Die Demütigung - Philip Roth

  • # Gebundene Ausgabe: 144 Seiten
    # Verlag: Hanser (8. März 2010)
    # Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung
    Für Simon Axler geht es bergab. Mit sechzig hat er, einer der besten Theaterschauspieler, alles Selbstvertrauen verloren. Als er auch noch von seiner Frau verlassen wird, kehrt er der Bühne endgültig den Rücken zu und beginnt eine scheinbar unmögliche Beziehung mit der lesbischen Tochter eines Jugendfreundes. Doch was zunächst wie ein belebender Trost aussieht, erweist sich als Flucht vor der Wirklichkeit. Philip Roth erzählt in seinem Roman mit unverwechselbarer Eindringlichkeit und Ironie vom Schicksal eines alternden Schauspielers. Auf Simons Reise ans Ende der Nacht entblößt der in den USA lebende Autor gnadenlos alle menschlichen Täuschungen - Liebe und Macht, Leidenschaft und Prestige.


    Über den Autor
    Philip Roth wurde 1933 in Newark, New Jersey, geboren. Für sein Werk wurde er mit allen bedeutenden amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. Im Jahre 2001 erhielt er die höchste Auszeichnung der American Academy of Arts and Letters, die Goldmedaille für Belletristik, die alle sechs Jahre für das Gesamtwerk eines Autors verliehen wird. 2006 wurde Philiph Roth mit dem Pen/Nabokov-Preis ausgezeichnet, 2007 erhielt er den Saul-Bellow-Preis des Schriftsteller-Verbands und 2009 den "Welt"-Literaturpreis.


    Meine Meinung

    Aufgelöst in Luft.


    Die Hauptperson des Buches ist Simon Axler, ein Schauspieler, der sich selbst nicht mehr in der Lage dazu sieht, seinen Beruf auszuüben.


    "Er hatte seinen Zauber verloren. Der Impuls war erloschen. Auf der Bühne hatte er nie versagt - alles, was er getan hatte, war stark und erfolgreich gewesen, doch dann war das Schreckliche geschehen: Er konnte nicht mehr spielen. Auf die Bühne zu treten wurde zur Qual. An die Stelle der Gewissheit, dass er wunderbar sein würde, trat das Wissen, dass er versagen würde. Es geschah dreimal hintereinander, und beim letzten Mal interessierte es niemanden mehr, es kam niemand mehr. Er erreicht das Publikum nicht. Sein Talent war tot.


    Diese Erkenntnis bringt Axler sogar für sechsundzwanzig Tage in die Psychiatrie, bevor er dann Pegeen kennenlernt und eine Beziehung mit ihr beginnt. Pegeen ist eine vierzigjährige Frau, die nicht nur viel jünger als Axler ist, sondern darüber hinaus auch eigentlich lesbisch und die Frage ist, ob sie ihm wirklich die Erfüllung geben kann, die er sucht.

    Genauso wie "Empörung" ist auch "Die Demütigung" wieder ein kurzes Buch, aber ich glaube, gerade die kurzen Bücher von Philip Roth gefallen mir am Besten. Insgesamt ist das Buch sehr traurig und berührend, an anderen Stellen aber auch abstoßend - vor allem die sehr expliziten Sexszenen hätten meiner Meinung nach nicht immer sein müssen.


    Dennoch: "Die Demütigung" hat mir sehr gut gefallen; zum einen lag das an dem kompakten und reduzierten Schreibstil und zum anderen an der Geschichte selbst. Wenn ich das Buch richtig verstehe, schreibt Roth über einen Mann - Simon Axler - dessen Berühmtheit auf etwas fusst, dass nicht für ewig anhalten kann. Und Axler versucht mit den Konsequenzen die darauf folgen - der Scham, der Unsicherheit, der Verzweiflung, der Müdigkeit - auf seine ganz eigene Art und Weise umzugehen; er versucht einen Weg zu finden, der es ihm ermöglicht, in Würde weiterzuleben.


    10 Punkte.

  • Vielen Dank buzzaldrin für deine Rezension. :wave
    Ich werde mir das Buch auf jeden Fall zulegen

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Nomen est Omen


    Simon Axler ist fünfundsechzig und Bühnenschauspieler mit Leib und Seele, aber plötzlich verschwindet sein Talent, die Fähigkeit, sich in Rollen hineinzuversetzen und zuzuhören, in die anderen Figuren zu lauschen, mit ihnen zu interagieren. Nach einigen desaströsen Auftritten wirft er schließlich das Handtuch und zieht sich auf sein Landgut zurück, in die Einsamkeit, denn die Ehefrau verlässt ihn just in diesem Moment. Axler hadert mit Selbstmordgedanken und liefert sich selbst in eine psychiatrische Klinik ein, wo er eine junge Frau trifft, die ihren Ehemann dabei beobachtet hat, wie er sich an der achtjährigen gemeinsamen Tochter verging. Nach der Entlassung taucht plötzlich die fünfundzwanzig Jahre jüngere Pegeen Mike auf, die Tochter eines befreundeten Schauspielerpaars, und beginnt mit dem alten Mann, der auch noch unter Rückenschmerzen leidet, eine Affäre. Deren Ausgang ist allerdings gewiss, obwohl Axler das nicht wahrhaben will, und erschwerend kommt hinzu, dass die vierzigjährige Freundin eigentlich lesbisch ist. Wenn man den Plot so - den Tatsachen entsprechend - zusammenfasst, erkennt man leicht, was hier grundsätzlich schiefläuft.


    Zwischen essayistischen Abschweifungen zu den Themen Altern und Selbstmord, recht obskuren Männerphantasien und für knapp 130 Seiten bemerkenswert viel Leerlauf erzählt der Altmeister Roth exakt: Nichts. Die schließlich doch noch stattfindende Selbsttötung Axlers wirkt so beliebig wie etwa die Nebenhandlung um die junge suizidale Frau und ihr missbrauchtes Kind. Motivation, Intention, Prämisse - all das sucht man vergeblich, und übrigens auch die titelgebende Demütigung, die hier bestenfalls im Hinblick auf Autor und Werk zu diagnostizieren wäre. Eine zwar routiniert, aber nachlässig konzipierte und erzählte, inhaltsarme Novelle, die thematisch unentschlossen wirkt, manchmal an Roth' "Jedermann" erinnert, aber auch als eine Reprise zu "Der menschliche Makel" verstanden werden könnte, was aber alles keine Rolle spielt, denn dieses Bändchen löst am Ende bestenfalls Fremdschämen aus. Es ist mir unverständlich, warum einer der besten amerikanischen Romanciers im Alter damit anfängt, jeden Unsinn veröffentlichen zu lassen. Möglich auch, dass Simon Axler hier als Alter Ego Nathan Zuckerman nachfolgt - und Roth hat schlicht festgestellt, dass es für ihn nichts mehr zu erzählen gibt.

  • Die Demütigung – Philip Roth


    Meine Meinung:
    Dieser Kurzroman von Philip Roth hat mich überrascht. Im Vergleich zu „Empörung“ ist die Kürze diesmal keine Qualität sondern führt dazu, dass einige Passagen einfach viel zu schwach geraten. Zum Beispiel ist die Trennung des Schauspielers Simon Axler von seiner Frau Victoria nur in raschen Skizzen angedeutet. Die Vergangenheit Victorias wird gut erzählt, deswegen ist es unverständlich, dass sich die Trennung so schnell und ohne weiteres vollzieht. Auch andere, wesentliche Entscheidungen im Roman passieren viel zu lapidar.


    Dabei ist der Anfang vielversprechend. Die berufliche Krise mischt sich mit einer menschlichen. Das macht Sinn und ist Wert, einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Das sich der Protagonist mit einer viel jüngeren Frau tröstet und sogar seine ganze Existenzberechtigung auf sie projiziert, ist Philip Roth-typisch. Das kann man nicht kritisieren, aber als Leser frage ich mich doch, wie oft Philip Roth sich noch wiederholen will. Und in anderen Romanen, z.B. „Der menschliche Makel“ oder „Das sterbende Tier“ sind diese Beziehungen in viel größerer Tiefe dargestellt. Hier erschöpft es sich wieder mal in eher abstoßenden Szenen, die man auch hätte weglassen können. Die Widerstände der Familie der Frau werden auch nur dialogisch angerissen, hier wären ein paar szenisch ausgefüllte Passagen besser gewesen.
    Die einzige Szene, die auf die Beziehung bezogen noch gelingt, ist die plötzliche Trennung.


    Insgesamt gesehen ist Die Demütigung trotz des guten Stils eine große, unerwartete Enttäuschung. Vielleicht sollte der Titel des Romans entsprechend abgeändert werden.