Luft und Liebe - Anne Weber

  • Fischer, 2010, Gebundene Ausgabe: 192 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Alle sprechen von Liebe. Aber wer weiß eigentlich, was das genau ist?
    Im Hintergrund Paris, die Stadt der Liebe. Sie, nicht mehr ganz jung, trifft einen, der das Zeug zum Märchenprinzen hat. Sie verlieben sich ineinander, schmieden Zukunftspläne, träumen vom gemeinsamen Glück. Aber als die Träume Realität werden sollen, löst sich die Liebe schlagartig in Luft auf.
    Mit großer Leichtigkeit und literarischer Eleganz erzählt Anne Weber von den Abgründen jener Illusion, die wir Liebe nennen.


    Über die Autorin:
    Anne Weber wurde 1964 in Offenbach geboren. 1983 ging sie nach Paris und absolvierte das Studium der französischen Literatur sowie der vergleichenden Literaturwissenschaften an der Sorbonne. Von 1989 bis 1996 arbeitete sie in Lektoraten verschiedener französischer Verlage. Sie begann, deutsche Texte (u.a. von Hans Mayer, Jacob Burckhardt, Eleonore Frey, Sibylle Lewitscharoff, Birgit Vanderbeke und Wilhelm Genazino) ins Französische zu übersetzen.



    Meine Meinung:
    Dieser Roman lebt von seiner eigenwilligen Erzählhaltung, in der eine Frau über die verschiedenen Stationen ihrer Liebesbeziehung zu einem Mann reflektiert. Dialoge im eigentlichen Sinne gibt es nicht, doch die Geschichte wird dennoch schlüssig und stringent transportiert.
    Sprachlich gibt es viele gelungen Passagen ohne dabei zu sehr zu verdichten oder zu groß aufzutragen.


    Die Ich-Erzählerin nutzt verschiedene Rollen, in die sie gedanklich schlüpft. So ist sie am Anfang der Liebesgeschichte die Märchenprinzessin, naiv und hoffnungsvoll, der Geliebte ist ihr Ritter. Als Täuschungen und Enttäuschungen die Beziehung bedrohen wird sie zu "Lea", eine Figur, die sie, jetzt auch "die Schriftstellerin", erfand, um die Geschichte in einem Roman zu erzählen.


    Die Erzählerin steht kontinuierlich gedanklich im Dialog mit sich selbst, dadurch wirkt sie ein wenig sehr isoliert, fast einsam, doch erstaunlicherweise entsteht dennoch ziemlich viel Handlung


    So vielschichtig ist dieser Roman, dass man, nach einer längeren Anfangsphase mit größerer Distanz, doch noch voller Empathie in die Geschichte findet, die nicht nur von Liebe erzählt, sondern auch von Formen der Literatur.

  • Thematisch hat mich das Buch eigentlich schon interessiert. Ich hatte es mal angelesen, fand aber nicht rein und empfand es als ein wenig schwafelig. Schlecht war es sicher nicht, aber eben einfach nicht "mein" Buch. :-(

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Thematisch hat mich das Buch eigentlich schon interessiert. Ich hatte es mal angelesen, fand aber nicht rein und empfand es als ein wenig schwafelig. Schlecht war es sicher nicht, aber eben einfach nicht "mein" Buch. :-(


    Es ging mir wie dir, Batcat, ich konnte überhaupt nicht in die Geschichte reinfinden und habe es abgebrochen. :-(

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Also ich habs komplett gelesen. Ich fands ganz schrecklich (überhaupt nicht meins) aber ich habs trotzdem zu Ende gelesen, weil ich dachte ich könnte ein paar Tipps finden, da ich selbst ab und an schreibe.

  • Anne Weber hat den Kranichsteiner Literaturpreis für ihr Werk, insbesondere für "Luft und Liebe" gewonnen. Das freut mich besonders, da ich den Roman mochte.


    Dotiert ist der Preis mit 20.000 Euro


    Die Liste früherer Gewinner ist beeindruckend, es waren u.a. Wilhelm Genazino, Paul Nizon, Sibylle Lewitscharoff; Martin Mosebach, Ralf Rothmann.


    Am 19.November erfolgt die Verleihung in Darmstadt.

  • Einer Frau, nicht mehr ganz jung und lebenserfahren, widerfährt, was ihr eigentlich nicht mehr hätte passieren dürfen. Sie trifft einen Mann und ist sicher, daß dieser Mann die große wahre Liebe ihres Lebens ist. Sie täuscht sich gründlich in ihm. Die Seifenblase platzt.
    Die Frau schämt sich schrecklich. Um die dumme, peinliche Geschichte zu überwinden, beschließt sie, einen Roman darüber zu schreiben. Sie erfindet eine Figur, weiblich, die eben diese Geschichte durchleben soll. Ihr eigenes Erleben geht ihr viel zu nah, um es noch einmal durchleiden zu können, sie muß sich distanzieren. Aber so ganz will es nicht klappen mit der Distanz und dem Wegschieben. Die erfundene Figur macht bald der richtigen Platz.


    Die Grundidee und auch die Konstruktion dieses schmalen Romans sind attraktiv. Die Umsetzung hält leider nicht, was sie versprechen.
    Weber gelingt es nicht, die Distanz zwischen Leserin und der Romanfigur zu überbrücken. Gleich, ob man von der erfundenen Figur liest, die in der Liebe Schiffbruch erleidet, oder von der Ich-Erzählerin, die sich immer stärker in den Vordergrund drängt, die Handlung löst kein Mitempfinden aus.


    Das Hin und Her, der Versuch zu verstehen, wie man als Frau so in die Falle gehen konnte, die Rechtfertigungsversuche, Anklagen, die Nostalgie, selbst Schmerz und Wut bleiben papiern, akademisch. Die Ich-Erzählerin berichtet nicht nur von Menschen, die einer fremd bleiben, sondern auch von Gefühlen, als seien sie nie gefühlt worden. Sie werden nur beschrieben.


    Das wiederum werden sie schön, oft elegant, gekonnt und genau. Aber es bleiben Worte. Über nicht wenige Seiten hat man den Eindruck, daß die pure Konstruktion eines perfekten Satzes Vorrang hatte vor allem. Das macht die Lektüre bald mühsam.
    Warum, so fragt man sich, soll man sich über ein solches Ausmaß an Gefühlen, wie das, das eine große Liebe und ihr Scheitern hervorrufen, überhaupt Gedanken machen, wenn die Erzählerin der Gefühlskatastrophe das aufs Papier bringt mit der Absicht, die Aufregung möglichst klein zu halten. Jede Spannung löst sich in Nichts auf. Nichts wirkt mehr echt, alles scheinen nur noch Kopfgeburten zu sein. Das gilt besonders für den Rachakt am Ende.


    Es ist eine Geschichte der Täuschungen, aber der allergrößten fällt die Autorin selbst zum Opfer. Die Umsetzung des Leidens in vollendete Wortarchitektur als Mittel der Bewältigung bleibt Illusion, wenn die Distanz so sorgfältig gewahrt wird. Hier wollte jemand Großes schreiben, ohne sich die Finger schmutzig zu machen.
    Die Liebe zum schönen Ausdruck macht noch lange keinen guten Roman. Die Luft hier ist steril.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus