Die Angst des weißen Mannes - Peter Scholl-Latour

  • Klappentext:
    Die Wahl eines amerikanischen Präsidenten mit afrikanischen Wurzeln und pazifischer Heimat ist Sinnbild eines tiefgreifenden Wandels, der weit über die USA hinausweist. Der fünfhundertjährige Siegeszug des "weißen Mannes" ist Geschichte. Die ehemals koloniale Welt ist im Aufbruch begriffen. Dabei wendet sie sich vom Westen ab, besinnt sich auf eigene Stärken und Traditionen. Mit dem ihm eigenen Gespür für welthistorische Veränderungen schildert Peter Scholl-Latour seine jüngsten Reiseeindrücke vor dem Hintergrund seiner sechzigjährigen Erfahrung als Chronist des Weltgeschehens.


    Inhalt:
    Die von der persönlichen Sicht des Autors dominierten Essays gliedern sich in Kapitel zu folgenden Ländern bzw. Regionen:
    - Ost-Timor
    - Bali
    - Ozeanien
    - Java
    - Philippinen
    - China
    - Kasachstan
    - Kirgistan
    Diese Gliederung wird allerdings nicht strikt eingehalten, da der Autor seine aktuellen Reiseeindrücke vergleicht mit den Eindrücken früherer Reisen in diesen Regionen, aber auch mit passenden Eindrücken von Reisen in anderen Regionen. Zum Beispiel vergleicht er das Erstarken des Islams in Kasachstan mit seinen Erfahrungen in Afghanistan.


    Meine Meinung:
    Im Grunde bin ich ein Freund der Bücher von Peter Scholl-Latour, weil er recht erfrischend Positionen vertritt, die man sonst nicht zu hören bekommt. Das ist auch in diesem Buch wieder der Fall, wenn er etwa das Eingreifen der chinesischen Militärs auf dem Platz des Himmlischen Friedens als kleineres Übel (zur Alternative, nämlich dem Zerfalls des chinesischen Riesen-Reiches) bewertet und auch zu einem positiven Resümee der chinesischen Okkupation Tibets kommt, die der Bevölkerung einen deutlich höheren Lebensstandard verschafft habe. Natürlich bedingen diese exotischen Ansichten auch bei mir ab und zu ein befremdetes Stirnrunzeln, etwa wenn Scholl-Latour mit schöner Regelmäßigkeit rassische Merkmale verschiedener Völker diagnostiziert. So attestiert er den Han-Chinesen durchwegs merkantiles Geschick und Fleiß, während er recht unverblümt einen Reisebegleiter zitiert, der in den australischen Aborigines den "Missing Link" in der menschlichen Evolution zu erkennen glaubt.
    Unterstützt werden diese provokanten Analysen durch eine patzige, man könnte auch sagen: pampige Sprache, die schmunzeln lässt. Vielleicht kommt so etwas mit dem Alter, auch Reich-Ranicki ist ja für solche Ausbrüche bekannt. Mir jedenfalls gefallen solche Abweichungen von der Political Correctness recht gut.
    Das Buch "Die Angst des weißen Mannes" kann mich allerdings nicht überzeugen. Letztlich wird zu viel hin und her gesprungen, es bleibt der Eindruck flirrender Schlaglichter. Besser hätte mir gefallen, wenn er ein Kapitel genommen und dieses dann gründlicher analysiert, sprich: ein eigenes Buch daraus gemacht hätte. Auch leitet der Titel fehl. Es geht eigentlich nicht um die Bedrohung des Abendlandes, sondern um den Aufbruch der ehemals abhängigen Nationen in eine unabhängige Entwicklung. Natürlich verliert die Kultur "der Weißen" damit an geostrategischem Einfluss; inwieweit dies den Alltag in Europa, Nordamerika oder Australien verändern wird, ist jedoch nicht Thema des Buches.
    Im Fazit hat dieses Buch mich in meiner Überzeugung bestätigt, dass Peter Scholl-Latour ein kundiger Mensch ist. Allerdings konnte er mir sein Wissen nicht vermitteln - ich bin nicht viel schlauer als vor der Lektüre des Buches.