Ein Vorhang aus Grün - Eudora Welty

  • Kein & Aber Verlag, Oktober 2009
    Gebundene Ausgabe, 362 Seiten
    Aus dem Amerikanischen von Katrine von Hutten (1986) und Almuth Carstens (2009)


    Bei der Kategorie bin ich mir unsicher. In den USA zählt Eudora Welty zu den modernen Klassikern, in Deutschland ist sie kaum bekannt.


    Kurzbeschreibung
    Eine Wiederentdeckung der bedeutenden Erzählerin Eudora Welty. Geschichten über eine magische Welt von Außenseitern, deren Größe in der Kleinräumigkeit ihrer Schicksale liegt Mit den Augen der Meisterfotografin hält Eudora Welty in ihren Erzählungen die Welt gestochen scharf fest: Mal gelingen ihr herausragende Schnappschüsse Ausschnitte vorbeieilender Leben, an die sie sich ungeheuer nah heranzoomt , mal beschreibt sie, wie zu einem Porträt gerahmt, die ganze Tragik eines Menschen, seine uneingelösten Sehnsüchte und seine verzweifelte Verlorenheit. Immer wieder sind es die kleinen Leute der Südstaaten, für die sie sich interessiert: der Negerjunge, der als »Keela, das ausgestoßene Indianermädchen« auf dem Jahrmarkt dem sensationshungrigen Publikum vorgeführt wird; das taubstumme Paar, das seit Jahrzehnten wartet und vergessen hat, worauf; ein Frisörsalon in Mississippi, in dem Neuigkeiten ausgetauscht werden, von denen selbst die, denen sie zustoßen, noch kaum wissen. Jede Geschichte hat ihren eigenen Ton: scheinbar mühelos hingetupft, doch genaustens beobachtet mit dichten Bildern, aber dennoch voller Witz.


    Über die Autorin
    EUDORA WELTY, 1909 in Jackson, Mississipi, geboren, gehört wie Carson McCullers zu den bedeutenden Südstaatenautoren. Mit 11 Jahren veröffentlichte sie bereits erste Gedichte, 1941 ihren ersten Erzählband A Curtain of Green. Neben weiteren Erzählungen folgten u. a. die Romane Delta Wedding, The Ponder Heart und The Optimist s Daugther, für den sie 1973 den Pulitzer-Preis erhielt. Eudora Welty war auch eine herausragende Fotografin und veröffentlichte mehrere Fotobände. Sie starb am 23. Juli 2001 in Jackson.


    Meine Meinung
    „Ein Vorhang aus Grün“ ist die Neuausgabe von zwanzig Kurzgeschichten Eudora Weltys, die überwiegend 1941 und 1943 erstmals im Original erschienen.
    Eudora Welty, die, mit Unterbrechungen, ihr Leben in Mississippi verbrachte, gilt in den USA als weibliches Pendant zu William Faulkner. In ihren Geschichten erzählt sie von den Menschen und der Landschaft Mississippis, wobei sie in ihren Dialogen, umgangssprachlich mit Auslassungen, die Menschen unverstellt zu Wort kommen lässt.


    Präzise und poetisch zugleich wird Mississippi durch Weltys Kurzgeschichten vor den Augen des Lesers lebendig. Man spürt, wie die Orte aussehen und wie Landschaft und Klima die Menschen geformt hat. Dabei gibt die Autorin den kleinen Leuten eine Stimme, Frauen, Männer und Kinder erzählen von Verzweiflung und Sehnsucht, man trifft Behinderte, Einsame, Verrückte, Sterbende und Kriminelle.


    In „Der Schlüssel“ lässt Welty ein taubstummes Brautpaar „reden“, die, hoffnungslos und einsam, auf einer Bahnstation sitzend, ihren Zug, der sie zu den Niagarafällen bringen sollte verpassen – der Schlüssel wird hier zum Symbol für neue Hoffnung und Liebe.
    In dieser Geschichte wird besonders deutlich, wie brillant und detailliert die Autorin, die auch Fotografin war, beschreibt. Wie ein Foto liest sich diese sprachlose Szene.


    Eudora Weltys Erzählungen sind nicht abgeschlossen. Wie in der amüsanten Geschichte „Lily Daw und die drei Damen“, in der eine geistig behinderte junge Frau schon im Zug zu einem Institut für geistig Behinderte sitzt, letztlich einen fahrenden Musiker heiratet (oder auch nicht), hören die Geschichten einfach auf.


    Manches wird ins komisch-absurde überdreht. In „Warum ich auf dem Postamt wohne“ erzählt das Postfräulein des zweitkleinsten Postamts Mississippis, wie ihre bösartige Schwester sie aus dem Elternhaus treibt.


    In der Titelgeschichte „Ein Vorhang aus Grün“ kämpft eine Witwe nach dem Unfalltod ihres Mannes täglich mit der Gartenarbeit, für sie ein Kampf um Leben und Tod.


    Eudora Welty gehört mit ihren Kurzgeschichten zu Recht zu den großen Erzählerinnen der USA. Mit viel Augenmerk für Details gelingt es ihr auf wenigen Seiten die Tragik einer ganzen Existenz einzufangen. Ihre Geschichten von vom Leben gezeichneten Menschen entfalten eine zeitlose Wirkung.


    8/10 Punkten

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Vielen Dank für die Rezi, Sigrid. :wave
    Auf der WL steht es schon, ich bin am überlegen ob ich mir dieses Buch mal als Hörbuch zulege, gelesen von Senta Berger :gruebel

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • @ FrauWilli: Beim Googeln habe ich eine Hörbuchrezension gefunden: http://sz-literaturlauschen.radio.de/. Auch mit einer kurzen Hörprobe von Senta Berger.


    Allerdings scheint das Hörbuch nur drei der zwanzig Kurzgeschichten zu beinhalten. Auch wenn die getroffene Auswahl der Erzählungen sicher sehr gut ist, finde ich drei von zwanzig doch schon sehr wenig.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • @ Sigrid,


    uii, drei von zwanzig!! Na, das ist wohl ein bißchen mau, werde ich mir mal überlegen - danke für die Info und den link. :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire