'Satans Ursprung' - Seiten 165 - 210

  • Seltsam, ich habe da grad ein weltanschauliches fixum entdeckt: seit ich Mark Aurel das erste mal gelesen habe, weiss ich, dass ich der Stoa angehöre...
    und anscheinend ist das laut den hier angeführten zitaten noch immer der fall... vielleicht sollte ich ihn demnächst wieder mal lesen.... :gruebel

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • :cry Tatian :bonk :rolleyes


    ein denkender mensch, der mit vollem karacho in die tröstliche-wunschvorstellungs-falle getappt ist, dass seele etwas ewig bleibendes wäre, und dass es irgendwem anderen als seinen unmittelbaren befreudneten mitmenschen da draussen in dem gleichgültigen, nicht wertenden universum kratzt, was mit ihm passiert, dass ihn und sein privat erlittenes unrecht irgendjemand höherer rächt... - oder sogar die verstiegene hoffnung, dass sich irgendjemand anderer als nur seine mitmenschen in schadenfreude drüber amüsiert, und dass das 'ungerechte' fatum auf eine gerichtsbank käme... es gibt weder rächende engel noch höhnende dämonen... nur die klägliche conditio humana...


    Wie kann man, nachdem man schon einmal auf krankheit, unfall und tod als säkulare ursache gekommen ist, 'seele' als überirdische ursache ableiten?
    Wenn er sich nur mit einem einzigen altersdementen oder einem erinnerungsgelöschten, charakterveränderten schlag-auf-den-kopf-opfer beschäftigt hätte, hätte ihm es doch einleuchten müssen, dass das, was er so toll als unveränderliche seele bezeichnet, die ganze gefühls& gedankenwelt völlig wandelbar und abhängig von der physis ist?


    Was ist an der idee so kränkend, sich einfach frei nach Aristoteles als dieser welt eingeborenen nacktaffen zu erkennen? naja, die bezeichnung logikon zoon kann man ja, genauso wie homo sapiens ausschliessen... denn weder mit logik noch weisheit sind wir besonders ausgestattet

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Den Absatz bzw. die Aussage des Absatzes Seite 209 ab "solche Überzeugungen..." - das ist wohl etwas, was ich immer wieder aus den Augen verliere. Die Schwierigkeiten, die ich heute mit dem Denken und Fühlen von damals habe, resultieren schlicht aus der ganz anderen Vorstellungs-, Denk- und Glaubenswelt. Das Individuum hatte einen vollkommen anderen Stellenwert - sozusagen.


    Zu Tatian: Von ihm zu lesen hat mich einerseits vollkommen verblüfft, andererseits aber auch mit unendlicher Traurigkeit erfüllt (hier besonders Seite 192 unten). Und Seite 190 "... Gott, der jenseits der Natur steht." Ich bekomme das einfach nicht für mich zusammen (sprich ich verstehe nicht, wie man daran oder das glauben kann), auf der einen Seite der Schöpfer von Himmel und Erde, auf der anderen Seite dieses "jenseits der Natur". Wie kann etwas, was "jenseits" ist, Natur schaffen, denn was wäre die Schöpfung anderes als Natur?

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Seite 190 "... Gott, der jenseits der Natur steht." Ich bekomme das einfach nicht für mich zusammen (sprich ich verstehe nicht, wie man daran oder das glauben kann), auf der einen Seite der Schöpfer von Himmel und Erde, auf der anderen Seite dieses "jenseits der Natur". Wie kann etwas, was "jenseits" ist, Natur schaffen, denn was wäre die Schöpfung anderes als Natur?


    :write ja, es ist so traurig - oder sind wir hier vom östlichen daoistischen, buddhistischen gedankengut durchwoben und pantheistisch und neoheidnisch angehaucht und auf ewig fürs christentum verpfuscht?


    (hilfe, es ist wirklich ostern: ein born again-pastor will mich retten, seit ich mich zu oft als nicht-christin geoutet habe - ich hab in den letzten drei tagen schon die vierte mail von ihm gekriegt... :bonk ich soll ihm wahrscheinlich was spenden, aber ich spende lieber meinem tischler, den ich schon beinahe für ein substanzloses höheres wesen gehalten habe... aber plötzlich hat sich binnen zweier tage doch eine küche materialisiert... vermutlich werde ich nach begleichen dieser rechnung sowas von pleite sein, dass mich kein born-again-pastor mehr anredet... - ich hab sogar angst morgen den installateur zu holen, weil ich begründete sorgen hab, dass ich ihn vor Mai nicht bezahlen kann, wenn die sparbücher fällig werden... :rolleyes)

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


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    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Im Verlaufe dieses Abschnittes ist mir immer mehr das mit dem, um es so auszudrücken, christlichen Dualismus klar bzw. verständlich geworden. Ich habe mich selbst bisher eigentlich nie in solch einen Kampf mit übernatürlichen Kräften verwickelt gesehen, wie das die ersten Christen anscheinend empfanden, wenn man diesem Buch glauben darf. Andererseits finde ich so manche Einstellung bei mir, die, genauer hinterfragt, in dieses Schema paßt. Also unbewußt doch gut verinnerlicht?


    Je weiter ich im Buch voran komme, je stärker werden eigene bisherige Positionen hinterfragt und erschüttert. Doch was kommt dann, was wird als „Lösungsweg“ angeboten? Bisher - knallhart geschrieben - nichts. Vielleicht dann im letzten Abschnitt.




    Seite 199: Jeder, der die Tatsachen zur Kenntnis nehme, so sagt er, müsse zugeben, daß die Verbreitung des Christentums gegen den geschlossenen Widerstand der zivilen und militärischen Autoritäten unter den Menschen beweise, daß nunmehr eine ungeheure, bisher unbekannte Macht in der Welt am Werk sei.
    Seite 200: Jesus habe größere Wirkung gehabt „als Pythagoras und Plato und einige andere Weisen oder Könige oder Feldherrn irgendwelchen Landes der Erde“.


    Soweit bin ich auch schon gekommen. Irgendetwas außergewöhnliches muß damals passiert sein, sonst wäre die ganze Bewegung im Laufe der Jahrhunderte im Sand verlaufen.



    Seite 203: Die christliche Bewegung bot dazu eine radikale Alternative an - neben dem Judentum vielleicht die einzige echte Alternative innerhalb des römischen Imperiums.
    Hm, eine Situation, die auch heute durchaus eintreten könnte. Oder schon eingetreten ist?



    Zitat

    Original von MagnaMater
    Was ist an der idee so kränkend, sich einfach frei nach Aristoteles als dieser welt eingeborenen nacktaffen zu erkennen?


    Vielleicht verstehe ich Dich ja falsch, aber: wenn die Welt / das Universum wirklich nur aus Materie besteht, der Mensch auch nur aus solcher und eine Seele nicht existent ist: für diesen Fall hat mir noch niemand eine auch nur annähernd sinnvolle Begründung für eine Ethik, für Moral oder moralisches Handeln geben können, weil es mE dann keine gibt. In einem solchen Fall wäre jegliches solches Handeln eigentlich nutzlos, da ja ausschließlich das Natur“recht“, also das des Stärkeren und besser Lebensfähigeren gilt. Dinge wie Moral oder Ethik wären da möglicherweise (bzw. wahrscheinlich) nur hinderlich.
    (Ich schreibe dies im vollen Bewußtsein dessen, daß ich in so einer Welt keine 5 Minuten überleben würde, weil ich nicht zu den Stärkeren gehöre. Allerdings würde ich in einer solchen Welt auch nicht leben wollen.)



    Zitat

    Original von Lipperin
    Die Schwierigkeiten, die ich heute mit dem Denken und Fühlen von damals habe, resultieren schlicht aus der ganz anderen Vorstellungs-, Denk- und Glaubenswelt.


    Wobei es mir als so erscheint, daß man (ich schließe mich da nicht aus) alles durch die Sichtweise der eigenen Zeit sieht. Und zwar der aktuellen, wobei man schon Entwicklungen der eigenen Lebensjahrzehnte oft ausblendet.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Wie kann etwas, was "jenseits" ist, Natur schaffen, denn was wäre die Schöpfung anderes als Natur?


    Jetzt fehlen mir die Worte, um meine Gedanken auszudrücken. Wenn am Anfang nichts ist, und dann etwas ist (genauer gesagt geschaffen wird), so ist das „etwas“ dann die „Natur“, geschaffen von etwas, das außerhalb derselben steht. Damit habe ich kein Problem. Das Problem fängt für mich bei der Frage an, was war vorher. Und woher kommt eigentlich der Gott, der das alles geschaffen hat. Da liegt für mich das Problem, von dem ich allerdings weiß, daß ich es nicht lösen kann. Weshalb ich es in aller Regel geflissentlich ignoriere.



    @ MagnaMater
    Ich hoffe, Du hast doch noch den Monteur bestellt und kannst bald in Deiner neuen Küche werkeln. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Natürlich gibt es eine evolutionäre erklärung für ethisches verhalten - nicht im bereich des individuellen nutzens, sondern im gruppennutzen, das für die fortpflanzung und vermehrung wichtiger als der individualnutzen ist: hier ist ethisches verhalten essentiell für das überleben der art selbst


    man muss zunächst präzisieren, was moral ist. Moral ist ein nichtsagender, schwammiger begriff, ebenso substanzlos und standpunktbezogen wie gut und böse. (Ich kann mir momentan nur ableiten, dass es von lat. mores, sitten kommt, und das ist eine rein kulturelle angelegenheit, die von gruppe zu gruppe unterschiedlich gehandelt und gehandhabt wird) Das grundgesetz der gruppe kann auf die formel reduziert werden: 'Was mir und den meinen nützt, ist gut, was mir und den meinen schadet, schlecht.'


    Ein großteil von 'moralisch' empfundenen punkten: paarungsrituale, eigentumsfragen, gesetzestreue etc sind kultureller natur,
    und daneben gibt es ein beinhartes, angeborenes abwägen des geringeren übels, dem geringsten schaden für die gruppe, das binnen eines augenblicks fällt:


    ein test, der von areligiösen und religiösen verschiedener religionen und nationen prozentuell gleichmässig beantwortet wird, und verlangt, dass man selbst schuld auf sich lädt:
    'stoße ich den dicken mittelalten mann vor den rollenden wagon, damit der langsamer wird, und das kind / die dünne frau / der dünne alte mann rechtzeitig wegspringen kann? (oder setz ich mich neben den dicken und schau lieber zu, und sag: shit happens? - [Shit ist sehr interessant als fluchwort, weil es die konsonanten von scheitan beinhaltet, satan ist demzufolge der, der widerwärtige scheisse baut])
    'stelle ich die weiche, damit die drei häftlinge überrollt werden, damit die familie mit dem säugling am anderen gleis überlebt? Stelle ich als 'kulturell gebildeter' mensch die weiche auf die häftlinge auch noch, wenn ein arzt/eine krankenschwester - eine nonne/ein priester, oder Einstein, Darwin und Newton dort stehen? (oder hoffe ich in letzterem fall, dass die drei ihre hauptwerke schon geschrieben haben - vielleicht heisst das kind Hawkins, und wird sie lesen?)


    Das naturrecht, dass von fundamentalchristen gern Darwin zugeschrieben wird, aber nicht von Darwin stammt und in grundlegenden beobachtungen schon bei Macchiavelli und Hobbes erkannt wurde - und gern völlig falsch verstanden zitiert wird, war in den 20ern populär, ist die grundtheorie des faschismus, aber wissenschaftsgeschichtlich als angenommene haupttriebfeder menschlichen verhaltens längst überholt.
    - Was auch mit der bislang männlichen gewichtung in der forschung der neuzeit zusammen hängt, die gern nach dem großen macher, dem könig der tiere, den kopf des rudels sucht - eine frage, die frauen weniger - und nur in der verbindung mit der frage, ob big boss auch hält was er verspricht (territiorium beschützt, ressourcen teilt, viele starke, gesunde kinder hat) interessiert.
    Das recht des stärkeren gilt nur für die lösung der führungsfrage in gruppen mit unterschiedlich starken - häufig männlichen tieren, wird auch gelegentlich unter weibchen angewandt, die sich bei so tickenden männchen anbiedern, und ihre eigene position als 'würdige' starke partnerin unterstreichen wollen. Hackordnungen bei weibchen und von ihnen abhängigen jungtieren werden diffiziler durch leistung und gegenleistung und einer hierarchie der vertrauenswürdigkeit ausgehandelt.


    Die formel, dass macht dem stärkeren gehört, ist tatsächlich in den traditionell männlichen gesellschaftlichen teilbereichen der oranisationsverwaltung und führung gültig: auf das religiöse themengebiet angewendet, etwa im letzten abschnitt Tertullian und Irenäus: die Masse ist dumm, will einfache antworten, und Masse ist Macht (mit der man die 'vernünftigere' minderheit, die mit spitzfindigen feststellungen den boss böse angreift verteufeln und vernichten kann)

    Altruistisches handeln ist hingegen für komplexere gruppen mit jungtieren und weibchen ebenfalls völlig natürlich, weil es der fortpflanzungsgemeinschaft, die es anwendet, einen gruppenerfolg und durch überleben einer grösseren anzahl von weniger aggressiven individuen eine grössere, genetische variabilität bringt;
    es war anfänglich wie die kunst des nussaufschlagens und die stock&steinverwendung eine kulturelle strategie, die sich verbreitet, da es auch die fortpflanzung von 'schwächeren' den herrschenden in der hierarchie nicht gefährlich erscheinenden, als nett und freundlich empfundenen individuen begünstigt. Es ist zunächst ein reziproker altruismus: 'wie du mir, so ich dir', der den kern der 'moral' darstellt. Das Strafgesetz 'Auge um Auge, Zahn um Zahn' heisst nämlich im nicht aggressiven alltagshandel: 'zurückgegebenes Brot für zuvor gegebenes Brot und zurückgegebenes Wasser für zuvor gegebenes Wasser'


    Meisst wenden soziale händel jungtiere und weibchen an, die zu schwach sind, um ohne verbündete gegen die stärkeren zu ihrem recht zu kommen. Altruistisches verhalten und faires soziales handeln schafft verbündete, und in der größeren gruppe oder mit einem einzelnen mächtigen verbündeten ist man stark genug, um sich gegen innere und äussere feinde zu wehren, die einem böses wollen (territorium wegnehmen, futter wegfressen oder einen selber fressen) oder innere, einzelne oder kleingruppen, die sich dem gruppenverhalten nicht anpassen, und auf ärger aus sind, und nicht länger unterhalten sondern vertrieben, wenn nicht gar ausgerottet gehören (vor allem junge friedenstörende männchen/gelegentlich auch weibchen, die sich mit ihnen - oder noch schlimmer: angehörigen fremder gruppen abgeben).

    'Ich gebe, damit du gibst' ist das gesetz der gruppe annähernd gleich starker individuen, die dafür belohnung erwarten und auch erhalten. Denn wenn sie die belohnung nicht erhalten (oder einen ihrem gefühl nach zumindest 2/3. ersatz dafür), hören sie auch mit dem netten, sozialen verhalten gegenüber denen auf, die es nicht gebührend honorieren - und werden in der sozialen untergruppe sogar von den anderen, die das verhalten gutheissen und erwidern gelegentlich gegen 'ausbeuter' verteidigt, die nur konsumieren. Durch akzeptanz durch die anderen verbreitet sich dieses (in seinen ursachen wahrscheinlich hormonell bedingte) mütterliche versorgungs-verhalten auch in der gruppe.
    Nächstenhilfe/nachbarschaftshilfe in der gruppe ist der gruppe nützlich, und evolutionär erfolgreiches und darob in der vererbung begünstigtes handeln; eine kulturelle strategie, welche die gruppe gegenüber anderen gleichartigen gruppen, die dieses verhalten nicht zeigen, stärkt.


    Es beginnt beim wachestehen einzelner murmeltiere und erdmännchen, während andere fressen oder spielen, beim gegenseitigen individual&gruppen - gesundheitsförderlichen entlausen und fellpflegen und dem körperwärmereihen-bilden indischer tempelaffen (individuen, die am rand der wärmekette gesessen haben, kommen nach einiger zeit in die mitte der gruppe, wo es am wärmsten ist)


    Wenn man sich über a-moralisches verhalten aufregt - ist der spruch mit dem es angegriffen wird meisst: 'wo kämen wir dahin, wenn das jeder täte' - und das ist auch der kern des problem 'amoralisches, unsittliches, ungesetzliches verhalten ist gruppenschädlich und wirkt auch zerstörend auf den inneren zusammenhalt.
    Ebenfalls bei Tertullian und Irenäus nadchzulesen: die Valentinianer haben sich nicht der bischöflichen alpha-wolfführung unterworfen, sind daher gruppenaussenseiter, und gruppenfeinde und werden als moralisch böse bewertet und als ketzer zum abschuss freigegeben.
    Oder alltagstauglicher für traditionelle gesellschaften: man - seine sippe - hat einen ehevertrag mit dem mitglied einer anderen sippe geschlossen, ein bündnisvertrag der die sippen miteinander verbindet. Wenn man als frau den bündnisvertrag bricht, wird man samt mit seinem ausservertraglichen partner gesteinigt, gepfählt, verbrannt... - es sei denn, der neue partner ist deutlich höherrangiger, oder der big boss selbst, mit dem man es sich nicht verscherzt, dann ist 'erwählt werden' auch für den eigentlichen partner und beide sippen von vorteil, die das großzügig unter den teppich kehren - dieses ehegesetzgebung wird völlig uninteressant, sobald angesichts der individualisierung die sippen im hintergrund die macht verlieren.


    Das verhalten der nur gebenden und nichts verlangenden opferlämmer, der omega-tiere, die sich für die gruppe aufopfern, den ersten alarmschrei ausstossen und angreifer absichtlich auf sich ziehen, damit die wurfgeschwister flüchten können, ist ebenfalls vererbt: eine gruppe, die einen gewissen prozentsatz solcher tiere hervorbringt, hat ebenfalls einen überlebens vorteil - der vorteil liegt nicht beim ängstlichen, aufgeregten individuum, das nicht mit den anderen frisst, sondern sich umschaut. Es wird gelegentlich belohnt, indem man ihm bei der rauferei ums essen zuletzt etwas aufhebt, was die opferbereitschaft wieder erhöht da es nicht selbst kämpfen muss, sondern gefüttert wird: das zum zukünftigen sterben ausgesuchte individuum wird mitgezogen, bleibt aber schwach, weil man nicht damit rechnet, dass es auf die dauer durchkommt.


    Aus mehreren jungen in die gruppe noch nicht voll integrierten männchen bilden sich die jäger/kriegergruppen, die sicher gehen, dass nur die stärksten, die mit dem besten zusammenhalt überleben, während die am rand in der ersten reihe stehenden jeweils gruppen-ausschußware sind, die ihren aufstieg und ihr überlebensrecht erst beweisen muss - siehe jägerkriege bei amazonasindianern, aufwertung von 'kriegshelden' (zb römisches veteranendiplom, das aus einem verwahrlosten gassenjungen dem dynastisch unwichtigen, dritten bis zehnten mitglied einer familie, zuletzt einen bauern/beamten macht, oder die exorbitante bezahlung von bihänderschwingern - wer die kraft hat, einen ganzen feldzug hindurch einen bihänder zu schwingen, und mit seiner gruppe strategisch wichtige breschen zu schlagen, kriegt im fall seines überlebens genug geld, um eine soziale stufe aufzusteigen)


    Die omega-position wird in komplexeren gruppen kulturell als 'auserwählten-position' 'god's chosen' überhöht - siehe selbstmordattentäter, märtyrer, kamikazeflieger - leute, die sich für das überleben ihrer gruppe opfern, und bei den überlebenden ehrfurchtsvolle schauer über den rücken verursachen weil, a) man selbst verschont und nicht auserwählt wurde, b) man sich selbst nur so verhält, wenn es für einen nichts mehr zu verlieren gibt; c) weil der andere einem ein verhalten zeigt, das man nicht mehr erwidern kann, und man angesichts des gruppenherrschenden do-ut-des als beschämter schuldner dasteht, der keine möglichkeit mehr hat, eine gegenleistung zu erbringen, weil der held tot ist.
    (Siehe von honoratioren mit großem zeremoniell geehrte kriegergräber für unbekannte soldaten einer nation - unbekannt, weil eigentlich unwichtig, aber aus heroischen gründen für die natio gestorben - also macht's das nach, dann verbeugen sich hohe alphamännchen vor eurem grabstein und legen fahne und blümchen drauf, die opferlämmer und das menschenmaterial der gruppe)
    Die heroische botschaft des omegatiers wird kulturell weitergegeben, und die schwächsten individuen werden angehalten ihm in seinem heroismus nachzueifern (siehe tschetschenische 'schwarze witwen' oder alte jungfrauen, jüngere, überzählige, unversorgte, unverheiratete jugendliche, die im fall allgemeiner not eine 'belastung' für die kerngruppe aus alpha-bis gammatieren bedeuten - die jungen 300 Spartaner an den Thermopylen - die anderen, richtig fitten krieger und älteren honoratioren waren in Olympia beim weihefest und haben sport getrieben und preise vergeben und obendrein die perser nicht ernst genommen - Leonidas war der typ mit der arschkarte, weil ein angriff ein angriff ist, und sie einer führen muss, aber um eine Perserarmee loszuwerden reichen 300 kamikaze-jungs in einer hohlen gasse, und der boss und seine leibgarde fällt zuletzt, heisst, er muss nicht unbedingt fallen)


    Das ganze christentum ist auf das feiern der opferrolle und dem alles für andere hingeben aufgebaut, und funktioniert nach diesem prinzip des unerfüllten altruismus:
    es wird eine erbsünde eingeführt, dann wird ein opferlamm hingegeben, jemand, der selbst schuldlos war, befreit uns aus dem gefängnis des erbsündekonstrukts und bringt uns in seine schuld, und wir müssen ihm/seinen verkündern gehorchen, weil es uns allen dann als gruppe besser geht, wir im jenseits dafür belohnt werden


    für altruistisches verhalten bei säugetieren fällt mir auch ein beispiel bei wüstenfüchsen ein: Normalerweise - weit verbreitet und aus alter, nicht tiefer sehender naturrechtswarte gültig ist die praxis, dass ein alphatier, das ein rudel übernimmt, alle jungtiere des vorigen rudelführers tötet, damit die weibchen schnell wieder fortpflanzungsbereit sind und es schnell eigene nachkommen hat. -
    Bei den Fenneks wurde jedoch beobachtet - vermutlich hängt es mit der engen genetischen verwandtschaft der kleinen gruppe in der wüste zusammen - dass das siegreiche alphamännchen der fähe und ihren jungen vom vorpartner fast als wehrgeld für den mord - futter bringt. Die füchsin, die von einem fremden fuchs gefüttert wird, der sie und ihren wurf unterstützt, steht in der bringschuld: sobald die kleinen des vorigen partners groß sind, ist er der bevorzugte neue partner, denn er hat bereits seine fähigkeit sie und ihre kinder zu ernähren unter beweis gestellt: Moralisch korrektes verhalten unter säugetieren allein wegen dem preis der erfolgreichen fortpflanzung.


    Edith meint, dass jetzt alle sinnstörenden formulierungsfehler weg sind, und genug sinnverstärkende beispiele angefügt...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • :gruebel
    Darüber muß ich erst mal nachdenken. Antwort folgt später (morgen oder übermorgen).

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • so das füg ich jetzt nicht mehr oben ein, denn es gehört thematisch nicht genau dazu:


    Es gibt tatsächlich Sünde - ein gruppenmitglied/einen verwandten erschlagen oder sonstwie besitzmässig schädigen, inclusive an der würde der ehefrau (für gruppenfremde gilt das nicht, das ist krieg; und töten, plündern & vergewaltigen ist in dem fall immer gerecht)


    da jedes winzige grüppchen seine eigenen ahnen, stammesheroen, totemtiere hat, soll man auch die jeweils eigenen übersinnlichen wesen nicht schmähen, die den führern, kreigshelden, die sie geschützt haben, oder dem geistigen führer,d er sie benutzt, um die welt zu erklären, so gute dienste leisteten - wenn man was anderes erzählt, oder den führern die vom jeweiligen gruppenpantheon gewollte autorität entzieht... (wo kommen wir da hin? - weg mit dem gottlosen ketzer!)


    das ist ein universal-gültiges faktum, und entzieht darob angesichts einer weite reiche umfassenden zivilisation nicht nur den anderen 'primitiven' göttern (id est böse dämonen, gefallene engel) sondern bei denkenden menschen auch dem eigenen gott die basis denn den maßstab den amn an andere götter anlegt, muss man gerechterweise auch an den eigenen anlegen (und aus diesem gedankengang kommt der im nächsten kapitel besprochene böse demiurg, die zweiiteilung der welt in licht und finsternis, der dann ausgearbeitet wird, und zur nemesis des christentums wird diesseitsverachtung und jenseitssehnsucht)


    Das hat man im hellenismus genau erkannt, und es prägt auch die philosophie der zeit, die über die eigenen gruppengrenzen hinausschaut, und widersinnigkeiten der religiosität offen erkennt, die dämonen der völker sind klar unserem herrn untergeordnet! Unser Deus Optimus Maximus (eigenname frei nach belieben einsetzbar) ist der größte und beste von allen!


    Aha, ist das so? Meiner ist grösser... hm, ist meiner grösser?
    Unserer hilft und existiert deshalb, eurer nicht! Aha, unserer hilft manchmal, aber auch eurer hilft nicht immer... Was ist, wenn's keinen gibt?


    weil man sich so ganz allein und bloss ohne überirdische rechtfertigung so nackt und bloss mit seinen ansprüchen gegenüber den anderen fühlt, transzendiert man das phantasieprodukt ins jenseits, in die traumzeit, wo es unangreifbar ist, und man alles behaupten aber nichts beweisen kann. Man erfindet beim nachdenken über unsichtbares, vermutlich inexistentes kunstprobleme: gottähnlich/gleich; dreifaltig oder einfältig, körperliches wesen / rein geistiges wesen - und wegen dem unbeweisbaren metzelt man sich frisch und fröhlich gegenseitig nieder, und da ist das gesetz und die moral ja unwichtig, denn die anderen gehören ja wegen ihrer anderen anbetungsform und ihren fremdartigen phantasieprodukten zu den bösen.


    Aber: es gibt tatsächlich eine Ur-Erbsünde, wenn man altruistisches verhalten betreibt und sich in einer animistischen entwicklungs phase (also 2-jähriges kind, das überall gesichter und lebewesen sieht - entspricht der entwicklungsstufe der schimpansen) befindet, eine beobachtung, die erst chronisch und traumatisch wird, sobald man sich haustiere hält:


    Diese Erbsünde besteht darin, dass man auf kosten anderer lebewesen überlebt.


    Als jäger und sammler eines erbeuteten opfers - da kommt noch eine potentielle gleichwertigkeit ins spiel: aus dem jäger wird in der wildnis leicht selbst der gejagte - aber als viehzüchter, bauer & halter eines tieres, das man wie ein kind selbst gezogen und genährt und versorgt hat, das einen vertraut, und das man dann ermordet, um es zu fressen, geht man kein risiko ein:
    Hier hat das opferlamm seinen schäfer in bringschuld gelassen, es stirbt, damit er überleben kann, drum ist der widder der sich opfert ein heiliges symbol (oder wahlweise im mesopotamischen und griechischen der stier - oder im keltischen bereich das schwein, das verehrt wird) lamm gottes.


    'Derr herr ist mein hirte, er weidet mich auf der grünen aue,' ist nicht umsonst auf begräbnissen beliebt - denn weiden tut er nur bis zum schlachttag, dann schlägt die natur gnadenlos zu...


    Eine der symbolträchtigsten regeln ist das fleisch des kitzes nicht in der milch der mutter zu braten, denn das ist 'moralisch' widerwärtig, entweiht das opfer, indem es der kränkung der mutter, der man das kitz getötet hat, eine weitere kränkung zufügt, zur zeit der massentierhaltung, wo man die tiere nicht mehr persönlich kennt, wird es unwichtig.


    Auch hier fällt auf, dass das christentum in einer umgebung groß wurde, in der der leib des herrn mit brot und wein ersetzt wurde, da die armut der ersten anhänger so groß war, dass man gar kein geschlachtetes tier am tisch hatte, sondern ums brot und den gewasserten wein glücklich war, und symbolisch transzendiert hat.


    Nun, wer in seiner reichtumsverwahrlosung kein brot hat, isst kuchen: für eine osterlammkuchenform hat's heuer nicht gereicht, ich vertilge gerade eine colomba, den heiligen geist, das heilige symboltier der aphrodite, die im frühling wieder zu ihrem recht kommt, - nu, zwei schokohasen hab ich auch vertilgt, auch ein jahrzeitgemäßes symbol einer fruchtbarkeitsgöttin und ihres heiligen tiers...


    das konzil von Nizäa hat vegetarismus als ketzerei beurteilt... trotzdem: Buddhisten und andere mönche sollten unserer meinung nach fasten (wenn die Shaolin in Wien massen an backhendeln vertilgen, schaut jeder blöd), katholische mönche wie die aposteln mit fischen, auch ein symboltier des Christus

    speisegesetze sind ebenfalls gruppendefinierend, und entscheiden über eigen oder fremd (siehe die exotischen blumenessenden Lothophagen des Odysseus) und essensfragen sind eine wichtige basismoralfrage, denn man ist, was man isst:
    Schweinefleischtabu, denn im madenbefallenen abfall wühlende schweine fressen nur Römer; ein goldenes kalb frisst & verehrt ein Ägypter oder Babylonier; See/meeresgetier, samt muscheln und schnecken und spinnengetieren wie langusten und krabben fressen eigentlich nur die seevölker am wasser, froschschenkel ist was für sumpflandbewohner und gebratene heuschrecken, würmer, tausendfüssler und engerlinge sind einfach widerlich, das hat nichts mit ehren und achten der kreatur zu tun, sondern ist ein kulturelles gebot - Jainismus und mundschutz und ameisenwegkehren ist entschieden zuviel des guten (nun, nicht für die Jain, für die alle anderen amoralische weltausbeuter und mörder sind)


    moral beginnt beim essen und ist als sittenfrage kulturabhängig...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von MagnaMater ()

  • Das ist eine Menge Stoff, MagnaMater. :anbet Ich habe es zwei Mal gelesen (hoffentlich in der endgültigen Form). Manches ist mir anderweitig schon begegnet, manches neu.


    Wenn ich das alles zusammenfasse und richtig verstehe, willst Du darauf hinaus, daß der Mensch nichts anderes als ein Tier ist, ohne jeden Unterschied zu allen anderen Arten von Tieren auf der Erde, und jegliches Geistige eine schlichte Erfindung des materiellen Menschen, weil alles Geistige nichts weiter ist als eine Funktion der Materie und daher als solches selbständig nicht existent (incl. Gott / Götter / Dämonen etc. pp.). (Ist klar, was ich gemeint habe?)


    Ich kann nicht so gut und weit ausholend begründen wie Du, drum nur kurz: das halte ich für falsch. Eine solche Welt ergäbe für mich schlicht und ergreifend keinen Sinn, wäre absolut sinn-los und wert-los. Sie sollte untergehen. Und zwar möglichst schnell. (Gut, daran arbeitet „der Mensch“ seit geraumer Zeit recht erfolgreich.)


    Ich bin etwas im Zeitdruck und habe auch Mühe, meine Gedanken aus dem Stegreif zu formulieren. Vielleicht gelingt es mir die nächsten Tage, etwas ausführlicher darauf einzugehen. Im Moment verspüre ich nur eine innere Ablehung, ohne die jedoch in Worte fassen zu können.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hängt davon ab, was sinn und wert ist :gruebel


    ich denke nicht, dass es sinn und wert als transzendentales problem gibt, und ich denke auch gar nicht, dass sie nötig sind, um ein 'erfülltes, glückliches' leben zu führen, im gegenteil, sie scheinen mir als philosophische konstrukte eher extrem hinderlich, und sie wecken meine innere ablehnung.


    Werte gibt es keine fixen, allgemeingültigen; sie sind aus dem zusammenleben in gruppen entstanden, und der sinn des lebens ist, sich fortzupflanzen.
    Der luxus unseres großen gehirns ist es, anders als die meissten tiere ---(das nehmen wir einmal so an, weil wir es bislang noch nicht wirklich geschafft haben mit ihnen zu reden - die Gorilladame Koko meinte nach dem tod ihres lebenspartners - ich weiss nicht, ob das die namen der originalsymbole auf ihrem schreibgerät waren - 'cosy cave gone', also ein erkennen der allgemeinen conditio des lebens ist nicht nur unser verdienst) --- die spielregeln, nach denen zusammensein und leben abläuft, zu erkennen, und für uns zu verändern. Wenn wir wissen, dass nur wir, wir allein die schmiede unseres gedeih und verderbens sind, werden soziale und umweltschützerische anliegen und fragen der allgemeinen humanen und globalen wohlfahrt unheimlich wichtig.
    Bislang hat jeder die bequeme ausrede im hinterkopf: so ist es halt, da kann man nichts machen, gott wird's schon irgendwie richten - die beinharte tatsache ist, da kommt niemand, um etwas zu richten, das müssen wir schon selber tun, oder es vergeigen und dabei als spezies untergehen.


    menschliches leben braucht's nicht wirklich auf dieser welt, das universum und die ganzen planeten sind auch existent, ohne dass es kompliziert denkende lebewesen darauf gibt, die sie sich ansehen, tatsächlich gibt es jede menge planeten ohne vorbedingungen für leben, wie wir es kennen.


    Wenn man es wertneutral als komplexes zusammenspiel vieler teile betrachtet, und den sinn als dem dasein an sich sieht, wäre es schlimm und egoistisch den untergang der welt und die auslöschung aller hierplanetigen lebewesen zu verlangen (das passiert sowieso, wenn die sonne ausbrennt), denn die menschen sind ja nicht die ersten, ältesten und einzigen lebewesen auf der welt, obwohl sie sich mühe geben alle anderen, für sie 'nutzlosen' konkurrenten zu verdrängen, und in ihrer vermehrung nach einer mathematischen virus-exponente arbeiten.


    Über die anfangsursache des universums und einem etwaig existierenden grund dahinter können wir nichts sagen, wenn wir zu uns selbst ehrlich sind, das sind 'transzendentale gotteserfahrungen' ganz private erleuchtungen, die nicht von anderen geteilt werden, und darob wahrheitsmässig substanzlos sind. Leute, die einem vorgaukeln, sie wären erleuchtet und wüssten es, und hätten absolut gültige antworten auf alles, sind sogar potentiell gefährlich.
    Wert und sinn ist, was wir menschen uns daraus machen, und die tatsache, dass jeder etwas anderes daraus macht, sollte uns davor warnen, unsere jeweiligen antworten darauf als allgemeingültige absoluta zu sehen.


    Die - ich gebe zu etwas erschreckende - freiheit dieses erkennens des kosmischen alleinseins führt meines erachtens dazu, dass man mündig wird, und verantwortung für sich selbst, und für andere und die welt als gesamtes übernehmen muss; es gibt keine schürze um sich darin zu verstecken, weil die welt grausam und kalt erscheint. Wir bekommen wie die tempelaffen keine wärme, wenn wir sie uns nicht gegenseitig geben. Wir können durch unsere grössere gewalt und grössere schlauheit (fast) alles kriegen&haben was wir wollen -


    weisheit ist es, zugunsten der mitlebewesen und der allgemeinen irdischen wohlfahrt willen darauf zu verzichten.


    Und das ist die wichtigste erkenntnis asketischer weltanschauungen, aber das gehört auch ins letzte kapitel.


    Der ideale staat sollte von leuten erdacht werden, die nicht wissen, welchen sozialen rang sie darin einnehmen werden, wenn er fertig ist - ich denke, es ist legitim solidarität für die kranken und schwachen zu verlangen, und nicht den egoistischen machtmenschen und gierigen reichtumsschauflern zuzujubeln, denn ihr verhalten ist uns als menschheit nicht nützlich, sondern sogar schädlich.


    Die unfreundliche botschaft dieser erkenntnis des völligen alleinseins ist: kein gütiger gott wirft uns eine zweite welt herunter, wenn wir die verpatzen, also: einschränkung, rücksichtnahme.


    aber versuch das mal zu verbreiten... :unverstanden man kann nur mit gutem beispiel voran gehen, und den ökologischen fußabdruck so klein wie möglich halten... mit unserem tollen gehirn können wir nämlich eines erkennen: es gibt kein unendliches wachstum: irgendwann erreicht man eine deadline, und an der werden apokalyptische visionen wirklichkeit, leider ohne retter und erlöser, unseres wissens gab es keinen polstertier-, ammoniten- und sauriererlöser, der sie heim in sein reich holte als sie ausstarben; es liegt also bei uns, ob unser hirn zu was gut ist, und die unausweichliche entwicklung anzuhalten oder zumindest zu verlangsamen...


    Wenn wir scheitern, bleibt uns nur eines: uns zynisch zurückzulehnen, und der untergangs-show zuzuschauen...


    (naja, an irgendeinem punkt, spätestens, wenn wir hunger verspüren, und nichts zum fressen da ist, oder jemand kommt, um uns zu fressen, weil er hunger hat, werden wir uns daran erinnern, dass wir auch nur ein gewievtes raubtier sind, und wir werden im kampf um die ressourcen wieder mitmachen, und dem Hobbes'schen urzustand im kampf 'aller gegen alle' frönen, wenn wir als spezies wieder auf ein vernünftiges mass zurück gestutzt sind, können wir uns dann wieder 'kultur' erlauben. Mein tipp ist, sie ist entweder islamisch oder asiatisch, möglicherweise beides, denn wenn wir eine zivilisation hellenistischer prägung sind, ist die radikale philosophie, die mengenmässig in den startlöchern steht, momentan die muslimische, leute haben halt gern götter - sie sind so bequem, warm und schnuckelig im kalten, unendlich weiten all)

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Zitat

    Original von MagnaMater
    ein test, der von areligiösen und religiösen verschiedener religionen und nationen prozentuell gleichmässig beantwortet wird, und verlangt, dass man selbst schuld auf sich lädt: (...)


    Solche Testfragen kenne ich noch aus der „Gewissensprüfung“ wegen meiner Wehrdienstverweigerung. Ich wußte, was die Prüfer hören wollten. Was genau ich genau geantwortet habe, weiß ich nach über drei Jahrzehnten nicht mehr. Jedenfalls war es wohl die „richtige“ Antwort. Wie ich in der Praxis jedoch reagieren würde - keine Ahnung. Das wußte ich damals allerdings auch schon, daß ich nämlich nicht wußte, wie ich in einer praktischen Situation so einer theoretischen Frage wirklich handeln würde.



    Zitat

    Original von MagnaMater
    (...) die Masse ist dumm, will einfache antworten, und Masse ist Macht (mit der man die 'vernünftigere' minderheit, die mit spitzfindigen feststellungen den boss böse angreift verteufeln und vernichten kann)


    Das ist aber heute noch genauso wie damals.



    Zum Thema „Schweinefleischtabu“: da entsinne ich mich einer Bemerkung eines Lehrers, der eine ganz praktische Begründung gab: Trichinen. Die waren damals nicht zu erkennen, man wußte nur, daß man vom Genuß von Schweinefleisch oft krank wurde, aber nicht weshalb. Also wurde Schweinefleisch verboten. Zu meiner Zeit habe ich noch gelernt, daß man beim Fleischkauf auf den Stempel des Fleischbeschauers achten sollte.



    Zitat

    Original von MagnaMater
    Hängt davon ab, was sinn und wert ist


    Das definiert möglicherweise jeder ein bißchen anders. Ich vermag in einer Gesellschaft, wie sie von Dir geschildert wurde, keinen Sinn zu verkennen; ob einen Wert, kann ich momentan nicht sagen. Wenn es wirklich so wäre, würde ich es als absolut sinnlos empfinden. Warum ich ein sinnloses Leben weiterleben sollte, weiß ich allerdings nicht. Da bliebe nur noch eines übrig ...


    Das heißt andererseits nicht, daß ich einen Sinn sehe. Derzeit halte ich es mit Joseph Campbell, der sinngemäß schrieb: Das Leben ist. Mehr ist dazu nicht zu sagen.



    Ich habe mir Deine Posts nochmals gründlich durchgelesen. Wie ich es sehe, haben wir verschiedene Grundannahmen, verschiedene Fundamente, auf denen wir stehen. Was Du schreibst, mag in sich logisch sein. Ich sehe es jedoch dennoch anders. Der Mensch ist mehr als einfach eine andere Gattung Tier. Und ich bin überzeugt davon, daß über allem ein Gott waltet. Ob der nun „Gott“, „Jehovah“, „Allah“, „Manitou“ oder wer weiß wie heißt, ist dabei zweitrangig.


    Nur eines noch:


    Zitat

    Original von MagnaMater
    Über die anfangsursache des universums und einem etwaig existierenden grund dahinter können wir nichts sagen, wenn wir zu uns selbst ehrlich sind, das sind 'transzendentale gotteserfahrungen' ganz private erleuchtungen, die nicht von anderen geteilt werden, und darob wahrheitsmässig substanzlos sind.


    Allerdings gibt die heute anerkannte Wissenschaft (eigentlich müßte ich eher „herrschende Ideologie“ schreiben) vor, mit welchen (im weitesten Sinne) Meßinstrumenten zu arbeiten ist. Alles, was sich damit nicht messen, zählen, wiegen läßt, gilt als Nichtexistent. „Substanzlos“ im Sinne der herrschenden Ideologie (um bei dem Ausdruck zu bleiben) vielleicht ja, im Sinne der Wahrheit sicherlich nicht. Doch das wirst du vermutlich ganz anders sehen; auf einen gemeinsamen Nenner werden wir jedenfalls aller Voraussicht nach nicht kommen können.


    (Und jetzt hoffe ich, heute, spätestens morgen die restlichen knapp 30 Seiten noch fertiglesen zu können. Im letzten Abschnitt schreibe ich erst, wenn ich mit dem Buch durch bin.)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Wenn am Anfang nichts ist, und dann etwas ist (genauer gesagt geschaffen wird), so ist das „etwas“ dann die „Natur“, geschaffen von etwas, das außerhalb derselben steht. Damit habe ich kein Problem. Das Problem fängt für mich bei der Frage an, was war vorher. Und woher kommt eigentlich der Gott, der das alles geschaffen hat. Da liegt für mich das Problem, von dem ich allerdings weiß, daß ich es nicht lösen kann. Weshalb ich es in aller Regel geflissentlich ignoriere.


    War denn am Anfang "nichts"?
    Vermutlich wird das nie jemand beantworten können - und ich weiß derzeit noch nicht einmal, ob ich das so genau auch wissen will. :-(

  • Zitat

    Original von Lipperin
    War denn am Anfang "nichts"?


    Weiß ich nicht, kann ich mir auch nicht vorstellen.


    In dem hier verlinkten Buch habe ich erstmals von der Theorie des „oszillierenden Universums“ gelesen (allerdings besitze ich die amerikanische Originalausgabe). „Unser“ Urknall wäre das Ende des vorherigen Universums, wenn „unseres“ endet, gibt das den Beginn des nächsten usw. Das verlängert zwar den Zeitraum, gibt aber darüber, was denn ganz am Anfang war, auch keine Auskunft.


    Meiner Meinung nach gehört das zu den Dingen, die der Mensch niemals erfahren wird, weil es sein Erkenntnisvermögen übersteigt.



    (Anm. Das Buch habe ich gestern ausgelesen, komme aber erst später dazu, im letzten Abschnitt zu posten.)
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Das heißt andererseits nicht, daß ich einen Sinn sehe. Derzeit halte ich es mit Joseph Campbell, der sinngemäß schrieb: Das Leben ist. Mehr ist dazu nicht zu sagen.


    Allerdings gibt die heute anerkannte Wissenschaft (eigentlich müßte ich eher „herrschende Ideologie“ schreiben) vor, mit welchen (im weitesten Sinne) Meßinstrumenten zu arbeiten ist. Alles, was sich damit nicht messen, zählen, wiegen läßt, gilt als Nichtexistent. „Substanzlos“ im Sinne der herrschenden Ideologie (um bei dem Ausdruck zu bleiben) vielleicht ja, im Sinne der Wahrheit sicherlich nicht. Doch das wirst du vermutlich ganz anders sehen; auf einen gemeinsamen Nenner werden wir jedenfalls aller Voraussicht nach nicht kommen können.


    Campbell kann ich vollinhaltlich unterschreiben :write
    wenn ein leben keinen sinn macht, macht der tod auch keinen...


    nö, das stimmt so nicht, die wissenschaft steht rätselnd vor unerklärlichen phänomenen, die im universumsmaßstab wie in der quantenebene keine klare antwort kennen, nichtwissen überwiegt auf der physikalischen ebene vielleicht bringen die cern-experimente antworten zu den aktuellen fragen - sicher ist, diese werden neue fragen schaffen, aber wie sagte schon der alte geheimrat Goethe (zumindest laut dem Naturnser St.Prokulus-museum, dessen kirchenmalereien in der datierung in richtung spätantike/frühmittelalter gerutscht sind): "mit dem wissen wächst der zweifel", und das gilt in jeder sparte.


    Zweifel und nachfragen ist die haupttriebfeder der forschung, religion so erzählt uns die geschicht der valentinianischen häresie verbietet nachfragen, und versucht zweifel durch gebet und exorzismus von teufeln und zweifelnden personen auszumerzen...


    Dass wissenschaft alle antworten weiss, ist eine kuriose legende, und ich weiss nicht, wer sie verbreitet, vielleicht die nach prä-1969-laufenden schulen, uns wurde in der schule gesagt, wissenschaft bedeutet, wir dürfen nichts glauben, sondern müssten immer nachfragen.
    Mit dem uni/multiversum und dem innenleben von atomteilen kann man es halten, wie man will, es ist - davon abgesehen, dass es keine 'handfesten' ergebnisse bringt - unpraktisches wissen, genau wie religion.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


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    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Dass wissenschaft alle antworten weiss, ist eine kuriose legende, und ich weiss nicht, wer sie verbreitet, (...)


    Na ja, viele Äußerungen - auch in so mancher Diskussion hier im Forum - verstehe ich dahingehend, daß der Anspruch erhoben wird, alles, wirklich alles, erklären zu können. Das bezweifle ich.


    Die übrigen Aussagen Deines Posts kann ich weitgehend :write .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")