Drei Dollar - Elliot Perlman

  • Deutsche Verlags-Anstalt, Januar 2010
    Gebundene Ausgabe, 416 Seiten
    OT: Three Dollars (1998)
    Aus dem Englischen von Henning Ahrens


    Kurzbeschreibung
    Der Roman einer Krise – scharfzüngig und mitfühlend
    Eben noch tanzte Eddie im Wohnzimmer mit seiner kleinen Tochter zu einer Elvis-Presley-Platte, als plötzlich ihrem Heim die Zwangsversteigerung droht. Mit nur drei Dollar in der Tasche muss er für seine Familie ums Überleben kämpfen. "Drei Dollar" ist das brillante Porträt eines Mannes, der versucht, auch in schwierigen Zeiten Humor zu bewahren und sich selbst treu zu bleiben.
    Drei Dollar, das ist alles, was Eddie noch besitzt – und dabei schien sein Leben doch so perfekt zu sein. Er glaubte an die Möglichkeit, die Welt zum Besseren verändern zu können, und engagierte sich dafür; er war ein glücklicher Familienvater und blieb immer standhaft, wenn ihm Amanda, seine große Liebe aus Kindheitstagen, alle neuneinhalb Jahre über den Weg lief. Doch plötzlich taucht sie wieder auf, und das zu einer Zeit, in der Eddie alles zu entgleisen droht …
    Voller Mitgefühl, doch nie ohne ein Augenzwinkern erzählt Elliot Perlman die Geschichte eines Idealisten, der sich weigert, seine Seele an den Teufel zu verkaufen. Drei Dollar ist ein mit ironischer Schärfe gezeichnetes Porträt unserer Zeit, in der Geld das Leben regiert.


    Über den Autor
    Elliot Perlman wurde 1964 in Melbourne geboren. Von Haus aus Anwalt widmet er sich seit dem Erfolg seines preisgekrönten Debütromans "Drei Dollar" ausschließlich dem Schreiben. Sein literarisches Werk ist vielfach ausgezeichnet. Sein zweiter Roman, "Sieben Seiten der Wahrheit", der ihm international den Durchbruch bescherte, erschien ebenso wie sein dritter Roman, "Drei Dollar" (2010), bei DVA.


    Meine Meinung
    Schon als 10-Jähriger bekommt Eddie Harnovey die Bedeutung sozialer Unterschiede zu spüren, als die wohlhabende Mrs. Claremont ihm den Umgang mit seiner Kinderfreundin Amanda verbietet.
    Gerade mit der Highschool fertig, lernt Eddie seine große Liebe Tanya kennen. Beide beginnen in Melbourne zu studieren, sie Geisteswissenschaften, er Chemieingineurwesen.
    Tanya, die sich in der Hochschulpolitik und am Studententheater engagiert, beginnt eine Affäre mit Gerard, auch Student mit Interesse am Theater.
    Als Eddie Tanya im nächsten Universitätsjahr wiedertrifft, ist die Ära Gerard bereits vorbei und die beiden ziehen schließlich zusammen.


    Eddie macht seinen Master und arbeitet bei der Bundesbehörde für Planung und Umwelt, wo er sich den Ruf eines besessenen Gegners der Umweltverschmutzung erwirbt. Die sozialbewusste Tanya bekommt ihr Studium nie zu Ende, ist Tutorin, beginnt eine Dissertation, die sie, immer wieder von Depressionen heimgesucht, nicht beenden wird.


    Eddie ist 28 Jahre, als er und Tanya heiraten und einen hohen Kredit für ein eigenes Haus aufnehmen.
    Kurz vor der Hochzeit begegnet Eddie – nach neuneinhalb Jahren – Amanda, seine wunderschöne Kinderliebe. Trotz des Vermögens ihres Vaters, der eine gut gehende Consulting-Firma hat, arbeitet Amanda in der Verwaltung. Nach mehreren gescheiterten Beziehungen lebt sie mit Gerard zusammen, Tanyas Ex-Freund.


    Einige Jahre später wird im Rahmen von Umstrukturierungen in Eddies Abteilung ein Manager eingesetzt – Gerard, Ex-Freund von Tanya und Amanda. Als er Eddie auffordert ein Regierungsgutachten über die ökologischen Folgen einer Verhüttungsanlage für Schwermetalle, die ausgerechnet Amandas Vater gehört, anzufertigen, gerät Eddie in ein moralisches Dilemma, das für ihn ein endgültiges Abgleiten aus der gebildeten Mittelschicht zur Folge hat, welche sich aber schon Jahre zuvor abgezeichnet hat.


    Diese Geschichte um Eddie ist für Elliot Perlman die Grundlage, auf der er seine eigentlichen Anliegen darlegt.
    Präzise, scharfsinnig und poetisch rechnet Perlman Geld und Gefühle gegeneinander auf.
    Obwohl „Drei Dollar“, Perlmans Debütroman, bereits vor 12 Jahren in Australien erschien, liest sich Eddies Krisengeschichte wie eine aktuelle, global gültige Zustandsbeschreibung. Er führt dem Leser vor Augen, was der Kapitalismus mit den Menschen, ihren Lebensentwürfen und Beziehungen macht. Dabei beschränkt sich der Autor nicht auf einen Aspekt. Gekonnt und genau analysiert er durch Nebenschauplätze die Bereiche Geld, Liebe und Arbeit.


    Der Roman ist in der Ära Reagan/Thatcher angesiedelt. Mit viel Humor und Gefühl spricht Perlman durch seine Figuren über universelle Themen der Politik, Wirtschaft und Soziologie: Arbeitslosigkeit, die immer weiter aufgehende Schere zwischen Reich und Arm, Bildung, Gesundheit, Kürzung sozialer Leistungen, Angst vor dem sozialen Abstieg.
    Trotz der gewichtigen Themen hat das Buch eine angenehme Leichtigkeit, denn Eddie reagiert auch auf schmerzhafte Ereignisse mit einer großen Portion Selbstironie. Die sozioökonomischen Kommentare sind bisweilen böse-sarkastisch.


    Das Buch dreht sich, wie das Leben, um Politik, Moral und Liebe – bewegend und witzig. Eddie verliert nie seine Integrität, obwohl es „im Grunde die Geschichte eines postindustriellen Niedergangs war“.


    10 Punkte

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Vielen Dank für deine ausführliche und überzeugende Rezi.
    Buch liegt quasi schon im Einkaufswagen :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Herzlichen Dank für diese sehr interessante Rezi. Das Buch habe ich mir auch gleich notiert. Die Themenstellung ist interessant und auch wohl heute noch aktuell. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Herzlichen Dank für diese sehr interessante Rezi. Das Buch habe ich mir auch gleich notiert. Die Themenstellung ist interessant und auch wohl heute noch aktuell. :wave


    @ Voltaire: es ist erstaunlich (und erschreckend) aktuell.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Das Buch, Original 1998 erschienen, hat nichts an Aktualität eingebüßt, eigentlich könnte es auch in diesem Jahr spielen.
    Eddie lernt Tanya mit siebzehn kennen, ihre Wege trennen sich als Tanya ihre feministische Phase auslebt (ich bin eine Frau warum soll ich nicht den Hamlet spielen können) Ein Jahr später kommen die beiden wieder zusammen und der Weg scheint vorgezeichnet zu sein. Studium - zusammenziehen - Heirat - Kind.
    Der Kredit den sie für ihr Eigenheim aufgenommen haben läßt sie keine großen Sprünge machen, sie wurschteln sich irgendwie immer wieder durch.
    Doch wie lange können sie das noch.....


    Perlman hat dieses Buch größtenteils mit spitzer Feder, teils aber auch sehr poetisch verfasst und man möchte sich ganz viele Sätze für immer einprägen.


    "Bald nach seiner Ankunft verwandelte sich der Brutofen meines hinten im Flur gelegenen Zimmers in eine Sperrzone aus Geflüster und zugezogenen Vorhängen, auf dem Boden liegenden Unterhemden und Tabletts mit halb aufgegessenen Mahlzeiten, die auf einem abgewetzten Lederkoffer neben dem Bett standen. George schlief fast immer oder lag zumindest die meiste Zeit im Bett. Ich merkte, dass Bartstoppeln eine Maßeinheit für veränderte Lebensumstände waren und dass sich diese Umstände verändern konnten, bis sich ein Mann selbst nicht mehr erkannte."
    Lesenswert!


    9 Punkte

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von FrauWilli ()

  • Mich konnte das Buch nicht so recht begeistern - vielleicht waren nach den sehr positiven Rezensionen meine Erwartungen zu hoch.


    Den "ersten" Teil von Eddies Kindheit fand ich unterhaltsam und fesselnd, aber im mittleren Teil verliert sich der Autor öfters in wirtschaftlichen Pseudo-Diskussionen (so kommt's mir jedenfalls vor, zumal sie schon recht veraltet sind) oder meint erklären zu müssen, wie saurer Regen entsteht. Zudem gibt es einige Zufälle in Eddies Leben, die mir doch sehr unrealistisch erscheinen.



    Und das Ende ist einfach nur: kitschig?


    Nunja, andere Leser, die nicht solche Realismus-Anhänger sind, kann das Buch sicher durchaus begeistern. :wave

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]