Götz George. Mit dem Leben gespielt. - Torsten Körner

  • Kurzbeschreibung
    Wenn man tot ist, wird über einen noch so viel gelogen, da muss zu Lebzeiten ein bisschen Wahrheit sein. (Götz George)
    Welcher Mensch steckt hinter dem als pressescheu bekannten Schauspieler? Dem Biographen Torsten Körner ist es als Erstem gelungen, so eng und andauernd mit George zusammenzuarbeiten und tiefe Einblicke in dessen Leben zu erhalten: Sein Buch beleuchtet die gesamte Karriere des Künstlers, zeigt viele bislang unveröffentlichte Dokumente und Fotos und lässt in Interviews über Hundert Zeitzeugen, Kollegen, Freunde und Familienangehörige zu Wort kommen. Nur so konnte eine einzigartige Biografie entstehen, die den Schauspieler und Menschen von seiner sehr persönlichen und berührbaren Seite zeigt.


    Der Autor
    Torsten Körner, geb. 1965 in Oldenburg, studierte nach dem Abitur Theaterwissenschaft und Germanistik. Nach dem Studium promovierte er mit einer Arbeit über Heinz Rühmanns Filme der fünfziger Jahre und arbeitet seither als freiberuflicher Autor und Journalist. Der dreifache Vater schreibt Medien- und Fernsehkritiken und ist seit vielen Jahren Juror des angesehenen Grimme-Preises. Er schrieb Biografien über Heinz Rühmann und Franz Beckenbauer, ein Jugendbuch über das Dritte Reich, ein Buch, das die Dramen Friedrich Schillers nacherzählte, und er sammelte die Fussballträume von Prominenten in dem Band "Auch ich war einst Pelé".


    Eigene Meinung
    Um es grad mal vorneweg zu nehmen, die Kurzbeschreibung stimmt mit meinen Eindrücken nicht überein, vor allem im Bezug auf die "über 100 Interviews". Erstens dünkt mich die Anzahl schon mal recht übertrieben. Zweitens finden sich nur einige wenige, ganz klar in Hinsicht auf das Buch bezogene Befragungen ....ansonsten entdeckt man zwar übers ganze Buch verstreute Aussagen, die aber viel eher den Eindruck von "zufällig Aufgeschnapptem" machen, und die oftmals nicht einmal ganz klar als Zitat von Person X "deklariert" sind, geschweige denn als Interview.


    Diese Biografie hat mich nicht überzeugen können. Sie erscheint mir als ein einziges Loblied auf Georges Leistungen, auf seine Persönlichkeit, seine Charaktereigenschaften. Da hat sich wohl der Autor aus lauter Verehrung so sehr mitreissen lassen, das eine gewisse objektive Ausgewogenheit fast gänzlich verloren ging.


    Götz George mag ja momentan einer der besten Schauspieler Deutscher Sprache sein, er mag auch immer 200%-ig vorbereitet zu seiner Arbeit erscheinen, meistens natürlich als Einziger. :rolleyes Er mag ja alles Menschenmögliche an psychischer und physischer Kraft in seine Rollen hinein geben, und meistens weit über die Grenzen hinaus. Es mag auch sein, dass all seine „Querelen“ mit Regisseuren, Produzenten und sonstigen Verantwortlichen einzig und alleine nur der Qualität der jeweiligen Arbeit, den Theaterstücken/Filmen, dienten. Ich kann das nicht beurteilen…..aber müssen denn solcherart Loblieder immer und immer wieder von der ersten bis zur letzten Strophe bei jeder sich bietenden Gelegenheit "durchgesungen" werden? Da fange ich dann schon irgendwann mal an mich zu fragen, aus was für Gründen diese Lobpreisungen denn in einem solchen Ausmass durchs ganze Buch durchgezogen werden müssen .... ?(
    Es kommen, als logische Folge zum ganzen Aufbau dieser Biografie, auch ausschliesslich solche Berufskollegen/-kolleginnen zu Wort, die sich auf wohlwollendste Weise äussern.


    Der Vater von Götz, Heinrich George, zu seiner Zeit auch ein sehr berühmter Schaupieler, wird in diesem Buch sehr oft erwähnt, da er für Götz eine ganz wichtige, präsente Person geblieben ist, er hat ihn im Alter von ungef. 8 Jahren verloren. Ich habe das so verstanden, dass er sich ganz stark auch an den Leistungen seines Vaters orientiert.
    Dass ich zu Heinrich Georges Nähe zu den Nazis und seines regen Engagements in der Nazi-Propaganda (in Filmen und im Radio) nicht viel Aufschlussreiches erfahren würde, das habe ich mir schon vorstellen können. Harsche Kritik wäre in dieser Biografie auch völlig deplaziert gewesen. Aber genauso deplaziert empfand ich die beflissenen Versuche des Autors, jenes Verhalten mit allen möglichen oder auch "unmöglichen" Erklärungsversuchen zu verteidigen …


    Ein Buch, in denen die „Bauchpinseleien“ für meine Empfindungen allzu sehr überhand nehmen, sodass sie irgendwann einfach nur noch ziemlich peinlich wirken. Und die Frage darf auch gestellt werden, wo war denn da Georges ausgeprägter Sinn für Selbstkritik abgeblieben?.... die in diesem Buch auch immer mal wieder angepriesen wird? Der hat doch ganz bestimmt den Entwurf zu seiner Lebensgeschichte durchgelesen, bevor sie gedruckt wurde. Und somit wirkt halt diese Biografie auf mich - auch wenn sie ein anderer geschrieben hat - in gewisser Weise etwas "selbstbeweihräuchernd". :rolleyes


    Mit solcherart Biografien, in denen immer und immer und ausschliesslich nur das Positive hervorgehoben wird, kann man letztlich der portraitierten Person nicht wirklich gerecht werden. Im Gegenteil, man erweist ihnen eigentlich einen Bärendienst, sie wirken dann, zumindest auf mich, irgendwann einfach etwas unglaubwürdig! Anstatt sie mir etwas näher zu bringen, werden sie mir nämlich fremder und fremder….Ich kann mit fehlerlosen, untadeligen „Heiligenfiguren“ wenig bis gar nichts anfangen.


    Erfreuliche Lichtblicke waren die wirklich spannenden Schilderungen, wie sich Götz George in seine diversen Rollen einarbeitete, sich Schritt für Schritt diesen doch oftmals äusserst schwierigen Charaktere annäherte, sich einliess in deren Abgründe, diese sich quasi zu Eigen machte….und somit eine stattliche Reihe ganz grandioser Leistungen höchster Schauspielkunst vollbrachte.
    Da ist mir vor allem seine Darstellung im „Der Totmacher“ noch in recht lebendiger Erinnerung, die ich ausschnittweise im TV gesehen habe. Für jene Glanzleistung hat er bei den Filmfestspielen in Venedig die „Coppa Volpi“ als bester Schauspieler erhalten.


    Eine Buch also, welches mich recht unzufrieden zurückliess, und hinter das ich einfach allzu viele Fragezeichen setzen muss....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Joan ()

  • Interessante Rezi. Diese Biographie hatte ich auch ins Auge gefasst, da ich Götz George als Schauspieler sehr schätze, ich ihn als Mensch aber nicht so richtig einordnen kann. Ich habe ihn mehrfach in Interviews gesehen und da kam er eher unsympathisch rüber. Ganz genial fand ich seine Darstellung eines Massenmörders in "der Totmacher", das hat mich schon sehr beeindruckt. Aber ein Buch, das sich hauptsächlich in Lobhudeleien über George ergeht, kann ich mir wohl sparen :-(

  • Guten Morgen Michi


    mir ging es genauso wie Dir, ich konnte Götz George als Mensch auch nicht einordnen. Ich habe ihn vor einigen Jahren mal erlebt, als er sich bei "Wetten dass...." wie ein trotzköpfiges Kind aufgeführt hat, bis ihn das Publikum ausbuhte, und auch für mich war jener Auftritt recht befremdlich.


    Dieses Vorkommnis steht übrigens auch im Buch, aber selbstverständlich war daran auch wieder wer anderer "schuld", nämlich der Gottschalk....Warum genau, das erschloss sich mir nicht.
    Solche Sachen werden leider eben nur so ganz vernebelt beschrieben....


    Und wie gesagt, auch nach der Lektüre dieses Buches kann ich den George immer noch nicht einordnen....


    :wave

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  • Das "wahre Ich" einer Person wird man wohl nie so ganz ergründen können, auch wenn man - so wie ich das machmal mache, wenn mich jemand sehr interessiert - dutzende von Büchern über sie liest. Kennen wir ja auch unser eigenes "Ich" nicht immer so ganz genau. :grin


    Aber man kann versuchen, sich einer Person etwas anzunähern.


    Das ist aber bei solcherart Biografien, wie eben diese hier von George, kaum möglich. Mit solchen Lobgesängen wird einem die Sicht richtiggehend verbaut. :rolleyes


    Solches kommt leider öfters mal vor bei Biografien über noch lebende Personen.


    Bei Personen, die bereits gestorben sind, muss man aber auch damit rechnen, dass man viel eher angelogen wird, dass Geschichten erzählt werden die frei erfunden sind, weil sich die portraitierten Personen nicht mehr wehren können.


    :wave

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  • Götz George hat mich als Schauspieler nie so richtig überzeugen können. Für mich war es immer Götz George der da spielte, nicht aber die Person die er darstellen sollte. Und auch in der Rolle des Schimanski spielte er wohl mehr sich selbst.


    Ansonsten empfand ich ihn immer als ziemlich flegelhaft und unsympathisch. Aber das ist natürlich Geschmackssache.


    In jedem Falle aber ein Dankeschön für diese sehr aufschlussreiche Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Voltaire, dann kann ich Dir sicher mit bestem Wissen und Gewissen von diesem Buch abraten.


    Es ist wirklich nur für alle diejenigen gedacht, die sowieso schon überzeugte Fans sind von George, die legen das Buch selbstverständlich höchst befriedigt beiseite, da ihre grosse Verehrung für ihn voll und ganz unterstützt wird.

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  • Tut mir leid Freunde des harmonischen Einheitsschunkelns: Ich bin rückhaltloser Bewunderer Götz Georges!


    In monty python, the holy grail, besingt ein Herol die Heldentaten von Sir
    "Brave Sir Robin ran away


    Bravely ran away away


    When danger reared its ugly head, He bravely turned his tail and fled


    Yes Brave Sir Robin turned about


    And gallantly he chickened out Bravely taking to his feet


    He beat a very brave retreat


    Bravest of the brave Sir Robin "


    So scheint mir diese Biographie beschaffen. Na und?

  • So ganz kann ich Joan nicht zustimmen, ich bin kein rückhaltloser Bewunderer Georges, aber mir hat die Biographie gefallen.
    Die Zeit seiner anfänglichen Bühnenerfolge war für mich etwas anstrengend zu lesen, da sehr viele verschiedene Namen von mir unbekannten Schauspielern, Regisseuren usw. vorkamen, so dass ich schon hier und da am hin und herblättern war um noch einmal nachzulesen.
    Interessant war auch, wie früh er schon angefangen hat, Theater zu spielen (mit 11 Jahren) und dass er damit gar nicht unbedingt glücklich war( er bekam schon als Kind ein Magengeschwür).
    Sein Vater war sein großes Vorbild, er hat ihn immer verherrlicht, obwohl dieser doch schon starb als Götz noch ein Kind war.
    Es hat auch sehr lange gedauert, bis Götz aus dem Schatten seines Vaters heraustreten konnte und nicht mehr nur als Heinrich Georges Sohn tituliert wurde.
    Allseits bekannt ist er natürlich als Schimanski, der in den 80-iger Jahren für mich ein Teil meiner Jugend(fernseh)erinnerungen ist, und dem er seinen Stempel aufgedrückt hat. Die letzten Folgen, in denen er den alternden, abgehalfterten, etwas hilflosen, desillusionierten Schimmi spielt, habe ich allerdings nicht mehr gerne gesehen, ich wollte ihn lieber als den starken Kommissar, den Bombenkerl mit dem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn in Erinnerung behalten.
    Interessant zu erfahren war auch dass er sehr viel Theater gespielt hat und auch auf Tourneen mit seiner Mutter zu sehen war.
    Der Autor beschreibt ihn als sehr disiplinierten, redegewandten und perfektionistisch veranlagten Menschen, der immer 100% für seine Rolle gibt, aber auch sicherlich nicht zu den unkomplizierten Zeitgenossen gehört.
    Wie schreibt er so schön: "Götz George ist lieber Sand, als Öl im Getriebe".