Piper, Februar 2010
Kurzbeschreibung:
Maarten ’t Hart, augenzwinkernder Moralist und wunderbar leichthändiger Erzähler, legt einen neuen großen Roman vor: »Der Schneeflockenbaum« ist die tragikomische Geschichte zweier Außenseiter und ihrer lebenslangen Rivalität in der Liebe.
Vom ersten Tag an war seine Mutter misstrauisch gewesen gegenüber der »dürren Missgeburt«, wie sie seinen Freund Jouri immer nannte. Als Sohn eines Kollaborateurs hatte Jouri in den Niederlanden der Fünfziger Jahre wahrhaftig nicht viel zu lachen, genauso wenig wie der Erzähler selbst, der mit seinem eigensinnigen Humor und seinen Darmwinden Mitschüler und Lehrer quälte. Als sich dann einmal die kleine Ria Dons tapfer an seine Seite stellt und ihm, gegen Bezahlung von fünf Cent, sogar erlaubt sie zu küssen, ist das der Beginn einer schmerzlichen Erfahrung – denn Jouri zerreißt das zarte Band und spannt ihm ungerührt die Freundin aus. Voller funkelnder Lust am Erzählen ist »Der Schneeflockenbaum« ein Roman um verlorene Liebe, ein lebenslanges Missverständnis und eine unerklärliche Freundschaft.
Über den Autor:
Maarten 't Hart, geboren 1944 in Maassluis bei Rotterdam, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich 1987 als freier Schriftsteller in Warmond bei Leiden niederließ. Nach seinen Jugenderinnerungen »Ein Schwarm Regenbrachvögel« erschien 1997 auf Deutsch sein Roman »Das Wüten der ganzen Welt«, der zu einem überragenden Erfolg wurde und viele Auszeichnungen erhielt. Seine zahlreichen Romane und Erzählungen machen ihn zu einem der meistgelesenen europäischen Gegewartsautoren.
Meine Meinung:
Der Schneeflockenbaum ist quasi so etwas wie ein Erinnerungsbuch mit kurzen, sehr ironischen Passagen, die Maarten´t Hart wie einen niederländischen Rafik Schami wirken lassen. Der Protagonist erinnert sich als Erwachsener, teils im Gespräch mit seiner Mutter, die süffig kommentiert, an seine Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit. Im Mittelpunkt steht seine enge Freundschaft zu Juori, einem Jungen, dessen Vater als Kollaborateur im Krieg tätig war. Zwischen den beiden Jungen herrscht Freundschaft, aber auch eine Konkurrenz, die sich dahingehend äußert, dass Jouri seinem Freund immer die Mädchen ausspannt.
Diese Freundschaft ist in den frühen Passagen so beschrieben, dass der Leser an alte Romane, wie z.B. Demian von Hermann Hesse oder die Hanno/Graf Mölln-Passagen aus Thomas Manns Buddenbrooks denken muss.
Erst als die beiden an unterschiedlichen Universitäten studieren, trennen sich die Wege, doch ein unsichtbares Band verbindet sie weiterhin. Jouri ist immer Teil seiner Gedanken, wenn es um seine Beziehungen zu Frauen geht, auch noch nachdem beide geheiratet haben.
Der Roman ist intelligent und amüsant, aber auch tiefgründig geschrieben.
Er erzählt nebenbei auch von der Leidenschaft des Erzählers für klassische Musik, die in der Nachkriegszeit nicht selbstverständlich war, denn selbst wenn jemand einen Plattenspieler besaß, fehlte dann oft das Geld für Schallplatten.
Die teilweise obskuren Gedankengänge des Protagonisten und Maarten´t Harts ihm eigene Erzählweise verleihen dem Schneeflockenbaum den Stil eines Schelmenromans.
Durch die gute Buchgestaltung mit Aufteilung in kurzen Kapiteln entsteht eine gute Lesbarkeit, der Roman ist dadurch aber auch kürzer als der erste Eindruck vermittelt.