Jugendliche ersteigern für 130 Mio. Euro Waren - Verfahren eingestellt

  • Weilburg. (br). Mit ungewöhnlichen Auflagen ist ein ebenso ungewöhnliches Verfahren gegen drei Jugendliche vom Amtsgericht Weilburg eingestellt worden. Die nach Jugendrecht wegen Datenveränderung angeklagten Schüler der Staatlichen Technikerschule in Weilburg hatten im vergangenen Jahr bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, weil sie im Unterricht vom Schulcomputer aus Waren in Wert von 130 Millionen Euro bei dem Internet-Auktionshaus "Ebay" ersteigert hatten. Dafür müssen sie sich jetzt mit chinesischer Philosophie beschäftigen.


    Amtsrichter Wolfgang Lechner stellte das Verfahren gegen die drei Jugendlichen aus einer Westerwaldgemeinde gegen die Auflage ein, dass sie eine ausführliche Ausarbeitung über eine Spruch des chinesischen Philosophen Konfuzius zu verfassen hätten: "Was du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem andern zu".


    Des weiteren habe Lechner auf weitere strafrechtliche Mittel verzichtet, weil die drei Schüler noch immer unter den Folgen ihrer Tat zu leiden haben. Die Weilburger Technikerschule kündigte den Hackern die Unterkunft im Wohnheim der Schule, außerdem haben sie die Kosten des Verfahrens und die für ihre Anwälte zu tragen; die Schule könnten sie weiterbesuchen.


    Gaststätten, Schmuck und Flugzeuge hatten die drei Schüler während des Unterrichts ersteigert - ohne dass der Lehrer davon etwas mitbekommen hatte. Zuvor hatten sie das Passwort eines "Ebay"-Benutzers aus Ludwigsburg (bei Stuttgart) erraten und hatten so Zugriff auf sein Benutzerkonto. Dem Internet-Auktionshaus kam die Sache allerdings schnell komisch vor und es stoppte die Transaktionen.


    Dem "Ebay"-Nutzer aus Ludwigsburg sei deshalb kein Schaden entstanden, teilte das Internet-Auktionshaus dieser Zeitung auf Anfrage mit.


    Zwar seien rechtskräftige Verträge zustande gekommen, doch alle Vertragspartner seien von ihren Vertragsrechten zurückgetreten und damit sei weder für die Schüler noch für das Auktionshaus ein finanzieller Schaden entstanden, teilte die Internetfirma mit. Außerdem sei laut "Ebay" das Anmeldeverfahren verändert worden.


    Der Schulleiter der Technikerschule hatte nach dem Vorfall "Ebay" Mitschuld an dem Vorfall gegeben. Nur durch einen Zufall konnte die Polizei die Schüler der 130-Millionen-"Einkaufstour" damals ausfindig machen - weil durch einen Systemfehler des Schulrechners die Benutzerdaten nicht wie üblich gelöscht wurden.


    Keine große kriminelle Energie


    Eine große kriminelle Leistung sie das ganze auch nicht gewesen, sagte Staatsanwalt Hans-Joachim Herrchen, Sprecher der Limburger Staatsanwaltschaft. "Betrug war es nicht, deshalb haben wir auch wegen Datenveränderung geklagt", sagte der Staatsanwalt gegenüber dieser Zeitung. Nunmehr ist der Fall um den "Blödsinn", wie Schulleiter Wolfgang Hill die Sache kommentierte, abgeschlossen.



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