'Hamlet' - 3. Abschnitt: 3. Aufzug - 1. - 2. Szene (bis der König das Schauspiel verlässt)

  • König, Königin und Polonius unternehmen den zweifelhaften Versuch, Hamlet mit Ophelia zu verkuppeln, um ihn wieder zu Verstand zu bringen, doch dafür ist es zu spät, die Verliebtheit wohl vorbei. Außerdem durchschaut Hamlet das Ganze. Der Begegnung mit Ophelia geht der berühmte "Sein oder Nichtsein"- Monolog voraus, in dem Hamlet hin und her gerissen ist von Selbstmordgedanken und der Angst davor, was nach dem Tod sein könnte.
    Hamlet empfiehlt Ophelia, ins Kloster zu gehen. Für sich selbst sieht er irgendwie keine Hoffnung.
    Es folgt die Aufführung eines von Hamlet geschriebenen Stückes durch die Schauspieler, in dem ein Bruder seinen Bruder mordet, auch auf die gleiche Weise wie bei Hamlets Vater. Auch hier wechselt die Frau zum anderen Mann, obwohl sie vorher sagt:
    "Das, was die Bande zweiter Ehe flicht,
    Ist schnöde Sucht nach Vorteil, Liebe nicht.
    Es tötet noch einmal den toten Gatten,
    dem zweiten die Umarmung zu gestatten."
    Als der König im Schauspiel ermordet wird, verlässt der König den Saal.
    ****


    Als das Stück im Stück aufgeführt wird, wechselt die Sprache ins Gereimte. Bei Hamlets Monolog verstehe ich nicht alles bis ins Letzte, gebe ich ehrlich zu. Vielleicht hilft mehrmals lesen :lache

  • Ich habe mir gerade die letzten Worte, bevor der Brudermörder den Saal verlässt, nochmal durchgelesen -einfach unglaublich!


    Hamlet redet scheinbar belanglos mit Ophelia, denn auf seinen Onkel achtet für ihn sein Freund Horatio.
    Die Königin hat auch bemerkt, dass mit dem Stück etwas nicht stimmt und fragt nach des neuen Gatten Befinden.
    Auch Polonius will, dass es aufhört. Ist er nur treu oder wieviel weiß er von dem Mord?
    Und der König selbst gerät in Panik.


    "Ophelia: Der König steht auf.
    Hamlet: Wie durch falschen Feuerlärm erschreckt?
    Königin: Wie geht es meinem Gemahl?
    Polonius: Macht dem Schauspiel ein Ende!
    König: Leuchtet mir! Fort!
    Polonius: Licht! Licht! Licht!


    Alle ab, außer Hamlet und Horatio."

  • Der berühmte Monolog hat mir ziemlich gut gefallen, die Gedanken, die sich Hamlet über das Leben und den Tod macht, sind zwar nicht wirklich neu, aber sprachlich wirklich sehr schön, zum Beispiel:
    "The undiscovered country, from whose bourn
    No traveller returns, puzzles the will,
    And makes us rather bear those ills we have
    Than fly to others that we know not of?"


    Der Dialog mit Ophelia hat mir ebenfalls gefallen - Hamlet ist zwar gemein, aber sein Zynismus auch einfach herrlich. Mir wird er mit seiner ganzen düster-nachdenklich-verwirrten Art echt zunehmend sympathischer. In meinen Anmerkungen findet sich übrigens eine mögliche Erklärung dafür, warum Hamlet so angenervt ist in diesem Gespräch. Ophelia sagt am Anfang, dass sie Hamlet "remembrances", also Gegenstände, die er ihr gegeben hat, zurückgeben möchte. Hamlet erinnert das aber daran, dass der Geist (ich weiß nicht genau, an welcher Stelle) gesagt hat, dass Claudius seine Mutter mit Geschenken dazu gebracht hat, ihn zu heiraten. Hamlet sieht jetzt seine eigenen Geschenke in diesem Licht - als wären sie eine Art Bestechung, ein Mittel zur Verführung -, und streitet deswegen hab, dass er Ophelia überhaupt etwas geschenkt hat - und hat außerdem ganz schlechte Laune, weswegen - laut meiner Anmerkung - das ganze Gespräch seltsam und für Ophelia sehr verletztend verläuft.


    Dank meiner Anmerkungen verstehe ich sogar diverse anzügliche Bemerkungen.


    Ophelia: You are keen, my lord, you are keen.
    Hamlet: It would cost you a groaning to take off my edge.


    Ophelia will eigentlich sagen: Du bist satirisch, ironisch (steht so in der Anmerkung - wie heißt es denn auf deutsch?), "keen" steht aber wohl auch für "sexual sharp-set", was soviel wie sexhungrig heißt. Hamlet versteht (absichtlich oder unabsichtlich?) letzteres, und antwortet, dass es Ophelia nur ein "groaning" (= "Schrei" einer Frau, wenn sie ihre Jungfräulichkeit verliert) kosten würde, seinen "Hunger" zu stillen.


    Tz tz. Das war aber doch irgendwie schon ganz schön frech für die damalige Zeit, oder?


    Der zweite Aufzug verlief in etwa so, wie ich erwartet hätte. Das Stück wird aufgeführt, der König reagiert verdächtig darauf. Er bricht das Stück sogar ab, und verschwindet...mal abwarten, was Horatio und Hamlet im nächsten Teil daraus machen.


  • Und da habe ich gedacht, dass nur ich beim Lesen zweideutige Assoziationen hatte... :chen


    Hier auf deutsch:


    "Ophelia: Ihr seid spitz, mein Herr, Ihr seid spitz.
    Hamlet: Ihr würdet zu stöhnen haben, ehe Ihr meine Spitze abgestumpftet."


    Ich glaube, Herr Shakespeare war schon so ein Frecher. In anderen Stücken finden sich auch frivole Bemerkungen, die dem Volk die manchmal trockenen Dialoge würzten :lache

  • Zitat

    Original von Clare
    Ich glaube, Herr Shakespeare war schon so ein Frecher. In anderen Stücken finden sich auch frivole Bemerkungen, die dem Volk die manchmal trockenen Dialoge würzten :lache


    Er musste die Leute ja irgendwie unterhalten! :chen

  • Zitat

    Original von Mary26_87


    Er musste die Leute ja irgendwie unterhalten! :chen


    Aber das finde ich eben das schöne an Shakespeare im Vergleich zum Beispiel zu Schiller, der sein Publikum moralisch erziehen wollte. Wie langweilig. :rolleyes ;-)

  • Der König und Polonius planen ein Zusammentreffen von Hamlet und Ophelia, um ihn zu prüfen. Beim Treffen sagt Hamlet Ophelia, dass er sie nicht liebt und ratet ihr in ein Kloster zu gehen, damit sie keine Sünder zu Welt bringt wie er einer ist. Der König weiß nun, dass Hamlet kein "Liebeskummer" hat sondern, dass etwas anderes dahinter steckt und will ihn nach England schicken.
    Hamlet beauftragt Horatio währenddessen den König im Laufe des Stücks zu beobachten. Als das Stück "Die Mausefalle" zum Punkt der Tötung des Königs kommt, verlässt der Köing (Hamlets Onkel) den Saal. Nun weiß er, dass Hamlet von seinem Verrat Bescheid weiß.


  • Wirklich ganz schon frech - der Shakespeare. Und da denke ich immer, die Leute früher wären so brav gewesen...


    Ophelia wird von allen nur hin-und-her geschubst. Erst vom Bruder und Vater, jetzt vom König und dann sagt Hamlet auch noch, er wäre nicht mehr verliebt und sie könne ins Kloster gehen - die Arme!


    Schön auch die Szene, in der der König geht - da er den Mord erkennt! :wave

  • Zitat

    Original von Glass


    Aber das finde ich eben das schöne an Shakespeare im Vergleich zum Beispiel zu Schiller, der sein Publikum moralisch erziehen wollte. Wie langweilig. :rolleyes ;-)


    Da hast du recht!
    Ich finde seine Hauptfiguren interessant, erfrischend unperfekt. Es gibt zwar auch immer "die Moral von der Geschicht", aber selten den erhobenen Zeigefinger.

  • Zitat

    Original von HeikeArizona
    Das mit dem "spitz" hatte ich komplett überlesen. Danke, daß Ihr mich drauf gebracht habt


    Ich habe es auch nicht wahr genommen ... trotz äußerst intensivem Lesens! :grin


    Nun aber zu meinen Notizen ... :chen Der Monolog "Sein oder Nichtsein" regt natürlich zum Nachdenken an, wie das ganze Stück, vor allen Dingen die Frage, warum die Menschen lieber leben, anstatt von den Übeln im Diesseits in "unbekannte Übel zu fliehen".


    Dann erklärt Hamlet Ophelia, er habe sie geliebt, anschließend behauptet er, er habe sie nie geliebt, wird teilweise echt beleidigend, wenn ich es richtig mitbekommen habe - und Ophelia glaubt jetzt erst recht, einen Wahnsinnigen vor sich zu haben.


    Der König ahnt, dass Hamlet etwas plant, nachdem er das Gespräch zwischen Ophelia und Hamlet belauscht hat, und will ihn nach England schicken, um ihm das "Gefährliche" auszutreiben - ich habe den Eindruck, er ist überzeugt, dass Hamlet nur den Wahnsinnigen spielt. Polonius jedoch glaubt noch immer, dass Hamlet in Ophelia verliebt ist und schlägt vor, dass Gertrude mit Hamlet sprechen soll, während Polonius heimlich anwesend sein will.


    Vor dem Stück bittet Hamlet seinen Freund Horatio um Hilfe, während er selbst sich zu Ophelia setzt und weiterhin den Verwirrten mimt. (Sein Vater sei erst seit zwei Stunden tot ...)


    Nachdem der König das Stück dann verlassen hat, weist Hamlet Güldenstern mal deutlich in seine Schranken; außerdem fühlt er sich von Polonius ziemlich veralbert, glaube ich. Dennoch folgt Hamlet dessen Bitte, zu seiner Mutter zu gehen.


    Also, dieser Abschnitt ließ sich für mich wieder sehr flüssig lesen, vielleicht, weil er nicht nur aus endlosen Monologen bestand, sondern auch die Handlung deutlich voranschritt. Irgendwie war ich während des Lesens ziemlich unruhig, ich wollte unbedingt wissen, wie es weiter geht.


    Ich weiß zumindest schon, dass "Hamlet" nicht das letzte Stück von Shakespeare ist, das ich lesen werde ... Also, mir gefällt's. :grin


  • Das ist nicht die einzige zweideutige Stelle in diesem Abschnitt. Auch an anderer Stelle, als Hamlet sich zu Ophelias Füßen niedersetzt, macht er so eine Bemerkung: "Fräulein, soll ich in Eurem Schoße liegen?"
    ..."Denkt Ihr, ich hätte erbauliche Dinge im Sinne?"
    ..."Ein schöner Gedanke, zwischen den Beinen eines Mädchens zu liegen"
    Und das, nachdem er sie vorher recht rabiat abgewiesen hat und ihr nahegelegt hat, ins Kloster zu gehen.
    Hamlet benimmt sich wirklich sehr seltsam, und niemand weiß so recht, was davon zu halten ist.
    Insgeheim beobachtet er den König und hat auch seinen Freund beauftragt, ein Auge auf ihn zu werfen, wenn die Mordszene gespielt wird.
    Als der König bei der Theateraufführung aufsteht und geht, ist das so etwas wie ein Schuldgeständnis.

  • Dass Hamlet sich Ophelia gegenüber so benimmt und meint, sie solle ins Kloster gehen, hatte ich in der Form nicht erwartet. Klar, dass sie nun entdgültig glaubt, er sei verrückt geworden.


    Der König scheint aber langsam zu durchschauen, dass Hamlet irgendeinen Plan verfolgt.


    Die Zweideutigkeiten zwischendurch sind mir auch aufgefallen, gut, dass ihr sie auch entdeckt habt :lache ganz schön frech.


    mal sehen, was sich nun so ergibt :lesend

  • Zitat

    Original von Fuchur
    ...
    Die Zweideutigkeiten zwischendurch sind mir auch aufgefallen, gut, dass ihr sie auch entdeckt habt :lache ganz schön frech.


    mal sehen, was sich nun so ergibt :lesend


    ...jedenfalls keine Frechheiten und anzügliche Bemerkungen mehr, damit ist's vorbei. Was folgt ist "nur" noch Tragödie...

  • Zitat

    Original von Clare


    ...jedenfalls keine Frechheiten und anzügliche Bemerkungen mehr, damit ist's vorbei. Was folgt ist "nur" noch Tragödie...


    :write leider - aber für eine Tragödie nachvollziehbar (dafür gibt es jetzt viel mehr Tote..)

  • Zitat

    Original von bibliocat
    ...
    :write leider - aber für eine Tragödie nachvollziehbar (dafür gibt es jetzt viel mehr Tote..)


    Stimmt, gestorben wird schnell bei Shakespeare. Ich sage nur: Oh, ich bin umgebracht!... :lache