Klappentext:
Ein Badeunfall und seine Folgen: Die leidenschaftliche Wannenbaderin Ulrike Reimer, Ende Fünfzig, Journalistin, wieder Single, rutscht in der Badewanne aus und kann nicht mehr heraus. Und während sie auf Rettung durch ihre Putzfrau wartet, zieht ihr wild bewegtes Leben an ihr vorbei.
„Wasser einlaufen lassen, lesen, lachen!“ Revue
„Es gelingt Schenk nicht nur, diese schreckliche Nacht in der Badewanne präzisionsscharf abzuspulen, so dass man die Haut schrumpeln fühlt, sondern auch das Leben ihrer Protagonistin.“ Der Tagesspiegel
„Ein Frauenleben, in dem sich gewiss viele Geschlechtsgenossinnen ihrer Generation wieder erkennen und ihren Spaß haben werden an der Lektüre.“ Tages-Anzeiger
Über die Autorin:
Herrad Schenk, geboren 1948, hat Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Köln und York studiert und war wissenschaftliche Assistentin am Institut für Sozialpsychologie an der Universität Köln.
Sie hat zahlreiche Romane und Sachbücher veröffentlicht und lebt als freie Autorin in der Nähe von Freiburg (Quelle: KiWi).
Meine Meinung:
Beim Versuch, einen Blick auf ihren unbekleideten Nachbarn zu erhaschen, stürzt die 59-jährige Ulrike Reimer in ihrer Badewanne so unglücklich, dass es unmöglich scheint, sich aus eigener Kraft aus dieser misslichen Lage zu befreien. Von der schwerhörigen Frau Schulte aus der unteren Wohnung ist keine Hilfe zu erwarten und so bleibt Ulrike Reimer nichts übrig, als die Sache auszusitzen und auf die Ankunft ihrer Putzfrau Frau Bisam am folgenden Tag zu harren.
Vor ihr liegt eine lange, unbequeme Nacht und ohne die Möglichkeit auf Zerstreuung durch ihre geliebten Bücher auch ausreichend Zeit, die Gedanken schweifen zu lassen und Vergangenheit und Gegenwart zu analysieren. Anfangs sind Ulrikes Erinnerungen durchaus humorig unterlegt und zeugen von geistiger Wendigkeit und Belesenheit. Sie blickt zurückt auf die Anfänge ihrer Leidenschaft für die Badewanne, gedenkt berühmter „Wannenbader“ wie Jean Paul Marat, erinnert sich an ihren ersten Freund Harry, ihre „Kinderliebe“ und konstatiert mit einer guten Portion Galgenhumor, dass Warten auf Frau Bisam „wohl auch nicht ganz so existenziell“ sei wie Warten auf Godot.
Doch mit dem Schwinden des Tageslichts schleicht sich auch die Heiterkeit aus Ulrikes Gemüt. Zwischen Schlafen und Wachen, Ohnmacht und Schmerz, werden ihre Gedanken zunehmend düster, assoziativ und kreisen ums Altern, verpasste Chancen und verlorene Lieben.
Das Bild der Frau, die zu Beginn des Romans eigenbrötlerisch und liebenswert schrullig aber stark und gefestigt wirkt, beginnt zu bröckeln. Hinter der Fassade offenbaren sich tiefe Einsamkeit, Verlorenheit und Entfremdung.
Ich weiß nicht, welches Buch die Rezensenten der oben zitierten Blätter Revue und Tages-Anzeiger gelesen haben. Das Buch, das ich gelesen habe, hat mir nun nicht unbedingt „Spaß“ gemacht und das „Lachen“ ist mir höchstens im Halse stecken geblieben.
In der Badewanne ist keine fluffig-leichte, heitere Wohlfühllektüre. Es ist kein Buch, das die Widrigkeiten des Alterns humorvoll auf die Schippe nimmt und den Leser behaglich eingemummelt und zufrieden wieder in seine eigene Welt entlässt.
Herrad Schenk seziert die Psyche ihrer Protagonistin so eindringlich, nachvollziehbar und zwingend, dass ich teilweise einen dicken Kloß im Hals hatte. Für mich eine sehr feinfühlige Auseinandersetzung mit dem Thema Alter, bei der das humorvolle Element als perfekt dosierter Gegenpol zur schmerzlichen Grundthematik eingesetzt wird. Ein kleines aber feines Buch, das es nicht verdient hätte, aufgrund des Covers und des Klappentextes in die Kategorie „seichte Unterhaltung“ eingeordnet zu werden.
Mich hat es sehr berührt.