Gernot Gricksch - Königskinder

  • Inhalt:


    Ja, es gibt sie wirklich, die große, wahre Liebe, den einen Menschen, den das Schicksal für uns vorherbestimmt hat. Dummerweise ist das Schicksal aber etwas schlampig bei der Durchführung seiner Pläne. So kommt es, dass Simone und Mark lange nach dem großen Glück suchen müssen: auf Partys in Hamburg, auf dem Roten Platz in Moskau, in den wilden 70ern und im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Und sie ahnen nicht, dass sie sich immer haarscharf verpassen ...


    Meine Meinung:


    Haarscharf aneinander vorbei!

    Ich habe mir schon oft überlegt, dass es schade ist, dass man sein eigenes komplettes Leben nicht als Film neben sich herlaufen lassen kann. Ein Film, den man nur ganz alleine schauen kann und zu dem niemand sonst Zugriff hat. Und wenn man einen Menschen kennenlernt, könnte man ins System eingeben, dass man gern wissen möchte, wann man diesem Menschen vielleicht schon mal begegnet ist. Hat man mal an der Würstchenbude neben ihm gestanden oder bei der Post? Denn wie kann es sein, dass man eventuell in der gleichen Stadt lebt, sich zu bestimmten Zeiten an ähnlichen Orten aufhält, sich aber jedoch nie kennengelernt hat?


    In diesem Buch geht es um Mark und Simone, denen so etwas in der Art passiert. Geboren am gleichen Tag, im gleichen Krankenhaus, schildert der Autor das Leben der beiden in einer Art Jahresbuch. Angefangen im Jahr 1970 gehen wir mit den beiden Protagonisten Hand in Hand durchs Leben bis in Jahr 2010. Doch während wir neben ihnen her gehen, gehen sie selber immer wieder haarscharf aneinander vorbei. Nicht selten ertappte ich mich dabei, 'aaaaah, Mist' zu sagen, wenn sie sich wieder mal nicht begegnet sind, obwohl sie nur ein paar Meter voneinander entfernt standen.


    Sehr schön finde ich es, dass der Autor jeweils aus der Sicht desjenigen schreibt, um den es gerade geht. Bewundernswert hier ist die Empathie, die er in Simone legt, denn sie kam als Frau sehr authentisch bei mir an, womit ich sagen möchte, dass Gernot Griksch das Schreiben aus Sicht einer Frau wunderbar gelungen ist.


    Ihre Leben und die Art, wie sie aufwachsen, könnten unterschiedlicher nicht sein und dennoch gibt es immer wieder Gemeinsamkeiten, bei denen der Leser denkt 'Hey, die würden doch prima zueinander passen!', doch wie sollte dies geschehen, wenn das Leben sie einfach nicht zueinanderbringt? Wir erleben Höhen und Tiefen der beiden, die das Leben ausmachen und man erkennt schnell, dass sie eigentlich doch, wie jeder Mensch, lediglich auf der Suche nach der Liebe sind.


    Ein Stück weit fühlte ich mich an mein eigenes Leben, an meine Vergangenheit, zurückerinnert, denn da ich 1969 geboren wurde, kenne ich die Zeiten, in denen Mark und Simone leben. Ich finde es toll, dass Gernot Gricksch das Zeitgeschehen der einzelnen Jahresabschnitte so wunderbar herausgearbeitet hat und mich so auf eine Zeitreise mitnahm, die ich sehr genossen habe. So erleben wir die 80er-Jahre noch einmal neu, genauso wie auch den Mauerfall. Auch die Geschehnisse des September 2001 und viele andere wichtige Ereignisse werden angerissen.


    Und so liest man nicht nur einen Roman, der humorvoll, flüssig und sehr unterhaltsam geschrieben ist, sondern wir werden auch zum Erinnern gebracht.


    Es war für mich das erste Buch von Gernot Griksch, doch 'Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe' wartet schon auf mich. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, denn er ist randvoll mit Informationen, einem Humor, der nie überladen ist und tiefsinnigen Gedanken, die mir selber an einigen Stellen des Buches Tränen in die Augen trieb.


    Dieser Roman hat mir einen tollen Start mit dem Autor geboten und nach dem Weiterlesen klingt auch jetzt noch ein kleines Wort mit großer Bedeutung in mir nach: Hoffnung....

  • Ich kann mich der schönen Rezi nur anschließen. Gestern abend habe ich "Königskinder" beendet und für mich ist das jetzt schon mein Monatshighlight.

    „Leben lässt sich nur rückwärts verstehen, muss aber vorwärts gelebt werden.“
    Sören Kierkegaard

  • Meine Meinung :write
    Ich habe gerade das Buch zugeschlagen und sitze bei 24 Grad mit Gänsehaut in der Sonne und staune ... staune darübern wie Gernot Gricksch mich begeistert hat, ich habe geschmunzelt, laut aufgelacht und wahnsinnig viel nachgedacht. Aber am meisten habe ich auf den Moment hingefiebert, an dem Mark und Simone sich endlich begegnen ...



    Das erste Mal "begegnen" sich Mark und Simone als ihre Mütter noch mit ihnen schwanger sind und so zieht es sich wie ein roter Faden fast 40 Jahre durch beide Leben.


    Immer wieder sind sie ganz nah beieinander, brauchen nur die Hand auszustrecken und sich gegenseitig in die Augen schauen um sich zu begegnen, aber all das passiert nicht - Schicksal?



    Das Buch beginnt mit der Geburt von Mark und Simone und erzählt alle wichtigen bzw. erzählwerten Stationen in ihrem Leben und immer wieder sind sie sich so wahnsinnig nah, ohne voneinander zu wissen.


    Jeder entwickelt sich in seine Richtung, und das ist wirklich sehr unterschiedlich: während Simone zu einem chaotischen und planlosen Hippie heranwächst, ist Mark hochbegabt und schlägt einen völlig anderen Lebensweg ein.


    Doch je älter die beiden werden - und je öfter sie sich unbewusst über den Weg gelaufen sind - entwickeln sie sich immer weiter in dieselbe Richtung. Denn eigentlich wollen beide nur eines: DEN einen Menschen finden, der sie liebt und der sein Leben mit ihnen teilen will ...



    Ich habe an den Stellen wo sich Simone und Mark so Nahe waren, fast in den Buchumschlag gebissen, weil ich endlich wollte, dass sie sich treffen. Und als ich immer weniger Seiten zum Lesen vor mit hatte, hab ich ehrlicherweise Panik bekommen, weil ich dachte, dass Gernot Gricksch die zwei weiterhin aneinander vorbeilaufen lässt.


    Das Buch hat mich wahnsinnig berührt, aber auf eine fröhliche Art und Weise, es hat mich nicht traurig gemacht - im Gegenteil.


    Ich konnte aus all den Seiten so viel für mich mitnehmen, dass ich es glatt nochmal lesen würde - und ja, es ist mein neues Lieblingsbuch!!


    Auch hat mich das zeitliche Drumherum total begeistert: politische Ereignisse werden erwähnt, genauso wie Musik und andere Dinge, die man einfach nicht vergisst und wo ich erstaunt war, dass vieles schon so lange her war.


    Von mir gibts ganz klare 10(0) Punkte!!

  • Nett, ich denke, das beschreibt das Buch am besten. Und es tut keinem weh. Auch so wirkte das Buch am Ende auf mich. Was jetzt ziemlich negativ beides klingt, dabei hat mir das Buch durchaus gefallen und ich konnte es recht zügig weglesen. Ich habe außerdem mit Simone und Mark gelacht, gehofft und mir mehr als einmal die Haare gerauft, als die beiden sich wieder verpasst haben.


    Warum dann also doch nur "nett"? Weil ich finde, das irgendwas fehlt. Irgendein Knaller, etwas, dass dieses Buch zu etwas besonderem macht. So ist es irgendwie bis zum Ende arg vorhersehbar, wie gesagt, durchaus amüsant und mit einer Prise Wahrheit über Männer und Frauen, aber eben doch etwas arg belanglos.


    Ein netter Schmöker, mehr aber leider irgendwie auch nicht. Und trotzdem wirft er die Frage auf: Habe ich meinem Traummann/meine Traumfrau vielleicht auch schon um Haaresbreite verpasst?


    7 von 10 Punkten