Bischöfin und Promille

  • @ BJ:
    Die Sache mit dem Wein und dem Fahren ist mir klar.
    Nur steigen die Südtiroler/Italiener nicht lallend ins Auto, während unsere Landsleute mit hochrotem Kopf in der Mittagssonne sich die Birne zugedröhnen.


    Nichtsdestotrotz, wer wie die Bischöfin höchste Ansprüche an andere stellt, der muss sich an diesen Ansprüchen auch messen lassen.
    Die Bischöfin befindet in einem Alter, in dem man bereits einige Erfahrungen gesammelt hat, ist verantwortlich für ihre Kinder und höchste Repräsentantin für 25 Millionen Christen und da darf man m.E. einen verantwortlichen Umgang mit Alkohol erwarten.

  • Hab grad noch Deinen Link mir angeschaut, BabyJane


    Das ist auch etwas, was mir sehr auffällt in den letzten Jahren, dass untereinander sich die Leute viel mehr darauf aufmerksam machen, dass man doch mit dem Auto unterwegs sei, oder eben auch für sich selber sagen: ich trinke nur dieses eine Glas, weil ich noch Auto fahren muss.


    Sowas hat man früher wirklich kaum je gehört.


    Und es ist auch so, dass solche Aussagen heute von der ganzen Runde akzepiert werden. Früher hiess es dann schon viel eher: ach was, ein Gläschen mag es doch schon noch leiden....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • @Churchill/Voltaire: Nein, natürlich ist es keine gesamte Organisation, die sich dieserart "betätigt" hat, sondern es sind einzelne (sind ja immer einzelne, waren ja immer einzelne). Aber es ist die Besonderheit der Organisation und ihrer Hintergründe, die das ermöglicht, es ist die unüberschaubare, selbstorganisierte, sich selbst richtende Struktur, die die Aufklärung bremst und die Täter schützt. Es sind die Gottesfürchtigkeit und Hierarchiegläubigkeit der Betroffenen, die sie in Hilflosigkeit und Verzweiflung stürzen, es sind der Anspruch und das Auftreten der Organisation, die dazu führen, dass lange Zeit niemand den Opfern glaubte, dass sie es plötzlich waren, die angefeindet wurden, wenn sie sich zu wehren versuchten. Niemand glaubte ihnen, weil es ja Gottesmänner waren, die bezichtigt wurden. Ich habe vor zehn Minuten mit einem älteren Herren gesprochen, der in seiner Jugend - in den Fünfzigern, also lange vor der "sexuellen Revolution" (das war ja mal eine originelle Argumentation, die Bischof Mixa da ausgegraben hat) - in einem katholischen Internat war, in dem "kleine Zärtlichkeiten" zur Tagesordnung gehörten, die Padres sehr willkürlich und fern von jeder Bestrafung getan haben, worauf auch immer sie Lust verspürten, und als sich die Jungen dann zur Wehr setzen wollten, waren sie plötzlich die Täter. Die Herren sind nicht einfach Onkels oder Kindergärtner oder Lehrer, sondern jene, die das Wort Gottes verkünden und in sich tragen, Menschen, die qua Amt immer recht haben, und die lügen halt nicht. Denn das wäre ein Weltuntergang. Auch aus Sicht der Opfer, die dann nicht mehr unterscheiden können, was richtig und was falsch ist. Aber das ist ein sehr komplexes Thema.


    Ich wollte lediglich darauf hinaus, dass ich es angesichts dieser Vorgänge, von denen bisher bestenfalls ein kleines Zipfelchen ans Tageslicht gekommen ist, sehr scheinheilig ist, eine Bischöfin wegen einer Alkoholfahrt öffentlich hinzurichten (statt etwa zu fordern, dass alle Jesuitenschulen geschlossen werden). Soll sie doch. Bischöfe sind auch nur Menschen, und zwar einfache Menschen, manchmal sehr viel einfacher noch als der Rest. Dass sie behaupten, ihr Leben Gott geweiht zu haben, was der ja kaum bestätigen kann, macht sie längst noch nicht zu besonderen Leuten. Eher im Gegenteil.


    Aus dem ersten Brief Paulus' an Timotheus:


    "Das ist je gewislich war. So jemand ein Bischoffs ampt begert / der begert ein köstlich werck. Es sol aber ein Bishcoff vnstrefflich sein / Eines weibes Mann / nüchtern / messig / sittig / gastfrey / Lerhafftig / nicht ein Weinseuffer / nicht bochen / nicht vnehrliche Hantierung treiben / Sondern gelinde / nicht Hadderhafftig / nicht geitzig" usw. (Luther-Bibel von 1545, sind keine Schreibfehler)


    Margot Käßmann genügt dem so oder so nicht, ob mit oder ohne Alkoholfahrt. :grin

  • Mein erster Gedanke bei der Nachricht von gestern war ähnlich dem von BJ: Frau Käßmann hat offensichtlich ein Problem. Die Kontrolle, die Strafe und die Häme sind nicht annähernd so schlimm, wie die eventuelle Suchtproblematik. Da sie so sehr in der Öffentlichkeit steht, wird es für sie persönlich schwierig werden, daran zu arbeiten. Es wird nicht das erste Mal gewesen sein, das Frau Käßmann unter Alkoholeinfluss gefahren ist. Der Druck in ihrem Amt wird nicht unerheblich sein.


    Ich trinke gerne und auch nicht selten ein Glas Wein oder mehr. Wenn ich aber eine ganze Flasche trinke, ist mir definitiv klar, das ich nicht mehr fahren darf. Es geht mir am nächsten Morgen nicht gut und ich schwöre erstmal, das mir das so schnell nicht wieder passiert.


    Früher wurde auf jeden Fall unvorsichtiger mit dem Thema umgegangen. Ich kann mich erinnern, das es in unserer Familie früher Sonntags bei meiner Oma nach dem Tee immer Bier und Weinbrand für die Männer und Sekt, Likör oä für die Frauen gab. Anschließend wurden wir Kinder ins Auto verfrachtet und von den angetrunkenen Eltern nachhause gefahren. Gibts bei uns seit Jahren nicht mehr.


    Als ich in der Ausbildung war (vor 25 Jahren), wurde jeder Geburtstag, Hochzeitstag uä in der Mittagspause mit Alkohol begossen, einige Mitarbeiter nahmen auch gerne ein Glas mehr und mußten manchmal überstürzt nachhause - vorbei. Bei runden Geburtstagen gibts alkoholfreien Sekt, das wars dann aber auch.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Die Dame hat jetzt ganz andere Probleme, denn wie gesagt, wer so einen Wert erreicht und noch in der Lage ist sich ordentlich zu artikulieren, ein Fahrzeug einigermaßen unauffällig zu führen etc....der sollte eventuell beginnen sich mit seiner Suchtproblematik auseinander zu setzen...


    Das war auch mein erster Gedanke, als ich den Wert hörte.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Nun tritt sie also wirklich zurück.
    Schadenfreude finde ich unangebracht.
    Ich hab eher den Gedanken: Jemand der das erste mal betrunken Auto fährt wird gleich erwischt, hört man immer wieder "es war das erste mal, ehrlich", scho seltsam die Quote oder? Da nimmt man eher an, dass es eben öfter ma vorkam u man eben dieses mal erwischt wurde.
    Diese Frau hat eine hohe Vorbildfunktion, daher war das echt dumm, aber Rücktritt hätt ja nun nicht sein müssen.

  • Zitat

    Original von Isjoeckel
    Tom:
    Schadenfreude finde ich nicht prickelnd. Schön, das Du offensichtlich der perfekte Mann bist!


    Ich fand das witzig. TITANIC ist zwar nicht die PARDON (die war um Klassen besser) aber dieses Ding ist wirklich lustig.



    Käßmann hat das mit ihrem Rücktritt gemacht, was selbstverständlich war. Insofern muss man keinen großen Respekt vor dieser Entscheidung haben.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • MissKazumi : In einer nicht von mir gefälschten Statistik habe ich jüngst gelesen, dass etwa eine von hundert Alkoholfahrten auffliegt. Das heißt natürlich nicht, dass man ganz sicher neunundneunzig Mal nicht erwischt wird und dann einmal trocken fahren sollte. Durchaus möglich, dass man gleich beim ersten Verstoß ertappt wird. Zumal Frau Dingenskirchen ja eine rote Ampel mitgenommen hat. Solche Leute werden häufiger erwischt - vielleicht sogar beim ersten Mal. Aber alleine Gott der Herr und Frau Ex-Bischöfin Irgendwasmitkäse wissen, ob es so war oder nicht. Ramen.

  • Zitat

    Original von MissKazumi
    Nun tritt sie also wirklich zurück.
    Schadenfreude finde ich unangebracht.
    Ich hab eher den Gedanken: Jemand der das erste mal betrunken Auto fährt wird gleich erwischt, hört man immer wieder "es war das erste mal, ehrlich", scho seltsam die Quote oder? Da nimmt man eher an, dass es eben öfter ma vorkam u man eben dieses mal erwischt wurde.
    Diese Frau hat eine hohe Vorbildfunktion, daher war das echt dumm, aber Rücktritt hätt ja nun nicht sein müssen.


    das ist genauso wie die quote der schwangerschaften trotz pille :rofl

  • ... was ich mich heut mehrfach gefragt hab: Wäre es ein Bischof gewesen, ob die öffentliche Reaktion genauso heftig ausgefallen wäre.
    Ich stimme Euch zu: selbstverständlich ist das Fahren unter Alkoholeinfluss UNVERZEIHLICH, aber bei mir zupft irgendwie das Gefühl herum, dass alles schlimmer ist, wenns Frau macht.
    Zudem hat sich Frau Käßmann in den letzten Wochen sehr unbeliebt gemacht (Afghanistan) ...
    Liebe Grüße
    Woody

    - Wenn man mit Flügeln geboren wird, sollte man alles dazu tun, sie zum Fliegen zu benutzen. -
    (Florence Nightingale) :engel

  • nun ja, in Zukunft muß Frau Pfarrer wieder selber fahren- bishr war das Alkoholfahren ja in derRegel durch Fahrer verhindert. Schadenfreude ist sicher unangebracht- gut gemachte Satire schon.


    @minerva178 Die evangelische Kirche magst du nicht. Welche denn?

  • Ich finde es nicht so schlimm, die Medien machen das. Sie ist eben auch nur ein ganz normaler Mensch. Ok hat eine Vorbildfunktion, aber man soll sie doch in Ruhe lassen.

    Zitat

    Bücher haben Ehrgefühl, wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück. T.Fontane


    :lesend :fruehstueck
    Ich lese Thomas Mann; Der Zauberberg;

  • Zitat

    Original von Minerva1978


    ich mag keine kirche, ich glaube nicht an gott, schon lange nicht, wenn ich dafür gezwungen werde kirchensteuern zu zahlen. für mich ist das alles verlogener humbug.


    Das ist ja mal eine beeindruckende Argumentationskette. Räschpäkt! :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.