Testaments war Maria Magdalena zwar die erste Augenzeugin der Auferstehung Jesu, aber doch nur eine Nebenfigur des Geschehens. Nach dem Bericht der gnostischen Evangelien dagegen, die Jahrtausende lang von der Kirche unterdrückt wurden, war sie seine Frau und wichtigste spirituelle Vertraute, der er seine geheimen Lehren vermittelte. Unter ihrem Namen wurde, noch bevor die biblischen Evangelien kanonisch fixiert waren, ein Augenzeugenbericht des Wirkens Jesu in Umlauf gebracht. Obwohl immer noch der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt, ist "Das Evangelium der Maria" doch einer der wichtigsten christlichen Basistexte, der Leben und Lehre Jesu sowie die Gemeinschaft der Gläubigen im frühen Christentum in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.


    Die ausführliche Kommentierung durch Jean-Yves Leloup erschließt eine spirituelle Schatzkammer, deren Bedeutung für den modernen Menschen gar nicht überschätzt werden kann!


    Es gibt eine lieferbare Heyne-TB-Ausgabe mit dem Titel „Evangelium der Maria Magdalena: Die spirituellen Geheimnisse der Gefährtin Jesu“ (ISBN 3453700929). Das scheint das gleiche Buch zu sein.


    Das Buch besitze ich übrigens auch in englischer Sprache. Interessant übrigens, wie sehr die beiden englischen Textversionen (siehe nächstes Post) voneinander abweichen. Von der deutschen ganz zu schweigen.
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    ISBN 3778772627


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    Karen L. King: The Gospel of Mary of Magdala


    Und hier noch eine englisches Buch der Kirchenhistorikerin Karen L. King. Auch hier ist der Text, allerdings nur in englischer Sprache, enthalten. Im zweiten Teil eine Interpretation des Textes, im dritten eine Einordnung in die damalige Zeit.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Karen L. King: The Gospel of Mary of Magdala


    Und hier noch eine englisches Buch der Kirchenhistorikerin Karen L. King. Auch hier ist der Text, allerdings nur in englischer Sprache, enthalten. (Original als Faksimilie.) Im zweiten Teil eine Interpretation des Textes, im dritten eine Einordnung in die damalige Zeit.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Helmut Koester's sicht der dinge hat mich schon bei der ersten lektüre überzeugt, ganz einfach, weil das Thomasevangelium alle anforderungen, die ich an eine primäre quelle und sprüchesammlung stelle, erfüllt:
    'Jesus sagt:' das ist genau so, wie jeder mensch, der einem guru folgt die aussprüche desselben niederschreiben würde. Alle anderen evangelien sind eklektisch abgeschrieben, literarisch überformt, und in meinen augen als quelle für den 'wahren Jesus', die 'wahre lehre' nicht von belang.
    Aber warum das Thomasevangelium nicht in den kanon aufgenommen wurde, ist mir ebenfalls klar: es beschreibt eine innere religiösität samt innerer erleuchtung, und das kann man in einer organisierten kirchengemeinschaft mit priestern als anführer und glaubenskonzilen nicht machen. Wozu braucht es eine kirche/einen tempel, wenn es ausreicht, einen stein aufzuheben oder holz zu hacken, um 'gott'/'göttliche erleuchtung' zu finden?


    :write :anbet
    Provokant gefragt, worum ging es den Kirchengründern/-vätern eigentlich wirklich?
    Seite 107: "Daran, was der historische Jesus getan..." Ach ja, nun ja... wer hätte auch daran zweifeln können?


    Irenäus von Lyon ist, obwohl aus seiner Sicht mit seltener Konsequenz argumentierend, für mich aber auch jemand, den ich so richtig gern haben kann. :fetch

  • Zitat

    Original von Darcy
    Ich wusste gar nicht, das es ein Maria-Evangelium gibt


    Wenn die Stimme in diesem Evangelium auch nur ansatzweise die Stimme der Frau aus Magdala ist, dann ist es eine sehr schöne Stimme. Finde ich. Schade eigentlich, was im Laufe der Zeit aus einer einzelnen Person so alles wurde. Bzw. aus vieren bzw. fünfen, die dann eine wurden. Dass sie unter anderem Patronin der Handschuhmacher , der Bleigießer und Weißgerber, ganz abgesehen von den Büßerinnen, Sünderinnen und Verführten und der Bergleute ist, finde ich nicht sonderlich tröstlich.

  • Zitat

    Original von Darcy
    Dan Brown hatte doch recht :grin


    Gerade habe ich einen Artikel von Bernhard Heininger (er ist - oder war? - Prof. für neutestamentliche Exegese an der Uni Würzburg) gelesen, in dem er Dan Browns Sicht auf die Frau aus Magdala als "mehr als merkwürdig, ja skandalös" bezeichnet, denn sie (die Sicht) reduziere "das Frausein der Maria Magdalena auf die Rolle der Geliebten, deren einziger Sinn und Zweck darin besteht, ihrem Mann Kinder zu schenken."


    (Quelle: Zeitschrift Welt und Umwelt der Bibel, Ausgabe 3/2007 "Verborgene Evangelien", dort Seite 52)


    Sympathischer Mann!

  • MagnaMater in Bezug auf die kanonischen Evangelien (22.03., 10.40 Uhr):
    Aus diesem Buch ist mir auch klar geworden, weswegen manche Texte kanonisiert wurden - andere jedoch nicht. In der Hinsicht stimme ich mit Dir überein. (Zu dem Thema hatte ich die meisten Zettel im Buch stecken.)


    Von Helmut Koester habe ich die „Einführung in das „Neue Testament“ hier. Sollte ich vielleicht doch endlich mal lesen.


    Zur Seite 120 und der „jungen Frau“. Ich kann weder Hebräisch, noch Aramäisch und Griechisch auch nicht. Aber die Erklärung für den Begriff (mit der nachfolgenden, ähm, verhängnisvollen Umdeutung) scheint mir recht schlüssig zu sein.


    Zitat

    Original von MagnaMater
    Was nirgends angesprochen wird, aber mich immer schon sehr beschäftigt hat, ist Markus.
    Markus an und für sich ist ein römischer name, der häufigste römische name noch dazu, und der Träger dieses namens ist Mars zugehörig, also einem der zahlreichen dämonen der Völker...


    Ups - stimmt. Der Name klingt zwar lateinisch (römisch), da habe ich aber noch nie bewußt darüber nachgedacht. Das sollte ich mal tun, wirklich eine interessante Frage.



    Zitat

    Original von Darcy
    Dan Brown hatte doch recht :grin


    Das habe ich ursprünglich auch gedacht. Bis ich etliches an Sekundärliteratur zum Thema gelesen habe. Da war ich nur noch verärgert über Dan Brown und konnte mich nicht entschließen, ein weiteres Buch von ihm zu lesen.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Provokant gefragt, worum ging es den Kirchengründern/-vätern eigentlich wirklich?


    Je mehr ich über die Zeit des Ur- und Frühchristentums lese, je mehr stelle ich mir diese Frage auch (und komme immer auf Antworten, die mir gar nicht gefallen wollen).



    Den nächsten Abschnitt habe ich zwar auch schon durch, zum Schreiben komme ich aber erst später.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Eine Ergänzung: seit dem Schließen der Apotheke Ende 2009 leben wir hier immer noch etwas im Chaos, weil Massen hier für Jahre verstaut werden müssen, und ich teilweise immer noch nicht so recht weiß, wie ich das platzmäßig einigermaßen sinnvoll bewältigen soll. Im Zuge dessen bin ich derzeit auch dabei, mein Büro auf- und teilweise umzuräumen. Was entdecke ich da mitten unter meinen Büchern, ohne daß es sich rührt? „Ancient Christian Gospels. Their History and Developement“ von Helmut Koester. Eben jenes Buch, auf das sich Elaine Pagels bezieht.


    Damit steht einer weiterführenden Lektüre wirklich nichts mehr entgegen. Außer vielleicht die fehlende Zeit.


    < Hier > der Link zur Produktseite bei Amazon.com (mit Leseprobe), weil auf der deutschen Seite nichts zum Buch steht. Allerdings hat mein Exemplar ein anderes Cover, und war rund 28 Euronen billiger, als derzeit bei Amazon.de
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zu Maria Magdalena gibt es ein Buch, dass mich sehr beeindruckt hat. Anscheinend gibt es das auch nur noch antiquarisch.


    Edit: ISBN funkioniert nicht mehr. Jedenfalls handelt es sich um "Maria Magdalena - Zwischen Verachtung und Verehrung" von Ingrid Maisch. Erschienen war es bei Herder

  • Meinst Du dieses Buch?


    Über Maria Magdalena habe ich auch etliches hier, mal mehr, mal weniger seriös. Meist aber mehr (hoffe ich wenigstens).



    Edit meint, daß das Bild nicht kommt, weil es kein Amazonbild, sondern ein von Kunden eingestelltes ist.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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