In Nordirland ist die Arbeitslosigkeit hoch; da seine Cousine Leslie jemanden kennt, der Darkey White in New York kennt, kommt Michael Forsythe 1992 illegal nach New York. Darkey White beschäftigt für seine Crews gerne die billigen Neuimmigranten ohne dauerhafte Aufenthaltserlaubnis aus Irland. Michael hätte zwar lieber einen legalen Job beim Bau, aber er muss sein Flugticket und die Miete für sein Apartment bei Darkey abzahlen und ist nun Teil einer Crew von Geldeintreibern. Michael verliebt sich in Bridget, die Freundin von Darkey White und beginnt eine Affäre mit ihr. Als Darkey davon erfährt, findet er eine Möglichkeit Michael loszuwerden.
Das Grundgerüst der Handlung von "Der sichere Tod" ist gradlinig: Michael kommt illegal in die USA und arbeitet für Darkey White, Darkey bestraft Michael und Michael will sich an Darkey rächen. Was aber nicht gradlinig ist, und was das Besondere des Buches ausmacht, ist die Erzählung der Geschichte durch Michael Forsythe. Michael hat nicht viel formale Bildung, er hat als Teenager die Schule verlassen, seine "Karriere" bei der britischen Armee war auch relativ schnell und unspektakulär beendet und was sind nun seine Karriereperspektiven bei Darkey White? Michael ist aber unzweifelhaft ein intelligenter und praktisch veranlagter junger Mann und - überraschend? - ein leidenschaftlicher Leser. Da es bei seinem Job auch dazu gehört Wartezeiten zu überbrücken, hat er immer ein Buch dabei.
Durch die Augen von Michael sehen wir New York 1992; bevor Rudy Giuliani Bürgermeister wurde und gründlich aufgeräumt hat, lag die Mordrate bei etwa 2000 pro Jahr. Michael hat ein billiges Apartment in Harlem, Gewalt findet täglich um ihn herum statt und er befindet sich in einer Situation, in der auch von ihm Gewaltanwendung erwartet wird.
Wenn eine Geschichte in der ersten Person erzählt wird, ist es wahrscheinlich, dass der Protagonist überlebt hat. Folglich ist es logisch, dass der Erzähler auch Kenntnis der Ereignisse hat, die während des Ablaufs der Geschichte für den Leser noch in der Zukunft liegen. Michael Forsythe gibt während seiner Erzählung schon Hinweise auf Ereignisse der Zukunft, er erzählt zum Beispiel wie ein anderer Charakter sterben wird, und wie der Verlauf seiner Geschichte völlig anders hätte sein können, wenn nicht Faktor X und Y und Z zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammengetroffen wären. "Dead I Well May Be" ist eine Noir Geschichte mit viel Atmosphäre und spannendem Plot, aber nicht nach dem Erzählprinzip, dass der Plot irgendwelche überraschenden Haken schlagen muss, um den Leser ständig neu zu überraschen, sondern spannend, wie sich der Charakter Michael Forsythe entwickelt.
Inzwischen lese ich regelmäßig Adrian McKinty's Blog, The Psychopathology of Everyday Life. Einige biographische Details aus seinem eigenen Leben hat der Autor für seinen Charakter Michael Forsythe übernommen. Adrian McKinty ist Nordire und in den frühen 1990ern nach New York gezogen, er lebte zunächst illegal in New York und hatte ein billiges Apartment in Harlem, dass er sich wie Michael mit seinen vierbeinigen Mitbewohnern, den Kakerlaken, teilen musste. Er arbeitete unter anderem beim Bau und als Barmann, wobei er allerlei farbenfrohe Gestalten traf, die er genau beobachtete und die ihn gelegentlich für Charaktere in seinen Geschichten inspirierten. In der "DEAD Trilogie" mit Michael Forsythe gibt eine Reihe von Charakteren, die man durch ihre Darstellung wirklich vor sich sieht. In seinem Blog erzählt Adrian McKinty auch von einigen weiteren Situationen, die er selbst erlebt hat und mit denen er seinem Charakter Michael einen realistischen Hintergrund gegeben hat. Ich habe die englische Originalversion, "Dead I Well May Be", gelesen. Irland und die USA haben eine gemeinsame Sprache, aber viele unterschiedliche Dialekte, die neben unterschiedlicher Aussprache natürlich auch spezifische Begriffe und Satzbauten beinhalten. Das Fremdsein eines Iren in New York ist auch sprachlich herausgestellt, diese Unterschiede werden aber in der Übersetzung wahrscheinlich nicht mehr erkennbar sein. Das Thema des "Fremdseins" scheint entweder autobiographisch ziemlich prägend für Adrian McKinty gewesen zu sein, oder aufgrund seines Konfliktpotentials ein spannendes Thema für ihn, denn es zieht sich durch alle seine Bücher.
Michael Forsythe ist ein komplexer, faszinierender Charakter mit einem ausgeprägten Sinn für schwarzen Humor. Die Geschichte ist einerseits auf einer realistischen Basis begründet, Michael hat aber auch eine Aura von "larger than life".
Adrian McKinty gehört zu meinen Neuentdeckungen 2009 und zu meinen neuen Lieblingsautoren.
Zehn Punkte
Der Autor
Adrian McKinty ist geboren und aufgewachsen in Carrickfergus, Nordirland, während der Zeit der Unruhen. Er studierte in Oxford Philosophie. In den frühen 1990ern zog er nach New York und lebte in Harlem, zunächst illegal als Ire in New York. Er arbeitete beim Bau, als Barmann und Buchhändler. Ab 2001 arbeitete als Englischlehrer an einer Highschool in Denver, Colorado. 2008 ist er nach Australien gezogen, wo er mit seiner Familie lebt und als Lehrer arbeitet.
Sein Debütroman "Dead I Well May Be" war 2004 für den CWA Steel Dagger Award nominiert, die Fortsetzung "The Dead Yard" war auf der Liste der zwölf besten Romane 2006 von Publishers Weekly.
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