Englischer Originaltitel: Dark Places
Klappentext
Sie war sieben, als die Schüsse fielen. Als sie in die kalte Nacht hinauslief und sich versteckte. Als ihre Mutter und ihre beiden Schwestern umgebracht wurden. Als ihre Zeugenaussage ihren Bruder für immer hinter Gitter brachte.
Jetzt, 25 Jahre später, ist aus Libby Day eine verbitterte, einsame Frau geworden, deren Leben eigentlich keines mehr ist. Doch inzwischen gibt es Leute, die an der Schuld ihres Bruders zweifeln. Libby muss noch einmal ihre Vergangenheit aufrollen: Was hat sie in jener verhängnisvollen Nacht wirklich gesehen? Ihre Erinnerungen bringen sie in Lebensgefahr – so wie damals.
Über die Autorin
Gillian Flynn wuchs in Kansas City auf. Sie arbeitete als Journalistin fu¨r den »San Francisco Examiner« und »U.S. News & World Report« und war die leitende TV-Kritikerin von »Entertainment Weekly«. Die Autorin lebt nach Stationen in Los Angeles und New York heute in Chicago.
Eigene Meinung
Der letzte Satz der Kurzbeschreibung suggeriert leicht, das es sich hier um einen rasanten Thriller handeln könnte. Junge Frau gräbt in der Vergangenheit und wird zur Gejagten. So ist es aber nicht. Was mich persönlich nicht weiter störte, aber man sollte nicht mit falschen Erwartungen an das Buch herangehen.
Wer tötete Libbys Familie vor mehr als 20 Jahren? Dies ist die zentrale Frage des Buches. Libby, heute um die 30, hat als 7jährige das Massaker an ihrer Familie überlebt. Ihr Bruder Ben sitzt seiddem dafür lebenslang im Gefängnis. Nicht zuletzt dank Libbys Aussage damals. Aber sie selbst mag heute nicht mehr so recht darüber nachdenken, ob sie damals wirklich aus der Erinnerung sprach oder ihr Worte in den Mund geleg wurden. Schließlich war sie erst 7.
Libby, versehrt an Leib und -besonder- Seele, braucht Geld. Bisher lebte sie von einer Art Fond, der damals durch Spenden mitleidiger Leute zustande kam. Aber der ist nun aufgebraucht. Libby sieht sich ausser Stande, arbeiten zu gehen, das Geld wohlmeinder Mensch fliesst inzwischen an andere kleine Mädchen, denen Unglück zugestossen ist. So ist sie aus prakischen Gründen nicht uninteressiert, als sie auf die Mitglieder vom "Kill Club" stösst, die es sich zum Ziel gemacht haben, die Unschuld ihres Bruders zu beweisen. Sie bezahlen Libby dafür, das sie ihren Vater ausfindig macht, mit Ben spricht und mehr und mehr wieder in die Geschehnisse von damals eintaucht.
Das Buch ist abwechselnd aus Libbys heutiger Sicht in der Ich-Form geschrieben und Rückblenden aus der Sicht von Ben, dem Bruder, damals 15, und ihrer Mutter Patty. Die beiden durchleben in den Rückblenden nochmal den Tag vor der Tat. So erfahren wir als Leser zusammen mit Libby, die immer weiter, fast gegen ihren Willen, in das Geheimnis eindringt, wie es zu den Morden kam und welche Verkettung von Umständen dazu führte.
Durch diese Perspektivwechsel hat das Buch noch andere Hauptcharaktere ausser Libby. Patty, die Mutter, völlig überfordert mit der Farm und ihren 4 Kindern, ständig in Geldsorgen und im Stich gelassen von ihrem Exmann. Der kommt nur gelegentlich vorbei, hat am Vatersein kein Interesse und will eher noch Geld von ihr. Ben, ein orientierungsloser Heranwachsender, dem die Vaterfigur fehlt und den die oft sich selbst überlassenden kleinen Schwesern nerven. Er lässt sich mit den falschen Leuten ein in der Sehnsucht nach Anerkennung und einer Ersatzfamilie. Die Familie lebt am Rande des Bankrotts, es ist kaum Geld für Essen oder gar Kleidung da. Das Grenzt die Kinder in der Schule aus. Man kann beim Lesen förmlich die Armut riechen, spüren. Mir ging besonders das Schicksal der kleinen Mädchen unter die Haut.
"Finstere Orte" ist vor allem ein dunkles, psychologisches Buch. Ohne viele Worte gelingt es Gillian Flynn, die Trostlosigkeit des Lebens der Leute greifbar zu machen. Wie eins zum anderen führt, wie ein Zahnrad sich jedes Teil ineinanderfügt und zum schrecklichen Ende führt. Ben ist mir nie wirklich nahe gekommen, was auch daran lag, das ich den jungen Ben mit dem erwachsenen Ben im Gefängnis nicht unter einen Hut bekommen haben. Ich konnte mich da schon eher in Libby hineinversetzen, die nicht in der Lage ist, ein normales Leben zu führen und sich in die Gesellschaft einzugliedern.
Ich habe das Buch gerne, auch wenn es bedrückend und traurig ist, und zügig gelesen. Auch wenn es kein rasanter Thriller ist, hat es auf mich eine Sogwirkung gehabt. Leider hat mich der Schluß etwas enttäuscht. Er kommt rasch und hektisch und die Auflösung war für mich etwas überzogen. Ein Grund für mich für leichten Punktabzug für ein ansonsten gutes Buch.