Angela Hunt - Die Notiz

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  • Kurzbeschreibung gemäß Rückseite des Buches:
    An einem Sommerabend im Juni geschieht das Unfassbare: Flug 848 der PanWorld Airlines zerbirst in einem Feuerball über der Sonnenküste Floridas. 261 Menschenleben sind ausgelöscht.
    Die Liebe aber überwindet diese Katastrophe. Das Meer spült einen Zettel an Land, der eine schlichte Botschaft enthält:

    T. Ich liebe dich. Alles ist vergeben. Dad


    Ein Fund, der herzergreifender nicht sein kann. Das begreift auch Peyton MacGruder, Journalistin bei der Tampa Times. Ihre Zeitungskolumne „Hilfe für die Seele“ steht vor dem Aus. Als ihr mitten im beruflichen Überlebenskampf diese Notiz in die Hände fällt, erkennt sie ihre letzte Chance. Sie muss den Adressaten dieses erschütternden Dokuments finden und die Story, die dahintersteht.
    Die Suche, die nun beginnt, gewinnt mit jedem Tag an Dramatik, denn sie führt alle Beteiligten – die Trauernden, die Zeitungsleser und die Suchende selbst – an die Bruchstellen ihres Lebens.


    Über die Autorin:
    Angela Hunt wurde 1957 geboren, sie lebt mit ihrer Familie in Florida. Sie gilt als christliche Autorin. Im englischsprachigen Wikipedia findet sich ein informativer Artikel, von dort ist auch leicht zu ihrer Homepage und ihrem Blog zu gelangen.


    Meine Meinung:
    Angela Hunt hat ihren Roman mit einiger Raffinesse aufgebaut: Da ist nicht nur die reine Romanhandlung, es gibt nicht nur sehr interessante Personen, es gibt nicht nur einen Punkt, um den sich die Geschichte dreht. Es gibt auch Kommentare von Nebendarstellern, die die Hauptperson betreffen. Nicht in einem Satz oder zweien, sondern fast als kleinen Artikel, eben als kleinen Kommentar über einige Absätze. Es gibt darüber hinaus auch die Kolumnen, die die Journalistin Peyton anlässlich der Suche nach demjenigen, für den die Notiz bestimmt ist, innerhalb dieses Buches zu lesen. Durch diese beiden „Kunstgriffe“ gewinnt das Buch meiner Meinung nach noch ein bisschen mehr an Lebendigkeit, an Authentizität. Über 403 Seiten wird das erzählt, was die Inhaltsangabe oben schon andeutet. Es gibt gegen Ende des Buches noch eine Art Knalleffekt, der aber auf eher leisen Sohlen daherkommt, für mich völlig unerwartet und von der Autorin in einer Art und Weise gelöst, vor der ich nur meinen Hut ziehen kann, gerade weil es einigermaßen unprätentiös daherkommt und jeden Anschein von billiger Glückseligkeit vermeidet.


    Zu Anfang des Buches hatte ich es nicht leicht mit Peyton, sie ist keine Frau, die ich auf Anhieb mögen würde. Sie ist von einer seltenen Distanziertheit, gegenüber anderen Menschen, ihren Lesern und, so möchte ich meinen, auch sich selber. Sie ist, so war mein Eindruck, nicht am „wirklichen“ Leben interessiert, sondern an allenfalls an Fakten, an Nachprüfbarem, an Dingen, die den Kopf betreffen, nicht aber das Herz und schon gar nicht das, was wir Seele nennen. Warum das so ist, wird im Laufe des Buches deutlich. Und auch, wenn ich am Ende des Buches immer noch ein kleines Problem mit der Protagonistin habe, bin ich doch Angela Hunt dankbar dafür, dass sie sie nicht als reinen Sonnenschein charakterisiert hat, sondern als einen Menschen aus Fleisch und Blut, mit ihrer eigenen Geschichte und den daraus resultierenden Problemen.


    Überhaupt sind die Menschen, die in diesem Roman eine kleine oder große Rolle zu spielen haben, allesamt sehr interessant. Da sind die drei Personen, die Empfänger des Zettels sein könnten: Pastor Timothy Manning, ein für meine Begriffe deutlich fundamentalistisch-christlicher Prediger mit einer riesigen Gemeinde; Taylor Crowe, ebenso berühmt als Songschreiberin wie in der Öffentlichkeit unbekannt; Tanner Ford, Meteorologe bei einer kleinen Fernsehanstalt und davon überzeugt, zu Höherem berufen zu sein. Da ist auch King Bernard, Kollege Peytons bei der Zeitung, und da ist ganz besonders Julie St. Claire, Gegenspielerin und Konkurrentin um eine ganz große Story und im Rennen nach der höchsten Einschaltquote, den höchsten Auflagen, der besten Medienpräsenz, der höchsten Wirksamkeit und dem höchsten Bekanntheitsgrad.


    „Zu spät. Das waren die beiden traurigsten Worte, die es gab.“ heißt es auf Seite 209. Zu spät ist es für drei Personen des Romans, etwas zu sagen, was gesagt werden sollte, einmal über das eigene Ich hinauszuschauen und den anderen zu bemerken, der auf ein Wort, eine Geste wartet. Zu spät ist es nicht für andere Figuren, einen Schritt in eine Richtung zu tun, die zeitweise unmöglich einzuschlagen war. Dankenswerterweise endet das Buch nicht mit einem klischeebehafteten Happy End, sondern mit einer Möglichkeit, mit einer Hoffnung (nicht nur) für Peyton.


    Doch für mich geht es um noch einiges mehr als „nur“ darum, einen Vater-Kind-Konflikt, den die Notiz andeutet, in diesem Buch darzustellen. Es geht auch um die Macht des Wortes, um die fast noch größere Macht des Bildes: Zeitung versus Fernsehen – Wort versus Bild. Die Darstellung, die Angela Hunt von den Fernsehleuten gibt, ist, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, keine allzu freundliche; sie erscheint mir allerdings realistisch: Für Quote (wahrscheinlich auch für Auflage) spielt Wahrheit und Wahrhaftigkeit nicht unbedingt die Hauptrolle; so lange es sich gut verkauft, ist beinahe alles erlaubt. Hier im Buch sind es falsche Tränen und letztlich eine Lüge, die das Rennen um den Empfänger der Notiz, um die "Story des Jahres" scheinbar zugunsten der Fernsehreporterin ausgehen lässt. Naturgemäß weiß ich nicht, ob die Autorin ihr Buch auch als Kritik an den Medien verstanden wissen will, ob es ihr wichtig war, das, was ich in diesem Punkt für mich als Fazit herausgelesen habe, wirklich so verstanden zu wissen. Ich kann mir allerdings nicht recht vorstellen, dass aus reiner Effekthascherei die Jagd nach und um diese medienwirksame Geschichte so wie geschehen dargestellt wurde.


    Es geht auch um „die Armut der Einsamkeit“ (Seite 261). Wie einsam ist ein Mensch, wie einsam kann er sein? Wann ist ein Mensch einsam? Sie lässt uns Fassaden aufbauen, aus Gesten, aus Worten, aus Fluchten, aus schönen Kleidern und schönen Häusern, aus ach so regsamer Betriebsamkeit. „Die Armut der Einsamkeit“ - einige Personen des Romans kennen sie zu gut, eine - Julie – wird es wahrscheinlich nicht wahrhaben wollen, wie arm sie letztlich ist. Auch sie ist nicht so gezeichnet, dass ich sie mögen könnte, doch habe ich mit ihr fast das meiste Mitleid.


    „Die Notiz“ ist in einem christlichen Verlag erschienen. Natürlich transportiert dieses Buch eine Botschaft. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass auch Leser, die nicht gläubig sind, auch vielleicht ein Problem mit Büchern „christlicher Couleur“ haben, es trotzdem mit Vergnügen und Gewinn lesen können. Das Wort „Gott“ kommt hauptsächlich in Bezug auf eine der handelnden Personen vor. Die Botschaft dieses Buches mag durchaus einiges mit Glauben zu tun haben, ich weigere mich allerdings, anzuerkennen, dass sie ausschließlich Monopol einer Religion (auch nicht der christlichen) ist; für mich hat sie sehr viel mit Menschlichkeit zu tun. Es ist ein Thema, von dem man annehmen sollte, es ginge jeden an: Es geht um Vergeben – auch sich selber -, um Vergebung annehmen (können).


    Im Anhang des Buches sind "weiterführende Gedanken" abgedruckt, die zu lesen nicht uninteressant sind, allerdings ausschließlich weltlich Eingestellten ein wenig Toleranz abzuverlangen scheinen.


    „Die Notiz“ habe ich gemeinsam im Lesekreis mit fünf anderen Frauen gelesen, deren kleinstes Unterscheidungsmerkmal noch ihr Alter ist. Wir haben alle das gleiche Buch in den Händen gehabt, und doch hat jede ein anderes gelesen. Jeder ist etwas anderes wichtig geworden. In einem waren wir uns allerdings einig: Es ist eines dieser Bücher, von denen es mehr geben müsste.

  • Ich habe dieses Buch vor einer Weile gelesen, ist noch gar nicht lange her, aber viel "hängengeblieben" ist bei mir (leider) nicht. Die Story klang für mich sehr interessant und ich habe mich auf das Buch gefreut, empfand die Handlung aber eher als etwas zäh und schleppend - das ist wohl mein größter Kritikpunkt.


    Ich möchte nicht sagen, dass dieser Roman schlecht war - eher einer dieser Romane, die sich für mich weder als richtig "gut" noch richtig "schlecht" einordnen lassen.


    Es ist bestimmt von Vorteil, gerade dieses Buch in einem Lesekreis gemeinsam mit anderen zu lesen. Da schaut man automatisch genauer hin und nimmt sicherlich sehr viel mehr Nuancen wahr als wenn man alleine liest und sich (wie ich) einfach nur eine spannende Unterhaltung erwartet.

  • Da bin ich denn gespannt, wie mir das Buch gefallen wird. Ich bin vor einiger Zeit (zu ärgerlich aber auch, die meist treffenden Querempfehlungen auf den Amazon-Seiten :fetch ;-) ) auf die Verfilmung "The Note" aufmerksam geworden und dadurch auf das Buch. Der Film sollte irgendwann in den nächsten zwei bis drei Wochen hier eintrudeln, das Buch ist bei meiner nächsten Francke-Bestellung im März schon fest eingeplant.


    Ach so: daß das kein "Friede, Freude, Eierkuchen" Ende geben kann, ging für mich zum einen aus den Rezis auf Amazon.com hervor, zum anderen aus der Tatsache, daß 2009 (filmisch) eine Fortsetzung erschien (ohne Buchvorlage).


    Ich melde mich dann zu beidem, wenn ich durch bin.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")