Bischöfin und Promille

  • Hallo, SiCollier.


    Ich denke, das müssen wir nicht weiterführen. Ich schmökere seit drei Tagen wieder mal verstärkt in Bibel und Koran, und vor allem der letztgenannte, aber auch die Bibel enthalten sehr, sehr viele je nach Gusto auslegbare oder sogar widersprüchliche Stellen. Gerade der Koran bietet im Prinzip für fast jede Handlungsweise die richtige Rechtfertigung, aber in der Bibel ist es oft auch nicht anders. Nichtsdestotrotz ist es falsch, "Wer ohne Schuld ist" zu zitieren, denn Sünden sind vergleichsweise genau definiert, wohingegen Schuld ein moralisches Prinzip darstellt (siehe: Unschuld - ein Päckchen, das auch nichtreligiöse Frauen heute noch zu tragen haben).


    Wer einer Kirche vorsteht, muss sich vor ihr rechtfertigen, also ihren Ansprüchen und Grundsätzen genügen. Wenn die Kirche zugleich eine staatlich begünstigte Organisation ist, muss man sich als Würdenträger möglicherweise auch der Gesellschaft gegenüber rechtfertigen. Wer im Fast-Vollrausch durch die Gegend fährt, wird wahrscheinlich beides nicht mehr können. Zumal ja noch eine Verurteilung folgen wird.

  • Hallo Tom:


    Zitat

    Original von Tom
    Hallo, SiCollier.


    Ich denke, das müssen wir nicht weiterführen.


    :write Das sehe ich genauso (weshalb ich bisher auch nur sehr knapp geantwortet habe). Wir kommen sowieso auf keinen gemeinsamen Nenner, außer auf diesen, und vielleicht auf diesen:


    Zitat

    Original von Tom
    (...) aber auch die Bibel enthalten sehr, sehr viele je nach Gusto auslegbare oder sogar widersprüchliche Stellen.


    :write



    :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Nala
    Mir kommt da auch das Sprichwort: "Wasser predigen, aber selbst Wein trinken" in den Sinn....


    Dieses "Sprichwort" lese ich jetzt hier in diesem Thread zum 2. oder gar 3. Mal.
    Daher würde es mich schon mal interessieren, in welchem Zusammenhang sie "Wasser" gepredigt hat.


    Hat sie das erwachsenen Menschen gepredigt?


    Nachtrag:
    Ich persönlich kann nämlich absolut kein Fehlverhalten darin erkennen, dass diese Frau, auch wenn sie in hoher Stellung war, hin und wieder mal ein Glas über den Durst getrunken haben sollte.


    Das Fehlverhalten liegt - für meine Begriffe - ganz klar darin, dass sie sich so ans Steuer gesetzt hat.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
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    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Joan ()

  • Ich denk, das mit "Wasser" und "Wein" ist ja nicht so wörtlich gemeint... Frau Käßmann hat meines Wissens nie gesagt, dass man keinen Alkohol trinken darf. Sehr wohl aber hat sie was über Alkohol am Steuer gesagt. Und bei Wasser und Wein geht es ja nicht konkret um die beiden Dinge sondern generell um Gegensätze.

    "Ich bin dreimal angeschossen worden – was soll man da machen." (Robert Enke)


    "Accidents" happen in the dark.

  • Zitat

    Original von Fran-87
    Ich denk, das mit "Wasser" und "Wein" ist ja nicht so wörtlich gemeint... Frau Käßmann hat meines Wissens nie gesagt, dass man keinen Alkohol trinken darf. Sehr wohl aber hat sie was über Alkohol am Steuer gesagt. Und bei Wasser und Wein geht es ja nicht konkret um die beiden Dinge sondern generell um Gegensätze.


    Genauso ist es!!


    Abgesehen davon: Immerhin ist ja Fastenzeit, eine für die Kirche recht bedeutsame "Einrichtung". Wie glaubwürdig kann ein Kirchenoberhaupt sein, welches sich genau zu dieser Zeit mit 1,5 Promile ans Steuer setzt??


    LG Nala

  • Zitat

    Original von Joan
    Ahaaa, ist dieser Thread nun doch noch total im religiösen Bereich gelandet....mit der entsprechenden Mühe und Not. ;-)


    Da Dreh-und Angelpunkt der ganzen Aufregung die Tatsache ist, dass es sich bei Frau Käßmann um eine Bischöffin handelt, es ist m.E. unausweichlich, im religiösen Bereich zu landen ;-)


    Noch schlimmer finde ich allerdings, dass sie sich nicht nur besoffen ans Steuer setzte, sondern auch noch besoffen ans Steuer eines Phaeton :yikes

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Bloß das das mit dem Fasten mit den Protestanten nichts zu tun hat- das ist eine katholische Übung, Aschekreuz und so gibts in der EKD nicht. Allerdings ist es seit etwa 15 Jahren gängige Praxis auch evangelischer Christen und auch vieler Nichtchristen in der katholischen Fastenzeit eine Verzichtsübung durchzuführen- sie es Alkohol oder Nikotin, oder der Verzicht darauf Bücher zu kaufen...

  • Zitat

    Original von beowulf
    Bloß das das mit dem Fasten mit den Protestanten nichts zu tun hat- das ist eine katholische Übung, Aschekreuz und so gibts in der EKD nicht. Allerdings ist es seit etwa 15 Jahren gängige Praxis auch evangelischer Christen und auch vieler Nichtchristen in der katholischen Fastenzeit eine Verzichtsübung durchzuführen- sie es Alkohol oder Nikotin, oder der Verzicht darauf Bücher zu kaufen...


    Ja, und damit rutscht, wie ich beobachten konnte, eine solche Verzichtsübung oftmals in die esoterische Eckes, schließlich hat nicht das Christentum die Askese erfunden.
    Gerade "Nichtchristen" (und da besonders Frauen), neigen offensichtlich zu der Ansicht, beseelt von einem eher unreflektierten Deismus, "irgendwie" sei Verzicht zu üben gut fürs Seelenheil (was vielleicht gar nicht ganz falsch ist), zumindest gut für die Natur, und verlegen diese Verzichtszeit dann, die christlich-abendländlische Sozialisation lässt grüßen, auf die katholische Fastenzeit.
    Ich könnte mir sogar vorstellen, dass eine intelektuell orientierte Protestantin diese Übung dann gerade nicht mitmachen will.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Für mich geht es in diesem Fall primär um den Komplex Verantwortung.
    Es ist verantwortungslos, volltrunken Auto zu fahren, keine Frage.
    Andererseits hat Frau Käßmann mit dem Ratsvorsitz ja auch eine Verantwortung für ihre Organisation übernommen. Sie hat vor gar nicht allzu langer Zeit gesagt, dass sie sich das Amt zutraut und die Mehrheit hat gesagt, sie sei die Beste dafür. Sie hat die Wahl angenommen und damit die Verantwortung dieses Amtes übernommen, die sie nun zugleich mit den Privilegien ablegt. Ich finde, das sollte man nicht leichtfertig tun, deswegen ist es für mich lobenswert, dass sie ein paarmal über diesen Schritt geschlafen hat.
    Ob der Schritt an sich richtig ist, kann ich nicht beurteilen, ich bin kein Mitglied einer evangelischen Kirchengemeinschaft. Nachvollziehen kann ich ihn nicht. Sie hat gegen ein Gesetz und vermutlich gegen die Regeln ihrer Glaubensgemeinschaft verstoßen. Na und? Jede und jeder macht solche Fehler, selbst alle Päpste sind bekennende Sünder und bleiben dennoch Papst. Wenn die Tatsache, Fehler zu machen, jemanden für das Amt der Ratsvorsitzenden disqualifiziert, dann wird der Posten wohl vakant bleiben.
    Soweit ich mitbekommen habe, begründet Frau Käßmann ihren Rücktritt damit, dass sie nach diesem Vorfall nicht mehr die nötige Autorität hätte. Falls das zutrifft, halte ich die Erwartungshaltung der Gläubigen für bedenklich. Jemand, der einen Fehler eingesteht, sich zu bessern versucht und wo angebracht Wiedergutmachung leistet (wobei in diesem Fall ja noch nicht einmal ein Schaden entstanden ist) wäre für mich Vorbild genug.
    Nicht weniger Respekt als dieser Rücktritt hätte es mir abgenötigt, wenn Frau Käßmann sich entschieden hätte, der Verantwortung ihrer Ämter weiterhin nachzukommen, dort dann natürlich konstruktiv mit ihrer Verfehlung umzugehen. Eher mehr.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Ist Althaus mit zuviel Promille unterwegs gewesen? :gruebel


    Nein, aber das spielt ja auch keine Rolle. Auch er bekleidete ein hohes Amt und führte es weiter, obwohl er einen Menschen auf dem Gewissen hat. Mir stößt sowas sauer auf.

    "I think too much. I think ahead. I think behind. I think sideways. I think it all. If it exists, I’ve fucking thought of it.''
    — Winona Ryder


  • Alkohol am Steuer ist unverantwortlich.


    Ich überlege gerade, ob ich meinen Bürojob auch kündigen würde wenn ich mich wirklich mal mit Alkohol im Blut an Steuer setzen würde. Alllerdings sehe ich keinen Zusammenhand zwischen besoffen Auto fahren und meinem Bürojob. Von daher würde ich vermutlich nicht von meinem Job zurücktreten.


    Bleibt nur zu hoffen, dass meine Kinder mich dann auch weiterhin als moralisches Vorbild sehen.


    Was wenn nicht? Können meine Kinder von mir verlangen dass ich meine Stelle kündige, weil ich als ihr Vorbild nicht mehr tragbar bin?


    Ist Käsmann wirklich untragbar geworden weil sie einen Fehler gemacht hat? Oder neigen wir eher dazu selbst zu moralisieren und bei anderen jeden Fehler auf die Goldwaage zu legen, während wir bei uns selbst nicht ganz so strenge Maßstäbe anlegen?


    Sind wir vielleicht gar nicht besser als Frau Käsmann?


    Fragen über Fragen.