Der Tag, an dem Marilyn starb – Donna Milner

  • Dieses Buch war mein Monatshighlight im Juli. Ich habe selten einen so schönen und gleichzeitig schrecklich traurigen Roman gelesen. Jetzt warte ich gespannt auf den nächsten Roman von Frau Milner.


    Von mir gibt es ganz klar 10 Punkte!

  • "Der Tag, an dem Marilyn starb" von Donna Milner hat mich doch sehr überrascht. Cover und die ersten Kapitel, geschrieben in Donna Milners ruhiger und angenehmer Art, ließen mich auf einen Familienroman mit einem tragischem Hintergrund in Kanada schließen. Jedoch trifft dieses nur auf einen der beiden Handlungsstränge zu. Hier trauert die Familie Coulter um Mutter Lucy, die auf tragische Weise ums Leben kommt, dieses exakt am gleichen Tag wie Marilyn Monroe. Zurück bleiben die drei Kinder in der Obhut eines Vaters, der noch viele Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs unter den 'Erinnerungen aus dieser Zeit leidet und dieses mit Hilfe von Alkohol zu verdrängen versucht. Über seine traumatischen Erlebnisse hat er nie gesprochen, was fatale Folgen für seine Familie haben wird.


    Im zweiten Handlungsstrang deckt Donna Milner Stück für Stück eben diese Erlebnisse auf und führt den Leser in das Hongkong der 40er Jahre, zum Zeitpunkt der japanischen Invasion. Für mich hatte dieser Teil zuerst ein paar erträgliche Längen, bis sich langsam die Geschichte entwickelt, die ausschlaggebend ist. Schnell kann man sich die passenden Zusammenhänge zusammenreimen, was aber der eigentlichen Geschichte keinen Abbruch tut. Selbst wenn letzendlich Klarheit über den Verlauf der Geschichte besteht, vermag Donna Milner noch den einen oder anderen überraschenden Satz einzubauen, der dann doch noch einmal schockiert.


    Hielt sich meine Begeisterung für dieses Buch zuerst in Grenzen, so hat es mich besonders gegen Ende doch noch sehr berührt. Donna Milner zeichnet ihre Figuren mit sehr viel Liebe und bringt sie dem Leser nahe. Ihre Geschichte regt zum Nachdenken an und weckt jetzt schon die Vorfreude auf ihr nächstes Buch.

  • Das Buch hat mich sehr bewegt, muss ich sagen. Ich habe es die Tage ausgelesen, wollte danach gleich mit einem anderen Buch starten, musste aber feststellen, dass ich gedanklich noch nicht mit diesem hier durch war. Ich habe vorher "River" gelesen und finde, dass dieses Buch fast mit dem Vorgänger mithalten kann. Auch diesmal fühlte ich mich sehr heimisch in der Familie, alle Personen waren so schön beschrieben, klar und deutlich dargestellt.
    Zentrales Thema des Buches ist wieder, was passieren kann, wenn Menschen, die sich nahe stehen, aus persönlichen Gründen nicht miteinander reden. So kann ein einzelner Moment eine Reaktion von Ereignissen auslösen, die dann tragisch enden können.


    Ich war sehr froh, dass Donna Milner, die Grausamkeit des Krieges nicht noch mehr im Detail beschrieben hat. Das was ich gelesen habe, hat in meinem Kopf schon fürchterliche Bilder ausgelöst und ich kann mir vorstellen, dass solche Erlebnisse die Seele eines Menschen so sehr beeinflussen, dass sie mit veränderter Persönlichkeit in die "normale" Welt zurückkehren und Schwierigkeiten haben, ihr vorheriges Leben wieder aufzunehmen. Howard Coulter hatte im gesamten Buch mein vollstes Mitgefühl und ich denke, er konnte froh sein, dass er eine Frau wie Lucy und Kinder wie Frankie, Ethie und Kipper an seiner Seite hatte.


    Etwas irritierend finde ich den deutschen Titel "Der Tag, an dem Marilyn starb", dann auch noch in Verbindung mit dem ersten Satz des Klappentextes: "Ist es Zufall, dass Lucy Coulter am selben Tag stirbt wie Marilyn Monroe? Der 05. August 1962 jedenfalls ist für ihre Familie ein tragischer Tag." Es passt einfach für mich nicht zu diesem Roman, hinter diesen Sätzen hätte ich dann eine andere Geschichte vermutet.
    Wunderschön ist allerdings der englische Titel "The promise of rain", weil absolut passend. Aber ich fand auch schon bei "River", dass "After River" viel besser passte.


    Für mich hat dieses Buch alles gehabt, was ein Buch haben soll, deshalb 10/10 Punkten.

  • Vom ersten Roman - River - der Autorin war ich einfach nur begeistert. Von daher war für mich fast klar, dass ich nicht mit zu großen Erwartungen an den Nachfolger herangehen sollte. Und richtig, wenn ich es mit River verglichen hätte, wäre ich enttäuscht gewesen. Aber für sich betrachtet, ist auch "Der Tag an dem Marilyn starb" ein wunderschönes Buch.


    Ethel ist 11, als ihre Mutter unter merkwürdigen Umständen tot aufgefunden wird (am selben Tag, an dem man Marilyn Monroe tot auffand - daher der Titel). Warum war sie mit ihrer Freundin auf deren Boot? Wie ist es zu dem Tod der beiden Frauen gekommen? Die ganze Familie steht unter Schock. Der Vater Howard war bedingt durch düstere Erinnerungen an den 2. Weltkrieg schon immer manchmal etwas seltsam, Bruder Kipper ist ein ganz reizender Junge, aber hat das Down-Syndrom und der ältere Bruder Frankie bemüht sich zwar, kann die Situation alleine aber auch nicht meistern. Die Familie droht auseinanderzubrechen. Und was hat es mit dem chinesischen Mädchen auf sich, das plötzlich immer wieder am Spielplatz in der Nähe auftaucht?


    In Rückblenden erzählt Donna Milner einfühlsam von Howards Kriegserlebnissen - er hatte sich als kanadischer Freiwilliger gemeldet und war nach Hongkong geschickt worden. Und so nach und nach wird aufgeklärt, was damals passiert ist und wie diese tragischen Ereignisse ihren Schatten auf die Gegenwart der Familie werfen konnten.


    Die beiden Handlungsstränge werden geschickt miteinander verknüpft und ergeben am Ende eine nachvollziehbare Geschichte, die aber dennoch ein paar logische Schwächen hat, aber das verzeiht man bei dem schönen Schreibstil dann doch gerne.

  • Zitat

    Original von Nordstern
    Etwas irritierend finde ich den deutschen Titel "Der Tag, an dem Marilyn starb", dann auch noch in Verbindung mit dem ersten Satz des Klappentextes: "Ist es Zufall, dass Lucy Coulter am selben Tag stirbt wie Marilyn Monroe? Der 05. August 1962 jedenfalls ist für ihre Familie ein tragischer Tag." Es passt einfach für mich nicht zu diesem Roman, hinter diesen Sätzen hätte ich dann eine andere Geschichte vermutet.
    Wunderschön ist allerdings der englische Titel "The promise of rain", weil absolut passend. Aber ich fand auch schon bei "River", dass "After River" viel besser passte.


    Eine sehr schöne Rezension, und den zitierten Teil unterschreibe ich dir. Wenn ich mich richtig erinnere, dann wurde Marilyn Monroe an keiner Stelle mehr erwähnt. (Abgesehen davon hatte ich beim Lesen allerdings immer "I Wanna Be Loved By You" von ihr im Kopf.)


    Edit: Das englische Cover gefällt mir beinahe noch besser als das deutsche Cover. Es ist meines Erachtens auch viel näher am Inhalt dran.

  • Eine wunderbare, sehr zu Herzen gehende Geschichte! Schlicht und unaufgeregt erzählt, und vielleicht gerade deshalb so berührend.


    Und Kipper muss man einfach lieb haben. Lucy lernt man nur durch Rückblicke und Erinnerungen kennen, aber sie war wohl eine ganz besondere Person, allein schon wie sie Kipper sein Selbstbewusstsein gegeben und zu dem gemacht hatte, was er dann war - die Seele der Familie.


    Dieses Buch wird ganz sicher mein Monatshighlight (ich kann mir nicht vorstellen, dass in dieser Woche noch etwas besseres nachkommt ;-)) und nach dem Zuklappen des Buches habe ich mir als Erstes "River" gekauft :-].


    Heißen Dank für`s Ausleihen, liebe Nordstern :knuddel! Wahrscheinlich hätte ich sonst nicht nach dem Buch gegriffen, denn weder der (irgendwie merkwürdige) Titel noch die Kurzbeschreibung sagen mir zu.


    Ja, der Original-Titel klingt auf jeden Fall besser, aber kann mir jemand sagen, warum Regen für Howard eine so große Rolle spielte? Habe ich da was überlesen?


    Und noch was ist für mich offen geblieben, ich setze es mal sicherheitshalber in Spoiler:



    Edit: Da ich "River" noch nicht kenne, bekommt das Buch von mir 10 Punkte.


    Nochmal Edit: Fehler gefunden

  • Sehr schön ausgedrückt, Lumos. So habe ich beim Lesen ebenfalls empfunden. :-)


    Zu deinen Fragen:



    Und Lucys Tod ist eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen ... Sie hat Briefe gefunden und so interpretiert, dass Howard eine asiatische Tochter hätte, sich mit ihrer Freundin getroffen, um darüber zu sprechen, und ausgerechnet an diesem Tag ist das Gas im Boot ausgetreten. Allein ein anderer Treffpunkt hätte ihren Tod schon verhindern können.


    Dir ist die Geschichte sicherlich präsenter als mir, aber so, wie oben beschrieben, habe ich sie noch im Kopf.

  • Danke, Iszlá.


    Darauf bin ich gar nicht gekommen, hab aber auf deinen Anstoß hin noch mal nachgeblättert und glaube, du hast recht. S. 337 heißt es "Während der sintflutartige Regen die blutgetränkte Erde reinwusch, verlor er immer wieder das Bewusstsein". Ein beeindruckendes Erinnerungsvermögen :anbet!


    Was die andere Frage angeht (lieber noch mal gespoilert):



    Ich glaube, dieses Buch hätte ich auch gern in einer Leserunde gelesen. Es bietet einiges an Diskussions- und Interpretationsstoff.

  • Lucy, Mutter von Ethie, Frank und Kipper stirbt unerwartet. Die Familie versucht weiterzuleben, was durch Aussetzer des Vaters sehr schwer ist. Stundenlang sitzt er bewegungslos im Wohnzimmer und starrt einen Punkt an.
    Während der Leser erfährt, wie die Kinder mit dem Tod ihrer Mutter umgehen, werden immer wieder Rückblenden auf Erlebnisse vom Vater erzählt, was er im Krieg erleben musste und warum er als psychisches Wrack zurückkehrte.
    Die Gegenwart wird sehr einfühlsam erzählt, ganz im Gegensatz zu den harten und brutalen Rückblenden, die Liebesgeschichte und historische Tatsachen verbindet. Leider war der Schluss viel zu vorhersehbar, zu kitschig und auch nicht sehr passend zum Rest des Buches.


    "Der an dem Marylin starb" ist ein lesenswertes, fesselndes Familiendrama über Trauer, Liebe, Gefühle, Krieg und Gefangenschaft.

  • Wie auch schon bei "River" von Donna Milner bin ich der Eule, die das Buch als Leserundenbuch initiiert hat, sehr dankbar, denn beide Bücher gefielen mir sehr gut.
    Ich kam mit beiden Erzählsträngen gut klar und fand die Geschichte logisch und trotzdem ans Herz gehend aufgebaut.
    Hervorheben möchte ich auch die Einbeziehung der in den 60er Jahren noch wenig vertrauten Problematik der Erkrankung am Down Syndrom.
    Direkt als kitschig würde ich das Ende nicht bezeichnen, und schon gar nicht als vorhersehbar...
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ich bin auch sehr froh, dass ich durch die Büchereulen auf diese tolle Schriftstellerin aufmerksam geworden bin und ihre beiden Bücher hier in so schönen Leserunden lesen durfte. :-]
    Im Vergleich ihrer Bücher hat mir "River" einen keinen Tick besser gefallen, aber auch "Der Tag, an dem Marilyn starb" war für mich ein wunderschönes Leseerlebnis.


    Donna Milner hat einen wahnsinnig angenehmen Schreibstil. Ihre Sprache ist so ruhig, harmonisch, schlicht und klar. Ich habe dieses Buch in kürzester Zeit verschlungen, ich konnte zum Teil wirklich nicht mehr aufhören zu lesen.
    Beide Erzählstränge in dem Buch haben mich emotional sehr berührt. Die Geschichten sind mir wirklich ans Herz gegangen. Und auch wenn ich normalerweise nicht gerne über Kriegserlebnisse lese hat mich hier gerade der Teil über die Kämpfe in Hongkong gefesselt und sehr bewegt. Und ich habe beide Erzählebenen gleich gerne gelsesen, was bei mir selten vorkommt. Alle Charaktere in dem Buch sind sehr genau und detailliert beschrieben, jede einzelne Person ist liebevoll ausgearbeitet.
    Ich fand den Roman von der ersten bis zur letzen Seite spannend und fesselnd und bewerte ihn mit 9 Eulenpunkten.

  • Auch ich bin durch die Büchereulen auf dieses Buch aufmerksam geworden und habe es in der Leserunde gelesen.


    Es ist ein sehr berührendes Buch das durch den Schreibstil der Autorin auf mich eine richtige Sogwirkung entwickelt hat. Ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen.


    Von mir bekommt dieses Buch die vollen 10 Punkte.


    Viele Grüße :wave

  • Der Tag, an dem Marylin starb, war ein trauriger Tag. Doch Ethie, ihre zwei Brüder und ihr Vater trauern nicht um die berühmte Schauspielerin, sondern um Lucy Coulter, die ihnen eine wunderbare Frau und Mutter war und plötzlich und viel zu früh starb.


    Schon die ersten Worte der sympathischen Ich-Erzählerin Ethie nehmen mich gefangen. So etwas Schreckliches, wie den Tod der eigenen Mutter mitzuerleben, kann nicht so leicht verkraftet werden. Deshalb liest sich das Buch auch wie ein Tagebucheintrag. Ethie verarbeitet auf diese Weise das Geschehene.


    Doch nicht nur Ethie hat diese schmerzliche Erfahrung zu verarbeiten. Auch ihre Brüder trifft der Tod schwer. Frankie, der schon mit beiden Beinen fest im Leben steht, weiß, wie er mit dem Tod eines Menschen umzugehen hat. Kipper, der am Down-Syndrom leidet, hat seine ganz eigene Art den Tod der Mutter zu verkraften. Er akzeptiert, dass sie sich nun im Himmel befindet, und sucht verstärkt die Nähe und den Trost von Ethie.


    Schnell wird außerdem klar, dass den Vater etwas Rätselhaftes umgibt. Wieso verschwindet er urplötzlich für einige Tage und wieso sitzt er von Zeit zu Zeit verloren am Tisch, in einer anderen Welt gefangen, nicht aufnahmefähig für das, was um ihn herum geschieht. Sind es wirklich nur die Erfahrungen des Krieges, die ihn verändert haben?


    Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie Ethels Mutter zu Tode kam. War es Mord? Selbstmord? Selbst im Tod gibt Lucy viele Rätsel auf. Und eine Frage stellt sich vor allen anderen: Was soll nun werden aus Ethel, ihren Geschwistern, ihrem Vater?


    In die Schilderungen von Ethie sind Kapitel eingestreut, in denen aus der Vergangenheit des Vaters berichtet wird. Der Leser erfährt hier nicht nur, wie sich Howard und Lucy kennen gelernt haben, sondern auch die schrecklichen Erfahrungen, die Howard als Soldat im zweiten Weltkrieg sammeln musste, werden verdeutlicht.


    Der Stil der Autorin ist sehr lebendig und einfühlsam. Ich als Leser habe ich mich als ein Teil der Familie Coulter gefühlt. Die Szenen um Lucys Beerdigung sind so eindringlich beschrieben, dass die Trauer über ihren Tod richtig greifbar wurde.


    Die grausamen Kriegsszenen waren stellenweise nur schwer zu verdauen. Nichtsdestotzortz gehören sie zu Howards Vergangenheit und sind somit sehr relevant für das Buch und die Entwicklung der Charaktere und Geschehnisse.


    Ich bewerte das Buch abschließend mit 4 Sternen, und bin froh, das Erslingswerk der Autorin noch nicht gelesen zu haben, denn darauf freue ich mich nun, nachdem mir auch ihr zweiter Roman sehr gut gefallen hat.

  • Nachdem ich River vom Eulentisch mitgenommen hatte und begeistert war, hat mir die liebe Rouge nun dieses 2. Buch der Autor geliehen - vielen Dank nochmals dafür :knuddel1


    Zum Inhalt wurde alles bereits mehrfach erwähnt. Über kanadische Soldaten im Krieg hatte ich bis dahin noch nichts gelesen. Der Vater wurde von seinen Kriegstraumata verfolgt. Er hat sich nicht einmal seiner Frau gegenüber geöffnet und sie starb ohne diese wichtigen Erlebnisse seines Lebens zu kennen. Er blieb mir bis zum Ende irgendwie fremd und nicht greifbar, ständig von einem Geheimnis umgeben. Die Kinder fand ich gut charakterisiert, Kipper hat mit seiner Offenheit mehr Herz erobert.


    Ich fand den Schreibstil wieder angenehm zu lesen. Für mich eine spannende, aber auch bewegende Geschichte.