Bischöfin und Promille

  • Zitat

    Original von beowulf
    Mich beschäftigt sehr, was wohl die Reaktion gewesen wäre Bischof Huber wäre besoffen Auto gefahren, oder ums klarer zu sagen Bischof Maier, Müller oder Herr Bischof Käsfrau. also wenn das einem Mann passiert wäre- häten da auch alle Rücktritt gebrüllt?


    Hmmm....


    Frau Käßmann, die Medien und der Alkohol


    Ich persönlich mag sie - wie die meisten Hannoveraner - sehr und denke, daß grad ihr Rücktritt als Landesbischhöfin ein schwerer Verlust ist. Von daher hoffe ich sogar, daß sie in unserer Stadt trotz allem noch ne Rolle spielen wird. Unabhängig davon habe ich am Dienstag gedacht: "Oh man, was hat sie sich denn da jetzt selber reingedreht?!"

  • Zitat

    Original von beowulf
    Mich beschäftigt sehr, was wohl die Reaktion gewesen wäre Bischof Huber wäre besoffen Auto gefahren, oder ums klarer zu sagen Bischof Maier, Müller oder Herr Bischof Käsfrau. also wenn das einem Mann passiert wäre- häten da auch alle Rücktritt gebrüllt?


    Vielleicht nicht - siehe Fall Althaus.

    "I think too much. I think ahead. I think behind. I think sideways. I think it all. If it exists, I’ve fucking thought of it.''
    — Winona Ryder


  • Zitat

    Original von TheAlice


    Vielleicht nicht - siehe Fall Althaus.


    Ist Althaus mit zuviel Promille unterwegs gewesen? :gruebel

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Tom : Ich respektiere es sehr, wenn Menschen zu ihren Taten stehen und (auch verspätet) auch die Konsequenzen dafür ziehen und sich nicht irgendwie herausreden.


    Wer bin ich denn, dass ich ein Vergehen gegen die Stassenverkehrsordnung als Kündigungsgrund ahnde?
    Wenn der/diejenige das selbst tut, dann respektiere ich das.

  • Ich glaube, dass Frau Käßmann für viele trotzdem noch als Vorbild fungieren kann. Natürlich nicht wegen ihrer Alkoholfahrt, sondern immer noch wegen ihrer Art zu leben und mit Schwierigkeiten in ihrem Leben umzugehen. Den Verkaufszahlen ihres aktuellen Buchs schadet die Geschichte bestimmt nicht. Eher im Gegenteil. Und da das Buch ja auch richtigerweise "In der Mitte des Lebens" heißt, besteht die Chance für Frau Käßmann und die Evangelische Kirche Deutschland, dass sie nochmal zurückkehrt, wenn sich die Wogen geglättet haben.


    Frau Käßmann wurde und wird geschätzt, weil sie eine so menschliche Frau ist und weil bei ihr nicht immer alles glatt lief. Ihre Aussagen zu mehr Menschlichkeit oder zu Aspekten den Afghanistan-Einsatz betreffend verlieren jedenfalls nicht an Richtigkeit und Wichtigkeit wegen einer Dummheit, die sie an anderer Stelle begangen hat.

  • Ich finde es richtig von ihr, die Konsequenzen zu ziehen. Schade finde ich es trotzdem. Meiner Meinung nach hat sie nen ganz guten Job gemacht.
    Finde es nur ein bisschen merkwürdig, dass jetzt mehr Skandal draus gemacht wird als bei ihrer Scheidung, aber sei's drum.

    "Ich bin dreimal angeschossen worden – was soll man da machen." (Robert Enke)


    "Accidents" happen in the dark.

  • Zitat

    Original von Fran-87


    Finde es nur ein bisschen merkwürdig, dass jetzt mehr Skandal draus gemacht wird als bei ihrer Scheidung, aber sei's drum.


    Warum? Eine Scheidung ist keine Straftat, sondern ihre private Sache.


    Wenn das noch ein Skandal wäre... wie weit wäre unsere Gesellschaft dann?


    Aber gut, so hatten wir für kurze Zeit einen evangelischen fränkischen Ministerpräsidenten in Bayern, der ordentlich eines auf die Mütze bekommen hat nach seiner Aussage wg. der schlecht eingeschänkten Maß auf dem Oktoberfest und dem Autofahren nach dem Genuss zweier solcher Maß und für kurze Zeit eine geschiedene Frau mit vier Kindern an der Spitze der Evangelischen Kirche Deutschland.


    Als Beckstein (als Ratsmitglied der Evangelischen Kirche Deutschland) Frau Käßmann in Schutz genommen und sich gegen ihren Rücktritt ausgesprochen hat, war er mir wieder einem viel sympathischer, als er mir eigentlich sein dürfte. :lache

  • Zitat

    Original von churchill
    Zusammenfassend möchte ich nochmal mein Erstaunen darüber zum Ausdruck bringen, wer sich hier so alles als "Pharisäer und Schriftgelehrter" entpuppt :grin


    Erstaunen tut mich inzwischen gar nichts mehr. - Ich habe die ganze Zeit eigentlich eher die Stelle im Kopf, wo es heißt, wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Um es allgemein auszudrücken: in Deutschland fühlen sich offensichtlich eine Menge Menschen ohne Schuld.



    Zitat

    Original von Ronja
    Warum? Eine Scheidung ist keine Straftat, sondern ihre private Sache.


    Jein. Sicher ist das eine private Sache. Jedoch dann nicht, wenn sie ein hohes Amt in einer christlichen Kirche bekleiden will. Ich habe mich sehr gewundert, daß sie damals nicht von ihren Ämtern zurückgetreten ist. Zu jenem Zeitpunkt wäre das richtig und konsequent gewesen, bedenkt man, was in der Bibel über die Ehe steht (und somit mit Sicherheit auch für die Evangelische Kirche Gültigkeit hat).


    Den jetzigen Rücktritt finde ich schlicht und ergreifend falsch und unnötig. Seltsamerweise befinde ich mich mit dieser Meinung bei der Mehrheit der Deutschen, wie eine heute in der WELT zu lesende Emnid-Umfrage für N24 ergeben hat. (Quelle: Printausgabe vom 26. Febr. 2010, Seite 4, Online-Artikel)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Zu jenem Zeitpunkt wäre das richtig und konsequent gewesen, bedenkt man, was in der Bibel über die Ehe steht (und somit mit Sicherheit auch für die Evangelische Kirche Gültigkeit hat).


    Ach. Aber was darin über das Bischofsamt steht (siehe Zitat aus dem Brief von Paulus an Timotheus), das gilt nicht? :wow

  • Zitat

    Original von SiCollier: Ich habe die ganze Zeit eigentlich eher die Stelle im Kopf, wo es heißt, wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Um es allgemein auszudrücken: in Deutschland fühlen sich offensichtlich eine Menge Menschen ohne Schuld.


    Ich glaube nicht, dass es in dieser Diskussion der Mehrheit um die Unfehlbarkeit einer Kirchenpersönlichkeit ging.
    Jeder macht Fehler, auch Pastoren, Bischöfe, Ratsvorsitzende.
    Worum es geht, ist eine Frau, die von der Kanzel für einen menschlichen Umgang miteinander predigt, sich aber in einer elementaren Sache gegenteilig
    verhält. Jeder Erwachsene, der einen Führerschein besitzt, hat in der Fahrschule gelernt, sich vor dem Genuss von Alkohol Gedanken zu machen, wie er bei einer Feier den Ort verlässt. Ob er das Auto stehen lässt, sich ein Taxi ruft oder sich auch bewusst gegen den Genuss entscheidet.
    Frau Käßmann hat sich darüber offensichtlich keine Gedanken macht.
    Wenn sich daraufhin Menschen entrüsten (und vielleicht auch nach einem Rücktritt rufen), dann kann dieses Verhalten auch ein Ausdruck von großer Enttäuschung sein, insbesondere da die ehemalige Ratsvorsitzende von der Bevölkerung einen enormen Vertrauensvorschuss erhalten hat.
    Einen Rücktritt habe ich nicht verlangt, letztlich ich halte ihn jedoch für konsequent, denn wer derart verantwortungslos handelt, der muss auch Härte gegen sich selbst zeigen.

  • Zitat

    Original von Tom
    Ach. Aber was darin über das Bischofsamt steht (siehe Zitat aus dem Brief von Paulus an Timotheus), das gilt nicht?


    In meiner aktuellen Übersetzung steht allerdings etwas anderes als in der von Dir zitierten, nämlich dieses:


    Zitat

    1 Timotheus, 3.2-3 (Einheitsübersetzung)
    Deshalb soll der Bischof ein Mann ohne Tadel sein, nur einmal verheiratet, nüchtern, besonnen, von würdiger Haltung, gastfreundlich, fähig zu lehren; er sei kein Trinker und kein gewalttätiger Mensch, sondern rücksichtsvoll; er sei nicht streitsüchtig und nicht geldgierig.


    In den Anmerkungen steht, daß es im Griechischen wörtlich heißt „Mann einer einzigen Frau.“


    Nun, nach dieser Stelle dürfte Frau Käßmann niemals Bischöfin geworden sein, denn Bischof kann demnach nur ein Mann sein. Der Absatz ist, etwas flapsig ausgedrückt, auf Frau Käßmann offensichtlich nicht anwendbar.



    @ Salonlöwin


    Es ging nicht um die Unfehlbarkeit einer Person, sondern um die Frage, ob der Rücktritt richtig oder falsch war.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • ..ganz davon abgesehen, dass sich auch evangelische Christen fragen, wie man in der Passionszeit (Fastenzeit) sich so zudröhnen kann- und davon abgesehen, dass sich meine Berufserfahrung mit BJ´s Aussage deckt- Frau Käßmann sollte an ihrer Suchtproblematik arbeiten.


    Was den Brief des Paulus an Timoteus angeht- würde mich viel mehr interessieren, wie den die katholische Kirche interpretiert, vor allem die von Tom nicht zitierte Stelle mit den wohlgeratenen Kindern...

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Erstaunen tut mich inzwischen gar nichts mehr. - Ich habe die ganze Zeit eigentlich eher die Stelle im Kopf, wo es heißt, wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Um es allgemein auszudrücken: in Deutschland fühlen sich offensichtlich eine Menge Menschen ohne Schuld.


    Natürlich ist niemand ohne Schuld. Aber geht es wirklich darum? Es geht hier darum, dass die höchste Repräsentantin der evangelischen Kirche sich vollgedröhnt hat und sich so hinters Steuer gesetzt hat. Etwas, dass ich bei niemanden tolerieren würde - übrigens auch nicht bei mir selbst.


    Nur wenn Frau Käßmann von der Kanzel herab predigt wie schlimm Alkohol am Steuer ist, aber selbst mit ihrem wahrscheinlich Alkoholproblem Auto fährt - und zwar als Fahrerin - dann darf sie sich nicht wundern, wenn man sie als verlogen bezeichnet. Solche Leute sind für jedwede Führungsaufgabe völlig ungeignet. Ihr Rücktritt verdient sicher keinen Respekt - er war notwendig.


    Und wenn man meint, nur Menschen ohne Schuld dürften urteilen und verurteilen, dann müsste man unser ganzes Strafrecht in die Tonne treten und darüber hinaus wäre jedwede Kritik an irgendwas unzulässig.


    Da Frau Käßmann ihr Leben immer öffentlich gemacht hat und dabei auch Grenzen der Peinlichkeit überschritt, muss sich eben auch nun gefallen lassen, dass man öffentlich über sie redet.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hallo, SiCollier.


    Zitat

    In meiner aktuellen Übersetzung steht allerdings etwas anderes als in der von Dir zitierten, nämlich dieses


    Und ich habe, wie angemerkt, aus der Luther-Bibel von 1545 zitiert.


    Ja, nach beiden Fassungen dürften Frauen sowieso keine Bischöfe sein. Männer sind ja auch trinkfester; Paulus wusste schon, was er da schrieb. :grin


    Übrigens heißt es in Johannes 8,7 wörtlich (auch wieder aus der Luther-Bibel):


    "Wer vnter euch ohne sunde ist / der werffe den ersten stein (auf sie)." Es ging um das ehebrecherische Weib, das von den Schriftgelehrten und Pharisäern zu Jesus gebracht worden ist, weil es nach alttestamentarischer Auffassung (Moses) zu steinigen wäre.


    Mag sein, dass auch das später (Einheitsübersetzung?) geändert worden ist*, aber eine (diffuse) Schuld und eine Sünde unterscheiden sich nach meiner Lesart doch erheblich.


    Außerdem hat Voltaire da nicht ganz unrecht: Da sicherlich jeder Mensch in jeder beliebigen Position moralisch oder sogar strafrechtlich die eine oder andere Schuld auf sich geladen hat, käme die konsequente Umsetzung dieses Motivs einer Abschaffung des gesamten Strafrechts gleich. Und zum Glück gelten ja auch nicht alle biblischen Weisheiten für die gesamte Gesellschaft, sondern nur für diejenigen, die daran glauben.


    Edit: * Nein, ist es nicht. In der Fassung von 1912 heißt es: "Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie."
    Zum Bischofsamt heißt es in dieser Fassung: "So jemand ein Bischofsamt begehrt, der begehrt ein köstlich Werk. Es soll aber ein Bischof unsträflich sein, eines Weibes Mann, nüchtern, mäßig, sittig, gastfrei, lehrhaft, nicht ein Weinsäufer, nicht raufen, nicht unehrliche Hantierung treiben, sondern gelinde, nicht zänkisch, nicht geizig, der seinem eigenen Hause wohl vorstehe, der gehorsame Kinder habe ... usw."

  • Bei Johannes geht es um ein Gleichnis, eine moralische Erzählung, nicht um die Ahndung von Straftaten.


    Frau Käßmanns Rücktritt(e) war(en) nur konsequent und daher richtig, allerdings würde ich ihr zutrauen und mir und der EKD auch wünschen, dass sie zu gegebener Zeit wieder für Führungsaufgaben zur Verfügung steht, allerdings erst wenn die strafrechtlichen und persönlichen Folgen dieser Tat wirklich aufgearbeitet sind.

  • Zitat

    Bei Johannes geht es um ein Gleichnis, eine moralische Erzählung, nicht um die Ahndung von Straftaten.


    :wow


    Die Kumpels kommen mit einer Ehebrecherin zu Jesus. Das war durchaus eine Straftat, und auf die stand Steinigung. Natürlich ist das zugleich ein moralisches Gleichnis, aber eben nicht nur.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Was den Brief des Paulus an Timoteus angeht- würde mich viel mehr interessieren, wie den die katholische Kirche interpretiert, vor allem die von Tom nicht zitierte Stelle mit den wohlgeratenen Kindern...


    Ich habe sehr wohl etwas weitergelesen und die Stelle auch bemerkt. Wenn Du eine Antwort willst, am besten in Rom nachfragen. ;-)




    Hallo Tom,


    der Zusammenhang der von mir zitierten Stelle mit der Schuld ist mir sehr wohl bewußt. Selbst wenn man das Wort „Schuld“ durch „Sünde“ ersetzt, paßt es mMn. Es sei denn, man braucht für jeden denkbaren Fall erst eine extra Stelle, ein extra Gesetz und ein extra Urteil mit extra Interpretation. Das halte ich für im normalen Leben nicht für praktikabel. Da muß man sich schon mit Analogien behelfen. Insofern bin ich immer noch der Meinung, daß meine Äußerung zutreffend ist.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ahaaa, ist dieser Thread nun doch noch total im religiösen Bereich gelandet....mit der entsprechenden Mühe und Not. ;-)


    Dann kann ich ja gut wieder gehen, mit der tröstlichen Erkenntnis, dass ich nicht so vollkommen alleine dastehe mit meinen gestrigen Abwegen hier, wenn auch nicht ins religiöse Kampfgebiet.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)