Kirche und Mißbrauch

  • sicherlich habt ihr auch das thema kirche und mißbrauch in den medien verfolgt. man hört ja jetzt fast jedenb tag immer mehr das kinder und jugendliche früher wie auch heute in einrichtungen von kirchenmitglieder, pastöre und nonnen mißbraucht worden sind.


    ich würde gerne wissen wie ihr mit dem thema umgeht. ob es euch berührt und ja ob ihr jemanden kennt dem das passiert ist.


    ich weiß nicht ob das angebracht ist, aber ja ich kenne jemanden dem das und einiges andere passiert ist. mir selbst ist es passiert. und ich habe heute noch daran zu knacken. ich mache schon seit über 12 jahren eine therapie. aber es holt mich immer wieder ein. ich war in den 60ziger und 70ziger jahre in einem heim.


    ihr könnte euch vorstellen wie schwer mir das hier jetzt fällt zu schreiben das ich selbstbetroffen bin. aber ich bin froh das dieses thema endlich öffentlicher gemacht wird. denn öffentlich war es ja schon immer, nur es wollte niemand zugeben. alle haben zugesehen. und ja es ist ein therapieerfolg dieses hier öffentlich geschrieben zu haben. allerdings möchte ich sagen das ich auf fragen hier die mir zu persönlich und zu intim werden, nicht anworten kann. im groben ist es mir möglich.

  • Ich finde es sehr mutig, dass Du Dich als Betroffene zu dem Thema überhaupt zu Wort meldest. Fragen dazu möchte ich Dir auch gar nicht stellen. Es ist schon gut, wenn Du möglichst viel in der Therapie aufarbeiten kannst.


    Jedenfalls werde ich nie begreifen können wie Männer der Kirche oder auch andere sich an ihnen Anvertrauten vergreifen können. Frauen, die abgetrieben haben, würden die frommen Kirchenmänner ja am liebsten auf dem Scheiterhaufen sehen; ihre eigenen Sünden beurteilen sie schon wieder in einem viel milderen Licht.

  • Zitat

    Original von Ex libris


    Jedenfalls werde ich nie begreifen können wie Männer der Kirche oder auch andere sich an ihnen Anvertrauten vergreifen können. Frauen, die abgetrieben haben, würden die frommen Kirchenmänner ja am liebsten auf dem Scheiterhaufen sehen; ihre eigenen Sünden beurteilen sie schon wieder in einem viel milderen Licht.



    Wer sind denn die "anderen"? Auch Frauen haben sich an Schutzbefohlenen vergangen.


    Zudem stellt sich hier die Frage, was der Missbrauch der Kinder denn mit Abtreibungen zu tun hat? Ich sehe da keinen ursächlichen Zusammenhang.


    Kann es sein, dass du dein "Männerbild" einfach mal überprüfen solltest? :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Zudem stellt sich hier die Frage, was der Missbrauch der Kinder denn mit Abtreibungen zu tun hat? Ich sehe da keinen ursächlichen Zusammenhang.


    Nun, wenn man die Scheinheiligkeit der kirchlichen Moral betrachtet, gibt es schon einen Zusammenhang.


    Kirchliche Würdenträger in sozialen Positionen befinden sich in einem besonderen Machtgefüge, sind aufgrund ihrer scheinbar extrem hohen Moralität so gut wie unangreifbar, was es - vermutlich über Jahrhunderte - den Opfern unmöglich gemacht hat, sich der Missbrauchssituation zu entziehen, sie überhaupt zu thematisieren. Und dann hielt der Klerus auch noch den Deckel auf alle bekannt gewordenen Fälle (die Dunkelziffer ist wahrscheinlich so hoch wie die Anzahl der möglichen Permutationen beim Zahlenlotto), verschob Täter einfach an andere Positionen, wo sie wieder zuschlugen.


    Das Verhältnis gerade der katholischen Kirche zur Sexualität ist, vorsichtig ausgedrückt, problematisch. Noch recht junge Männer entscheiden sich für ein Leben im Zölibat (für das es kaum biblische Begründungen gibt), haben aber ihre Bewusstwerdung eigentlich noch vor sich. Der ganze Laden ist in dieser Hinsicht ein Pulverfass.

  • Ja sicher, Voltaire, auch Frauen sind keine Engel und können sehr grausam sein. Aber wieso hört man dann immer von den "Kirchenmännern" und nicht von den "Kirchenfrauen"? Kommt das vielleicht daher, dass Frauen in der Kirche kaum etwas zu sagen haben, oder dass die meisten Männer schon rein körperlich besser dazu in der Lage sind, Gewalt auszuüben, obwohl das natürlich keiner tun muss. (So wie Du im Thread über die Abtreibung geschrieben hast, dass ja niemand abtreiben muss, behaupte ich, dass auch niemand gewalttätig werden muss. Es muss überhaupt keiner jemandem anderen etwas antun und trotzdem geschieht es.)


    Ich habe diese Fragestellung deshalb mit der Abtreibung in Verbindung gebracht, weil nun mal die, die das Leben ja so hoch achten und für heilig halten, das aber anscheinend nur dann tun, wenn es noch nicht auf der Welt ist. Wieso ist denn dann das Leben der Kinder und Jugendlichen, die in den Internaten bei diesen Herren ausharren mussten und sich auch zu Hause kein Wort zu sagen trauten, weil man ihnen ohnehin nicht geglaubt hätte, so viel weniger wert als das ungeborene Leben? Mich bringt eben immer diese Heuchelei in Wut. Hier wird gar nicht mit gleichem Maße gemessen.


    Auf keinen Fall bin ich den Männern feindlich gesinnt. Das Leben wäre doch schrecklich ohne Euch. :kiss
    Außerdem unterhalte ich mich lieber mit einem intelligenten Mann als mit einer dummen Frau. Und zu meiner Verteidigung darf ich auch noch sagen, dass ich seit vielen Jahren mit demselben Mann verheiratet bin und das auch noch gerne.

  • Tut mir leid, was du durchmachen musstest, Nachtfee und es tut mir besonders leid, dass du es noch nicht aufgearbeitet hast.


    Ich weiß wie schwierig sich das gestaltet, denn ich wurde auch als Kind jahrelang missbraucht, allerdings habe ich mit diesem Thema weitesgehend abgeschlossen, vergessen werde ich nie, verzeihen ganz bestimmt nicht, aber es beeinflusst mein Leben auch nicht mehr, es gibt hin und wieder Situationen, in denen ich mich erinnere, aber das ist nur von kurzer Dauer.


    Ich wünsche dir von Herzen, dass du irgendwann auch deinen Frieden damit finden wirst.


    Ich persönlich finde das alles mehr als schockierend, wenn auch nicht sonderlich überraschend, aber ich seh das unabhängig von der Kirche, ein Missbrauchsfall ist so schlimm wie der andere für die Opfer, egal wer der Täter ist.


    Ich denke nicht, dass es moralisch verwerflicher ist, wenn ein Pastor soetwas Abscheuliches tut, als wenn es der nette Opa von nebenan ist. Macht für mich keinen Unterschied.


    Es sind so oft die Menschen, denen man vertraut, die soetwas tun, die die Situation ausnutzen und ja, ich wünsche jeden Einzelnen von ihnen in die Hölle, weil sie es verdient haben.

  • Was mich etwas nervt sind die schweren Fälle körperlicher Mißhandlung aus den 60igern, die da jetzt thematisiert werden, die Ohrfeigen und Kopfnüsse, die Rohrsöcke- ja, wir haben diiese Erziehungsmethoden - dem HErrn sei Dank, mittlerweile überwunden, jetzt so zu tun, als ob damals das nicht völlig üblich war und als ob nicht gerade das Problem des Mißbrauchs durch sexuelle oder körperliche Gewalt genau diese Opfer/Täter/Opfer/ Tätersituation wäre- das ist scheinheilig. Sexueller Mißbrauch ist Machtmißbrauch, deshalb innerhalb von Machtstrukturen, also Familien, Kindergärten, Schulen, Kirchengruppen besonders häufig anzutreffen. In einer offenen, gleichberechtigten Atmosphäre ist die Ausübung jeglicher Gewalt erheblich erschwert. Deshalb ist es so wichtig, dass Kinder so erzogen werden.


    Ich lese beruflich viele Gutachten über Kinder aus gestörten Familien und stets kommen die Gutachter zu dem Schluß, dass die Störung und Probleme der Kinder mit den Störungen und Problemen der Eltern zusammenhängen. Die übergroße Zahl von Mißbrauchstätern waren früher Mißbrauchsopfer und nur dann wenn die Opfer sich therapieren lassen, wenn sie mit der Opferrolle und mit dem Täter klarkommen werden sie nicht selbst zu Tätern und der Teufelskreis wird durchbrochen. Es hilft daher nichts nur Rache an den Tätern zu üben und diese mit Mist zu bewerfen, sondern ganz wichtig ist sich den Opfern zuzuwenden. Mit Zuwendung meine ich nicht jedem 100€ in die Hand zu drücken und sich damit exculpiert zu fühlen, sondern eine echte menschliche und wo nötig therapeutische Zuwendung.


    Wenn es nur ums Geld geht verzehnfacht man nur die Zahl der "Opfer" per Trittbrettfahrer, bisschen Kohle abgreifen und dafür den Lehrer mit Dreck bewerfen ist schließlich leicht verdientes Geld.


  • Vielleicht sei hier der Einwand erlaubt, dass Missbrauch nicht nur in kirchlichen Institutionen offenbar an der Tagesordnung war. Solche Missbrauchsfälle finden wir auch in nichtkirchlichen Internaten, in nichtkirchlichen Sportvereinen, in nichtkirchlichen Kindergärten in nichtkirchlichen Kinderchören usw.


    Aber natürlich ist einfach hier undifferenziert zu betrachten, hat man doch mit der Kirche ein sehr bequemes Feindbild.


    Natürlich haben die Kirchen sehr viel Unrecht getan und tun es wohl auch nach wie vor. Aber sie (die Kirchen) sind leider nicht allein auf der Unrechtseite. Sie aber jetzt zudem auch unter Generalverdacht zu stellen ist schlichtweg unredlich.


    Zudem vermag ich eine Scheinheiligkeit der kirchlichen Moral nicht zu erkennen. Scheinheilig sind allenfalls die, die diese Moral pervertieren. Die aus der Bibel erwachsenen Moralvorstellungen des christlichen Glaubens selbst sind aber wohl nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist das, was daraus von einigen Kirchenvertretern wider besseren Wissens gemacht wurde.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Nachtfee2000
    ich würde gerne wissen wie ihr mit dem thema umgeht. ob es euch berührt und ja ob ihr jemanden kennt dem das passiert ist.


    Ja, es berührt mich.
    Um nicht zu sagen: Es beschämt mich.
    Wenn ich von der katholischen Kirche spreche, benutze ich gern das Wort "Wir", was wohl verdeutlicht, wie sehr ich mich mit dieser Institution identifiziere. Und hier haben "Wir" erhebliche Schuld auf uns geladen.
    Der Unterschied zu anderen Missbrauchsfällen ist für mein persönliches Empfinden der, dass man hier nicht nur gegenüber den Opfern schuldig geworden ist - das will ich nicht verharmlosen, das ist schon fürchterlich genug. Kommen diese Taten im kirchlichen Kontext vor, macht man sich aber zudem auch noch in schwerer Weise gegen Gott schuldig. Die Priester/ Ordensleute/ Erzieher (...) versündigen sich gegen die Kirche, wenn man den Begriff "Kirche" spirituell als "Leib Christi" identifiziert. Diejenigen, die solche gefährlichen Leute dann an vergleichbare Stellen versetzen, wo sie wieder zur Gefahr werden, machen sich in den gleichen Kategorien schuldig.
    Ich hoffe, dass den Opfern geholfen werden kann.
    Und ich hoffe, dass in den kirchlichen Institutionen ein nachhaltiger Reinigungsprozess gelingt, der solche Fälle in der Zukunft minimiert (ganz verhindern wird man sie wohl nirgendwo können, wo Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Erziehern und Kindern bestehen).

  • Es ist ganz einfach so, wie es gestern auch der von mir sehr geschätzte Kriminologe Prof. Pfeiffer vom KFN sagte, seit dem die Gesellschaft offener ist für diese Fragen und die Kinder entsprechend erzogen werden, seitdem ist die Zahl der Taten um etwa zweidrittel zurückgegangen, da die Täter sich nicht mehr unter dem Autoritätsmantel und hinter der Schweigemauer der Scham in Sexualitätsfragen verbergen können, sondern Entlarvung fürchten müssen.

  • Die Misshandlungen an Kindern geschehen allüberall, leider!


    Es ist einfach auch ganz wichtig, dass wir diese nicht nur an den kirchlichen Institutionen aufmachen, sonst fangen wir nämlich an zu "schielen", wegzugucken von all den anderen betroffenen Kreisen. (Sportvereine etc.) schlimmer noch, wir denken, wenn wir diese Institutionen und ihre Verfehlungen endlich mal ausgemistet haben, dass dann endlich "der Schuldige" gefunden sei, und alles in Ordnung wäre.
    Durch dieses gezielte Suchen und Hinweisen auf einen einzigen Kreis, in den meisten Fällen "die Kirche", laufen wir auch Gefahr, uns diesem höchst eigenartigen menschlichen Bedürfnis hinzugeben, endlich mal einen Schuldigen gefunden zu haben, ihn an den Pranger gestellt zu haben, und damit unserer "Verantwortung" gerecht geworden zu sein, wir uns wieder befriedigt in unserem Postersessel zurücklehnen können.


    Wenn den Statistiken Glauben geschenkt werden kann, dann passieren die meisten Uebergriffe, die sexuellen sowie auch sonstige Misshandlungen in der Familie, und damit meine ich jetzt nicht die Hand, die den Eltern mal ausrutscht. Ein Kind kann vermutlich einen genervten Klaps auf den Hintern besser wegstecken als jedwelcher sonstiger wortreicher oder wortloser (Bestrafung duch Nichtbeachtung) Stress.


    Wir müssen die Augen weiterhin offen halten, vor allen Dingen die Kinder immer ernst nehmen, ihnen zuhören, was sie uns zu erzählen haben/uns vermitteln möchten, nicht nur mit ihren Worten, sondern auch mit ihrem Verhalten....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

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  • Zitat

    Original von Joan
    Die Misshandlungen an Kindern geschehen allüberall, leider!


    Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber ich würde doch ergänzen wollen, daß Mißhandlungen grundsätzlich am häufigsten da geschehen, wo eben die Möglichkeit gegeben ist.
    Grundsätzlich bietet jedes Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Schülern, Trainer und Sportler, Beichtvater und Meßdiener, Heimkind und Erzieher, Kindergartenkind und Kindergärtnerin, Patient und Kinderarzt und eben auch Familienmitgliedern, engen Freunden, Nachbarn, etc, die Möglichkeit zu einem Übergriff auf ein Kind.
    Dem entgegenwirken kann man, keinefalls indem man das Kind zu Hause einsperrt und jeden der sich dem Kind nähert mißtrauisch beäugt, sondern einzig und allein, indem man sein Kind aufklärt, im klare Linien zeigt, was darf der nette Onkel und was ist irgendwie komisch und vorallem indem man Kindern klar macht, daß es eben nichts gibt, wovor Sie sich schämen müßten, daß sie mit jedem Anliegen zu den Eltern kommen können und indem man ein sehr offenes Ohr für sein Kind hat, genau zu hört und vorallem auch Verhaltensweisen beobachtet.
    Wenn ich in meinem Praktikum beim Kommissariat für Sexualdelikte eins gelernt habe, dann daß Menschen mit solchen Neigungen einem in den meisten Fällen als unauffällig, höflich, freundlich und schüchtern erscheinen und daß sie die Nähe zu Kindern auf sehr legale Art suchen und sozial ausgesprochen engagiert sind. Es gilt also nicht vor dem bösen schwarzen Mann zu warnen, den gibt es nur in den seltensten Fällen, sondern dem Kind klare Einblicke zu gewähren, was ist normal und was nicht. Und unnormal ist unter Umständen sogar schon Onkel Paul, der immer ein Küßchen will oder Fräulein Lehrerin, die beim Sportunterricht immer will, daß man ihr den BH zu macht...
    Interesse zeigen, was macht ihr da im Schwimmunterricht? Wer kümmert sich da um meine Kinder?
    Das ist der Weg, wie man Dinge erkennen und eventuell Schlimmeres rechtzeitig verhüten kann....


    Soviel zum Thema sexuellem Mißbrauch.


    Zu anderen Arten des Mißbrauchs...


    Ganz ehrlich die ausrutschende Hand des Erziehungsberechtigten kann ich bei noch so viel gutem Willen nicht als Mißbrauch oder Mißhandlung deuten.
    Ja, heutzutage wird mit Wattebäuschen erzogen und ja, Kinder zu schlagen ist sicherlich nicht der richtige Weg. Aber eine gestreßte Mutter, die ihrem Sohn statt zum 300sten Mal zu erklären, daß er den Spinat nicht an die Wand werfen soll, einen Klaps auf die Finger erteilt, möchte ich ganz gewiß nicht auf die gleiche Stufe stellen, wie die Eltern, die ihre Kinder täglich grün und blau prügeln oder Erzieher, die auch in der heutigen Zeit noch mit Kreide werfen. mit dem Lineal ausholen oder Kopfnüsse verteilen.



    @ Beo
    Hast du eine Quelle für die Zahlen, die Pfeiffer da nannte, die überraschen mich jetzt doch erheblich. :gruebel

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber ich würde doch ergänzen wollen, daß Mißhandlungen grundsätzlich am häufigsten da geschehen, wo eben die Möglichkeit gegeben ist.


    Alles was Du dazu geschrieben hast, Babyjane, habe ich zustimmend kopfnickend mitgelesen.


    Möchte auch noch etwas Ergänzendes dazu sagen. Pädophile suchen sie sich doch meistens ganz gezielt auch aus, diese Möglichkeiten. Und da bietet die Kirche sicher einiges an "Unterschlupfmöglichkeiten" an.


    Die Kirche hat sich nicht dadurch schuldig gemacht, dass sie solche Mitglieder aufgenommen hat, da sie das ja im Vorneherein nicht wissen konnte. Denn wie Du sagst, man sieht es ihnen NICHT an. Keiner läuft mit einem Transparent durch die Gegend: ICH BIN PÄDOPHIL.
    Was die grosse "Schuld" ist bei den Kirchen, das ist die Vertuschung, und vor allem, dass sie solche Mitglieder weiterhin in ihren Positionen belassen haben. Man bespritzte sie im allerhöchsten FAlle wohl einfach mit bisschen Weihwasser und sagte dazu die Worte: uuuuuuuuuuurbi et ooooooooooooorbi :rolleyes


    Pädophile Neigungen tragen übrigens sehr viel mehr Menschen in sich, als wir uns das wohl vorstellen können. Ich weiss nicht wirklich, woher das kommt, aber ich vermute schwer, dass das ein RElikt ist aus unserer Urzeit, aus unserer Zeit damals als Affen, wo es jeder mit jedem getrieben hat aus einem ganz natürlichem Trieb heraus. Dieses "Urverhalten" hinkt bei vielen Menschen noch hinter der Entwicklung, auch der Ethik des "homo sapiens" hinterher.....
    Aber die meisten von ihnen werden nicht straffällig. Ein Vergleich - möglicherweise hinkt er aber auch etwas - manche von uns möchten doch gerne Millionär sein, aber die Allerwenigsten überfallen deshalb eine Bank.

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  • Zitat

    Original von Joan
    Pädophile Neigungen tragen übrigens sehr viel mehr Menschen in sich, als wir uns das wohl vorstellen können. Ich weiss nicht wirklich, woher das kommt (...)


    Nüchtern betrachtet ist Pädophilie einfach eine Facette im Spektrum der verschiedenen sexuellen Vorlieben.


    Die Idee, dass Kinder mehr als kleine Erwachsene sind, ist ja noch relativ jung. Ich glaube, sie kam mit der Aufklärung auf, schließlich sind "Lustknaben" ein verbreitetes Phänomen der älteren Geschichte. Du musst also nicht bis in die Steinzeit gehen, als es "jeder mit jedem trieb".


    Es sicher eine große Errungenschaften der Moderne, dass Kinder nicht mehr als Eigentum der Erwachsenen betrachtet werden und ein Recht auf physische und psychische Unversehrtheit haben. Das ist aber eine kulturelle, keine biologische Leistung.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • dank für den link, Tom.


    Ich fand diesen Artikel ausgesprochen erhellend, und zwar in vielerlei Hinsicht. Da ist zum einen dieses Wort "Grenzüberschreitung". Denn welche Grenzen werden denn überschritten? Doch die der Vorstellung, die der Durchschnittsbürger von sexuellem Missbrauch hat. Da bevölkern in erster Linie Stereotypen die Vorstellung: finstre Kinderschänder, die egoistisch und brutal ihre dunklen Triebe befriedigen, Kinder, die seelisch gebrochen und auf immer traumatisiert, aus diesen Geschehnissen hervorgehen. Hier schwarz, dort weiß. Haslinger zeigt nun in seinem Artikel, dass es auch bei diesem heiklen Thema unendliche Graustufen gibt. Wie überall im Leben.
    Aber gerade diese Grauzone wird Pädophilen nicht zugestanden. Pädophile sind böse, basta. Eigentlich sind sie auch alle Kinderschänder, selbst wenn sie nie ein Kind angefasst haben. Während die meisten Menschen ihre sexuellen Neigungen folgenlos ausleben können, dürfen sie ihre nicht einmal aussprechen. Haslinger ist der erste in dieser Debatte, der den Tätern auch Menschlichkeit zugesteht. Weil es sind Menschen.


    Außerdem hatte auch ich nur eine sehr nebulöse Vorstellung, was sexueller Missbrauch eigentlich konkret bedeutet. Am ehesten kämen mir Szenen wie die in seinem früheren, freilich fiktionalen Text geschilderten in den Sinn. Wahrscheinlich weil, sobald von einer für mich unvorstellbaren Tat die Rede ist, ich auf (literarische) Versatzstücke zurückgreife, und die laufen meiner Erfahrung nach dem von Haslinger geschilderten Schema ab. Und hier kommt nun einer, der erzählt: Missbrauch muss keine brutale Vergewaltigung in der Besenkammer sein, auch hier gibt es unendlich Abstufungen.


    Meiner Ansicht nach wäre es falsch gewesen, den Artikel nicht zu veröffentlichen, schließlich fabuliert hier kein Reformpädagoge von der Sexualität des Kindes, sondern ein Betroffener schildert seine Erfahrungen. Wenn er das auf eine Art und Weise tut, die nicht den allgemeinen Vorstellungen dieser Tat "sexueller Missbrauch" entspricht, mag das eine Grenzüberschreitung sein. Wenn eine solche Meinung aber tabuisiert wird, ist keinem einzigen Kind geholfen, da den betroffenen Männern jede Aussicht auf Hilfe verwehrt wird.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von JoanPädophile Neigungen tragen übrigens sehr viel mehr Menschen in sich, als wir uns das wohl vorstellen können. Ich weiss nicht wirklich, woher das kommt (...)

    :-(


    Zitat

    Original von BabyjaneDas ist zwar grundsätzlich richtig, aber ich würde doch ergänzen wollen, daß Mißhandlungen grundsätzlich am häufigsten da geschehen, wo eben die Möglichkeit gegeben ist.

    ;-(


    :gruebel Was gibt es da mehr zu sagen??? Mehr fällt auch mir dazu im Moment nicht ein... Aber auch so ist das ja schon mehr als genug!!

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Außerdem hatte auch ich nur eine sehr nebulöse Vorstellung, was sexueller Missbrauch eigentlich konkret bedeutet.


    Was "sexueller Missbrauch" konkret bedeutet ist in den §§ 174 ff StGB nun wirklich mehr als deutlich beschrieben. Und entscheidend dafür, ob ein Missbrauch vorliegt oder nicht, ist ausschließlich die rechtliche Seite und die rechtliche Definition des Begriffes.


    Man stelle sich nur einmal diesen riesigen Kuddelmuddel vor, wenn jeder daran ginge, seine eigenen Definitionen zur Grundlage einer rechtlichen Beurteilung zu machen.


    Missbrauch liegt nicht unbedingt dann vor, wenn man sich missbraucht fühlt, Missbrauch liegt ausschließlich dann vor, wenn die Tabestandsmerkmale des Strafrechts erfüllt sind.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Mich treibt immer wieder die Frage um: "Wie kann das sein?" Dem Erwachsenen ist doch klar, das er sich gesetzeswidrig und moralisch verwerflich verhält. Wie kann er anschließend in einen Spiegel schauen (oder Nachts ruhig schlafen)? Ich verstehe das definitiv nicht.


    Und dann komme ich an den Punkt, an dem ich meine eigenen Erfahrungen betrachte. Einige meiner Onkel konnten ihre Finger auch nicht bei sich behalten als ich 12 + war ... wo fängt Mißbrauch an? Meine Mutter berichtete, das sie ähnliche Probleme mit einem durch Kinderlähmung geschädigten Onkel hatte. Eine Freundin behauptet, das es kaum erwachsene Frauen gibt, die solche (...harmloseren, aber beängstigenden...) Erfahrungen nicht haben.


    Als unser Sohn eingeschult wurde, gab es gleich 2 Mißbrauchsfälle (Mädchen) und einen Verdachtsfall (Junge) in seiner Klasse (beschuldigt wurden jeweils die eigenen Väter). Bei sechsjährigen!!! In einer guten Wohngegend, nicht irgendwo in Neukölln. Seither ist allerdings Ruhe und er ist immerhin mittlerweilen in der sechsten Klasse. Vermutlich wird in höheren Jahrgängen vieles von Erwachsenen besser vertuscht.


    Zur eigentlichen Überschrift Kirche und Mißbrauch vermute ich (aufgrund meiner eingeschränkten Erfahrungen) das Familie und Mißbrauch einen deutlich höheren Anteil unter den Mißbrauchsfällen einnimmt und das Alter der Opfer deutlich niedriger ist.