Das Sandspiel – Uri Orlev (13 - 16 Jahre)

  • Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler
    Verlag Beltz, 81 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Uri Orlev, einer der bekanntesten Kinderbuchautoren Israels, erzählt die Geschichte seiner Kindheit. Er berichtet, wie er und sein Bruder, oft auf sich allein gestellt, den Krieg, das Ghetto von Warschau, das Sterben um sie zu bewältigen versuchten - in Spielen, Phantasien und Träumen.


    Über den Autor:
    Uri Orlev wurde 1931 als Jerzy-Henryk Orlowski in Warschau als Sohn jüdischer Eltern geboren. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte er im Warschauer Ghetto. Sein Vater, ein Arzt, kam als Offizier der polnischen Armee in russische Gefangenschaft. Seine Mutter, eine Chemikerin, wurde von den Deutschen erschossen. 1943 wurde Uri Orlev gemeinsam mit seinem Bruder und seiner Tante in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert. Nach der Befreiung durch die US-Armee 1945 gelangten die Brüder mit einem Kindertransport nach Paris, dann nach Israel. Hier lebte Orlev beinahe 20 Jahre in einem Kibbuz.


    1976 begann Uri Orlev, für Kinder und Jugendliche zu schreiben. 31 Bücher hat er seither veröffentlicht. Seine Werke wurden in 25 Sprachen übersetzt. Seine Erfahrungen aus dem Krieg hat er in vielen Romanen verarbeitet, etwa in "Der Mann von der anderen Seite" (1988), "Die Insel in der Vogelstraße" (1981) oder "Lauf, Junge, lauf!" (2004). Als "Schreiber des Holocaust" sieht er sich aber nicht. Den Wunsch, seine Kindheit zum Thema seines literarischen Schaffens zu machen, habe er schließlich mit vielen anderen Künstlern gemein.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Uri_Orlev


    Meine Meinung:
    Durch die Frage seines kleinen Sohnes „Papa, wie bist Du den Deutschen entkommen“ entsteht diese Erzählung von Uri Orlevs Lebensgeschichte von früher Kindheit an. Unterstützt von vielen qualitativ hochwertigen Fotos, die Uri Orlev und seine Eltern, Bruder und Tanten zeigen, wird sein Schicksal als Jude im Warschauer Ghetto, im Konzentrationslager Bergen-Belsen und nach seiner Befreiung durch die Amerikaner in Israel erzählt.


    Anfangs sind einige seiner Kindheitsgeschichten in früher Kindheit sogar amüsant, witzig, aber auf jeden Fall realistisch. Er erzählt von seinem Kindermädchen, von seine Spielen und seiner großen Leidenschaft: dem Lesen. Er ist sich als Kind nicht bewusst Jude zu sein, erst der durch die Deutschen einsetzende Antisemitismus ändert das.
    Nachdem die Deutschen Warschau beherrschen, verändert sich die Situation schnell, wird düster und tragisch. Uri Orlev betrachtet die sich zuspitzende Situation anfangs aus der Stellung eines gut behüteten Jungen und Sohn eines Doktors. Der Großvater wird früh als Vergeltung von den Deutschen getötet. So viele Menschen sterben, im Ghetto brechen sowohl großer Hunger als auch Seuchen aus. Auch die Mutter wird früh ermordet.


    Uri und sein Bruder werden von der Tante versteckt, bis sie 1943 deportiert werden. Uri Orlev denkt hier erstmals darüber nach Schriftsteller zu werden. Sie überleben das KZ. Hier greift die schreckliche Metapher des Sandspiels: wie hochgeworfener Sand von der Hand verrinnt, so sterben auch die Kinder, nur wenige Sandkörner bleiben übrig. Von Uri Orlovs Familie werden fast alle ermordet. Uri Orlev gelingt es seine Gefühle der schlimmen Zeit ohne jegliche Sentimentalität darzustellen.


    Leider ist das Buch sehr kurz, da es sich vor allem an Kinder und Jugendliche wendet. Trotzdem wird nichts verschwiegen oder ausgespart. Trotzdem sind viele Passagen so kurz gehalten, dass es wie durchgehetzt wirkt. Von Bergen-Belsen beschreibt Uri Orlev kaum Details. Auch die Zeit nach der Befreiung im Kibbuz und die Entwicklung zum Schriftsteller sind knapp gehalten. Das ist Schade, da diese Entwicklung sehr interessant ist. Es bleibt dennoch genug übrig, dass man das Buch sehr schätzen kann.
    Es besticht vor allem durch Uri Orlves Erzählstil, der Distanz aufhebt und das autobiographische Element literarisch verdichtet. Nach Beendigung des Buches bleibt das dringende Gefühl, mehr von diesem Autor lesen zu müssen.