Frage an alle Krimi-Leser: Wie "verkraftet" ihr Gewalt in Büchern?

  • Das (siehe Titel) ist eine Frage, die mir in letzter Zeit oft durch den Kopf geht. Eigentlich lese ich gerne Krimis, gerne auch spannende Krimis. :) In den letzten Monaten habe ich aber viele Bücher weggelegt, weil mir die (oft sehr ausführlichen) Beschreibungen von Mord, Blut, Gewalt, etc. einfach zu viel wurden.


    Es ist nicht direkt so, dass mir diese Beschreibungen Angst machen oder ich davon Alpträume bekomme. Vielmehr "verfolgen" sie mich auf unangenehme Weise in meinen Gedanken oder ich finde sie schlicht und einfach nur ekelhaft. Oft ist mir die reale Gewalt, von der ich aus den Nachrichten leider nur zu oft erfahren muss, schon genug und ich frage mich, warum ich mir zusätzlich noch einen Krimi antun sollte ... Andererseits schätze ich die Spannung und den "Rätsel"-Faktor und mit den sogenannten "cozy mysteries" konnte ich mich leider auch nie richtig anfreunden.


    Das hochgelobte und hier auch so populäre "Verblendung" von Stieg Larsson ist ein Beispiel: Hier war mir die Gewalt (gerade auch die sexuelle Gewalt) deutlich zu viel und ich fand vor allem, dass diese Szenen nicht unbedingt zur Spannung bzw. Bereicherung der Handlung beitrugen. Da mich dieser Roman abgesehen davon nicht wirklich beeindruckt hat, sind mir auch leider nur die Gewaltszenen in (negativer) Erinnerung geblieben ...


    Offenbar scheint sich die Mehrheit der Krimileser daran aber gar nicht zu stören - warum ist das so? Sind wir heutzutage durch die Medien schon zu "abgestumpft"? Oder im Gegenteil: Sind Gewalt und Brutalität halt einfach "uralte" Themen, die zur menschlichen Geschichte dazugehören?


    Wie geht ihr damit um?

  • Zitat

    Original von Weidenkätzchen



    Wie geht ihr damit um?



    Ganz einfach: Lesen und dann wieder vergessen. :wave
    Mich stört Gewalt in Büchern und in Filmen nicht allzu sehr; mich stört Gewalt im realen Leben vielmehr.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Je abgedrehter die Handlung ist, deso weniger stört mich die Gewalt.


    Bei mir sind es eher die realitätsnahen Bücher, die mit substiler Gewalt ausgestattet sind, oder wo sich die Gewalt sich entwickelt. Ketchums Evil ist da so ein Beispiel.
    Aber sonst hab ich eigentlich keine Probleme... Auch kein Hang zur Nachahmung..... :grin :wave

    Gruss Hoffis :taenzchen
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    :lesend Der fünfte Tag - Jake Woodhouse
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  • Ich lese die Stellen auch einfach und versuche mir dann keine Gedanken mehr darüber zu machen, was auch in den allermeisten Fällen klappt. Manche Stellen sind ja so brutal und eklig, dass man sich das gar nicht so genau vorstellen will und auch nicht so genau lesen will.


    Ich mag nur keine Bücher, in denen wirklich ständig Gewalt haargenau beschrieben wird. Das geht dann - meiner Meinung nach - zu weit. Man muss es ja auch nicht übertreiben :-)

    Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste. (Heinrich Heine)


    :lesend Jeffery Deaver: Allwissend

  • Ich glaube das verkrafte ich ganz gut. In Filmen zum beispiel kann ich mir das meistens gar nicht so wirklich ansehen, aber meine eigene Fantasie ist da nicht so "krass", so das es geht. Oft sind die Bücher aus sehr spannend und das gehört dann dazu, wie aber oben schon erwähnt, solange sie nur im Buch ist und nicht in der Realität...


    :wave

  • Beim Lesen entscheide ich selbst, wie viel ich an mich ranlasse. Wird mir eine Szene zu heftig, überfliege ich sie nur. Das passiert aber selten, meist kann ich das ganz gut von mir fernhalten; ich weiß ja doch, dass es "nur" eine Geschichte ist. Wie Voltaire schon sagt, viel schlimmer ist die Gewalt im realen Leben.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Die Gewalt in Büchern lasse ich nicht so stark an mich ran. Meine Fantasie macht dann irgendwann einfach zu und so kann ich diese extremen Szenen lesen, ohne dass es mich belastet.
    Anders ist es bei Autobiographien bzw. wahren Geschichten. Da muss ich aufpassen, dass ich mir in dem Moment nicht bewusst mache, dass diese Szene wirklich passiert ist.

  • Zitat

    Original von Voltaire



    Ganz einfach: Lesen und dann wieder vergessen. :wave
    Mich stört Gewalt in Büchern und in Filmen nicht allzu sehr; mich stört Gewalt im realen Leben vielmehr.


    :write

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Gerade Krimis enthalten als wesentlichen Bestandteil detaillierte Schilderungen der Tat, sonst würden die Charaktere und/oder ihre Entwicklung nicht wirken. Krimis oder Thriller wollen doch oft bewusst schocken. Da es sich um Fiktion handelt, machte es mir in diesen Fällen auch in der Regel nichts aus.


    Anders kann das aussehen, wenn authentische Fälle geschildert werden. Ich habe gerade ein Buch über Mörderinnen gelesen, das den Fall einer Mörderin mit außerordentlicher Gewaltbereitschaft - eigentlich schon einem ausgeprägten Hang zum Sadismus - beschrieben hat. In diesem (realen) Fall habe ich die Beschreibungen auch nur überflogen. Das war mir zu extrem.

  • Es ist ja bei Krimis in letzter Zeit so, daß sie immer brutaler, immer schlachterhaftiger werden. Je mehr Blut spritzt und je detaillierter die Zerstückelungen beschrieben, desto besser-so scheint es mir :yikes
    Ich mag sowas nicht gerne lesen, und wenn ich es doch mal getan habe, belastet es mich schon noch eine Weile. [SIZE=7]aber ich hab auch als kleines Mädchen noch lange gedacht, daß King Kong unter meinem Bett wohnt[/SIZE]


    Und ich frage mich, wie fantasievoll der Autor wohl sein mag, der sich sowas ausdenken will. :wow
    Nee, ehrlich, ich lese sehr gerne Krimis, aber ALLES muß ich nicht lesen!

  • Egal ob Fiktion oder nicht - mein Kopfkino malt solche Szenen viel zu genau aus (und die verfolgen mich dann auch oft eine Zeitlang), und so verzichte ich weitgehenst auf Bücher mit Gewaltschilderungen. Das muss nicht mal mit Tod enden, auch Vergewaltigungen oder andere Arten des Machtmißbrauchs sind mir zuwieder. Ken Follett ist einer meiner Lieblingsautoren, aber "Säulen der Erde" hab ich aufgrund der ständigen Unterdrückung der Protagonisten bisher noch nicht zu Ende gebracht.


    Krimis lese ich trotzdem sehr gerne, zum Glück gibts ja auch genügend Autoren, die ihre Toten einfach sterben lassen, ohne sie brutal zu malträtieren. :-)


    Was mir aber auch noch sehr nahe geht, wenn Kinder oder Eltern sterben, verschwinden .... Sowas mag ich auch gar nicht lesen (am liebsten sind mir Krimis, wo vom Opfer kein großes Umfeld geschildert wird). Das ist zwar nicht körperlich brutal, aber diese seelischen Grausamkeiten sind mir auch oft zuviel.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich verkrafte das ganz gut. Bin weder selber ein Psycho, noch habe ich Albträume o.ä. Grundsätzlich kann ich unterscheiden zwischen Realität und Fiktion. Und ich habe auch immer noch einen Messerblock in der Küche steht, obwohl ja jedes Kind mittlerweile weiß, dass der Killer somit die ideale Waffe offen rumstehen hat :zwinker.


    .

  • Ich lese schon sehr gern Krimis und Thriller, wenn es Gewaltszenen gibt schauert es mich schon sehr, aber es ist ein Buch und eine fiktive Geschichte... und von daher verkrafte ich es gut.


    Allerdings habe ich nie im Leben einen Horror Film gesehen. Kein "Nightmare" und was es sonst noch schlimmeres gibt.

  • Ich hab damit überhaupt kein Problem. Die heutige Medienwelt stumpft einen ja (leider) recht schnell ab, aber das ist ein anderes Thema.


    Sobald ich das Buch zuklappe ist in meinem Kopf wieder Friede Freude Eierkuchen.

  • Darüber hab ich mir vor kurzem aus gegebenem Anlass auch Gedanken gemacht. Kurz nachdem ich Verblendung gelesen habe, hab ich mir auch den Film angesehen. Da ist mir aufgefallen, dass mir die Gewalt- / Vergewaltigungsszenen im Buch wesentlich weniger ausgemacht haben, als im Film. Das fand ich eigentlich schon seltsam, da ich auch fand, dass es im Buch viel genauer geschildert wurde.

  • Zitat

    Original von Tempe
    Es ist ja bei Krimis in letzter Zeit so, daß sie immer brutaler, immer schlachterhaftiger werden. Je mehr Blut spritzt und je detaillierter die Zerstückelungen beschrieben, desto besser-so scheint es mir :yikes


    genau das ist auch mein Gefühl, und mich stößt das ab. Ein bestimmtes Maß an Gewalt muss man im Krimi oder Thriller erwarten, keine Frage, damit habe ich auch kein Problem. Aber wenn man wie zwischenzeitlich bei manchen Autoren den Eindruck bekommt, es müsse immer blutiger, detaillierter und grausamer werden und das irgendwie sinnlos und es könnte genauso gut wesentlich weniger blutig und grausam zugehen, dann muss ich das nicht lesen. Und das nächste Buch dieses Autors lese ich dann eben nicht mehr.

  • Grundsätzlich bin ich in dieser Richtung eher abgehärtet bzw. kann gut abschalten, damit ich gewisse Bilder einfach nicht sehe. Da können die Beschreibungen durchaus brutal bis widerwärtig sein, dann geht einfach mein Kopfkino aus und es belastet mich nicht weiter.


    Viel schlimmer ist für mich, wenn diese brutalen Beschreibungen entfallen und stattdessen nur Andeutungen erfolgen - in diesen Fällen tauchen Bilder vor meinen Augen auf, die manchmal heftiger als jede Beschreibung sein können. Oder es ist einfach die menschliche Grausamkeit, die nicht einmal körperlich angewandt werden muss, die mich aber viel mehr entsetzt und bei der ich einen Augenblick brauche, um die Eindrücke verarbeiten zu können.


    Blutig und grausam zu schreiben, weil der Autor Spaß daran hat oder meint, ohne diese Details ließe sich sein Buch nicht verkaufen oder würde den Leser nicht so sehr fesseln, finde ich übrigens nicht gut. Da spüre ich auch irgendwie, wenn die Gewaltszenen nur aus diesem Grund geschrieben wurden, und darauf kann ich verzichten.