Axolotl Roadkill - Helene Hegemann

  • # Broschiert: 208 Seiten
    # Verlag: Ullstein (22. Januar 2010)
    # Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung
    'Schreckliche Leben sind der größte Glücksfall', schreibt die 16jährige Mifti in ihr Tagebuch. Seit dem Tod ihrer Mutter lebt sie in Berlin, und als 'pseudo-belastungsgestörtes' Problemkind durchläuft sie nach 'Jahren der Duldungsstarre' gerade eine extrem negative Entwicklung.
    Obwohl intelligent und gut situiert, nimmt sie Drogen, verweigert die Schule und hat sogar Argumente dafür. Anstatt sich an Konventionen abzuarbeiten hinterfragt und analysiert sie nämlich permanent die gesellschaftliche Situation, in der sie sich befindet. Sie wohnt bei ihren wohlstandsverwahrlosten Halbgeschwistern und ihr Vater steckt noch immer in seiner frühkindlichen Allmachtsphase. Freiheit und Selbstzerstörung fallen zusammen und Mifti entlarvt in ihren von Wahn und Genie geprägten Zwischenwelten Sprache, Lebensentwürfe und Vorgegebenheiten der Erwachsenen. Sie kokettiert mit ihrer Kaputtheit und sucht im 'allgemeinen Dahinschimmeln' nach einem Zugriff auf ihr eigenes Leben.
    Der siebzehnjährigen Helene Hegemann ist ein sprachmächtiges, kluges Debüt über einen Zustand gelungen, in dem Traum, Alptraum und knallharte Realität nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind.


    Über den Autor
    Helene Hegemann, 1992 in Freiburg geboren, lebt in Berlin. Im Winter 2007 wurde ihr Theaterstück Ariel 15 im Ballhaus Ost uraufgeführt und im darauffolgenden Jahr von Deutschlandradio als Hörspiel adaptiert. Ihr Drehbuch- und Regiedebüt Torpedo hatte im Oktober 2008 Premiere. Es wurde mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet und lief im Sommer 2009 bundesweit in den deutschen Kinos.


    Meine Meinung

    "You write like a roadkill." "Like a what?" "Ein angefahrenes Tier."


    Auch ich fühle mich ein wenig wie ein "roadkill" nach dem Lesen dieses Buches. Ich habe mich dazu entschieden, es zu lesen, nach dem ich begeisterte Rezensionen über das Buch in Die Zeit und der FAZ gelesen habe und zusammenfassend kann ich sagen, dass ich auf jeden Fall nicht enttäuscht wurde - aber ich würde mich auch nicht als restlos begeistert bezeichnen.


    "Axolotl Roadkill" wird aus der Sicht von Mifti, der sechzehnjährigen Hauptfigur des Buches, erzählt. Im Laufe des Buches erfahren wir viele Andeutungen über Miftis "schwere Kindheit", lesen Geschichte über ihre Geschwister, Freunde und vor allem auch über Miftis Sicht auf das Leben. Ich habe das Buch an einem Tag gelesen, weil ich beim Lesen beinahe in einen "Rausch" geraten bin. Das Buch wird sehr schnell und wild erzählt und Miftis Tagebucheinträge entwickeln schon fast eine Sogwirkung, wenn man einmal angefangen hat, sie zu lesen.


    Als negativ empfunden habe ich, dass mir das Buch an manchen stellen fast schon zu schnell und dann vor allem auch "wirr" war. Als Leser nimmt man quasi in der ersten Reihe sitzend an Miftis Leben teil und manchmal war es schwer für mich zwischen Wahnvorstellung und Realität zu unterscheiden.


    "Axolotl Roadkill" hat mich ein wenig an "Zwölf" von Nick McDonell erinnert. Es ist sicherlich keine "hohe Literatur", aber ein intensives und sehr nachdenklich machendes Leseerlebnis.


    9 Punkte.

  • Vielen Dank buzzaldrin für deine Rezension. Auf dem SuB liegt es ja schon, muss nur noch gelesen werden. :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Hi Buzz,


    deine Rezi hört sich sehr interessant an. Dafür herzlichen Dank. Es scheint wohl ein Buch zu sein welches polarisiert. Ich denke, ich sollte einem Kauf mal näher treten..... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    "Der Vorleser" sprach gerade davon, dass das Buch eine "brutale Fäkalsprache" enthält.
    Mangold war begeistert, Frau Fried konnte die vordergründige Provokation nicht vom Hocker reißen.
    Was ist an diesen Meinungen dran?


    Bei Amazon gibt's ne Leseprobe. Ich hab damals nur reingelesen, aber das Wort "Scheiße" ist nicht zu überlesen. Was sonst so da ist, kann buzz wohl besser sagen. Grundsätzlich hab ich nichts gegen bisschen Fäkalsprache im Buch, wenn es passt ( :grin), aber wenn ein Buch nur durch Fäkalausdrücke und Verwirrung glänzt, ist es mir zu wenig. Ich werde es erstmal nicht lesen, im schlimmsten Fall verpass ich was.


    Danke für die Rezi, buzz.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    "Der Vorleser" sprach gerade davon, dass das Buch eine "brutale Fäkalsprache" enthält.
    Mangold war begeistert, Frau Fried konnte die vordergründige Provokation nicht vom Hocker reißen.
    Was ist an diesen Meinungen dran?


    Ich fand vor allem die Argumentation interessant (und ehrlich gesagt ziemlich klasse), dass viele der Kritiker, die das Buch gerade über den grünen Klee loben, damit zeigen wollen wie jung und hipp sie noch sind. :lache


    Ich weiß jedenfalls, dass dieses Buch nichts für mich ist. Und sehe das ähnlich wie Fried, die meinte, dass einen diese Fäkalsprache nicht schockt, sondern eher anödet.

  • Zitat

    Original von Rosenstolz


    Ja, das hat mir auch gut gefallen. :grin


    Mir auch! :lache


    Irgendwo gab es auch den thematischen Vergleich mit "Der Fänger im Roggen", war das auch gestern bei den Vorlesern? :gruebel "Der Fänger im Roggen" schockierte bei seiner Originalerscheinung noch. Mehrere Generationen von Teenagern später ist es schwierig, mit einem Buch über Teenager noch zu schockieren.


    Brennend interessieren tut mich "Axolotl Roadkill" auch nicht, kürzlich habe ich am Stück die Serie KDD auf DVD gesehen, und die Teenagertochter darin, die die Schule schmeißen und alles dran setzen wollte, in der Berliner "Bohème" zu versumpfen, ging mir eher auf die Nerven.


    Vielleicht ist das Interesse auch ein bisschen generationenabhängig, etweder ist man noch nah genug dran, dass man seine eigene Generation wiederfindet, oder schon so weit entfernt, dann ist man beim Lesen "hipp by association". Und dazwischen herrscht eher das Gefühl, gab es das nicht schon zigmal. :gruebel Und unter Marketingaspekt drängen sich gedanklich ja andere Bestsellertitel (die ich auch nicht gelesen habe) ja förmlich auf.


    Aber da Helene Hegemann so ein großes Talent sein soll, kann man die Entwicklung ja mal weiter beobachten. ;-)


    .

  • Ich bin etwas verwirrt- Fried und Mangold taten doch so, als wäre das ein Erstling und man würde die Autorin mit dem Hype überfordern- und die hat schon den Max-Ophüls - Preis? Ein Klick auf die Homepage des Preises zeigt jedenfalls, dass es dort keinen Topedo im Jahre 2009 als Preisträger gab... Oder habe ich im Halbschlaf da was durcheinandergebracht?

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Zitat

    Original von Ronja
    Ich weiß jedenfalls, dass dieses Buch nichts für mich ist. Und sehe das ähnlich wie Fried, die meinte, dass einen diese Fäkalsprache nicht schockt, sondern eher anödet.


    Frieds Argumentation finde ich grandios gut.


    Und ich sehe das wie Ronja.


    Ohne das Buch mit den Feuchtgebieten vergleichen wollen (da ich beide nur angelesen, aber nicht komplett gelesen habe, weiß ich nicht, ob man hier Vergleiche ziehen kann!) - aber da ging es mir beim Anlesen eben so, daß mich die Sprache einfach nur anödete und langweilte.


    Da das Buch aber anscheinend ähnlich hochgehypt werden wird, bin ich sehr gespannt auf weitere Stimmen und vor allem auch auf die Testleserunde, in die ich sicher ab und an mal reinlinsen werde. :-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ronja : Danke für den Link! Die Parallelen sind tatsächlich ein wenig erschreckend... :wow


    Ich bin, glaube ich, auch zu alt für das Buch. Mich interessiert nicht die Bohne, wie Helene ihren den Alltag im Drogenrausch beschreibt. Hab noch genug von "Zwei an einem Tag"...

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    Bei Amazon gibt's ne Leseprobe. Ich hab damals nur reingelesen, aber das Wort "Scheiße" ist nicht zu überlesen. Was sonst so da ist, kann buzz wohl besser sagen. Grundsätzlich hab ich nichts gegen bisschen Fäkalsprache im Buch, wenn es passt ( :grin), aber wenn ein Buch nur durch Fäkalausdrücke und Verwirrung glänzt, ist es mir zu wenig. Ich werde es erstmal nicht lesen, im schlimmsten Fall verpass ich was.


    Danke für die Rezi, buzz.


    Das Wort "Scheiße" fällt in der Tat häufiger, ansonsten ist mir eine brutale Fäkalsprache jedoch wirklich nicht aufgefallen. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich etwas abgehärteter bin, als Frau Fried. ;-)


    "Feuchtgebiete" habe ich nicht gelesen, aber ich glaube, dass ein Vergleich der beiden Bücher hier auch nicht angemessen ist, da bei "Axolotl Roadkill" sicherlich mehr drin steckt, wenn man hinter die oberflächliche Fäkalsprache schaut. Natürlich kann man sagen, dass vieles bei Helene Hegemann etwas too much ist, aber ich denke, dass das Buch dennoch packend und lesenswert ist und vor allem auch Probleme unserer Gesellschaft reflektiert.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich bin etwas verwirrt- Fried und Mangold taten doch so, als wäre das ein Erstling und man würde die Autorin mit dem Hype überfordern- und die hat schon den Max-Ophüls - Preis? Ein Klick auf die Homepage des Preises zeigt jedenfalls, dass es dort keinen Topedo im Jahre 2009 als Preisträger gab... Oder habe ich im Halbschlaf da was durcheinandergebracht?


    Das stimmt schon. Sie hat auch schon als Schauspielerin im Episodenfilm Deutschland 09 mitgespielt. Letztes Jahr auf der Berlinale gesehen. In dem Kurzfilm von Nicolette Krebitz spielt sie sich selber und trifft auf Susan Sonntag (gespielt von Jasmin Tabatabai) und Ulrike Meinhoff. Sie ist also wirklich kein ungeschriebenes Blatt und nimmt schon länger sichtbar und durchaus selbstbewusst am öffentlichen Kulturleben teil.

  • Zitat

    Original von Googol
    Sie ist also wirklich kein ungeschriebenes Blatt und nimmt schon länger sichtbar und durchaus selbstbewusst am öffentlichen Kulturleben teil.


    Das wird ihr ja vielleicht auch irgendwie in den Genen liegen. ;-) KLICK


    Und der Link zu Wikipedia: Helene Hegemann


    Edit: Verlinkung zum Film Torpedo.

  • Batcat:

    Zitat

    Ohne das Buch mit den Feuchtgebieten vergleichen wollen (da ich beide nur angelesen, aber nicht komplett gelesen habe, weiß ich nicht, ob man hier Vergleiche ziehen kann!) - aber da ging es mir beim Anlesen eben so, daß mich die Sprache einfach nur anödete und langweilte.


    An Frau Roche hatte ich auch bereits gedacht ...


    @ buzzaldrin und Gummibärchen:
    Mit Fäkalsprache meinte Frau Fried nicht nur das Wort "Scheiße", sondern zielte auf den Umgang von Männlein und Weiblein in allen Wortkonstellationen und deren Häufigkeit ab, die die pubertierende Jugend heute in den Mund nimmt.
    So wie ich Frau Fried verstanden habe, war sie dank eigener Kinder nicht über den Stil des Buches geschockt, hält die Lobeshymnen des Feuilletons allerdings für ungerechtfertigt, zumal die positive Kritik sich auf die vordergründigen
    Provokationen stützt.