Susan Hill: Der Toten tiefes Schweigen

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    In the peaceful cathedral city of Lafferton, a gunman is terrorising
    young women. What - if anything - links the attacks? Is the marksman
    with a rifle the same person as the killer with a handgun or do the
    police have two snipers on their hands? Detective Chief Superintendent
    Simon Serrailler is in charge of the case, but he is also struggling to
    deal with a tragedy at the heart of his own family. Two forthcoming
    events - a local fair and the high-profile cathedral wedding of the Lord
    Lieutenant's daughter - only add to the pressure.




    Meine Meinung


    Das ist der vierte Band in der Serie um DCS Simon Serrailler. In Lafferton geht ein Sniper um, der junge Frauen erschießt. Die Polizei tappt im Hinblick auf das Motiv völlig im Dunkeln. Im Gegensatz dazu fällt dem Leser gleich auf, dass die Opfer vor kurzem geheiratet haben, bzw. im Begriff sind, zu heiraten. Der Leser hat allerdings auch den Vorteil, Einblick in die Psyche des Täters nehmen zu können, der in alternierenden Erzählabschnitten zunehmend detaillierter vorgestellt wird, ohne dass dabei sein Name verraten wird.
    Neben der eigentlichen Krimihandlung spielt auch das Familienleben der Serrailers wieder eine entscheidende Rolle in diesem Roman. Nach den tragischen Begebenheiten des dritten Bandes wird die Familie schon wieder von einem Schicksalsschlag getroffen...
    "The vows of silence" ist von der Atmosphäre sehr düster gehalten. Wer an Depressionen leidet, sollte lieber die Hände davon lassen, denn es geht zentral um den Tod in verschiedenen Erscheinungsformen: qualvolles Dahinsiechen nach schwerer Krankheit wie andererseits auch den plötzlichen Tod mitten aus dem blühenden Leben heraus.
    Simon Serailler ist mir in diesem Buch auch nicht sympathischer geworden als früher, er ist nach wie vor - meinem Empfinden nach - ein egozentrischer Soziopath.


    Dennoch hat mir der vierte Band der Serie nach dem schwächeren Vorgänger wieder sehr gut gefallen. Der Umgang mit dem vorhersehbaren, wie auch dem plötzlichen Tod wird von der Autorin sehr feinfühlig und nachvollziehbar dargestellt, der Roman bietet gleichzeitig sowohl Anregung zum Nachdenken als auch spannende Unterhaltung.
    Ein bisschen dick aufgetragen ist die Portion des auf die diversen Hauptfiguren herabregnenden Unglücks (ich kann es nicht besser ausdrücken, ohne zuviel zu verraten), in diesem Fall wäre etwas weniger mehr gewesen. Ansonsten kann ich diesen Krimi der gehobenen Klasse aber bedenkenlos empfehlen.

  • Kann bitte jemand auch den Titel in der Threadüberschrift ändern bzw. hinzufügen? Ich finde es immer ziemlich blöde, in einem deutschen Forum mich erst noch nach den englischen Titeln umzuschauen. Wenigstens war ja schon die ISBN Nummer drin *g. Hier dann auch noch meine Meinung.


    Ein verrückter Serienmörder, private Tragödien der Ermittler und unbedeutende Nebenschauplätze – Susan Hill hat eine ganze Menge hier hinein gepackt. Vielleicht sogar ein bisschen zuviel. Simon Serrailler ist zum Detective Chief Superintendent der Serious Incident Flying Taskforce, kurz SIFT, befördert worden, das Einsatzkommando für besonders schwerwiegende Fälle. Zurzeit beschäftigt ihn besonders eine Serie von Mordfällen an jungen Frauen, die nur eines gemeinsam haben – eine Hochzeit. Entweder sind sie frisch verheiratet, oder wollen zum Jungesellinnenabschied oder nähen Hochzeitskleider, diese Verbindung reicht aber aus, um erst einmal alle zukünftigen Paare vorsichtig werden zu lassen. Zusätzlich ist noch eine große Hochzeit geplant, bei der auch Mitglieder der königlichen Familie kommen wollen. Ob sie wohl das eigentliche Ziel sind? Denn eine weitere Gemeinsamkeit der ermordeten Frauen findet sich nicht.


    Die Pastorin Jane hat endgültig ihr Kloster verlassen, in dem sie sich für einige Zeit zurückgezogen hatte. Sie ist dorthin geflüchtet, da sie mit ihrer vorherigen Lebenssituation nicht mehr zurechtkam. Simon ist ihr sehr nahe gekommen, aber bevor sie ihre Beziehung klären können, flüchtet sie lieber. Jetzt kommt sie wieder zurück, um einer Sterbenden für den letzten Weg beizustehen. Als sie merkt, dass sie gebraucht wird, bleibt sie erst einmal, geht aber Simon aus dem Weg – er ihr übrigens auch. Sie muss auch Simons Schwester Cat moralisch unterstützen, bei ihrem Mann wird ein Gehirntumor festgestellt. Die Prognose ist nicht besonders positiv und Cat ist am Boden zerstört. Ausgerechnet jetzt kann Simon nicht vollständig seiner Schwester und ihren drei Kindern zur Seite stehen, die Mordfälle nehmen ihn zu sehr in Anspruch. Zusätzlich erzählt Susan Hill noch eine Geschichte um Helen Creedy, die nach dem Tod ihres Mannes wieder Lebensmut fasst und sich mit einem Mann trifft. Ihre Tochter ist begeistert, ihrem Sohn Tom gefällt das gar nicht, denn ihr neuer Freund ist Atheist. Tom hat sich einer gläubigen Gemeinschaft angeschlossen, die sektenähnliche Züge zeigt. Er ist völlig überzeugt von der Lehre Gottes und möchte unbedingt seine Mutter und Schwester auf den rechten Weg führen. Als ihm dieses nicht gelingt, greift er zu einer sehr drastischen Maßnahme.


    Schon beim Lesen fragt man sich unwillkürlich, wie die einzelnen Personen mit dem Fall zusammenhängen. Susan Hill schildert sehr ausführlich das Leben ihrer Protagonisten und deren Freunde, ist aber zu sehr detailverliebt, daher bleibt die Spannung auf der Strecke. Als könnte sie sich nicht entscheiden zwischen einem Familiendrama und einem Thriller. Beides zusammen passt nicht ganz, sie räumt beidem den gleichen Raum ein. Simon ist viel mehr damit beschäftigt, seiner Schwester beizustehen und sich über die neue Frau an seines Vaters Seite zu ärgern, als dass er sich wirklich Gedanken über seine Fälle macht. Und was hat Helen Creedy nur mit allem zu tun? Verhält sich ihr neuer Freund irgendwie auffällig? Leider erfahren wir vieles nicht, Susan Hill lässt eine Menge Fäden locker in der Luft hängen und dem Leser eine Menge Fragen unbeantwortet. Warum wurden genau diese Frauen ausgesucht und ermordet? Man erfährt zwar zwischendurch die Gedanken des Täters, kann sich seine Gründe auch in etwa zusammenreimen, aber die endgültige Auflösung fehlt leider komplett. Durch die Fülle an Nebenschauplätzen versucht die Autorin zwar, ins Detail zu gehen, verliert aber wohl die Übersicht und so erfahren teilweise sehr dramatische Ereignisse nicht die gebührende Tiefe und Aufmerksamkeit, die der Leser sich insgeheim wünscht.


    Es mag sein, dass einige Personen schon in vorherigen Büchern aufgetaucht sind, dieses hier ist ja nicht das erste Buch mit Simon Serrailler. Man kann es ohne Vorkenntnisse lesen, vielleicht erklärt das aber auch das Unverständnis über einige Nebenhandlungen, die nun wirklich so gar nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun haben. Der Schreibstil ist angenehm, dramatische Ereignisse überschlagen sich am Ende. Die Charaktere sind bodenständig und tiefgründig, man kann sich sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihnen leiden. Es sind allerdings sehr viele, so dass einigen zwischenmenschlichen Beziehungen nicht die Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, die sie verdienen. Das Cover passt sehr gut zur Geschichte, es ist eine schöne, edle Aufmachung zu einem moderaten Preis.


    Fazit


    Spannend, aber nicht reißerisch und relativ unblutig trotz der vielen Toten, so lässt sich der neue Fall um Simon Serrailler beschreiben. Susan Hill lässt ihre Charaktere leben, sie erspart ihnen nichts. Das Leben ist genauso wichtig wie die Auflösung eines Falles, die Ermittlungsarbeit ist gleichwertig wie die menschlichen Dramen. Leider bleibt sie viele Antworten schuldig, man hat beim Zuklappen des Buches das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Zuviel wird angesprochen, aber nicht aufgeklärt, vielleicht muss man erst den nächsten Band lesen, um hier Antworten zu bekommen, sofern es denn noch einen geben wird.