Über das Buch:
Der heute 13-jährige Rex ist Autist und von Geburt an blind. Die Ärzte vermuten, dass er wohl nie laufen oder sprechen lernen wird. Für seine Mutter Cathleen bricht eine Welt zusammen. Doch inmitten der Verzweiflung keimt in ihr die Hoffnung, dass sie es gemeinsam mit Gottes Hilfe schaffen können. Allerdings scheinen zunächst alle Bemühungen vergebens.
Als Rex jedoch die Welt der Musik entdeckt, findet er seinen ganz eigenen Zugang zum Leben. Er lernt nicht nur laufen und sprechen, sondern öffnet sich seiner Umwelt immer mehr. Und ganz „nebenbei“ entpuppt er sich als musikalisches Wunderkind am Klavier.
Eine bewegende Biografie, in der Mutter und Kind lernen, den Autismus als Teil des Lebens anzunehmen.
Über die Autorin:
Cathleen Lewis lebte nach einem Wirtschaftsstudium an der renommierten Stanford-Universität zwölf Jahre in Paris, wo sie als Model und Börsenmaklerin erfolgreich war. Nach der Geburt ihres Sohnes Rex widmete sie sich ganz der Erziehung und Förderung dieses außergewöhnlichen Kindes. Inzwischen bereist sie mit Rex die ganze Welt zu Konzerten, hält Vorträge und hat sich zur Fachkraft für Sehbehinderten-Pädagogik weitergebildet, um Kindern mit ähnlichen Problemen zu helfen.
Meine Meinung:
Autismus, Hypoplasie des Sehnervs oder doch septo-optische Dysplasie, Apraxie, Savant – das sind nur einige der Worte, die Ärzte, Wissenschaftler, Spezialisten gebrauchen, um den Zustand, die Situation eines ganz besonderen Kindes namens Rex zu beschreiben. Es sind kalte Worte, Worte, die ein lebendiges, nach unseren Maßstäben nicht normales Kind in Schubladen pressen, Worte, die aber nicht annähernd das wiederspiegeln, was das Wesens von Rex ausmacht. Aber genau darum geht es nach meinem Verständnis in diesem bemerkenswerten Buch: Nicht den Behinderten, den Fall will Cathleen Lewis zeigen oder zu erklären versuchen, sondern ihren Sohn mit seinen ganz besonderen, eben ganz außergewöhnlichen Fähigkeiten dem Leser vorzustellen.
Den oben erwähnten Begriffen stellt sich die Autorin entgegen, manchmal mit einer bemerkenswerten Sachlichkeit, manchmal mit Angst, doch immer mit der Liebe, die wohl nur einer Mutter zu eigen ist. Die Eindrücklichkeit, mit der sie von dem Schock berichtet, ein blindes Kind, ein Baby mit einer gewaltigen Zyste im Gehirn zu bekommen, geht unter die Haut. Das Ringen um dieses Kind mit und hin und wieder auch gegen Lehrer, Therapeuten, Helfer, und Ärzte und manchmal sogar mit ihm selber haben in mir einen tiefen Respekt vor dieser Frau geweckt. Welch eine Unermüdlichkeit, welch ein immensen Kraftaufwand nötig sind, um einem behinderten Kind ein Leben in seinem ganz eigenen Rahmen zu gewährleisten, und sei es auch gegen noch so große (innere wie äußere) Widerstände, wird aus dem Erzählten deutlich. Und doch gibt es zwei gewaltige Mächte, die Cathleen und Rex zur Seite stehen: die Liebe, die es ihr ermöglicht, genauer hinzuschauen, hinzuhören, wenn es um ihr Kind geht, und die Musik, die es Rex ermöglicht, auf seine ganz persönliche Weise zu kommunizieren, und die ihm hilft, seine Grenzen ständig zu erweitern. In der Welt der Musik kommt er zur Ruhe und blüht er auf, findet er Wege, die anderen schwer zugänglich, ja teilweise verschlossen sind. (Und Cathleen Lewis würde vermutlich sagen, dass ihr noch eine dritte, für sie die größte Macht zur Seite steht, die ihr Ruhe und Hoffnung, Kraft und Heilung geschenkt hat, nämlich Gott.)
„Was hat denn so ein armes Wurm vom Leben?“ Diese Frage hören Eltern behinderter Kinder oft, und oft genug hören sie auch die Beteiligten selber. Es sind Worte, scheinbar mitfühlend gemeint, doch wissen sie Wunden zu schlagen, von denen sich die Aussprechenden keinen Begriff machen. Und sie zeigen mehr als deutlich, wie Menschen nach ihrer Meinung zu sein, zu funktionieren haben, „normal“ eben. Schade, denn ich wage zu behaupten, dass ein Leben, wie Rex es führt, wie viele andere Behinderte es führen, in einer Art und Weise erfüllt sein kann, die vielleicht nicht Standard entsprechen, dennoch einen Reichtum aufweisen, über den sich manche nicht die Mühe machen nachzudenken. Und sie bringen bei entsprechender Förderung Leistungen hervor, die uns alle nur in Erstaunen versetzen können und müssten. Rex ist ein musikalisches Wunderkind, sein Klavierspiel muss außerordentlich sein. Für mich hat sich die Frage nicht gestellt, ob und inwieweit Kreativität und/oder künstlerische Fähigkeit bei ihm ausgeprägt sind, ob er interpretiert oder „nur“ das spielt, was er gehört hat. Allein schon die Tatsache, dass er improvisiert und transponiert, macht angesichts der diagnostizierten Erkrankung aus ihm etwas besonderes.
„Vor Rex' Geburt hatte ich nicht einmal gewusst, was Freude war.“ (Seite 252)
Cathleen Lewis geht besonders im letzten Kapitel „Nachgedanken“ darauf ein, wie sie über die Behinderung ihres Sohnes zum Glauben fand, wie er ihrer Meinung nach in ihr und ihrer beider Leben wirkt. Ich habe es als sehr berührend empfunden, welche Kraft sie daraus schöpft, wie sie aber auch über die Zweifel, manchmal auch ihren Zorn auf diesen Gott, der ihr (scheinbar?) nicht zuhört oder ihre Gebete nicht so erhört, wie sie das gerne hätte, erzählt. Man mag dazu eine komplett andere Meinung haben, man mag mit ihr darin übereinstimmen. Ich jedenfalls glaube ihr jedes Wort, das sie in diesem Buch gesagt hat, und was ich ihr und Rex wünsche, ist ganz einfach, dass sie der Glaube an und das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und an jene Macht, zu der Cathleen Lewis betet, niemals verlassen wird.
Nachwort:
Wer Rex einmal in Aktion erleben möchte, braucht nur auf YouTube das Stichwort „Rex Lewis“ eingeben. Dort finden sich einige ansehenswerte Filme, unter anderem einer der amerikanischen Fernsehanstalt CBS, in dem auch Rex' Mutter und seine Lehrer zu Worte kommen.
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