Jive Talker - Samson Kambalu

  • Über den Autor
    Samson Kambalu wurde 1975 als fünfter Spross einer zehnköpfigen Familie in Malawi geboren. Er erhielt ein Stipendium für die renommierte Kamuzu Academy und organisierte die erste Konzeptkunstausstellung in Malawi. Heute lebt er in London. Sein Holy Ball, Kambalus bekanntestes Kunstwerk, hüpfte von einem Erdteil zum andern.



    Kurzbeschreibung
    Sein Name bedeutet »Don t worry be happy.« Ist das der Grund, weshalb der kleine Samson in einer Welt, wo hinter jeder Ecke Mambas, Malaria und Misere lauern, zu einem Teenager heranwächst, der Michael Jacksons Moonwalk perfekt beherrscht, Nietzsche mit Vorliebe auf dem Klo liest und sich mit zwölf seine eigene Religion ausdenkt? Oder liegt es an seinem exzentrischen Vater, dem Jive Talker? Der muss zwar seinen Traum, ein richtiger Doktor zu werden, begraben, seinem Sprössling impft er aber einen nie versiegenden Optimismus ein.
    Jive Talker ist die sprühende Lebensgeschichte eines Jungen, der in Malawi aufwächst und auszieht, Künstler zu werden. Mit seiner Leidenschaft für die Sprache und einem irrwitzigen Humor bewältigt er Höhen und Tiefen.



    Meine Meinung


    Ich bin recht langsam warm geworden mit dem Buch, mit Samson. Es waren insbesondere die Kindheitsjahre, die ich zwar nicht unbedingt langweilig fand, aber auch nicht sonderlich spannend. Es ist eine Aneinanderreihung von Anekdötchen, die sich für mich erst spät zu einer kompletten und interessanten Person formten.


    Für mich wurde die – wirklich aberwitzige – Lebensgeschichte Samsons interessant, als er in die oben schon erwähnte Kamuzu Academy aufgenommen wurde. Dort entwickelte sich dann sein Traum, Künstler zu werden. In einem Land ohne Kunstszene, in dem "Cinderalla Afrikas", ein ziemlich abenteuerlicher Traum, den er aber, trotz Irrungen und Wirrungen, recht zielstrebig verfolgt.


    Das Buch ist nicht nur gespickt mit Lebens-Anekdoten von Samson, seinen Geschwistern, seinen Eltern, sondern auch mit Literatur- und Musikanspielungen und man bekommt wirklich einen recht guten Überblick über die Geschichte Malawis (mir vorher nur als beliebtes Kinder-Shopping-Ziel von Madonna bekannt).


    Ein bisschen habe ich mit dem von mir erst kürzlich gelesenen Buch von Alexandra Fuller (über ihre Kindheit in Rhodesien) verglichen und auch, wenn man weder Kindheit noch Lebensgeschichte allgemein vergleichen kann, hat mir die Sprache bei Alexandra Fuller besser gefallen.


    Fazit: Wer sich für Afrika jenseits von Safari-Zielen interessiert, ist hier richtig. Ich vergebe gute 7 Punkte.


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  • Danke auch von mir für die Rezi. Auf meiner Wunschliste stand es auch schon ... auch wenn mich die Rezi nun nicht gerade zum Kauf überzeugt, aber vllt. gibt's das ja auch irgendwann in der Bibo :gruebel

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

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  • Wenn hier im Forum die Neuerscheinungen der kommenden Monate durch den Eulen-Geist aufgelistet werden setze ich spontan einige dieser Bücher auf meine Wunschliste. Einzige Kriterien sind Titel, Cover und Kurzbeschreibung. So landete auch dieses Buch auf meiner Wunschliste, da ich mich von allen drei erwähnten Entscheidungspunkten angesprochen fühlte. Meine Freude war umso grösser als ich es in der Bibliothek unter den Neuanschaffungen entdeckte. Natürlich habe ich sofort zugegriffen und es ausgeliehen.


    Kurzbeschreibung/Klappentext


    Sein Name bedeutet »Don’t worry be happy«. Ist das der Grund, weshalb der kleine Samson in einer Welt, wo hinter jeder Ecke Mambas, Malaria und Misere lauern, zu einem Teenager heranwächst, der Michael Jacksons Moonwalk perfekt beherrscht, Nietzsche mit Vorliebe auf dem Klo liest und sich mit zwölf seine eigene Religion ausdenkt? Oder liegt es an seinem unverbesserlichen Vater, dem Jive Talker? Der muss zwar seinen Traum, ein richtiger Doktor zu werden, gegen eine Anstellung als Hilfsarzt und eine immer größer werdende Familie eintauschen, seinem Sprössling impft er aber einen nie versiegenden Optimismus und den Drang zum Philosophieren ein. »Jive Talker« ist die sprühende Lebensgeschichte eines Jungen, der in Malawi aufwächst und auszieht, Künstler zu werden. Mit seiner Leidenschaft für die Sprache und einem irrwitzigen Humor bewältigt er Höhen und Tiefen und beschert uns einen rasanten autobiografischen Roman.


    Autor


    Samson Kambalu wurde 1975 als fünfter Spross einer zehnköpfigen Familie in Malawi geboren. Er erhielt ein Stipendium für die renommierte Kamuzu Academy und organisierte die erste Konzeptkunstausstellung in Malawi. Von da an ging es in mehrerer Hinsicht steil nach »oben«: geografisch nach London, wo er heute lebt, und mit seiner Karriere: Sein »Holy Ball«, Kambalus bekanntestes Kunstwerk, hüpfte von einem Erdteil zum andern. Der autobiografische Roman »Jive Talker« ist seine erste Veröffentlichung.


    Meine Meinung


    Wie schon die Herkunft des Autors, der Titel, das Cover und die Kurzbeschreibung vermuten lässt ist dieses Buch locker und unverkrampft geschrieben. Es beginnt mit unzähligen kurzen Episödchen aus der Kindheit von Samson Kambalu. Diese sind zwar auf ihre Art witzig aber meist sind sie auf ein oder zwei Seiten bereits zuende erzählt und die nächste Anekdote folgt auf dem Fusse. So ist zwar eine ganze Menge an Handlung in diesem Buch aber es wirkt alles unausgereift. Wegen der vielen Geschichten die der Autor zu erzählen hat, habe ich mich zwischendurch gefragt, wieviel davon denn auch wirklich autobiographisch ist und was dazuerfunden wurde. Ungefähr so ab der Mitte des Buches wird der Ton und die Geschichte zwischendurch ernster, was aber bleibt sind die kurzen Geschichten. Auf den letzen rund sechzig Seiten werden dann teilweise sogar bedrückende und traurige Sachen angesprochen. Stichwort hierzu: Aids.


    Der Schreibstil vom Autor Samson Kambalu ist zwar frisch und unverbraucht aber er wirkt auf mich mit diesem Stil wie eine männliche Plaudertasche. Er plappert und schwadroniert von seinem Leben ohne Unterlass, eben wie ein Jive Talker. (jive talking bedeutet übrigens leeres, grossspuriges Gerede, Gequassel, auch Quatsch, Blödsinn, Beschimpfung, Lügen erzählen, aus dem afroamerikanischen Slang stammend).


    Fazit


    Am Anfang des Buches hatte dieser schwatzhafte Erzählstil bei mir unzweifelhaft seinen Reiz. Mit der Zeit verflog dieser etwas und es machte sich sich eine gewissen Ernüchterung breit. Das die Geschichte zunehmend ernster wurde konnte meinem zunehmend schlechter werdenden Eindruck nicht entgegenwirken. Wenn Samson Kambalu sich in Zukunft durchsetzen will und sich einen Namen machen will muss er meiner Ansicht nach noch einiges dazulernen und an sich arbeiten. Einmal mag dieser lockere und flappsige aber etwas unbedarft wirkende Erzählstil bei den (meisten?) Lesern funktionieren aber bereits beim nächsten Buch erwartet man dann eine Weiterentwicklung. Ich kann für dieses Buch maximal 6 Punkte vergeben.

  • Wer wie Samson Kambalu in den 70ern in Malawi aufwächst, lebt gefährlich. Er und seine Geschwister werden nachts von Ratten angeknabbert, schwarze Mambas suchen im Haus der Familie ein trockenes Plätzchen und Malaria, Polio oder Tuberkulose werden als Schicksal hingenommen. Der Icherzähler zeigte sich bereits in früher Kindheit als schlaues Kerchen; seine Familie erklärte seine Pfiffigkeit damit, dass Samson eben eine typische Frühgeburt sei. Ein Jivetalker ist jemand, der einen afroamerikanischen Dialekt spricht oder Unsinn erzählt. In Kambalus autobiografischem Roman übernimmt der Vater die Rolle des Jivetalkers. Der alte Aaron Kambalu zieht sich zum Lesen aufs Klo zurück und teilt seine frisch erworbenen Kenntnisse anschließend mit seiner ausgedehnten Kinderschar. Von Beruf ist Vater Kambalu Hilfsarzt im Staatsdienst, der häufig versetzt wird. Ohne die Dienstwohnungen, die der Staat seinen Angestellten zur Verfügung stellt und ohne Schwarzmarktgeschäfte mit allem, was sich in einem Krankenhaus abzweigen lässt, wäre die große Familie kaum durchzubringen. Hinterlegt ist die Geschichte einer afrikanischen Kindheit mit ernsthaften Informationen über das politische Geschehen in Malawi während und nach der Amtszeit Präsident Bandas (1964 bis 1993). Samson erlebt den Regierungswechsel 1994 am Beispiel seiner Schule, die sich vom kostenlosen nationalen Vorzeigeprojekt unter der neuen Regierung zur kostspieligen Privatschule wandelt. Samson hatte als 13-Jähriger plötzlich seinen Ehrgeiz entdeckt, sich für die Aufnahmeprüfung an der einzigen Internatsschule Malawis zu bewerben. Britische Etikette und humanistische Bildung werden auf dieser bildungspolitischen Insel von einem rein weißen Lehrerkollegium britischer Herkunft hochgehalten, glatt vorbei an den Interessen der Schüler, die für Michael Jackson schwärmen. Während der harschen Initiationsriten an der Schule schlägt wieder voll das humanistische Ideal durch - die Streiche werden z. B. von Romulus oder Caligula gespielt. Malawi hat zu diesem Zeitpunkt noch keine Universität und Samson zeigt sich mit seiner androgynen Selbstinszenierung und seinen Plänen, später als Musiker oder bildender Künstler im Ausland zu studieren, als echter Visionär.


    Warum in afrikanischen Staaten die Lebenserwartung bei unter 40 Jahren liegen kann, weiß inzwischen jeder. Samson berichtet nüchtern darüber, wie sein Vater in den 90ern plötzlich zu überraschendem Reichtum aus dem Schwarzmarkthandel mit Medikamenten kommt, weil immer mehr Kranke vor seinem Privathaus Schlange stehen. Als es ihm selbst immer schlechter geht, gibt der alte Aaron Kambalu vor, an Gicht erkrankt zu sein. Seine Kinder wissen über HIV Bescheid, sodass niemand ihm die Gicht-Geschichte abnimmt.


    Samson Kambalu erweist sich in seinem autobiografischen Roman als gewitzter Beobachter seines Landes und als schlagfertiger Erzähler. Seine Analysen sind von herbem Charme, wenn er erzählt, wie das Christentum die gewohnte Rollenverteilung in Afrika umstürzte und wie fortan Männer gar nichts mehr taten, während ihre Frauen mit dem Baby auf dem Rücken allein die schwere Feldarbeit übernahmen. Auch Kambalus Erzählung bezaubert, wie in seiner Kindheit die Kinder stets die Schuhe auszogen, wenn ein Weißer fotografierte; denn jeder weiß doch, dass mit den Fotos Spendenkampagnen angeleiert werden. Für Kinder mit Schuhen würde kein wohlhabender Weißer spenden. Kambalus Brachialhumor im ersten Teil des Buches wirkt dagegen stark überzogen. Lieber würde ich die Beobachtungen des Mannes aus Malawi auf mich wirken lassen, ohne dass ich in jeder Szene penetrant daran erinnert werde, dass dies jetzt aber lustig zu sein hat. Kambalus Informationen zur jüngeren Geschichte Malawis und der autobiografische Hintergrund fügen sich im Jive Talker dann doch zu einem kurzweiligen Lesevergnügen.


    7 von 10 Punkten

  • Jive Talker – Samson Kambalu


    Mein Eindruck:
    Ich habe den Roman relativ schnell gelesen, da ich die Kritikpunkte in den vorangegangenen Rezensionen teile und manch plumpe Abschnitte übersprungen habe.
    Oft sorgt der burschikose Ton dafür, dass es dick aufgetragen wirkt.
    Dennoch sind manche Passagen durchaus glaubwürdig. Dann spürt man einen gewissen Schmerz hinter dem offen zur Schau getragenen Humor.
    Die Orientierung an amerikanischer Popmusik wie Michael Jackson, Sade oder Prince sorgt dafür, dass das autobiographische Buch wie gängige amerikanische Coming of age-Romane wirkt.
    Die späten Passagen mit Samsons Studienjahre in Südafrika haben mir besser gefallen als die Kindheitsszenen in Malawi. Dann kommt noch ein kurzer Abschnitt in Europa. Heute lebt Samson Kambalu in London.